Protocol of the Session on March 15, 2017

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Vielen Dank, sehr geschätzte Kollegin Gisela Kolb. Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat für die Fraktion DIE LINKE Herr Prof. Dr. Heinz Bierbaum.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich will inhaltlich zu den vorliegenden Leitlinien der Entwicklungszusammen

(Abg. Kolb (SPD) )

arbeit nichts weiter sagen. Das ist bereits begründet worden, die Leitlinien sprechen auch für sich. Ich möchte dennoch zwei, drei Anmerkungen machen.

Zunächst einmal wünsche ich mir, dass es nicht bei diesen Leitlinien bleibt, sondern dass sich dies auch im nächsten Haushalt entsprechend abbildet. Denn das, was wir bisher haben, sind ja doch sehr bescheidene Ansätze im Haushalt, um Projekte zu fördern. Mir scheint die Förderung konkreter Projekte mit das Wichtigste zu sein, was wir auf der Landesebene tun können. Ich denke auch, dass es wichtig ist, generell ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass dies notwendig ist. Deswegen ist auch das Thema Bildungsarbeit wichtig.

Ich bin allerdings auch dafür, dass wir uns kritisch mit der Entwicklung auseinandersetzen. Im Grunde genommen müsste die Diskussion über Leitlinien der Entwicklungszusammenarbeit eingebettet werden in eine Diskussion auch über geopolitische und wirtschaftliche Zusammenhänge. Ich will in der Kürze der Zeit nur einen Punkt herausgreifen, ohne dass ich das groß vertiefen will. Auch hier in den Leitlinien ist zum Beispiel die Ebene der Unternehmen angesprochen und damit das Thema der Corporate Social Responsibility. Es gibt kein größeres Unternehmen in Deutschland, das so etwas nicht hat, es wird nicht immer so genannt. Ich verweise nur darauf, dass VW einen sehr ausführlichen Katalog dieser Art hat, was ökologische Nachhaltigkeit angeht, was Verantwortung angeht und dergleichen mehr. Wir müssen aber schon daran arbeiten, dass der Widerspruch zwischen dem, was wir formulieren, und dem, was dann real ist, nicht zu groß wird.

Ich denke, Politik hat auch die Finger in die Wunden zu legen und kritische Punkte anzusprechen. Insofern wünsche ich mir, dass diese Leitlinien mit Leben erfüllt werden, dass sie in konkrete Projekte umgesetzt werden, dass wir insgesamt ein Bewusstsein dafür schaffen. Ich glaube, es ist notwendig, über den Tellerrand zu schauen. Ich begrüße es ausdrücklich, dass diese Leitlinien vorliegen, möchte aber darum bitten, sie nicht nur Papier sein zu lassen, sondern sie in die Realität umzusetzen. - Vielen Dank.

(Beifall von der LINKEN und der SPD.)

Das Wort hat für die CDU-Fraktion die Kollegin Gisela Rink.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon außergewöhnlich, dass wir gerade heute zu einem Thema, das sehr stark den Bildungsbereich tangiert, einen gemeinsamen Antrag beraten. Denn oft war ja gerade der Bildungsbereich eher der

Bereich, wo an diesem Rednerpult kontrovers diskutiert wurde. Aber ich sehe es als ein sehr positives Zeichen und kann der Kollegin Gisela Kolb recht geben: Es ist gut, dass es uns trotz Wahlkampf und trotz des Bildungsbereiches gelungen ist, heute einen gemeinsamen Antrag vorzulegen und zu verabschieden. Ein wesentliches Handlungsfeld der Leitlinien sind nun einmal die entwicklungspolitische Information und die Bildungsarbeit.

Die saarländische Landesregierung hat sich im Koalitionsvertrag für diese Legislaturperiode zum Ziel gesetzt, unter Einbeziehung und im Dialog mit den entwicklungspolitisch tätigen Nichtregierungsorganisationen weltweit dazu beizutragen, Armut zu bekämpfen, Frieden zu sichern, Demokratie zu verwirklichen und Globalisierung gerechter zu gestalten. Dafür wurden diese Leitlinien entwickelt, das wurde von den anderen Rednern schon betont. Diese Leitlinien gewinnen in unserer heutigen Zeit und in unserer heutigen Gesellschaft immer mehr an Bedeutung. Wir haben die Leitlinien heute nochmals verteilt bekommen und das Bild auf dem Cover zeigt deutlich: Die Zukunft der Welt liegt in unseren Händen, wir sind es, die sie gestalten könnten. Und ich glaube, dazu bieten diese Leitlinien auch eine gute Grundlage.

(Beifall von der CDU.)

Natürlich gebe ich Ihnen recht, dass sie die Grundlage sind und dass es jetzt natürlich an uns allen liegt, diese Leitlinien umzusetzen. Ziel ist es, das Wissen über globale Zusammenhänge und lokale Ansätze nachhaltigen Handelns stärker im Bewusstsein der Menschen, im Bewusstsein der Gesellschaft zu verankern. Insbesondere im schulischen Bereich haben die Bildung für nachhaltige Entwicklung sowie das globale Lernen mittlerweile eine herausragende Rolle eingenommen.

Ich hatte in meiner langjährigen bildungspolitischen Arbeit häufig Gelegenheit, solche Projekte mitzuerleben, an Veranstaltungen teilzunehmen und habe dies auch immer sehr gerne getan. Ich werde auch am Dienstag kommender Woche am Internationalen Tag gegen Rassismus ein Schulprojekt begleiten.

Die Leitlinien richten sich an alle Alters- und Zielgruppen. Aber trotzdem halte ich es für sehr wichtig, dass wir insbesondere Kinder und Jugendliche so früh wie möglich damit vertraut machen, aktiv, kritisch und wirksam im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung an gesellschaftlichen Gestaltungsprozessen mitzuwirken. Wir haben viele Beispiele und Projekte. Natürlich geht immer noch mehr und ich glaube, dass auch die finanzielle Förderung diskutiert werden muss.

Wir haben viele Beispiele und Projekte in den Schulen, die diese Bildung für nachhaltige Entwicklung und das globale Lernen als Querschnittsaufga

(Abg. Prof. Dr. Bierbaum (DIE LINKE) )

be sehen und diese Werte vermitteln. Wir haben hier im Saarland ein ökologisches Schullandheim in Gersheim. Wir haben die Biberburg in Marpingen, dort war ich selbst schon mit einer Kindergruppe vor Ort und konnte sehen, wie diese Arbeit für die Kinder und Jugendlichen spannend, inhaltsreich und nachhaltig ist.

Unter dem Motto „im kleinen Saarland entsteht etwas Großes“ gemäß dem Satz „Großes entsteht immer im Kleinen“ fand vor Kurzem eine Fachtagung zu diesem Thema statt. Eingeladen hatte Fairtrade Deutschland und die FIS - Fairtrade Initiative Saarland. Es wurden neue Fairtrade-Städte benannt. Blieskastel und St. Ingbert sind weitere FairtradeStädte im Saarland. Ich hoffe doch, dass jeder von uns die Fairtrade-Läden - Weltladen, Fairer Laden und so weiter - kennt und auch die Fairtrade-Produkte. Wir haben auch schon mit dem Arbeitskreis diese Läden besucht. Wir werden auch Veranstaltungsreihen im Weltkulturerbe haben, insbesondere zum Thema Wirtschaft und Demokratie.

Ebenso haben wir ein Netzwerk Entwicklungspolitik im Saarland. Dieses bietet Bildungsangebote in sehr vielfältiger Art und Weise, und dies in Zusammenarbeit mit 30 außerschulischen Partnern. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das heißt, wir haben bereits ein gutes Angebot. Wir haben viele Menschen, die sich in diesem Bereich engagieren, hauptamtlich, aber auch - das will ich ausdrücklich betonen, wie es die Kollegin Gisela Kolb gesagt hat - sehr viele im ehrenamtlichen Bereich. Ich glaube, diesen Menschen gilt es, ein ganz herzliches Dankeschön zu sagen.

(Verbreitet Beifall.)

Natürlich ist völlig klar, dass noch viele Aufgaben vor uns liegen. Diese Leitlinien lösen nicht die Probleme. Sie verändern auch nicht die Welt, aber sie sind ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum Ziel. Ich glaube, deshalb ist es gut, dass wir heute diesen Antrag gemeinsam verabschieden. Es ist auch gut, dass wir diese Leitlinien haben. Aber wir müssen sie natürlich auch anwenden.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, es ist schön und außergewöhnlich, dass wir einen gemeinsamen Antrag in diesem Bereich haben, denn normalerweise findet sich im Bildungsbereich eher die Streitkultur. Aber für mich persönlich ist es schön, dass ich meine letzte Rede in diesem Haus diesem wichtigen Zukunftsthema widmen darf. Ich sage nicht: „Ich habe fertig“, sondern ich sage einfach: „Alles hat seine Zeit“. Dies war eine schöne und interessante Zeit für mich. Es war auch eine sehr lange und erlebnisreiche Zeit. Es war auch manchmal anstrengend, mit vielen Diskussionen und vielen strittigen Themen, gerade im Bildungsbereich, aber oftmals mit dem gleichen Ziel. Das Wohl

unserer Kinder und Jugendlichen in diesem Land liegt uns allen am Herzen. Ich glaube, das kann ich für alle sagen. Aber zum Erreichen dieses Ziels gibt es unterschiedliche Wege. Ich glaube, auf diesen unterschiedlichen Wegen sind wir unterwegs. Das gehört auch zu einer guten Demokratie.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Ich danke für viele Debatten hier an diesem Rednerpult, für viele konstruktive Debatten und für viele hitzige und strittige Themen. Wir sind aber doch so verblieben, dass wir alle ohne persönliche Verletzungen noch gut miteinander reden können. Ich danke für die gemeinsame Zeit in diesem Parlament. Es war eine schöne Zeit. Ich sage nicht: Ich habe fertig. Ich werde gerade die Bildungspolitik weiterhin sehr beobachten und mir anschauen, vielleicht aus einem anderen Blickwinkel.

(Lachen und Sprechen. - Beifall.)

Ich habe ja jetzt Zeit für andere Dinge. Ich wünsche mir und uns, dass Sie das Ziel, das Wohl der Kinder und Jugendlichen in diesem Land, immer im Blick haben. Ich hoffe, dass Sie alle den besten Weg finden. Wir streiten um den besten Weg, aber ich hoffe, dass wir ihn finden. - Ich sage Danke schön und alles Gute!

(Anhaltender Beifall von den Regierungsfraktio- nen und vereinzelt von den Oppositionsfraktio- nen.)

Ganz herzlichen Dank, liebe Frau Kollegin Gisela Rink. - Für die PIRATEN-Fraktion hat nun die Kollegin Jasmin Freigang das Wort.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Die Lebenschancen auf der Erde sind ungleich verteilt. Wir in den Industrieländern haben nun einmal die besseren Chancen. Wir haben das günstigere Klima und die bessere Bildung. Wir haben vor allen Dingen eine Demokratie. Es gibt Länder auf der Erde, die sich nicht so glücklich schätzen können. Dort gibt es keine Demokratie. Da ist das Klima eher lebensfeindlich und Bildung ist nur etwas für die, die es sich leisten können.

Insofern ist es unsere Pflicht als Industrienation, die zum Teil auch deshalb so gut lebt, weil sie andere Länder lange ausgebeutet hat - das muss man ehrlicherweise sagen -, dafür zu sorgen, dass wir dem entgegenwirken. Jeder von uns kann im Kleinen etwas tun. Es sind beispielsweise die Hosen für 10 Euro, die man nicht mehr kaufen sollte. Oder man sollte sich überlegen, ob Bananen für 50 Cent wirklich sein müssen.

(Abg. Rink (CDU) )

Das, was jeder von uns tun kann, ist natürlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Aber wir wissen, dass viele Tropfen einen Regen ergeben. Niemand von uns kann sich dann etwas vorwerfen. Ich hoffe, dass diese Leitlinien, die wir heute gemeinsam verabschieden, in den kommenden Jahren Wirkung zeigen werden, dass sie nicht nur heute verabschiedet werden, sondern dass sie auch - wie es der Kollege Bierbaum erwähnt hat - in den künftigen Haushalt einfließen werden und dass sie nachhaltig unser politisches Handeln für die Zukunft bestimmen.

(Vereinzelt Beifall von den Oppositionsfraktio- nen.)

Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich bei Herrn Commerçon bedanken, der dieses Thema trotz Wahlkampf an uns herangetragen hat und der allen Fraktionen die Gelegenheit gegeben hat, Stellung zu beziehen, um hier gemeinsam auf einen Nenner zu kommen. Das ist uns gelungen. Herzlichen Dank an Herrn Commerçon und natürlich auch an alle Fraktionen, die daran mitgearbeitet haben.

(Beifall.)

Meine Damen und Herren, es ist so. Im Auenland schätzt man Dinge, die von Dauer sind. Doch sind wir hier nicht in der Welt von Tolkien, wir sind im Saarland. Auch da schätzt man viel Gutes, was von Dauer ist. Aber es ist nicht alles von Dauer. Diese Legislaturperiode endet am 26. März mit den Landtagswahlen. Vieles, was derzeit ist - die Fraktionen, die Abgeordneten -, wird so nicht von Dauer bleiben. Es wird Änderungen geben. Ich werde dem nächsten Landtag nicht mehr angehören. Einige sind vielleicht froh darüber, andere bedauern dies. Das darf jetzt jeder für sich behalten. Aber ich möchte mich an dieser Stelle bei allen bedanken, bei meinen Fraktionskollegen, bei den Kollegen von der Opposition, aber auch bei der Regierungskoalition für die letzten fünf Jahre und das gemeinsame Streiten für unser Land, für die Bildungspolitik, die Hochschulpolitik und dergleichen.

Ich kann sagen, ich bin jetzt einfach weg. Nein, ich glaube nicht. Ich werde mich immer wieder einmal einmischen. Man wird sich sehen, wenn man als politischer Mensch im Saarland unterwegs ist. Aber in diesem Raum werde ich so schnell keine Rede mehr halten. - Danke sehr für die letzten fünf Jahre!

(Verbreitet Beifall.)

Ganz vielen Dank, liebe Kollegin Jasmin Freigang. Das Wort hat nun für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Abgeordneter Klaus Kessler.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Ausgestaltung der Entwicklungspolitik der Bundesrepublik Deutschland liegt in der gemeinsamen Verantwortung von Bund, Ländern und Kommunen. Entwicklungspolitik kann einen Beitrag zu mehr globaler Gerechtigkeit leisten, wenn sie dem Prinzip der Nachhaltigkeit verpflichtet ist. Dies ist umso notwendiger, als weltweit die Krisen zugenommen haben, das reicht von Wirtschafts- und Finanzkrisen, über Bürgerkriege, Stammesfehden bis zur Klimakrise mit Folgen für Hunger, Verfolgung und Armut und nicht zuletzt bis zu den Ursachen in der Flüchtlingsbewegung.

Insgesamt ist festzustellen, dass die globale Ungleichheit zugenommen hat. Daran haben die sogenannten reichen Länder im Norden einen nicht unerheblichen Anteil. Es kann nicht sein, dass weiterhin Waffenexporte in Krisenregionen jeglichen Friedensbemühungen zuwiderlaufen. Es kann auch nicht sein, dass klimaschädliche Subventionen gezahlt werden, unsere endlichen Rohstoffe dadurch vernichtet werden oder dass von uns ausgehende Exportoffensiven den Entwicklungsländern die Anstrengung nehmen, zur Armuts- und Hungerbekämpfung selbst beizutragen.

Deshalb sind wir der Meinung, dass sich die Bundesrepublik Deutschland, aber auch die Landespolitik und unsere Gesellschaft insgesamt in der Frage der Entwicklungszusammenarbeit neu ausrichten müssen. Wir brauchen ein Leitbild für eine globale, nachhaltige Entwicklung mit entsprechend abgestimmten Zielen zwischen Bund, Ländern und auch den Kommunen. In einer Welt leben heißt, Verantwortung zu übernehmen, voneinander zu lernen und sich gegenseitig zu unterstützen, gemeinsam nach Lösungen zu suchen und diese auch gemeinsam umzusetzen.

Die im September 2015 von den Vereinten Nationen beschlossene Agenda für nachhaltige Entwicklung zählt ebenso auf die Mitwirkung der Kommunen bei der Umsetzung dieser Agenda. Ziel ist es nicht mehr, Veränderungen allein im Globalen Süden herbeizuführen, auch die Länder im Globalen Norden müssen Verantwortung für ihr Handeln für eine gerechtere Welt übernehmen. Partnerschaften auf Augenhöhe sollen entstehen. Dadurch können auch Fluchtursachen erkannt, beraten und ebenso auf lokaler Ebene bekämpft werden. Entscheidend dabei ist insbesondere die Informations-, Beratungs- und Bildungsarbeit aller Organisationen, die sich für die Entwicklungszusammenarbeit engagieren. Dabei ist vor allem die Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen im Lande unerlässlich. Ich möchte an dieser Stelle meinen ausdrücklichen Dank für die engagierte Arbeit allen Organisationen im Saarland

(Abg. Freigang (PIRATEN) )

ausrichten, die sich für die Entwicklungszusammenarbeit einsetzen. - Vielen Dank dafür.

(Beifall.)

Ebenso danke ich den Mitgliedern des Entwicklungsbeirates, der das Bildungsministerium und unseren Bildungsminister bei der Bewilligung der saarländischen Nichtregierungsorganisationen für entwicklungspolitische Projekte und Programmaktivitäten unterstützt. Auch das muss einmal in dieser Deutlichkeit gesagt werden.