Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir reden heute zum wiederholten Male über den Verkauf der ehemaligen Anteile der Holtzbrinck-Gruppe an der Saarbrücker Zeitung, damals 56 Prozent, die an die GSB, die Gesellschaft für staatsbürgerliche Bildung, übertragen wurden beziehungsweise bis zum Jahre 2014 Stück für Stück übertragen werden. Die GSB - um es noch einmal für die Öffentlichkeit zu sagen - ist ein Zusammenschluss der parteinahen Stiftungen von SPD, CDU und FDP in diesem Lande. Die GSB fungiert, wohl aus steuerlichen Gründen, als sogenannter Zwischenkäufer.
Mittlerweile ist eine öffentliche Debatte entstanden über die Weiterveräußerung dieser Anteile an die Rheinische Post. Die Rheinische Post, das wurde eben schon angesprochen, hat sich in der Vergangenheit ebenfalls an dem Aachener Zeitungsverlag beteiligt und es gibt hier die Behauptung - ich drücke es einmal vorsichtig aus -, dass seit dieser Beteiligung der Rheinischen Post an dem Aachener Zeitungsverlag zahlreiche Geschäftsbereiche ausgegliedert worden sind und man versucht hat, auf diesem Wege Tarifverträge zu umgehen. Ob sich das wirklich so darstellt, ist eine andere Frage, darüber wird diskutiert. Aber es gibt diese Diskussion zumindest, und ich bin der Meinung, man sollte sie vonseiten des Landtages aus durchaus ernst nehmen und nicht den Eindruck erwecken, als wäre das alles völlig aus der Welt.
Natürlich besteht hier, zumindest potenziell, eine Gefahr für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der
Saarbrücker Zeitung, wenn es bei einer Weiterveräußerung an die Rheinische Post zu ähnlichen Tendenzen kommen sollte. Ich glaube, man sollte von politischer Seite klare Worte sprechen und den politischen Rahmen mit entsprechender Begleitung durch Beschlussanträge so gestalten, dass diese Dinge zumindest einmal thematisiert werden, um die Verhandlungen an dieser Stelle politisch zu begleiten.
Deshalb haben wir als GRÜNE parallel zu dem Antrag der LINKEN klare Forderungen im Hinblick auf den Kaufvertrag mit der Rheinischen Post, sollte er denn zustande kommen. Dort müssen nach unserer Lesart bestimmte Werte festgeschrieben werden zum Schutz der Menschen, die bei der Saarbrücker Zeitung arbeiten. Dort sollte unserer Meinung nach festgeschrieben werden, dass es auch in Zukunft eine angemessene Bezahlung geben wird, dass der Kündigungsschutz festgeschrieben wird und vor allen Dingen, dass auch nach dieser Veräußerung der Erhalt von tarifgebundenen Arbeitsplätzen sichergestellt wird. Klar muss es aber nach Lesart der GRÜNEN auch sein, dass es zu einer Weiterveräußerung der Anteile seitens der GSB kommen muss. Wir halten die parteinahen Stiftungen hier im Saarland für die schlechtesten Eigner einer Zeitung. Über kurz oder lang würde die Distanz zwischen Politik und der Zeitung durchaus kleiner werden und das kann keine sinnvolle journalistische Lösung sein. Insofern ist der Weiterverkauf in Ordnung, aber - Kollege Lafontaine hat es angesprochen - wenn es dazu kommt, ist das Thema Redaktionsstatut auch für uns GRÜNE ganz zentral. Der Mannheimer Morgen wurde schon als Beispiel genannt. Das ist ein Beispiel, das uns als tauglich erscheint, um es hier an dieser Stelle in die Diskussion zu bringen. Auch in Zukunft sollte die Unabhängigkeit einer so starken Zeitung, fast einer Monopolzeitung, wie es die Saarbrücker Zeitung mittlerweile im Saarland ist, über ein solches Redaktionsstatut gewährleistet sein. Vor diesem Hintergrund werden wir dem Antrag der LINKEN zustimmen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hatte hier drei Punkte angesprochen. Dies war einmal die Sicherung der Rechte der Belegschaft in der Zukunft, zweitens die Verwendung der Erträge, die in den zurückliegenden Jahren erheblich waren und drittens das Redaktionsstatut. Es ist bedauerlich, dass diese Argumente auf keine Resonanz gestoßen sind. Ich hätte zumindest erwartet,
dass es ein gemeinsames Anliegen dieses Hauses wäre, die Rechte der Belegschaft zu wahren. Man muss sich nur selber in die Situation versetzen, dass man von der Prekarisierung der Arbeit betroffen wäre, dann würde man sich schon engagieren. Und zu Recht wird innerhalb der Belegschaft kritisiert, dass die Stiftungen es versäumt haben, der Prekarisierung der Arbeit entgegenzuwirken. Und daraus leiten wir einen besonderen Auftrag für dieses Parlament her, dass es durch Beschlussfassung zum Ausdruck bringt, dass in einem Veräußerungsvertrag - wenn er geschlossen wird - die Rechte der Belegschaft im Hinblick auf Schutz sicherer Arbeitsplätze festgeschrieben werden.
Ich hätte erwartet, dass dieser Gedanke aufgegriffen worden wäre und dass man dazu etwas gesagt hätte. Zum Thema Redaktionsstatut hat der Kollege Ulrich schon etwas gesagt. Das kommt ja nicht von uns. Um es noch einmal zu sagen: Der Verweis auf den Mannheimer Morgen kommt aus der Redaktion heraus. Nun kann man natürlich sagen, dass vielleicht nicht alle Redakteure diese Auffassung teilen. Das weiß ich nicht, aber das kommt aus der Redaktion heraus. Das Redaktionsstatut wird als vorbildlich angesehen. Und wenn man eine solche Passage in den Kaufvertrag aufnehmen würde, dann wäre das sicherlich eine deutliche Verbesserung. Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Forderungen der Journalistenverbände nach einem Redaktionsstatut werden ja nicht erhoben, weil alles zum Besten steht in unserer Presselandschaft, sondern weil die Redakteure gerne mehr Rechte und Freiheiten hätten. Deshalb hätte ich erwartet, dass dieses demokratische Parlament an dieser Stelle zumindest mehrheitlich eine unterstützende Erklärung abgibt.
Der dritte Punkt, den ich noch einmal ansprechen möchte und zu dem auch nichts gesagt worden ist, ist der enorme Mittelabfluss. Aber was die Entwicklung der Landesfinanzen in den letzten Jahren angeht und die Verwendung der Mittel, habe ich meine eigene Auffassung. Ich will das hier nicht weiter vertiefen. Es ist schon abenteuerlich, was in diesem Lande passiert. Ich habe von einem Abfluss von mehreren hundert Millionen Euro bei einem Kaufpreis von 10 Millionen Euro gesprochen. Ich dachte, das würde den einen oder anderen zum Nachdenken bringen, aber das ist offensichtlich nicht der Fall. Wir haben es ja. Das Geld wird dann via Rheinische Post irgendwo anders investiert werden. Das muss dann wohl so sein.
Ich komme nun zu Ihrer Argumentation, Herr Kollege Theis - zu der anderen Argumentation möchte ich nichts sagen. Auch wenn sie nach meiner Auffassung nicht zutreffend ist, haben sie sich zumindest
bemüht, dies sachlich zu fundieren. Sie haben über die freie Presse gesprochen und haben gesagt, dass unsere Vorstellungen mit dem Ziel einer freiheitlichen Presse kollidieren. Ich stelle dazu nur fest, ohne Polemik, bitte Sie aber, darüber einmal nachzudenken, dass wir einen anderen Begriff von einer freien Presse haben. Wir stimmen darüber überein und das haben Sie angesprochen -, dass die Presse staatsfrei sein muss. Es ist sicherlich einer Demokratie nicht zuträglich, wenn die Presse staatlich gelenkt oder beeinflusst wird. Insofern war die kritische Bemerkung des Kollegen Ulrich im Hinblick auf die Parteistiftung gerechtfertigt, Aber solange sie keine Mehrheit haben, kann man darüber reden. Das kollidiert ja teilweise auch mit dem Ziel der Wahrung saarländischer Interessen.
Entscheidend ist aber etwas ganz anderes. Wir schlagen das hier nur vor, und vielleicht denken Sie darüber nach. Entscheidend ist, dass ein konservativer Gründungsherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung schon in den Sechzigerjahren ein berühmtes, in der ganzen Diskussion immer wieder angeführtes Zitat verwandt hat. Er hat gesagt: Pressefreiheit ist in Deutschland die Freiheit von 200 reichen Leuten, ihre Meinung zu verbreiten. Er hat also mit dem einen Satz zum Ausdruck gebracht, dass es nicht nur um die Vermeidung von staatlichem Einfluss auf redaktionelles Geschehen geht, sondern auch natürlich um die Vermeidung von wirtschaftlichem Einfluss durch reiche Verlegerfamilien, die ihre Interessen wahrnehmen wollen. Und dies sehen wir unterschiedlich. Ich stelle das einmal so fest. Sie haben hier unterstellt, wir hätten die Vorstellung, dass staatliche Lösungsansätze richtig seien. Wir haben konkret vorgeschlagen, die Belegschaftsanteile aufzustocken. Ich will das konkretisieren. Das wäre finanzierbar und ohne Probleme machbar. Würde man den 15 Prozent-Anteil via Stiftungen - das würde ihrem Auftrag entsprechen - auf 25 Prozent erhöhen, dann wäre die saarländische Mehrheit gewährleistet und eine durchgreifende Mitsprache der Belegschaft gesichert. Das ist unser Anliegen und das ist auch den Stiftungen zumutbar. Vorhin habe ich gefragt, welche Leistungen hat die Unternehmerfamilie Holtzbrinck erbracht, um mehrere hundert Millionen Euro hier abzuziehen? Und ich frage genauso, welche Leistungen haben die Stiftungen eigentlich erbracht, um in größerem Umfang Gelder aus der Arbeit der Belegschaft der Saarbrücker Zeitung abzuziehen? Wenn man fair ist, kann man darüber zumindest diskutieren. Jetzt besteht eine Chance, sozusagen eine Art Wiedergutmachung wenn man so will, indem man sagt, okay die Stiftungen der Parteien, die hier betroffen sind, sehen ein, dass die Belegschaft in größerem Umfang an dem Ertrag der letzten Jahrzehnte beteiligt war, als man konstatiert hat, und wir stellen sicher, dass eine Sperrminorität der Belegschaft eingeräumt wird.
Herr Kollege Theis, uns geht es nicht um eine Stärkung des Staatseinflusses, sondern uns geht es um die entscheidende Frage, ob Pressefreiheit sich darauf reduziert, dass einige Großverlage das Meinungsbild in unserem Land bestimmen. Das ist nicht durch staatliche Lösungen zu konterkarieren, das ist nur durch Belegschaftsanteile zu konterkarieren. Genau das wollen wir und wir wären dankbar, wenn sich in diesem Hause einige diesen Überlegungen anschließen könnten. Ich will Ihnen aus der Tradition der CDU - vielleicht interessiert Sie das ja - noch einen Hinweis geben. Es gab einen CDU-Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen, das war ein Christlichsozialer. Der hat wörtlich gesagt: Wir sind die Bannerträger des christlichen Sozialismus. - Erschrecken Sie nicht. Und dieser Mann hat auch gesagt, als die Diskussion um die gesellschaftliche Verfassung der Nachkriegsordnung ausgetragen wurde: Demokratie in der Politik, aber Feudalismus in der Wirtschaft, das kann auf Dauer nicht funktionieren. Ich bitte Sie, über diesen Satz von Karl Arnold einmal nachzudenken.
Ich komme leider auch nicht umhin, noch einmal kurz auf die Ausführungen des Kollegen Theis einzugehen, denn sie bringen die Diskussion hier in eine falsche Richtung. Freiheit, wofür die Liberalen stehen, ist nicht nur unternehmerische Freiheit. Wer unter Freiheit nur unternehmerische Freiheit versteht, der wählt die FDP und nicht die PIRATEN. Meinungsfreiheit und Pressefreiheit - und das ist der Punkt, auf den wir hinaus wollten - kann mit einem ständigen wirtschaftlichen Druck auf die Mitarbeiter nicht gedeihen. Und zum größeren Rahmen: 20 Jahre Neoliberalismus zeigen eben auch, dass bei Monopolen das freie Unternehmertum nicht als Kontrollstruktur taugt, sondern es ist so, dass wir dann verstärkende Tendenzen haben in eine Richtung, die wir aus politischer Sicht nicht möchten. Ein unregulierter Markt ist sehr effizient, er findet Wege, Kapital anzuhäufen, aber er kennt auch keine Moral. Und unsere politische Aufgabe ist es nicht, eine Gewinnmaximierung für Unternehmer zu ermöglichen, sondern einen diskriminierungsfreien Raum zu schaffen, in dem sich alle betätigen können. Die Devise „Der Markt wird es richten“, ist im Falle eines Monopols, wie wir es bei der Saarbrücker Zeitung haben, töricht und das kann man nicht unterstützen. - Danke.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die Annahme des Antrages Drucksache 15/93 ist, den bitte ich eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 15/93 mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Zugestimmt haben die Oppositionsfraktionen, DIE LINKE, PIRATEN und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Dagegen gestimmt haben die Koalitionsfraktionen von CDU und SPD.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die Annahme der Drucksache 15/74 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Stimmenthaltung? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 15/74 einstimmig vom Parlament angenommen ist.