Vielen Dank, Frau Abgeordnete. - Das Wort hat nun der Minister für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie Herr Storm.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Rente ist in der Vergangenheit immer als Alterslohn für Lebensarbeit bezeichnet worden. Das ist sie auch. Wir können darüber diskutieren, was Lebensarbeit ist zum Beispiel auch Familienarbeit und die Pflege von Angehörigen -, aber Alterslohn für Lebensarbeit sagt vor allen Dingen eines aus: Er ist eine wichtige Säule für die individuelle Lebensplanung jedes Einzelnen. Das bedeutet, wir brauchen bei der Rente Verlässlichkeit. Wir brauchen dort, wo Probleme auftauchen, eine saubere Analyse und die Bereitschaft, diese Probleme auch zu lösen. Was wir auf keinen Fall brauchen, ist der Versuch, eben mal mit einem Satz Grundlagen infrage zu stellen oder im Vorbeigehen abzuräumen.
Ein statistischer Schnellschuss wird dem Thema nicht gerecht. Er wird auch den Erwartungen der Menschen nicht gerecht. Wir hatten in Deutschland über viele Jahrzehnte eine gute Tradition: Wichtige Grundentscheidungen im Bereich der Alterssicherung sind in einem breiten Konsens getroffen worden. Das ist bis zur Rentenreform 1992 eingehalten worden.
Ich glaube, wir hätten einige Probleme, über die diskutiert worden ist, nicht, wenn man diesen Grundsatz des Rentenkonsenses auch in den letzten beiden Jahrzehnten eingehalten hätte. Deshalb werbe ich an dieser Stelle schon dafür, dass wir kommende rentenpolitische Entscheidungen nach Möglichkeit mit einer breiten Mehrheit treffen sollten.
Herr Lafontaine, Sie haben Statistiken über die Bruttoersatzrate angesprochen. Aber diese sagt im Grunde genommen über das eigentliche Sicherungsniveau herzlich wenig aus. Das fängt schon einmal mit der Frage an, was der Teil ist, der am Ende netto verbleibt. Hier haben Sie die Nettoersatzrate gebracht, aber auch sie ist für Vergleiche bei der deutschen Alterssicherung herzlich wenig geeignet, weil wir seit dem Beginn der effektiven Rentenbesteuerung Anfang des letzten Jahrzehnts eigentlich
Wenn man internationale Untersuchungen nimmt, die betrachten, wie es für die Menschen, mit dem, was sie im Alter tatsächlich haben, aussieht, dann liegt Deutschland nicht ganz weit hinten, sondern sehr weit vorne. Unser deutsches Rentensystem ist aus historischen Gründen ein System, in dem wir keine Volksversicherung haben, sondern in dem abhängig beschäftigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie weitere Gruppen mitabgesichert sind. Dies hat zur Folge, dass jemand, der zum Beispiel in den öffentlichen Dienst wechselt und verbeamtet wird, aber eine Zeit von fünf Jahren in der gesetzlichen Rentenversicherung war, ebenso wie jemand, der sich selbstständig macht und dann eine andere Absicherung hat, zum Beispiel in einem berufsständischen Versorgungswerk, trotzdem in der Rentenstatistik auftaucht. Das führt dazu, dass die Durchschnittswerte in der gesetzlichen Rentenversicherung regelmäßig zu niedrig sind, um abzuleiten, wie die tatsächliche Versorgung ist. Aus diesem Grunde sind wir klug beraten, etwas genauer hinzuschauen.
Wenn man nun über das Rentenniveau debattiert, muss man natürlich eines sehen: Wir hatten vor einem Jahrzehnt einen Wechsel in der Betrachtung der Rentenpolitik. Dies wurde damals unter einem sozialdemokratischen Arbeitsminister eingeleitet. Er hat gesagt, dass die alte Zusage, die seit der Rentenreform 1957 galt, wonach man mit der gesetzlichen Rentenversicherung in etwa seinen Lebensstandard im Alter halten kann, nicht mehr gilt, sondern dass man ein zweites Standbein braucht. Damals wurde die Riester-Rente eingeführt.
Die damalige Ankündigung war, dass in der Summe aus den Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung und der ergänzenden Vorsorge ein ausreichendes Versorgungsniveau erreicht werden muss. Ich halte das auch für den richtigen Maßstab. Wenn man sich zu diesem Maßstab bekennt, muss man überlegen, an welcher Stelle es Probleme gibt. Diese Probleme haben wir objektiv bei der Frage des zweiten Standbeins, weil wir im Moment in Deutschland gut 60 Prozent Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben, die über einen Betriebsrentenanspruch verfügen. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass gut ein Drittel der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten keine Betriebsrente hat. Auf der anderen Seite haben wir im Moment gut 15 Millionen Menschen, die über einen Riester-Vertrag verfügen. Der größte Teil von ihnen sind in der Tat Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Wir wissen bis zur Stunde immer noch nicht ganz genau, wie viele über beides verfügen, also eine Betriebs- und eine Riester-Rente, wie viele eine Betriebsrente oder eine Riester-Rente und wie viele am Ende keine zusätzliche Absicherung haben.
Ein zentraler Punkt für eine Rentenreform der nächsten Monate und Jahre muss sein, dass wir bei dem Thema „zweites Standbein für jeden“ eine Situation herbeiführen, die wirklich sicherstellt, dass die ergänzende Vorsorge flächendeckend verbreitet wird. Wir können darüber reden, ob das zum Beispiel geht, indem wir die Betriebsrente ausbauen. Über diese Dinge muss man miteinander reden. Man muss darüber reden, ob man zum Beispiel ein Angebot macht, das für jeden Arbeitnehmer zunächst einmal regelhaft eine ergänzende Vorsorge vorsieht. Mein Vorschlag ist, dass wir diese ergänzenden Vorsorgesysteme zusammenfassen zu einer Förderrente und das bestehende Dickicht ein Stück weit lichten.
Das ist ein zentraler Punkt. Wir müssen die Dinge zusammen betrachten und überlegen, ob wir in der Summe ein ausreichendes Versorgungsniveau erhalten. Wir haben derzeit, aktuell im Jahr 2012, ein Versorgungsniveau, das bei rund 50 Prozent liegt. Die Rentenversicherungsträger hatten 49,9 Prozent, das ist fast ein Punkttreffer. Bis zum Jahr 2030 wird nach dem derzeitigen Stand das Niveau in der gesetzlichen Rentenversicherung auf etwa 45 Prozent absinken. Nicht auf 43 Prozent, es wird etwas höher liegen. Das liegt daran, dass die Faktoren bei der jährlichen Rentenanpassung auch die Beschäftigungsentwicklung berücksichtigen, und die ist auch in den letzten Jahren etwas besser gelaufen, als man das vor etwa 10 Jahren noch erwartet hat.
Ein zweites Thema neben der Frage, wie gehen wir mit der Notwendigkeit um, nach Möglichkeit für alle eine ergänzende Vorsorge zu schaffen, ist in der Tat das Thema Armutsvermeidung. Dass wir das an der Saar sehr, sehr ernst nehmen, sehen Sie auch daran, dass ich bereits im Sommer verkündet habe, den Aktionsplan, den die Landesregierung zur Vermeidung von Armut vorlegen wird, in das Frühjahr zu schieben, weil wir Themen wie Vermeidung von künftiger Altersarmut ganz gezielt mit hineinnehmen wollen, in einem stärkerem Ausmaß, als dies vorher vorgesehen war. Ich halte das für eine richtige Entscheidung.
Aber wenn man Altersarmut vermeiden will, muss man zunächst einmal bedenken, dass Armutsvermeidung nicht originär das Ziel der gesetzlichen Rentenversicherung gewesen ist. Wir hatten bis zur Rentenreform des Jahres 1957 Renten, die so kümmerlich waren, dass sie vor allen Dingen für die Kriegswitwen im wahrsten Sinne des Wortes zum Sterben zu viel und zum Leben zu wenig waren. Mit der Rentenreform des Jahres 1957 sind die Renten im Durchschnitt um heute kaum mehr vorstellbare 60 Prozent aufgestockt worden. Damals begann die Erfolgsgeschichte der deutschen Rentenversicherung, um die uns trotz der von Ihnen zitierten Statistik heute noch fast die gesamte Welt beneidet. Die
se Erfolgsgeschichte hat dazu geführt, dass Altersarmut im Grunde genommen kein weitverbreitetes Thema war.
Natürlich gibt es immer noch die verschämte Altersarmut, und wir müssen jeden unterstützen, der einen Anspruch hätte und diesen Anspruch nicht geltend machen will. Aber auf der anderen Seite ist Armut heute ein Thema, das vor allen Dingen bei Kindern von Alleinerziehenden relevant ist. Wenn es um Altersarmut geht, geht es darum, Altersarmut von morgen zu verhindern, weil wir veränderte Erwerbsbiografien und veränderte Lebensentwürfe haben. Dabei sollten wir vor allen Dingen die Frauen in den Blick nehmen, weil unser Anspruch an die Rente heute ein anderer ist als noch vor 20 oder 30 Jahren. Unser Anspruch muss zu Recht sein, dass Männer und Frauen eine eigene vollständige Rentenbiografie entwickeln können. Vor allen Dingen muss neben der Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch die Frage einer Anrechnung von Kindererziehungszeiten auch für die vor 1992 geborenen Kinder ein Thema sein, wenn man bei der Rente über Handlungsbedarf redet.
Ich nenne einen dritten Punkt. Wenn man überlegt, wo aktuell Handlungsbedarf besteht, kommt man zu dem Ergebnis, dass er vor allem beim Thema Invalidität gegeben ist. Wenn wir die vorhandenen Daten zur Grundsicherung im Alter und bei Invalidität etwas näher betrachten, wird deutlich, dass wir bei den Menschen im Rentenalter eine relativ stabile Entwicklung haben, aber eine enorme Dynamik bei Invaliditätsrisiko. Das hat auch eine Reihe von Gründen, auf die ich nicht im Detail eingehen will. Ich will nur sagen, hier sehen wir einen Handlungsbedarf, und deshalb werden wir dieses Thema in unserem eigenen Aktionsplan zu Beginn des nächsten Jahres mit in den Blick nehmen.
Ich habe angesprochen, dass es die gute Tradition gibt - mit der wir über Jahrzehnte sehr gut gefahren sind -, wichtige rentenpolitische Entscheidungen in einem breiten Konsens zu treffen. Deshalb sind die Signale aus Berlin ermutigend, dass man an diese Tradition anknüpfen will. Dabei kann man nicht innerhalb kurzer Zeit alle Probleme auf einmal lösen. Es wäre aber schon ein deutlicher Schritt nach vorne, wenn es gelingen würde, in den nächsten Wochen eine Verständigung bei den wichtigen Themen herbeizuführen, so etwa, wie können wir die Situation für die Frauen verbessern, wie können wir - Tobias Hans hat es angesprochen - flexible Übergänge in den Ruhestand erreichen mit neuen Teilrentenmodellen, die in der Lebenspraxis wirklich funktionieren. Was bisher an Teilrente da ist, ist im Grunde genommen ja nicht praxistauglich.
Beim Thema Erwerbsminderung halte ich zumindest eine Sache für ganz wichtig, nämlich Reha. Wir müssen den Reha-Deckel aus den Neunzigerjahren
anheben, weil die Jahrgänge, die jetzt Reha-Leistungen brauchen - das ist im Grunde genommen die Generation 50 aufwärts -, so stark besetzt sind, dass es keinen Sinn macht, den alten Reha-Deckel zu halten. Hier gibt es von der Bundesregierung klare Signale, dass man bereit ist, schon im nächsten Jahr beim Thema Reha etwas zu machen.
Für die mittlere Perspektive gibt es drei wichtige Themen, Förderrente für alle, also ein zweites Standbein, Vermeidung von Altersarmut und - auch das ist schon angesprochen worden - Absicherung von Personen, die aus den historischen Gründen für die Entstehung unseres Alterssicherungssystems keine Absicherung haben, zum Beispiel eine Reihe von Menschen, die selbstständig sind. Es sind vor allem Selbstständige mit sehr niedrigem Einkommen, die oftmals keine Absicherung haben. Aber auch da darf es keinen Schnellschuss geben, sondern muss eine Lösung gefunden werden, für die man einen breiten Konsens erzielen kann.
Meine Damen und Herren, es ist ein wichtiges Thema, das nicht nur bundespolitischen Bezug hat, sondern bei dem sich auch die saarländische Landesregierung engagiert hat und nach wie vor engagiert. Die Frage des Beitragssatzes ist angesprochen worden. Es ist ein Thema, bei dem wir mit unserem eigenen Aktionsplan im kommenden Frühjahr saarländische Akzente setzen wollen. Aber meine herzliche Bitte, auch an den Landtag, ist, bei diesem Thema, das für jeden Einzelnen so wichtig ist im Hinblick auf die Lebensplanung, keinen Schnellschuss abzufeuern, sondern ein klares Signal zu setzen, dass wir gemeinsam in eine langfristig tragfähige Richtung gehen wollen, dass wir nicht mit statistischen Tricks
Vielen Dank, Herr Minister. - Das Wort hat nun der Fraktionsvorsitzende der Fraktion DIE LINKE Oskar Lafontaine.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben eingeladen, auf eine einfache Frage mit Ja oder Nein zu antworten, und sind nach wie vor gespannt auf die namentliche Abstimmung, obwohl ja angekündigt worden ist, wie die einzelnen Fraktionen sich verhalten werden, damit auch die Mitglieder dieser Fraktionen.
Aber die Debatte hier war so widersprüchlich, dass es wirklich abenteuerlich war, dem überhaupt zuzuhören. Ich beginne einmal mit der Frage des Ren
tenbeitragssatzes. Wir können uns jetzt auf die Position zurückziehen: Sich zu einer so einfachen Zahl zu äußern, ist ja viel zu billig, viel zu dürr, dazu wollen wir uns nicht äußern, es gehört auch gar nicht ins Parlament und so weiter und so weiter. Würde ich alle Argumente kopieren, die Sie hier vorgetragen haben, wäre das geradezu lächerlich und absurd. Ich will Ihnen etwas sagen: Ich begrüße für meine Fraktion ausdrücklich, dass Sie diese Position einnehmen. Das ist für uns auch nicht dürr oder unwichtig, es ist für uns auch völlig uninteressant, ob wir das hier entscheiden. Es ist nämlich ein richtiger Schritt in einer Diskussion, die wirklich das Schicksal von Millionen Menschen in der Zukunft bestimmt, dass man endlich begriffen hat, dass man den Rentenbeitragssatz immer nur dann senken kann, wenn man in immer größerem Umfang Altersarmut programmiert. Endlich hat man es begriffen!
Dabei war es so - das will ich in dieser Debatte, die ja schon über viele Jahrzehnte geführt wird, doch noch nachtragen -, dass ein Ordoliberaler eigentlich schon immer darauf hingewiesen hat, dass man es vielleicht begreifen könnte. Das war Alexander Rüstow. Er hat einmal gesagt, es gibt überhaupt keine Lohnnebenkosten - vielleicht kann man sich das einmal aufschreiben -, es gibt nur Löhne. Wer das Senken von Lohnnebenkosten fordert, fordert das Senken der Löhne. Und das wurde über viele, viele Jahre betrieben. Deswegen sind natürlich alle Arbeitgeberverbände immer für das Senken der Löhne. Das ist der ganze Zusammenhang. Man redet den Beschäftigten ein, das ist auch für euch gut, aber sie bezahlen das dann bitter im Alter. Deshalb noch einmal: Glückwunsch, dass Sie jetzt gesagt haben, das Spiel machen wir nicht mehr mit. Erster Punkt.
Zweiter Punkt. Wenn jetzt hier gesagt wird - das war ja gut gemeint -, 50 Prozent von wenig ist immer noch nicht genug, dann ist das wirklich an Dreistigkeit an unsere Adresse nicht mehr zu überbieten. Es war nicht so gemeint, aber es ist an Dreistigkeit nicht mehr zu überbieten. Wir haben als erste Partei jahrelang den gesetzlichen Mindestlohn in einer höheren Großenordnung gefordert, weil wir sagen, dass 50 Prozent von 8 Euro etwas anderes sind als 50 Prozent von 10 Euro. Wir haben gesagt, das kann so nicht mehr weitergehen. Die anderen Parteien haben sich Gott sei Dank, teilweise halbherzig, mehr oder weniger diesem Punkt angeschlossen. Aber wir sind ja an der Stelle immer noch nicht weit. Ich will zu den Gewerkschaften nur so viel sagen: Wenn der DGB angesichts der Rentenformel - und das sage ich als Gewerkschaftsmitglied - 8,50 Euro als Mindestlohn fordert, dann ist das an Jämmerlichkeit einfach nicht mehr zu überbieten, weil er damit auch Altersarmut in Kauf nimmt und programmiert. So weit auf den Hund gekommen ist die Rentendebatte in
der Bundesrepublik Deutschland schon. Ich nenne jetzt bewusst einmal nur den DGB, um nicht irgendeine andere Partei hier anzusprechen.
Es geht also um die Lohnhöhe. Und wenn man in den letzten Jahren alles dafür getan hat, dass die Löhne in Deutschland niedrig geworden sind, dann darf man sich doch nicht hier hinstellen und sagen, 50 Prozent von wenig ist auch nichts. Das war wirklich ein Höhepunkt der Debatte, dass die Kollegin von der PIRATEN-Partei Ihnen erklärt hat, dass 50 Prozent von wenig natürlich wenig ist, aber 43 Prozent von wenig ist noch viel weniger, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Ich will noch etwas sagen. Uns betrifft es teilweise ja überhaupt nicht. Aber ich habe Ihnen die Entwicklung der Niedriglöhne vorgelesen und mich empört es nach wie vor, dass es niemand bewegt, wenn jemand, der 1.000 Euro hat - ich lese es Ihnen noch einmal vor, das ist ja nicht so schwer zu rechnen -, in Deutschland 560 Euro netto im Moment zu erwarten hat und zukünftig 430 Euro - Statistik hin oder her - und dass er im Durchschnitt der EU 730 Euro zu erwarten hat. Dass das niemand bewegt und dass dann hier so herumkadadscht wird, das ist nur noch beschämend.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich stelle zunächst einmal fest, dass ich quer durch diese gesamte Debatte nur Bekenntnisse zur Stärkung des gesetzlichen Rentensystems gehört habe. Das ist per se eine gute Sache. Die Frage ist aber - und das ist in der Tat komplex und schwierig -, wie man das faktisch erreichen will. Nun will ich meinen ersten Debattenbeitrag nicht komplett wiederholen, ich will nur noch einmal auf bestimmte Dinge zugespitzt hinweisen. Wir haben in der SPD-Fraktion den Eindruck, dass durch den Antrag der Fraktion DIE LINKE ein Bild nach außen vermittelt werden soll, dass diejenigen, die diesem Antrag zustimmen, die Kämpfer für soziale Gerechtigkeit und für dieses Rentenniveau sind, und diejenigen, die das nicht machen, die sind es nicht. Das ist etwas, was wir uns einfach von unserem Selbstverständnis her nicht gefallen lassen.
(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Abg. Linsler (DIE LINKE) : Wir wollten ein Zeichen setzen!)
Ich habe eben etwas ausführlicher auf den Debattenstand und den Ablauf der Debatte hingewiesen, der sich ja schon abzeichnet - bei uns zum Beispiel
hin zu einem sogenannten kleinen Bundesparteitag, zu einem Parteikonvent am 24. November. Das ist quasi übermorgen. Verbunden ist dies mit der Tatsache, dass wir neun Monate, bevor dieser dürre Antrag - dabei bleibe ich - hier überhaupt eingegangen ist, bereits ein entsprechendes Abstimmungsverhalten öffentlich unter dem Lichte aller Medien in Berlin gezeigt haben. Dann ist es doch Humbug, auf diese Art und Weise zu versuchen, bei dem Thema voranzukommen. Diese Methode spaltet und hilft nicht den Rentnerinnen und Rentnern oder den sozial Schwachen.
Zu einem Punkt muss ich noch etwas sagen. Das gehört eigentlich nicht in den Landtag, aber nach dem Motto, wenn wir schon mal dran sind, mache ich es. Lieber Oskar, du sagst, der DGB ist auf den Hund gekommen, weil er 8,50 Euro fordert. Man kann darüber streiten, ob die Höhe noch up to date ist oder nicht. Wenn man aber mitbekommen hat, wie schwer der Meinungsbildungsprozess im Deutschen Gewerkschaftsbund war, wie der teilweise bei uns hier aus dem Haus positiv vorangetrieben worden ist, zum Beispiel durch die Kollegin Isolde Ries und andere von NGG, dann finde ich es wirklich daneben, wenn man sagt, der DGB sei auf den Hund gekommen, weil er nur 8,50 Euro fordert. Das zeigt doch eine gewisse Unkenntnis der Strukturen innerhalb der Gewerkschaftslandschaft. Anders kann ich es nicht ausdrücken.
Zum Abschluss möchte ich noch einen Punkt anfügen und ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudern, weil ich jeder Partei zugestehe - und nur das ist zielführend -, dass sie auf ihrem Weg versucht, die Entscheidungen dort zu beeinflussen, wo die Entscheidungszentren sind. Wir hatten gestern Abend eine Sitzung des Kreisvorstandes der SPD in Neunkirchen. Ich war dort auch selbst anwesend. Wir haben unter anderem an unsere Partei die Bitte und die Forderung im Dialog gestellt - weil wir mitten in einem parteiinternen Meinungsbildungsprozess sind -, das Rentenniveau mindestens auf derzeitigem Stand festzuschreiben. Das ist nicht einfach, weil dann an anderen Stellen in der Konzeption Abstriche gemacht werden müssen, wo auch wiederum Menschen sagen - in den Betrieben, bei den Selbstständigen oder wo auch immer -, dann wird es dort wieder ungerecht. Alles auf einmal geht eben nicht. Aber eines wird daraus klar, gestern Abend und jetzt noch einmal: Der Zug rollt. Wir brauchen keine Belehrungen über Anträge und wir brauchen keine Stöckchen, über die wir springen sollen. Wir haben uns schon entschieden, da haben andere noch gar nicht an ihren Antrag gedacht. - Danke.