Protokoll der Sitzung vom 16.10.2012

(Beifall.)

Bevor ich die Aussprache zu den Punkten 1 bis 4 der Tagesordnung - dem Nachtragshaushaltsgesetz 2012 und dem Gesetz zur Änderung des Haushaltsbegleitgesetzes 2012 sowie dem Haushaltsgesetz 2013 und dem Haushaltsbegleitgesetz 2013 - eröffne, weise ich nochmals darauf hin, dass alle Gesetzentwürfe wegen ihres inhaltlichen Zusammenhangs in der Aussprache gemeinsam behandelt werden. Das Erweiterte Präsidium ist übereingekom

(Abg. Döring (SPD) )

men, als Redezeit für die Aussprache das zweifache Grundredezeitmodul vorzusehen.

Wir kommen zu den Punkten 1 bis 4 der Tagesordnung:

Erste Lesung des von der Regierung eingebrachten Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Haushaltsplan des Saarlandes für das Rechnungsjahr 2012 (Nach- tragshaushaltsgesetz - NHG 2012) (Drucksa- che 15/130)

Erste Lesung des von der Regierung eingebrachten Gesetzes über die Änderung des Haushaltsbegleitgesetzes 2012 (Drucksache 15/131)

Erste Lesung des von der Regierung eingebrachten Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsplans des Saarlandes für das Rechnungsjahr 2013 (Haushaltsgesetz - HG - 2013) (Drucksache 15/132)

Erste Lesung des von der Regierung eingebrachten Haushaltsbegleitgesetzes 2013 (HBeglG 2013) (Drucksache 15/133)

Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat für die Fraktion DIE LINKE Herr Professor Dr. Heinz Bierbaum.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Der Haushalt 2013 wird natürlich bestimmt durch die Schuldenbremse. Gestern hat der Minister in seiner Haushaltseinbringungsrede darauf hingewiesen, dass die Schuldenbremse nun mal Gesetz ist - ob man sie mag oder nicht mag - und es deshalb darauf ankomme, wie sie eingehalten werden kann, ob durch mehr Sparen, durch Einnahmeverbesserung oder durch beides.

Im Saarland - so der Minister in seiner Rede weiter steht das Sparen im Vordergrund, das heißt die Vorgaben der Schuldenbremse für 2013 sollen dadurch eingehalten werden, dass die Nettokreditaufnahme um 65 Millionen auf 526 Millionen Euro gesenkt wird. Allerdings werden die Schulden insgesamt dennoch weiter steigen. Wir werden im Jahr 2013 einen Schuldenberg von 12,8 Milliarden Euro haben. Der Schuldenberg wird in den Folgejahren weiter anwachsen, im Jahr 2014 auf über 13 Milliarden. Das bedeutet natürlich auch eine erhebliche Belastung des Haushalts durch entsprechende Zinszahlungen. Sie sind zwar gegenüber dem Vorjahr auf knapp 500 Millionen gesunken, werden aber in den

weiteren Jahren deutlich über 500 Millionen Euro liegen.

Ich glaube, in einem Punkt sind wir uns einig, dass etwas getan werden muss, um diese Altlasten anzugehen. Man wird nicht darum herumkommen, hier besondere Maßnahmen einzuleiten; darauf ist in verschiedenen Debatten schon mehrfach hingewiesen worden.

Was das Sparen angeht - wir werden das bei der Beratung der Einzelpläne noch mal deutlicher machen können -, so sollen über die Ressorts hinweg 37 Millionen Euro gespart werden. Die Kommunen sollen erneut einen Beitrag von 16 Millionen Euro leisten - trotz des Entlastungsfonds. Im Hinblick auf Beiträge zur Kultur und bei den Baumaßnahmen wird eingespart, ebenso bei den Landesgesellschaften, was wir positiv sehen. Auch wenn es in absoluten Zahlen nicht so stark zu Buche schlägt, gibt es Einsparungen im Regierungsapparat und auch bei den Ministerpensionen, wie es in dieser Woche angekündigt wurde, was wir ebenfalls begrüßen.

Es wird auch auf Einnahmesteigerungen verwiesen, konkret auf die Erhöhung der Grunderwerbssteuer auf 5,5 Prozent, was 8 Millionen Euro erbringen soll. Es wird auch etwas dazu gesagt, wie es mittelfristig weitergehen soll. Im Mittelpunkt steht die zehnprozentige Einsparung beim Personal in Höhe von 2.400 Stellen. In dem Zusammenhang möchte ich anmerken, dass endlich einmal deutlich gemacht werden sollte, wie viel Personal tatsächlich beschäftigt ist; hier kursieren die unterschiedlichsten Zahlen. Nach dem Statistischen Bundesamt hatten wir im Jahr 2011 die Zahl von 27.409 Stellen, hier wird in den Berechnungen immer von 24.000 Stellen ausgegangen. Ich weiß, dass die Differenz wesentlich mit dem Universitätsklinikum zusammenhängt. Aber dennoch sollten einmal die konkreten Zahlen genannt werden.

Es wird im Hinblick auf die mittelfristige Konsolidierung darauf verwiesen, dass die Förderprogramme überprüft werden sollen, dass man mehr länderübergreifende Kooperationen angehen will, dass man Benchmark-Analysen anstellt und dergleichen mehr. Das erscheint mir allerdings doch etwas wenig und etwas dürftig angesichts der Problemlage, mit der wir es zu tun haben.

Ich weise darauf hin, dass die Pro-Kopf-Ausgaben im Saarland in 2011 125,1 Prozent bezogen auf den Durchschnitt der westdeutschen Flächenländer betragen haben, dass wir in den letzten Jahren eine deutliche Ausweitung des Personals hatten. Wenn man einen Vergleich der Bundesländer von 2002 bis 2010 anstellt, dann ist das Saarland das einzige Land, wo es einen tatsächlichen Aufwuchs bei den Personalzahlen gegeben hat. Natürlich schlägt das auch auf die jetzt gerade in der Diskussion stehen

(Präsident Ley)

den Versorgungsleistungen durch - darauf hat der Rechnungshof in seinem Sonderbericht hingewiesen -, wobei ich aber deutlich sagen möchte, dass DIE LINKE nicht damit einverstanden ist, wenn diese Probleme wieder zulasten der Beamtinnen und Beamten gehen, die dafür nichts können. Wir sind also klar gegen die Ausweitung der Lebensarbeitszeit auf 67 Jahre. Ich denke, wir müssen andere Maßnahmen ergreifen.

(Beifall bei der LINKEN.)

Die Dimension des Problems wird auch deutlich, wenn wir uns die PwC-Studie zur Haushaltskonsolidierung in den einzelnen Bundesländern anschauen. Ich möchte hierzu aber die Vorbemerkung machen darauf wurde im Haushalts- und Finanzausschuss hingewiesen -, dass die Datenbasis dieser Studie als etwas problematisch angesehen wird, hier gibt es ein Stück weit Kritik. Allerdings möchte ich schon festhalten, dass die Dimension des Problems dort klar benannt ist.

Mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, zitiere ich aus dem Bericht: „In jeder Beziehung weit abgeschlagen sind das Saarland mit einer notwendigen Quote von 70 Prozent und Bremen mit einer Quote von 68,6 Prozent.“ Gemeint ist mit dieser Quote das Verhältnis der verfügbaren Finanzmasse je Einwohner im Jahr 2020 zur in Anspruch genommenen Finanzmasse im Jahr 2011 nach Zinsen und Versorgung, dies im Verhältnis zum Durchschnitt der Flächenländer West.

Entsprechend diesem Bericht und diesem Tatbestand, den PwC feststellt, bedarf es realer Einsparungen im Saarland von 3 Prozent jährlich und einer jährlichen Minderung des Haushaltsvolumens von 2,1 Prozent. Das bedeutet, dass wir vermehrte Anstrengungen brauchen, wenn dieser Pfad weiter verfolgt werden soll, und dass Ausweitungen im Haushalt, wie es gegenwärtig noch der Fall ist, dann nicht mehr möglich sein werden.

PwC hält dennoch, wenn man sich nicht am Durchschnitt, sondern an den besten orientiert, eine Haushaltskonsolidierung für möglich, wie dies Minister Toscani gestern in seiner Haushaltsrede auch gesagt hat. Wie das gelingen soll, ist uns bisher ziemlich unklar, weil die vorgesehenen Maßnahmen doch recht nebulös und nicht sehr präzise sind, wobei allerdings wohl feststeht, dass der Schwerpunkt beim Personal liegen wird. Das sind ja mit die Hauptausgaben und hier finden gegenwärtig Verhandlungen auch mit den Gewerkschaften statt. Ich bin sehr gespannt, wie diese Verhandlungen weitergehen. Ich glaube, dass die Dimensionen, die bisher angesprochen sind, nicht ausreichen und es hier, wenn die Gewerkschaften ihre Aufgaben ernst nehmen, zu erheblichen Konflikten kommen wird.

Wir sind der Auffassung, dass es allein mit Sparen nicht geht. Das ist übrigens auch die Auffassung von Finanz- und Wirtschaftswissenschaftlern ganz unterschiedlicher Ausrichtung. In der Diagnose - nicht unbedingt in den Konsequenzen - gleichlautend sind Herr Horn vom Institut für Makroökonomie und Konjunktur, das den Gewerkschaften nahe steht, der eher der konservativen Seite zuzurechnende Sachverständige Lars Feld und auch der frühere Finanzminister von Rheinland-Pfalz, Herr Deubel, der allerdings im Moment etwas andere Probleme hat. Sie sind sich dahingehend einig, dass die Vorgaben der Schuldenbremse kaum einzuhalten sind, es sei denn, man nimmt im öffentlichen Dienst einen wirklichen Kahlschlag vor, und da sage ich auch ganz klar: Den will die LINKE nicht.

(Beifall bei der LINKEN.)

Aus unserer Sicht ist Sparen allein kein erfolgversprechender Pfad, um die Schuldenbremse einzuhalten. Wir brauchen dringend Einnahmeverbesserungen. Auch Minister Toscani hat in seiner gestrigen Rede von Einnahmeverbesserungen gesprochen. Ich habe dabei bezüglich der Einnahmen drei Elemente gesehen. Das erste Element: keine Entscheidungen auf Bundesebene, die zu einer Verschlechterung der Einnahmebasis führen. Das ist sozusagen eher negativ abgegrenzt. Das zweite Element: eine Bundesratsinitiative zur Erhöhung des Spitzensteuersatzes. Da möchte ich die Landesregierung doch einmal fragen, wie hoch er jetzt eigentlich sein soll. Bisher hatten wir zur Erhöhung des Spitzensteuersatzes lediglich Ankündigungen, aber wie hoch er eigentlich künftig sein soll, wissen wir noch nicht. Unsere Forderung ist klar: Er soll wieder wie zu Kohls Zeiten auf 53 Prozent steigen. Hier erwarten wir klare Aussagen. Wir erwarten auch endlich einmal sehr konkrete Initiativen und nicht immer nur Ankündigungen.

(Beifall bei der LINKEN und bei den PIRATEN. - Zurufe.)

Das dritte Element im Hinblick auf die Einnahmeseite ist das kontinuierliche Wirtschaftswachstum. Darauf und auf die wirtschaftliche Entwicklung werde ich noch eingehen. Darüber hinaus gibt es ja auch eine sehr konkrete Einnahmeverbesserung, nämlich im Zusammenhang mit der Erhöhung der Grunderwerbssteuer auf 5,5 Prozent.

Herr Toscani hat in seiner gestrigen Rede auch deutlich gemacht, dass er Einnahmeverbesserungen über zusätzliche Steuereinnahmen für unrealistisch hält, weil dazu im Bund ein Steuervolumen von rund 190 Milliarden Euro erforderlich sei. Diese Summe wäre gar nicht so unrealistisch, wenn man den steuerpolitischen Vorschlägen der LINKEN folgen würde. Wenn man etwa eine Vermögenssteuer als Millionärssteuer in der Höhe einführen würde, wie wir sie

(Abg. Prof. Dr. Bierbaum (DIE LINKE) )

fordern - nämlich 5 Prozent ab einem Freibetrag von 1 Million Euro -, wenn man die Erbschaftssteuer erhöhen würde, wenn man die hohen Einkommen höher belasten und auch die Unternehmen wieder stärker besteuern würde und wenn man - was ja gegenwärtig in der Diskussion ist und von uns außerordentlich begrüßt wird - die Finanztransaktionssteuer einführen würde, dann kämen wir in der Summe durchaus auf die Größenordnung von 190 Milliarden Euro, die regierungsseitig für unrealistisch gehalten wird, die ich selbst jedoch für gar nicht so unrealistisch halte.

Meine Damen und Herren, wir halten einen Kurswechsel in der Steuerpolitik für unumgänglich.

(Beifall bei der LINKEN.)

In dieser Ansicht sehen wir uns auch durch die Forderungen der Gewerkschaften bestärkt. Ich verweise insbesondere auf die Resolution der Konferenz der Personalräte, die vor Kurzem stattgefunden hat. In dieser Resolution wird gefordert, die kommunale Schuldenbremse abzuschaffen, weil man sie mit Blick auf die Entwicklung der Kommunen für verheerend hält. Man fordert einen kommunalen Entschuldungsfonds, und wir begrüßen es übrigens ausdrücklich, dass ein solcher Fonds auch im Landeshaushalt vorgesehen ist. Dies ist ein positiver Punkt; das möchte ich hier ausdrücklich unterstreichen. Allerdings fordern die Personalräte mehr. Sie fordern insbesondere auch Bundesratsinitiativen zur Wiedereinführung der Vermögenssteuer sowie zur Erhöhung des Spitzensteuersatzes, der Erbschaftssteuer und der Börsenumsatzsteuer. Und sie wollen - ich denke, das ist für die Kommunen wichtig - auch eine Einbeziehung der Freiberufler in die Gewerbesteuer. Insofern sehen wir uns gerade durch die Forderungen seitens der Personalräte und auch der Gewerkschaften - insbesondere von Verdi - in unserer Forderung nach einer anderen Steuerpolitik bestätigt. Ich denke, sie ist der entscheidende Weg, um die Vorgaben der Schuldenbremse überhaupt einhalten zu können.

(Beifall bei der LINKEN.)

Ein sicherlich wesentlicher Punkt ist die weitere wirtschaftliche Entwicklung. Hier möchte ich darauf hinweisen, dass das Saarland nach dem überdurchschnittlichen Rückgang im Jahr 2009 - also in der Wirtschafts- und Finanzkrise - in den Folgejahren ein überdurchschnittliches Wachstum hatte. Das muss man sehen. Dies hatte auch durchaus positive Effekte im Hinblick auf den Arbeitsmarkt. In diesem Zusammenhang möchte ich allerdings kritisch darauf hinweisen, dass die Zunahme auf dem Arbeitsmarkt wesentlich dadurch bedingt ist, dass die prekären Arbeitsverhältnisse zugenommen haben. Ich denke, dies muss man mit berücksichtigen.

Minister Toscani hat gestern davon gesprochen, dass wir noch günstige Rahmenbedingungen haben. Die Betonung lag auf „noch“, und auch Sie, Herr Toscani, haben dieses „noch“ in Ihren Ausführungen unterstrichen. Diese günstigen Rahmenbedingungen bestehen in guten Steuereinnahmen und niedrigen Zinseinsätzen. Wir wissen jedoch alle, dass die Zeiten schwieriger werden. Anzeichen dafür sind vorhanden. Die Ankündigung von Personalabbau bei Bosch in Homburg, die Ankündigung von Ford in Saarlouis, die Stückzahlen zu reduzieren, und die zurückgehenden Umsätze in der Stahlindustrie zeigen, dass die wirtschaftliche Situation schwieriger geworden ist, dass härtere Zeiten auf uns zukommen. Das Herbstgutachten, das Sie zitiert haben, Herr Toscani, geht davon aus, dass wir in Deutschland in diesem Jahr nur noch mit einem Wachstum von 0,8 und im Jahr 2013 von einem Prozent rechnen können. Und was den Euroraum angeht, der auch als Rahmenbedingung für uns sehr wichtig ist, weil das Saarland vor allen Dingen ein Exportland ist, sieht es nicht besonders gut aus. Hier wird im laufenden Jahr mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 0,5 Prozent gerechnet, und für nächstes Jahr wird ein sehr schwaches Wachstum von 0,1 Prozent vorausgesagt.

Ich möchte darauf hinweisen, dass wir in Europa nach wie vor eine sehr bedrohliche Entwicklung haben, dass wir es mit einer umfassenden und tief gehenden europäischen Krise zu tun haben, die im Übrigen - entgegen den Qualifizierungen in der Haushaltsrede und auch in der mittelfristigen Finanzplanung - aus meiner Sicht keine Staatsschuldenkrise darstellt, sondern eine Bankenkrise, die ihren Ursprung insbesondere in der Wirtschafts- und Finanzkrise hat und nur deshalb eine Staatsschuldenkrise geworden ist, weil die Verluste der Banken und die schlechten Kredite durch staatliche Rettungsprogramme ausgeglichen worden sind, mit der Folge, dass die Staatsschulden angestiegen sind. Ein typisches Beispiel dafür sind Irland und Spanien, die vor der Wirtschafts- und Finanzkrise mit der Staatsverschuldung überhaupt keine Probleme hatten, während sie jetzt erhebliche Probleme haben.

Aber das eigentliche Problem liegt insbesondere in der Finanzkrise. Die Faktoren, die zu ihr geführt haben - nämlich eine falsche Verteilung von unten nach oben sowie ein völlig deregulierter Finanzmarkt, auf dem jetzt ein paar Maßnahmen ergriffen wurden, die jedoch nicht ausreichen -, sind meiner Meinung nach immer noch vorhanden. Bei der vorherrschenden Politik haben sie eben nicht nur zur Folge, dass die Arbeits- und Lebensbedingungen der Menschen erheblich verschlechtert werden. Wir haben beispielsweise in Griechenland und anderen Ländern dramatische Verhältnisse. Ich weise nur darauf hin, dass Spanien eine Jugendarbeitslosigkeit von über 50 Prozent hat. Also nicht nur die Ar

(Abg. Prof. Dr. Bierbaum (DIE LINKE) )

beits- und Lebensbedingungen der Menschen sind erheblich betroffen. Vielmehr gehen von der vorherrschenden Politik auch negative Auswirkungen auf die ökonomische Entwicklung aus. Das sehen wir sehr deutlich in Griechenland, wo das Bruttoinlandsprodukt in den letzten beiden Jahren um über 10 Prozent zurückgegangen ist, das sehen wir an den Rückgängen in Spanien, Portugal und Italien, und dies hat natürlich auch Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft, weil sie wesentlich vom Export lebt und deswegen betroffen sein wird. In den letzten Jahren konnte noch ein Ausgleich etwa durch vermehrte Exporte nach Ostasien und insbesondere nach China geschaffen werden, doch auch diese Exporte werden abnehmen, weil sich auch in diesem Raum erste Anzeichen für einen Rückgang der Konjunktur ergeben.

Dies bedeutet, dass wir erhebliche Risiken haben, was die Voraussetzungen für die Einnahmenseite angeht. Das muss man berücksichtigen. Deswegen wird man sich nicht weiter auf ein kontinuierliches Wirtschaftswachstum verlassen können. Das ist ein entscheidender Punkt. Man wird auch im Hinblick auf die wirtschaftliche Entwicklung etwas tun müssen. Ich stimme zu, wie es gestern ausgeführt worden ist, dass man etwas zur Stärkung der industriellen Basis tun muss, weil die Industrie das Kernstück der Wirtschaft des Saarlandes darstellt. So sehr ich es allerdings begrüße, dass in der Frage der Gewerbeflächen etwas getan wird, erscheint es mir nicht ausreichend zu sein, lediglich einen Masterplan Industrieflächen zu haben. Wir fordern einen Masterplan Industrie, in dem entsprechende Vorgaben gemacht und Impulse gesetzt werden und dadurch die Industrie gestärkt wird - gerade in einer Situation, wie wir sie gegenwärtig haben.

(Beifall von der LINKEN.)

Die Situation ist aber so, dass wir es mit erheblichen wirtschaftlichen Risiken zu tun haben und dass wir allein mit Sparen, insbesondere wenn es vor allem beim Personal der Fall sein soll, eine wirkliche Verschlechterung der Leistungen im Saarland sowie einen Kahlschlag im öffentlichen Dienst hätten. Deswegen sind wir der Auffassung, dass ein anderer Weg gegangen werden muss. Dieser Weg kann nur Stärkung der Einnahmenseite durch eine andere Steuerpolitik heißen.

Es müssen entsprechende Bundesratsinitiativen ergriffen werden. Ich sehe durchaus, dass es eine realistische Perspektive ist - dies vor dem Hintergrund, dass sich auch das gesellschaftliche Klima verändert. Ich verweise auf einen anderen Zusammenhang. Das ist der Mindestlohn. Noch vor wenigen Jahren waren wir mit unserer Forderung nach einem Mindestlohn sozusagen die einsamen Rufer in der Wüste. Inzwischen ist weitgehender gesellschaftlicher Konsens bis in die CDU hinein, dass ein sol

cher Mindestlohn - wobei natürlich die Ausgestaltungsmöglichkeiten durchaus differieren - notwendig ist als Damm gegen Lohndumping.

(Beifall von der LINKEN und von B 90/GRÜNE.)

Ich sehe auch eine Veränderung des gesellschaftlichen Klimas im Hinblick auf die Steuerpolitik. Das zeigt sich etwa in der unisono erhobenen Forderung nach Erhöhung des Spitzensteuersatzes. Auch das Thema Vermögenssteuer ist nicht mehr so tabuisiert, wie es war. Deswegen sehe ich dort eine Veränderung des gesellschaftlichen Klimas, was von dieser Landesregierung für entsprechende Initiativen aufgegriffen werden muss. Dazu gibt es aus unserer Sicht überhaupt keine Alternative. Wir brauchen eine andere Steuerpolitik. Wir brauchen bei allen Sparanstrengungen, über die man sich im Einzelnen sicherlich unterhalten kann - allerdings nicht mit dem Fokus auf den Kahlschlag im öffentlichen Dienst -, eine Erhöhung der Einnahmenseite durch eine andere Steuerpolitik. Hier sehe ich durchaus Möglichkeiten. Ich verweise nochmals auf das Thema Finanztransaktionssteuer, bei dem es inzwischen einen bestimmten Konsens gibt. Auch das wäre vor Jahren nicht denkbar gewesen. Wir haben eine Veränderung in diese Richtung. Deswegen ist das auch nicht unrealistisch.

Meine Damen und Herrn, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, der Haushalt, wie er für 2013 vorgelegt worden ist, mag vielleicht gerade noch für 2013 gehen, aber er unterschätzt die Probleme, vor denen wir stehen. Er lässt offen, wie es weitergeht. Ich bin nicht der Auffassung, wie Minister Toscani gestern in seinen mündlichen Ausführungen gesagt hat, dass diese Landesregierung sich für einen Weg der Offenheit und Klarheit entschieden habe. Diese Klarheit und Offenheit sehe ich nicht. Ich halte für ziemlich nebulös, was wir mittelfristig vor uns haben. Ich glaube, dass die Probleme unterschätzt werden, dass wir sie anders angehen müssen und dass ein anderer Pfad notwendig ist. Nur so erreichen wir die Einhaltung der Vorgaben der Schuldenbremse. Nur so werden wir die Existenz des Saarlandes absichern können. - Vielen Dank.