Protokoll der Sitzung vom 16.10.2012

Meine Damen und Herrn, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, der Haushalt, wie er für 2013 vorgelegt worden ist, mag vielleicht gerade noch für 2013 gehen, aber er unterschätzt die Probleme, vor denen wir stehen. Er lässt offen, wie es weitergeht. Ich bin nicht der Auffassung, wie Minister Toscani gestern in seinen mündlichen Ausführungen gesagt hat, dass diese Landesregierung sich für einen Weg der Offenheit und Klarheit entschieden habe. Diese Klarheit und Offenheit sehe ich nicht. Ich halte für ziemlich nebulös, was wir mittelfristig vor uns haben. Ich glaube, dass die Probleme unterschätzt werden, dass wir sie anders angehen müssen und dass ein anderer Pfad notwendig ist. Nur so erreichen wir die Einhaltung der Vorgaben der Schuldenbremse. Nur so werden wir die Existenz des Saarlandes absichern können. - Vielen Dank.

(Beifall von der LINKEN, bei B 90/GRÜNE und den PIRATEN.)

Das Wort hat für die SPD-Landtagsfraktion Herr Abgeordneter Reinhold Jost.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zu Beginn meiner Ausführungen dem Finanzminister ein Lob aussprechen. Nach meinen 13 Jahren Parlamentszugehörigkeit hat er es nach seiner gestrigen Rede geschafft,

(Abg. Prof. Dr. Bierbaum (DIE LINKE) )

mich erstmals davon zu überzeugen, einem Haushalt zuzustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall von den Regierungsfraktionen und Heiter- keit.)

Es war aus mehreren Gründen nicht ganz so schwierig. Ich will auf diese Gründe eingehen. Der Vergleichsmaßstab, den wir haben, waren die vorangegangenen Haushaltsjahre. Es waren die Vergleichsmaßstäbe von Jamaika. Sie haben es einerseits leicht gemacht, weil wir jetzt eine Regierung haben, die Professionalität zeigt und sich wieder den wichtigen Themen in diesem Lande zuwendet, die aber vor allem mit ihren Inhalten und der Ausrichtung, die vom Finanzminister vorgetragen wurden, überzeugt und zeigt, dass es eine starke sozialdemokratische Handschrift gibt.

(Zuruf des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Seit dem 25. März dieses Jahres sind die Lähmung und der Stillstand im Lande vorbei. Seit Mai dieses Jahres regiert eine Große Koalition der Vernunft und des Willens, die Probleme in diesem Land anzugehen. Das tut diesem Land gut.

(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Lachen und Sprechen bei den Oppositionsfraktionen. - Abg. Linsler (DIE LINKE) : Eigenlob stinkt!)

Ich bin dem Finanzminister dafür dankbar, dass er die Probleme benannt, die Chancen beschrieben und Möglichkeiten aufgezeigt hat. Es ist auch deshalb so überzeugend, weil sich die beiden Koalitionspartner auf Augenhöhe begegnen und sie sich nach Jahren des Stillstands der Verantwortung für die Menschen in diesem Land bewusst sind. Das tut dem Land gut, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Für diese Koalition gilt die Erkenntnis, dass ein Dreiklang zur Sanierung notwendig ist. Dies bedeutet: Einnahmen müssen verbessert und Ausgaben zurückgeführt werden. Gleichzeitig muss man sich den Altlasten zuwenden und diese bewältigen.

(Zuruf von der Opposition: Welche Einnahmen?)

Dabei haben wir in den vergangenen Jahren noch sehr viel Glück gehabt. Wir hatten ein historisch niedriges Zinsniveau und gestiegene Steuereinnahmen aufgrund einer gut laufenden Konjunktur, aber diese zurzeit noch als Grundpfeiler unseres Haushaltsgerüstes fungierenden Elemente dauern nicht ewig. Wir wissen, dass diese Zeit relativ schnell zu Ende gehen kann. Es ist nur noch fraglich, wie lange der Zeitraum ist. Fraglich ist auch die Härte, mit der es uns dann treffen wird. Trotz dieses Wissens und trotz dieser schwierigen Rahmenbedingungen nehmen wir die Herausforderung an. Wir werden beweisen, dass Sanieren und Gestalten, dass ausgewo

gene Sparsamkeit und notwendige Investitionen zusammenpassen und funktionieren. Dafür sind wir angetreten.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Wir sind uns als Koalition voll und ganz im Klaren: Sparsamkeit, ohne dass es jemand merkt, Mittelrückführungen, ohne dass sie jemanden treffen, und sich einschränken müssen, ohne jemandem etwas wegzunehmen oder ihm wehzutun, gehen nicht. Das wird auch in Zukunft nicht gehen. Wer den Menschen etwas anderes verspricht oder erzählt, der täuscht und belügt die Menschen in diesem Land.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Deshalb geht es auch darum, die Menschen mitzunehmen, sie zu überzeugen und sie zu begleiten, vor allem geht es aber darum, mit gutem Beispiel voranzugehen. Deshalb war es wichtig und notwendig, beim Sparen oben anzufangen. Wir haben gesagt, wir fangen beim Sparen oben an. Wir kehren die Treppe von oben nach unten, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Es war richtig, sinnvoll und ein starkes Signal, neben der Reduzierung der Anzahl von Ministern und Staatssekretären und damit einhergehend der Verkleinerung der Apparate auch die Ministerversorgung neu zu regeln. Wir machen deutlich, wir predigen nicht Wasser und saufen Wein, sondern wir gehen mit gutem Beispiel voran. Wir haben in dieser Frage klargemacht: Wer von anderen den Willen des Sparens erwartet, muss mit gutem Beispiel vorangehen. Das tut diese Regierungskoalition.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Für uns als sozialdemokratischer Koalitionspartner gilt der vorhin genannte Dreiklang: Einnahmen stärken, Ausgaben begrenzen und Altlasten bewältigen. Eines geht nicht ohne das andere. Eines allein wird nicht reichen. Nur mit dem Gesamtpaket werden wir eine Chance haben, und dieser Chance wollen wir uns widmen.

Bei den Einnahmen ist ein Paradigmenwechsel am deutlichsten erkennbar. Fehler der Vergangenheit sowohl der SPD als auch der CDU auf Bundesebene müssen dringend korrigiert werden. Die immer weiter abgesenkten Steuersätze haben ursächlich mit zur Erosion der Einnahmen aller staatlichen Ebenen geführt, und diese gilt es zu korrigieren.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Wer dauerhaft funktionierende Kommunen, Länder und einen starken Bund will, muss mit einem wahnwitzigen Steuersenkungswettbewerb aufhören. Der ist für niemanden zu gewinnen, am Ende werden al

(Abg. Jost (SPD) )

le die Verlierer sein, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Eine gute und vor Monaten so noch nicht vorstellbare Basis für Regierungshandeln sieht wie folgt aus. Die Landesregierung wird durch eigene Vorschläge dazu beitragen, die Einnahmeseite der Länder und Kommunen zu stabilisieren und zu verbessern. Wir werden Initiativen zur Erhöhung des Spitzensteuersatzes ergreifen. Wir werden die Möglichkeit der Anhebung der Steuer auf große Vermögen und Erbschaften prüfen. Wir wollen die Einführung einer Finanztransaktionssteuer unterstützen, die Steuerpolitik des Bundes darf sich nicht in Widerspruch zur Haushaltskonsolidierung auf Länderebene setzen. Die Landesregierung strebt an, durch eine konstruktive Mitwirkung bei der Überprüfung beziehungsweise Neuordnung der verschiedenen bundesstaatlichen Solidarsysteme wie etwa dem Länderfinanzausgleichsystem oder den Solidarpaktverhandlungen eine einvernehmliche Lösung der Altschuldenproblematik zu erreichen. Dies ist neben der Einsicht insbesondere auch dem Mut des Koalitionspartners der CDU geschuldet, und dafür sind wir außerordentlich dankbar, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Ich will aber in diesem Zusammenhang auch darauf hinweisen, dass insbesondere eine kompromisslose und konsequente Bekämpfung der Steuerkriminalität ein wichtiger Grundpfeiler unserer Einnahmenpolitik ist; der Ehrliche darf nicht der Dumme sein, meine sehr geehrten Damen und Herren. Deswegen werden wir auch Steuerhinterziehern und Steuerkriminellen hemmungslos den Kampf ansagen. Auch das gehört dazu.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Zuruf des Abgeordneten Linsler (DIE LINKE).)

Ich bin dem Finanzminister dankbar, dass er in dieser Frage eine klare Kante fährt, dass es beim Thema Ankauf von Steuer-CDs kein Wackeln gibt. Wir werden das an der einen oder anderen Stelle auch noch einmal dokumentieren, wenn es darum geht, uns in der Finanzverwaltung so aufzustellen, dass wir in dieser Frage diejenigen an den Kanthaken bekommen, die diesen Staat durch Steuerhinterziehung zu schädigen versuchen. Steuerkriminalität ist kein Kavaliersdelikt, sondern ein Schaden für die Menschen in diesem Land, und das lassen wir nicht durchgehen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Abg. Linsler (DIE LINKE) : Aber 2.400 Stellen einsparen!)

Genauso wenig wie das alleinige Setzen auf die Ausgabenseite kann aber auch die alleinige Erhö

hung der Einnahmen unsere Haushaltsprobleme im Land nicht lösen. Wir müssen beides tun, wir müssen beide Stellschrauben als wichtig und notwendig anerkennen und bedienen. Wir bekennen uns als Koalition zu beiden Seiten unserer Haushaltsmedaille, die Einnahmen erhöhen und die Ausgaben kritisch prüfen und dort, wo notwendig, zurückführen.

Die Begründung für das kritische Hinterfragen von Ausgabenhöhen und deren Zurückführung hat sich in den vergangenen 25 Jahren nicht geändert. Das hat etwas mit den Entscheidungen zu tun, die wir an der Saar zu treffen haben. Wir können hier keine größeren Leistungen anbieten als andere Bundesländer. Ob Sie das wahrhaben wollen oder nicht: Wir können pro Kopf nicht mehr ausgeben als die übrigen Bundesländer. Es hat auch gar keinen Sinn, dass Sie wie Kleinkinder die Fakten einfach leugnen und immer das Gegenteil von dem erzählen, was von der Sache her erforderlich wäre.

(Abg. Linsler (DIE LINKE) : Das hättest du schon voriges Jahr sagen können.)

Das gilt natürlich auch für die Arbeitszeiten, die hier im Saarland nicht geringer sein können als im Bundesdurchschnitt. Es wird in Zukunft nicht möglich sein, dass die saarländischen Arbeitnehmerinnen eine geringere Arbeitszeit haben als die Kolleginnen und Kollegen im Bundesdurchschnitt.

(Weiterer Zuruf des Abgeordneten Linsler (DIE LINKE).)

Daran wird die Landesregierung festhalten, unabhängig von unsachlichen und polemischen Diskussionen.

Der Kollege Linsler hat jetzt mit Zwischenrufen auf etwas reagiert, was ich hier vorgetragen habe. Was habe ich vorgelesen und zitiert? Es ist keineswegs etwas, was ich selbst aufgeschrieben hätte, sondern das, was ein ehemaliger Ministerpräsident, heute Ihr großer Guru, 1995 im Landtag gesagt hat.

(Lebhafter Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Zurufe von der LINKEN.)

Die Prämissen haben sich seit 25 Jahren nicht geändert. Und es ist verlogen, sich heute hier hinzustellen und nichts mehr wissen zu wollen von dem, was man vorher für richtig gehalten hat. Das ist Politik der Linkspartei!

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Aufgereg- te Zurufe von der LINKEN.)

Kollege Linsler, ich weiß ja, dass Ihnen das wehtut. Ich weiß auch, dass es für Sie an der einen oder anderen Stelle eine große Enttäuschung sein muss, wenn man feststellt, dass derjenige, der sich heute als der große Beschützer des öffentlichen Dienstes darstellt,

(Abg. Jost (SPD) )

(Zurufe der Abgeordneten Kugler (DIE LINKE) und Ensch-Engel (DIE LINKE))