Protokoll der Sitzung vom 16.10.2012

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Das Wort hat für die CDU-Fraktion Herr Abgeordneter Tobias Hans.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße insbesondere den Kollegen Oskar Lafontaine, der gerade eben eingetroffen ist. Ich darf Sie darauf hinweisen: Plenardebatten beginnen hier im Saarland um 09.00 Uhr, nicht um 10.00 Uhr.

(Oh-Rufe von der LINKEN. - Vereinzelt Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Ich vermute, Sie haben sich wie ich heute Nacht das Duell der Präsidentschaftskandidaten in den USA angesehen. Das erklärt vielleicht, dass Sie etwas später dran sind. Ich selbst habe es mit Mühe und Not geschafft. Vielleicht haben Sie aber auch erkannt, dass Herr Obama Sie in einer Ihrer Lieblingsdisziplinen geschlagen hat, nämlich plötzlich vor laufenden Kameras wie ausgewechselt auszusehen und sich ganz fleißig bei der Arbeit zu geben, ganz anders, als das normal der Fall ist.

(Abg. Linsler (DIE LINKE) : Oje!)

Es ist schon bedauerlich, Herr Kollege, dass der Redner der größten Oppositionsfraktion, der Kollege Bierbaum, hier sprechen muss, ohne dass sein Fraktionsvorsitzender ihm zuhört,

(Oh! und Lachen bei der LINKEN. - Sprechen)

aber erwartet, dass wir ihm zuhören. Das ist schon irgendwo etwas zu viel verlangt. Kollege Jost hat von Ihnen als „Vorturner“ gesprochen. Der „Vorturner“ hat dann mal woanders rumgeturnt, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Lachen des Abgeordneten Lafontaine (DIE LIN- KE). - Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Sehr geehrter Herr Hilberer, Sie waren ja wenigstens da. Ich erkenne an, Sie befinden sich im Moment als PIRATEN-Fraktion noch in einer gewissen Selbstfindungsphase. Wir freuen uns, dass Sie erkannt haben, dass der Haushalt hier nichts mit dem

(Abg. Hilberer (PIRATEN) )

Privathaushalt, ob im Saarland oder in Schwaben, zu tun hat. Allerdings, wenn Sie jetzt schon sagen, Sie tragen den Haushalt als solchen nicht mit, darf ich Sie darauf hinweisen: Hier werden auch noch Haushaltsberatungen stattfinden, Herr Kollege! Der Haushalt ist durch den Finanzminister erst eingebracht worden. Wir beraten ihn hier. Warten Sie doch einmal ab, was dabei herauskommt.

(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Zuruf des Abgeordneten Hilberer (PIRATEN).)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, so ein Haushalt, das hat der Finanzminister gestern bei seiner Einbringung klargemacht, ist weit mehr als die Summe seiner Zahlen. Er stellt die politische Willensbildung in diesem Hause dar und er sorgt letztendlich dafür, das ist der Anspruch dieser Koalition, dass die Lebensqualität in diesem Land erhalten bleibt.

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) : Da sehen Sie mal, was die Ministerpräsidentin von Ihren Ausführungen hält. Sie geht raus.)

Wenn ich von Lebensqualität im Saarland spreche, benutze ich einen Begriff, der, Sie wissen das, in den Sechzigerjahren durch Lyndon B. Johnson erstmals für die Politik geprägt wurde,

(Abg. Linsler (DIE LINKE) : Die Ministerpräsidentin ist nicht da)

nachdem er aus der Wissenschaft entnommen wurde. Auch Willy Brandt, dem Sie sich ja noch verbunden fühlten, Herr Kollege Lafontaine, hat den Begriff der Lebensqualität in den Siebzigerjahren in SPDParteiprogrammen in die Politik getragen. Obwohl dieser Begriff mittlerweile in allen Bereichen des Lebens benutzt wird, weiß keiner so genau, wie sich Lebensqualität eigentlich definiert. Wir haben es hier mit der Forschung insbesondere im medizinischen Bereich zu tun. Da ist die einhellige Meinung, dass es zwar keine Definition dafür gibt, aber zumindest ein Konzept der Lebensqualität, das allgemein einleuchtend ist. Das heißt, die Leute sind sich darüber einig, es gibt so etwas wie Lebensqualität, aber sie wissen nicht, wie sie sie definieren.

So wie in der Medizin die subjektiv empfundene Lebensqualität auf dem Grad der Selbstständigkeit, der Ausführbarkeit von alltäglichen Leistungen und Tätigkeiten beruht, so ist das auch im gesellschaftlichen Leben und auch in der Politik. Das belegen Forschungen aus der Schweiz. Je niedrigschwelliger der Grad der Partizipation in einem Land ist, je stärker die Kommunen in der Lage sind, ihre Tätigkeiten auszuführen, je stärker der Grad des Föderalismus in einem Land ausgeprägt ist, desto zufriedener sind die Menschen, desto höher bewerten sie die Lebensqualität in ihrem Land.

Lebensqualität heißt aber auch „Frei sein von Ängsten“. Deshalb sprechen wir im Saarland bei der Be

wältigung des demografischen Wandels auch nicht von einer Angst, sondern wir sprechen von einer Herausforderung, die wir in diesem Land bewältigen wollen. Die Bevölkerungszahl wird in den kommenden Jahren stark zurückgehen, meine Damen und Herren, schneller als in allen westdeutschen Bundesländern. Das stellt uns natürlich haushalterisch vor eine große Herausforderung. Diese Herausforderung begreifen wir mit der Vorlage des aktuellen Haushaltes für das Jahr 2013 als Chance. Dieser Chance wollen wir uns widmen. Dieser Herausforderung stellen wir uns als Koalition.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Kolleginnen und Kollegen, es geht deshalb in diesem Haushaltsentwurf nicht darum, wie Sie suggeriert haben, Herr Kollege Hilberer, Infrastruktur in diesem Land nach und nach abzubauen, sondern es geht darum, die Infrastruktur in diesem Land sinnvoll und demografiegerecht umzubauen. Wir müssen uns als Land - das hat der Finanzminister sehr deutlich in seiner Einbringungsrede gesagt - wieder viel mehr auf unsere Stärken besinnen. Wir müssen uns darauf besinnen, dass es um Qualität, um das Immer-besser-Werden gehen muss, anstatt um die schiere Quantität der Leistungen, der Angebote, die wir in diesem Land machen. Es geht nicht um das Immer-mehr, liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht um das Immer-besser. Das stellt dieser Haushaltsentwurf dar.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Herr Kollege Hilberer, Sie haben eben angesprochen, dass es nicht sein könne, dass nicht mehr in jeder Kommune ein Schwimmbad vorgehalten werde. Da muss ich Ihnen sagen, da Sie als PIRATEN in der Kommunalpolitik nicht vertreten sind, haben Sie davon schlichtweg keine Ahnung - ich sage es so -, denn es wird darauf ankommen, dass wir verstärkt in diesem Land kooperieren, dass unter den Kommunen kooperiert wird, um Leistungen darzustellen. Es wird auch darauf ankommen, länderübergreifend zu kooperieren. Das hat der Finanzminister in seiner Einbringung gestern ebenfalls gesagt. Darauf setzten wir als Koalitionsfraktion. Es hat keinen Sinn, den Menschen ein X für ein U vorzumachen und zu sagen, wir können uns weiterhin alles leisten, was wir bisher hatten. Wir müssen die Infrastruktur in diesem Land umbauen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Wir wollen als CDU-Landtagsfraktion, als stärkste politische Kraft in diesem Hause, umsetzen, was wir vor der Wahl versprochen haben, meine Damen und Herren. Wir hatten ein Wahlplakat bei der Landtagswahl, auf dem Ministerpräsidentin Annegret KrampKarrenbauer abgebildet war, auf dem stand: Ich will eine Zukunft ohne Schulden.

(Abg. Hans (CDU) )

(Zuruf des Abgeordneten Lafontaine (DIE LIN- KE).)

Meine Damen und Herren, die Große Koalition ist letztendlich - das muss erlaubt sein, hier zu sagen erst durch das Bekenntnis der SPD zur Schuldenbremse möglich geworden. Den Wählerinnen und Wählern war klar, dass sie eine Große Koalition bekommen werden, wenn sie bei der Landtagswahl entweder die CDU oder die SPD wählen. Den Wählerinnen und Wählern im Saarland war klar, dass das bedeutet, dass wir uns als Koalition einer konsequenten Haushaltssanierung stellen werden und das durchführen werden, ohne dabei das Land kaputtzusparen. Das war für beide Koalitionsfraktionen klar. Das war vor allem für die CDU-Fraktion klar. Lebensqualität bedeutet eben auch, nicht länger über unsere Verhältnisse zu leben.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Abg. La- fontaine (DIE LINKE) : Gab es schon einmal eine Menschheit ohne Schulden?)

Meine Damen und Herren, da der Kollege der PIRATEN-Fraktion sagt - er ist gerade weg -,

(Abg. Spaniol (DIE LINKE) : Er musste aufs Klo. Zuruf des Abgeordneten Lafontaine (DIE LINKE))

der Finanzminister spart nicht genug, muss man einmal darauf hinweisen, dass die Nettokreditaufnahme, also die Schulden, die neu aufzunehmen sind, damit wir die Ausgaben des Haushaltes bewältigen können, sehr viel schwächer steigt, als das ursprünglich geplant war. Wir konnten das um 65 Millionen Euro stärker zurückfahren, als in der mittelfristigen Finanzplanung vorgesehen war. Die Steuermehreinnahmen und die finanziellen Entlastungen durch geringere Zinsen verwenden wir nicht für zusätzliche Ausgaben, meine Damen und Herren von den PIRATEN, sondern wir nutzen sie. Das dürfen die Menschen in diesem Land für die Haushaltssanierung erwarten.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Meine Damen und Herren, es gelingt im Saarland bereits in Folge, einen Haushalt aufzustellen, der den Kriterien der Schuldenbremse entspricht. Für das Jahr 2011 hat der Stabilitätsrat in Berlin bestätigt, dass das Saarland die Vorgaben zum Defizitabbau erfüllt und auf dem richtigen Kurs ist. Damit hat das Saarland die Konsolidierungshilfen für 2011 das sind insgesamt 260 Millionen Euro; diese Zahl muss man noch einmal nennen -, die zum Abbau der Altschulden genutzt werden können, durch das konsequente Einhalten der Schuldenbremse gesichert. Letztendlich ist das natürlich auch eine Bestätigung für die Arbeit der Vorgängerregierung, in der doch einige wichtige Projekte in diesem Land unter der CDU-geführten Jamaika-Regierung auf den Weg gebracht wurden.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wurde von allen Haushaltsrednern, wie sich das gehört, wenn man nicht nur reine Weltökonomie betreiben möchte, erwähnt, dass das Haushaltsvolumen im Jahr 2013 rund 4 Milliarden Euro betragen wird, bei einem Schuldenstand von 13 Milliarden Euro. Es ist, glaube ich, ein Gebot der Ehrlichkeit und der Transparenz, dass man diese Zahlen auch in all ihrer Bedrückung, die sie natürlich hervorrufen müssen, noch einmal darstellt. Die Nettokreditaufnahme in 2013 in Höhe von 526 Millionen Euro - ich habe es eben gesagt - wird um 65 Millionen Euro zurückgefahren, was ein gewisses Sicherheitspolster im Hinblick auf 2020 darstellt, was wir sicherlich brauchen werden, denn wir wissen, dass die Steuerentwicklung und das Wirtschaftswachstum sich voraussichtlich nicht in dem Maße fortsetzen wird, wie es in den letzten beiden Jahren der Fall war.

Gemäß den Vorgaben der Schuldenbremse - an die möchten wir uns halten - ist bis zum Jahr 2020 die Neuverschuldung auf null zurückzufahren. Wir müssen einen Haushalt im Jahr 2020 finanzieren, der ohne neue Schulden auskommt. Deshalb werden jedes Jahr - das ist der Plan - mindestens 65 Millionen Euro eingespart werden müssen. Das ist das gemeinsame Ziel dieser Koalition. Wir wissen, es ist ein ehrgeiziges Ziel. Der Finanzminister hat es gestern gesagt, aber wir wollen es gemeinsam in dieser Koalition angehen.

Meine Damen und Herren, was ist jetzt konkret vorgesehen, um diese Maßnahmen, um diese Vorgabe der Schuldenbremse im Jahr 2013 zu erreichen? Lassen Sie mich bei dieser Gelegenheit einen deutschen Journalisten, Wolfram Weidner, zitieren, der gesagt hat: Sparen ist „der vergebliche Versuch, sich an den eigenen spärlichen Einkünften zu bereichern“. In diesem Sinne müssen wir uns die Frage stellen: Wie können wir uns an diesen eigenen spärlichen Einkünften bereichern? Was steht in unserer Macht, dies zu tun? Wir werden eine Bundesratsinitiative zur Erhöhung des Spitzensteuersatzes einbringen. Wir arbeiten das gemeinsam aus. Seien Sie sich sicher, Sie werden rechtzeitig erfahren, wie dieses Konzept aussieht, welche Höhe dieser Spitzensteuersatz haben wird, denn wir haben im Gegensatz zu Ihnen den Anspruch, Bundesratsinitiativen einzubringen, Steuerdebatten zu führen, die so ausgehen, dass am Ende nicht ein industriepolitisches Fiasko herauskommt.

Zu Ihren Ausführungen zur Vermögenssteuer, Herr Kollege Bierbaum, muss ich sagen, was Sie alles der Industrie und den Unternehmen in diesem Land zumuten wollen, grenzt an Enteignung. Sie müssen sehen, dass zu den Ausgaben, die im Moment auf die Industrie im Bereich des Erneuerbare-Energien

(Abg. Hans (CDU) )

Gesetzes zukommen, noch Ihre Vermögenssteuer hinzukommt.

(Lachen bei der LINKEN. - Abg. Linsler (DIE LIN- KE) : Die Vermögenssteuer wollt Ihr doch auch! Die Ministerpräsidentin hat es doch gesagt!)

Dann kann man fragen: Ist das Ihr Masterplan Industrie? Wenn dem so wäre, sage ich „Gute Nacht“ zu diesem Masterplan Industrie. Wir haben da andere Vorstellungen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Hier haben die Ministerpräsidentin und auch ihr Vorgänger im Amt bereits deutlich gemacht, wir wollen die Einführung der Finanztransaktionssteuer. Kollege Jost ist darauf eingegangen. Das ist etwas, was die Wählerinnen und Wähler nicht nur der SPDFraktion, sondern auch die Wählerinnen und Wähler der CDU in diesem Land erwarten. Das ist das, was wir bei Gesprächen mit unserer Basis in der CDU erfahren. Die Einführung der Finanztransaktionssteuer ist dringend nötig. Wir haben außerdem durch die Erhöhung der Grunderwerbssteuer um 1 Prozent eine Einnahmenverbesserung. Wir haben bei der Grunderwerbssteuer statt 4,5 Prozent jetzt 5,5 Prozent ab dem Januar 2013, was Mehreinnahmen in Höhe von 7,6 Millionen Euro für das Land generiert, wovon letztendlich auch die Kommunen profitieren.

Wenn Sie erneut die Einführung der Vermögenssteuer propagieren, sollten Sie schon dazusagen, welche Einnahmen aus dieser Steuer Sie prognostizieren. Wenn wir uns anschauen, was die Vermögenssteuer dem Saarland in ihrem letzten Erhebungsjahr 1996 gebracht hat, so waren dies Einnahmen in Höhe 33,6 Millionen Euro, damals 65,7 Millionen DM, was abzüglich des Verwaltungsaufwandes letztlich noch einen Betrag von 31,6 Millionen Euro ergab. Da muss ich mehr sehen, damit ich auch bereit bin, auf die Industrie mit solchen Vorschlägen zuzugehen. Was Sie unter dem Stichwort Vermögenssteuer verlangen oder vereinbaren wollen, machen wir nicht mit. Hier braucht man ein Konzept und nicht nur die pure Nennung Ihres großen Einnahmeverbesserungszieles Vermögenssteuer, Herr Kollege Bierbaum.

Wir haben im Rahmen des Vermittlungsverfahrens zwischen Bund und Ländern im Bereich der Grundsicherung erreicht, dass die Finanzierung der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung durch den Bund in drei Schritten übernommen wird. Im Jahr 2011 waren dies 45 Prozent der Kosten, 2013 werden bereits 75 Prozent übernommen und ab 2014 sind es dann schon 100 Prozent. Durch diese Kostenübernahme des Bundes erhält das Land auch im Bereich der Eingliederungshilfe 2013 rund 7,3 Millionen Euro zusätzlich. Während davon die Kommunen profitieren - Herr Kollege Hilberer, das reichen wir an die Kommunen durch -, erheben wir

auf der anderen Seite - ich glaube, das ist berechtigt und mit den Kommunen auch so vereinbart - natürlich weiterhin den kommunalen Kulturbeitrag in Höhe von 16 Millionen Euro. Das sind Gelder, auf die das Land nicht verzichten kann, und deshalb werden sie auch weiterhin erhoben.