Protokoll der Sitzung vom 21.03.2018

Auf diese anderen Akzente will ich zu sprechen kommen. Ich hätte beispielsweise an Ihrer Stelle nicht den Begriff des wohlbestellten Hauses gewählt. Ob er von Ihnen selbst ist oder wer Ihnen dazu geraten hat, tut nichts zur Sache. Ich bin aber nicht der Auffassung, dass wir sagen können, das Saarland sei ein wohlbestelltes Haus. Ich will die wichtigste Zahl nennen, die Sie genau wie die Ministerpräsidentin bei ihrer letzten Regierungserklärung verschwiegen haben. Wir haben nun einmal 14,4 Milliarden Schulden. Bei einem solchen Schuldenberg kann man nicht von einem wohlbestellten Haus sprechen. Das ist einfach die Wahrheit.

(Beifall von der LINKEN.)

Wenn jemand viel Geld hat, so sagen wir, er habe Vermögen. Das Wort Vermögen bedeutet, dass er etwas tun kann. Wenn jemand viele Schulden hat, dann sagt man aber nicht, er sei unvermögend oder nicht vermögend. Wenn man das Wort unvermögend vermeiden will, wäre der Ausdruck nicht vermögend angebracht, weil derjenige, der viele Schulden hat, in irgendeiner Form gefesselt ist. Er kann nicht das tun, was andere tun können, die eine weitaus bessere finanzielle Situation haben. Wenn wir also über die Zukunft unseres Landes nachdenken, so müssen wir beachten, dass wir weitaus ungünstigere Startbedingungen haben als andere, mit uns vergleichbare Länder. Deshalb wäre es gut gewesen, diese wichtigste Zahl der Landespolitik zu nennen und zu sagen, dass wir noch große Probleme vor uns haben.

In diesem Zusammenhang ist von uns immer wieder darauf hinzuweisen, dass wir ja Verständnis dafür haben, dass Sie vor der Landtagswahl das Ergebnis des Bund-Länder-Finanzausgleiches gelobt haben, denn vor der Wahl muss eine Regierung ihre großartigen Leistungen loben. Ich darf aber noch einmal die Zahlen in Erinnerung rufen: Das finanzstarke Bayern bekommt bei einem solchen Deal 1,35 Milliarden, das finanzstarke Baden-Württemberg erhält bei einem solchen Geschäft der Ministerpräsidenten untereinander und mit dem Bund 961 Millionen und das finanzstarke Sachsen 768 Millionen. Das wirklich finanzschwache Saarland hat 489 Millionen aufzuweisen. Wir vertreten die Auffassung, dass der Rechnungshof Recht hat, der sagt, letztlich sind es nur 150 Millionen. Aber dann war das Ganze doch ein schlechtes Geschäft. Meine Damen und Herren, es wäre gut, wenn wir uns endlich Klarheit darüber verschaffen, dass wir bei der Regelung der Haushaltsnotlage und der Finanzen noch sehr viel zu tun haben.

(Beifall von der LINKEN.)

Es darf nicht so sein, dass nur die Medien darauf aufmerksam machen. Wir können nicht nur die Landesschulden nennen, sondern wir müssen auch noch die völlig überschuldeten Saargemeinden dazunehmen. Davon war auch zu wenig die Rede. Wir haben nämlich die am stärksten überschuldeten Gemeinden in Deutschland. Auch hier will ich Ihnen einmal Zahlen nennen, denn ohne Vergleich mit anderen Ländern reden wir uns unsere Welt nur schön. Wenn wir uns mit anderen Ländern vergleichen, werden wir feststellen, dass unsere Gemeinden so überschuldet sind, dass das Saarland im Gegensatz zu Bayern, das pro Kopf und Einwohner 644 Euro ausgibt, nur 203 Euro ausgibt. Rechnen Sie die Differenz von über 400 Euro einmal auf 1 Million Einwohner hoch, dann wissen Sie, welche Lücke klafft und wie problematisch es ist, wenn beispielsweise das finanzstarke Bayern bei dieser ungeheuer guten Finanzausstattung pro Jahr 1,35 Milliarden zusätzlich erhält, wir aber bei einer solch riesigen Lücke mit dieser geringen Summe abgespeist werden. Ich sehe, der Präsident des Rechnungshofes ist hier. Es war gut, dass der Rechnungshof, der nun wirklich kein Instrument der Opposition ist, darauf aufmerksam gemacht hat, dass es im Grunde genommen nur 150 Millionen sind.

Ich nenne diese Zahl, weil sie für die nächste wichtige Frage, nämlich die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes, von enormer Bedeutung ist. Das A und O jeder wirtschaftlichen Entwicklung ist die Investitionshöhe. Wenn wir bei der Investitionshöhe zurückfallen, dann fallen wir auch wirtschaftlich zurück. Deshalb war es gut, dass die Saarbrücker Zeitung bei dem Report über die Kommunalfinanzen darauf hingewiesen hat, dass das Saarland beim Wirtschaftswachstum immer weiter zurückfällt. Wenn wir sagen, wir haben dies und jenes, dann stimmt das zwar alles, und wir sollten uns über kleine Fortschritte hier und da freuen, natürlich auch über größere Fortschritte. Ich freue mich auch, dass jetzt ein Unternehmen angesiedelt worden ist, das die Perspektive hat, 1.000 Arbeitsplätze aufzubauen, selbstverständlich freut man sich darüber und erkennt es an. Wir können aber solche Zahlen, die uns andere nennen und die zeigen, dass wir beim Wirtschaftswachstum immer weiter zurückfallen, nicht ignorieren und sagen, dass alles bestens ist.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung hat im selben Zeitraum einen Bericht darüber gebracht, wie die Wirtschaft der Länder in den letzten Jahren gewachsen ist. Falls Sie den Bericht anzweifeln, kann ich ihn Ihnen gerne zeigen. Dort steht nicht nur, dass wir weiter zurückfallen, dort steht, dass wir gerechnet über viele Jahre und im Ergebnis das schwächste Wirtschaftswachstum aller Länder haben. Das ist aber notwendigerweise so, wenn man bei den öffentlichen Investitionen so weit zurückhängt wie wir.

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) )

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir daran gehen, die Zukunft unseres Landes zu planen, dann müssen wir unsere Ausgangssituation kennen, dann dürfen wir die wichtigste Zahl nicht verschweigen, dann müssen wir sehen, dass wir immer noch überschuldet sind. Deswegen ist es gut, dass wenigstens Beobachter von außerhalb dies erwähnen wie etwa die Korrespondentin der Süddeutschen Zeitung, die sinngemäß schreibt: Es ist jetzt an der Zeit, dass der Bund dafür sorgt, dass das Leben in Saarbrücken bunter wird. Die Altschulden müssen zurückgefahren werden. Das ist ein Gebot der Zukunft. - Das müssen wir doch auch sagen. Wir können uns das doch nicht von anderen sagen lassen.

(Beifall von der LINKEN.)

Was Sie hier vorgetragen haben, hätte ich genauso vorgetragen, wenn ich in Ihrer Fraktion wäre, aber wir müssen uns doch einmal Klarheit darüber verschaffen, was die Ausgangsposition ist. Deshalb hätte ich an dieser Stelle nicht den Begriff des wohlbestellten Hauses verwandt.

Wenn wir über das wirtschaftliche Wachstum sprechen, dann ist die Frage, was wir angesichts dieser Zahlen noch tun können. Sie haben den Stahl angesprochen, der neben der Automobilwirtschaft ein wichtiger Faktor des Landes ist. Sie haben darauf hingewiesen, dass der Stahl von Entscheidungen betroffen ist, die weltweit im Gange sind. Mich hat gefreut, dass heute gemeldet worden ist, dass im letzten Jahr wieder Erträge erwirtschaftet worden sind. Die Entwicklung der beiden Jahre vorher war schon beängstigend und man hat sich die Frage gestellt, warum wir solch große Anstrengungen unternommen haben, um die Stahlindustrie auf gute Füße zu stellen. Wenn jetzt wieder Erträge vorhanden sind, ist das sehr positiv. Ich möchte hinzufügen: Es ist natürlich klar, dass wir bei einem solch geringen Handelsvolumen mit den Vereinigten Staaten wahrscheinlich keine Probleme bekommen, wenn dort die Zölle erhöht werden. Saarstahl gibt 4 Prozent als Handelsvolumen mit den USA an. Die Dillinger Hütte sagt, sie hat ihr Engagement deutlich zurückgefahren.

(Äußerung von Ministerin Rehlinger.)

Frau Wirtschaftsministerin, Sie haben eben bei meinen Ausführungen gestöhnt, aber wenn von außerhalb neue Mengen auf den europäischen Markt drängen - die Fachvereinigung spricht von 40 Prozent Wachstum -, dann werden auch wir Probleme bekommen. Das ist aber keine Aufgabe der saarländischen Politik, denn wir würden uns überheben und übernehmen, sondern es ist Aufgabe der Bundesregierung, in Gesprächen mit den europäischen Nachbarn und den USA darauf hinzuwirken, dass ein Handelskrieg vermieden wird. Denn ein Handels

krieg geht letztlich zulasten aller Beschäftigten in Europa, aber auch in den Vereinigten Staaten.

(Beifall von der LINKEN.)

Wenn ich über das Wirtschaftswachstum und die Finanzen gesprochen habe, dann taucht notwendigerweise auch der Begriff Digitalisierung auf. Wenn heute über Wirtschaft gesprochen wird, dann wird immer über Digitalisierung gesprochen. Dennoch müssen wir sagen, es ist wiederum nicht alleine die Schuld der saarländischen Landesregierung, dass Deutschland weit zurückhängt. Das ist für mich das Ergebnis der schwarzen Null und der daraus resultierenden Investitionsschwäche Deutschlands im Vergleich mit anderen Ländern.

Im öffentlichen Sektor haben wir eine enorme Investitionsschwäche. Deshalb wurde gestern oder vorgestern in den Nachrichten die Bundeskanzlerin eingespielt. Sie hat gesagt, bis zum Jahr 2018 werden alle überall in Deutschland ein schnelles Netz haben. Es wurde darauf hingewiesen, dass die Investitionen weit zurückgeblieben sind. Ich möchte deutlich sagen, da ist etwas bei der öffentlichen Investitionstätigkeit in Deutschland zu verändern. Wir können mit dieser Finanzpolitik, die stolz darauf ist und sich damit schmückt, dass man eine schwarze Null hat, durchaus anders umgehen. Man kann die schwarze Null auch erreichen, wenn man beispielsweise Vermögenssteuern einführt - ich weiß, Sie kriegen jetzt wieder Pickel -, das ist aber durchaus möglich. Es ist einfach schlecht, eine schwarze Null anzupeilen und im öffentlichen Sektor unterinvestiert zu sein. Das ist ein wirklich gravierender ökonomischer Fehler. Hier kann ich die öffentliche Kritik nur nachvollziehen.

(Beifall von der LINKEN.)

Ich möchte darauf hinweisen, dass das Problem der Digitalisierung - aus Zeitgründen muss ich das kurz streifen - nicht nur ein Problem in der Art ist, wie Sie es darstellen. Da gibt es keine Differenz. Ich will aber auf einen anderen Punkt zurückkommen, der mir sehr wichtig ist. Die jüngsten Meldungen von einem Unternehmen aus Cambridge zeigen, dass die Technologie, über die wir reden - Facebook, Google und so weiter -, eine Herausforderung für die Gesamtgesellschaft in einem Ausmaß ist, das immer noch nicht erkannt ist. Es geht nämlich um eine neue Form der Enteignung. Es geht um die Enteignung des Privatlebens der Menschen. Das ist eine noch nie da gewesene Herausforderung. Diese Enteignung des Privatlebens der Menschen können wir einfach nicht so weiterlaufen lassen, wie das jetzt geschieht. Ich will Ihnen ein Gegenkonzept vorschlagen. Wir brauchen gegenüber Google, Facebook und all denen eine öffentlich-rechtlich kontrollierte Plattform, die diese Dienstleistungen ebenso anbietet.

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) )

(Beifall von der LINKEN. - Vereinzelt Lachen. - Sprechen.)

Ich weiß nicht, was es da zu lachen gibt. Es geht nämlich nicht nur um die Enteignung unseres Privatlebens. - Wissen Sie, wer eine solche Plattform als Erster gefordert hat? Es war der Feuilletonchef der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Herr Schirrmacher, der sich vielleicht ein bisschen intensiver mit diesem Thema beschäftigt hat als mancher, der hier meint, er könne in der Provinz irgendwie so daherreden. Es geht nicht nur um die Enteignung des Privatlebens, es geht auch um das Aushöhlen unserer demokratischen Ordnung. Wenn es so ist, dass die Leute mit regelrechten psychischen Profilen angesprochen werden und in ihrem Denken beeinflusst, ja manipuliert werden, dann können wir als Parlamentarier aller Länder dieses Thema nicht mehr außen vor lassen. Ich werbe nachdrücklich für eine öffentlichrechtliche Plattform - deutschland- oder europaweit und eine öffentlich-rechtliche Kontrolle. Wir haben damit sehr gute Erfahrungen gemacht, meine sehr geehrten Damen und Herren. So viel von mir zum Thema Digitalisierung.

(Beifall von der LINKEN.)

Ich bin der Auffassung, wir dürfen es nicht immer nur unter ökonomischen Aspekten sehen. Sie sind alle wichtig. Alles, was Sie vorgetragen haben, unterstreiche ich. Es ist aber nicht nur eine ökonomische Frage, deshalb spreche ich sie an. Es ist für mich eine Frage der Entwicklung der Gesamtgesellschaft. Ich muss sagen, auch ich habe längere Jahre diesem wichtigen Thema eine viel zu geringe Beachtung geschenkt. Ich möchte darauf hinweisen, dass nach meiner Auffassung hier ein Grundbaustein unserer Gesellschaft infrage steht. Deshalb wollte ich dies ansprechen.

Nachdem ich Finanzen und Wirtschaft angesprochen habe, komme ich zu einem einzigen Umweltthema. Das ist Cattenom. Sie konnten es nicht ansprechen, wahrscheinlich auch aus Platzgründen oder so. Man kann ja nicht alle Themen ansprechen.

(Vereinzelt Heiterkeit.)

Ich komme zu einem anderen Punkt. Ich möchte darauf hinweisen, dass es natürlich nach wie vor sehr ärgerlich ist, dass in Cattenom wiederum in größerem Umfang investiert wird und dass unsere Einwendungen praktisch keine Ergebnisse haben. Das ist sehr schade. Deutsch-französische Zusammenarbeit bedeutet meiner Auffassung nach auch, dass man in einem solch gravierenden Punkt Rücksicht nimmt auf die Befindlichkeiten der Nachbarregionen, auf Luxemburg, das Saarland und Rheinland-Pfalz. Deshalb bin ich der Auffassung, dass das eine Sache auf Bundesebene ist. Man sollte noch einmal mit Frankreich verhandeln, wie wir die

ses Problem im Interesse der Großregion lösen können.

(Beifall von der LINKEN.)

Sie werden mir nachsehen, dass hier ein Punkt ins Spiel kommt, den ich ansprechen muss. Es ist nämlich so, dass wir zwei Minister im Kabinett haben, die in ihrer Funktion eine besondere Möglichkeit haben. Das sind Wirtschaftsminister Altmaier und der Außenminister Maas, wenn es um eine solche Frage geht. Ich will hier nur eines sagen und bitte darum, es richtig zu verstehen. Wenn wir Minister im Kabinett haben, dann können wir immer froh darüber sein. Aber ich wünsche mir, dass die Tätigkeit von Saarländern im Bundeskabinett irgendetwas Greifbares für das Saarland bringt. Da können wir uns von Bayern wirklich sehr viel abschneiden, wenn es darum geht, für das eigene Land etwas herauszuholen. Deshalb spielen Bayern in der Bundesliga und wir leider in der Regionalliga. Ich muss das so deutlich sagen.

(Beifall von der LINKEN. - Vereinzelt Lachen.)

Der Kollege Altmaier war so lange Finanzminister, wie ich es war. Aufgrund der Differenzen mit -

(Lachen. - Zuruf: Der war gut.)

Ich will aber sagen, in meiner Zeit sind Milliarden hierher geflossen. Damals ist die deutsch-französische Hochschule hierhergekommen.

(Zuruf: Sie hatten einen Ausreißer.)

Ja, gut. - Aber man verlangt gar nicht solche Summen. Aber wenn gar nichts kommt, dann muss man irgendwann die Frage stellen, was die Damen und Herren im Kabinett eigentlich machen. Das sage ich in aller Klarheit. Da kommt gar nichts.

(Beifall bei der LINKEN.)

Wir können das Leistungsprinzip nicht völlig außer Kraft setzen, wenn wir über Regierungsarbeit sprechen. Irgendwann muss jemand einen Nachweis bringen, dass er irgendetwas in Bewegung gesetzt hat, sonst ist es für ihn zwar schön, wenn er auf einem bestimmten Stuhl sitzt, und er kann auch in der Gegend herumreisen, aber irgendetwas muss doch dabei herauskommen.

Sie sprachen Cattenom an. Das Projekt einer Schienenverbindung von Saarbrücken nach Paris und Frankfurt ist nicht von selbst gekommen. Das ist unter anderem gekommen - ich habe es gesagt -, weil Bundeskanzler Kohl das als Pfälzer unterstützt hat. Es ist aber auch deshalb gekommen, weil der damalige Ministerpräsident die Möglichkeit hatte, wenn er es denn wollte, mit dem französischen Staatspräsidenten zu reden. Wir haben jetzt zumindest die Möglichkeit, über die beiden genannten Minister solche Kontakte in die Regierung zu haben.

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) )

Wenn wir diese Kontakte in die Regierung haben mehr sage ich nicht; das ist wirklich keine Sache, die man auf die leichte Schulter nehmen soll -, dann sollten wir sie immer wieder ansprechen und sagen, du hast jetzt die Möglichkeit, etwas für unser Land zu erreichen, dann tue es bitte auch. Deshalb verweise ich auf die Bayern, die in dieser Richtung sehr viel mehr leisten, als bei uns in der Vergangenheit geschehen ist.

(Beifall von der LINKEN.)

Ich komme jetzt zu einem anderen Feld, zur Krankenhausversorgung und zur Pflege. Das haben Sie gestreift; das wird vom Ministerium geliefert. Aber die Widersprüche, die in der letzten Zeit deutlich geworden sind, sind nicht angesprochen worden. Ich werde nämlich von Saarländern angeschrieben und angesprochen, warum diese Widersprüche nicht aufgelöst werden. Einer schreibt: Vor einem halben Jahr hieß es noch, wir müssen Betten abbauen. Vor einem halben Jahr hieß es noch, wir müssen Geld geben, damit die Betten abgebaut werden. Jetzt heißt es, wir müssen die Betten aufbauen. Was ist da eigentlich passiert? Die Leute fragen: Leben wir in Schilda? Wo leben wir? Ist das ein Schildbürgerstreich, dass zuerst mit Geld Betten abgebaut werden und dann wiederum mit Geld Betten aufgebaut werden?

Frau Ministerin, als das hier begründet wurde, hat Ihr Staatssekretär gesagt, wir haben eine überdurchschnittlich hohe Krankenhausdichte und Bettendichte. Es wurden die Zahlen der Bettendichte pro 100.000 Einwohner genannt. In Europa sind es 534, im Bund 611 und im Saarland 648. Mit diesen Zahlen haben Sie begründet, warum man Betten abbauen müsse. Was hat sich jetzt geändert? Es wurde bisher nichts vorgelegt, was für mich nachvollziehbar wäre, um zu sagen, wir müssen die Politik fundamental ändern. Hier hat die Landesregierung also einen erheblichen Nachholbedarf. Man kann sich nicht immer nur auf irgendwelche Gutachter beziehen. Gutachter können auch ein bisschen Quatsch aufschreiben. Nein, es muss auch Fachkompetenz im Ministerium vorhanden sein, wenn Investitionsentscheidungen getroffen werden. Das kann man wirklich erwarten.

(Beifall von der LINKEN.)

Dasselbe gilt für die Pflege. Es wurde vor einiger Zeit gesagt, wir haben keine Defizite oder Mängel in der Gesamtversorgung der ambulanten Pflege. Das hört man ja gerne. Jetzt hat man plötzlich etwas Neues erkannt. Es kam ein gemeinsamer Antrag der Koalitionsfraktionen; er ist wieder zurückgezogen worden. In diesem Antrag stand, dass doch Nachholbedarf besteht. Es ist gut, wenn man einmal eine Meinung oder Position ändert, aber man ist dann in der Begründungspflicht. Wir haben bei der Pflege

auf Bundesebene dasselbe beobachtet. Da wird erzählt, wir haben jetzt einen enormen Bedarf. Wir werden ein paar tausend zusätzliche Stellen anbieten. Die fachlich damit Befassten aber sagen, es fehlen 80.000 Stellen.

Das ist dann ja runterzurechnen auf unser Land. Ich weise nur darauf hin, dass man - weil Sie jetzt mit einer neuen Funktion betraut sind und das ein oder andere verändern können - hier auf eine klare Linie drängen muss. Wir können nicht einfach ins Blaue hinein planen, Geld ausgeben und nachher wieder das Gegenteil von dem erzählen, was wir vorher erzählt haben. Das kostet ja alles viel Geld.

Ich sage noch einmal: Für mich gibt es eine Richtlinie, die sehr entscheidend ist in der ganzen Frage, die wir diskutieren, und das ist der Vergleich mit allen Ländern. Alle Zahlen, die wir hier haben - Sie haben ja auch wieder gesagt, wir werden 1 Milliarde investieren -, nutzen nichts, wenn andere Länder pro Kopf deutlich höhere Investitionsraten haben. Deshalb bitte ich Sie wirklich - ich habe das schon oft hier vorgetragen -, diese wichtige Herangehensweise in Zukunft einzuhalten, dass man immer das, was wir hier anzubieten haben, mit anderen Ländern vergleicht. Dann hat man nämlich Maßstäbe, um Entscheidungen zu treffen, populäre, aber auch unpopuläre. Anders geht es nicht. Wir müssen bei unserer Haushaltslage schlicht und einfach eine Einsicht haben: Wir haben weniger „Vermögen“ als andere Länder und wir müssen versuchen, mit dieser Situation fertig zu werden.