Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will nur drei Punkte ansprechen, zunächst einmal den Punkt, den dankenswerterweise Kollege Scharf, aber auch andere, eben schon angebracht haben. Es ist unerträglich, wenn Menschen in Bilder zwischen „normal“ und „krank“ eingeteilt werden. Es hat vielleicht wirklich etwas für sich, dass einzelne Herren in diesem Hause mittlerweile die Maske fallen lassen. Das Einzige, was krank ist, ist das Menschenbild, das dahintersteckt. Das weisen wir in aller Entschiedenheit zurück.
Ich bin deswegen auch sehr dankbar für die klare Haltung des gesamten übrigen Hauses an dieser Stelle. Ich glaube, das muss uns ermutigen, weiter an diesem Kurs festzuhalten und sehr deutlich zu machen, dass dies nicht das Menschenbild ist, das Deutschland oder das Saarland ausmacht. Wir haben ein anderes Menschenbild. Da ist es in der Tat richtig: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Alle Menschen sind gleich. - Daran führt kein Weg vor
Das gibt uns vielleicht aber auch die Gelegenheit, an dieser Stelle auf ein Problem einzugehen, das in der Öffentlichkeit sehr schnell zu Verwischungen führt. Das ist das Thema Inklusion und die Einordnung dieses Themas. Selbstverständlich ist Inklusion nicht so einfach nebenher zu machen. Ich bin auch sehr dankbar, jetzt die Unterstützung offenkundig in allen demokratischen Fraktionen dieses Hauses zu haben, was zusätzliche Personalisierungsnotwendigkeiten angeht. Das hilft uns im Moment ganz gut, weil wir mitten in den Verhandlungen mit dem Finanzministerium sind.
Aber der eigentliche Punkt, über den ich jetzt an dieser Stelle reden will, ist, wie sich das denn mit dieser Inklusion verhält. Ich sage Ihnen, in den allermeisten Fällen funktioniert das ganz tadellos und reibungslos. In ganz vielen Fällen, egal um welche Art von Einschränkungen und Beeinträchtigungen es geht, ist das nicht nur kein Problem, sondern auch für viele Schulen eine Chance. Viele Schulen nehmen das auch als Chance wahr. Das gilt ohnehin für Kinder mit Körperbeeinträchtigung, mit Sinnesbeeinträchtigungen, für Kinder mit geistigen Behinderungen und in ganz vielen Einzelfällen. Das gilt für ganz viele Kinder. Kollege Wagner hat das richtig gesagt. Nehmen Sie einmal die „Zappelphilippe“, die ein bisschen den Unterricht stören. Auch die gehören in unsere Schulen mit hinein. Ich glaube, all das ist sogar eine Bereicherung für Schulen. Das wird von den Kolleginnen und Kollegen in den Schulen, von den Mitschülerinnen und Mitschülern, von den Eltern auch durchaus als Bereicherung wahrgenommen.
Aber es gibt in der Tat ein ganz besonderes Problem. Dieses Problem ist eines, bei dem ich Ihnen aber auch ganz klar sage, dass die Schule das nicht alleine lösen können wird. Das eigentliche Thema, was unsere Schulen in besonderem Maße belastet, ist die Tatsache, dass es offenbar immer mehr Kinder gibt, die in ganz besonderer Weise von zu Hause aus so stark gefordert sind, die von ihrem Umfeld so stark gefordert sind, die mit ihren Lebensumständen so schlecht klarkommen, dass sie überhaupt nicht in der Lage sind, dem Unterricht zu folgen.
Kollege Wagner, ich würde nicht so weit gehen zu sagen - aber ich glaube, da geht es um Nuancen -, die sind nicht unterrichtbar. Ich glaube allerdings sehr wohl, dass wir in diesen besonderen Fällen und leider nehmen diese Fälle zu - sicherlich dafür Sorge tragen müssen, unsere Schule kindfähig zu machen; das sind unsere Regelschulen an der Stelle tatsächlich noch nicht. Da müssen wir auch dar
über reden, wie die Personalisierung ist. Ich bin sehr für das Elternwahlrecht, wunderbar, das Elternwahlrecht muss dann aber auch so wahrgenommen werden können, dass die Verhältnisse vergleichbar sind. Dann müssen wir schon darüber reden, dass in den Regelschulen auch zukünftig die gleichen Ausgangsbedingungen herrschen müssen, wie sie in den Förderschulen bestehen. Davon sind wir noch ein Stück weit weg. Das wird man auch nicht alles von heute auf morgen hinbekommen. Aber das ist in den nächsten Jahren hinzubekommen, und in der Tat hängt es natürlich von Ressourcen ab.
Der eigentliche Punkt aber ist, was denn dahinter steht, dass diese Kinder plötzlich so sind. Und da sage ich Ihnen, es wird nicht die Bildungspolitik sein, denn diese Kinder kommen schon so in den Kindergärten, in den Grundschulen an. Wir haben viele Antworten darauf. Das Thema Ganztag ist eine ganz wichtige Antwort. Viele andere Unterstützungsmaßnahmen sind wichtige Antworten darauf. Ich glaube, das eigentliche Thema, mit dem wir uns beschäftigen müssen, ist die zunehmende Verwahrlosung in unserer Gesellschaft. Damit meine ich Verwahrlosung in vielfacher Hinsicht. Das eigentliche Thema ist, dass Kinder von dieser Gesellschaft im Stich gelassen werden. Wir haben das in den letzten Wochen wieder gesehen. Wenn ich mir alleine ansehe, wie stark Kinderarmut in unserem Land gestiegen ist, und ich dann feststelle, dass Kinder nicht mit anständiger Kleidung in die Schule kommen, dass sie, ohne etwas gefrühstückt zu haben, in die Schule kommen, dass sie aus welchen Gründen auch immer von zu Hause schon in einem völlig verstörten Zustand in die Schule kommen, dann ist doch in dieser Gesellschaft etwas nicht in Ordnung! Dann ist es doch nicht das Kind, das nicht unterrichtbar ist, sondern dann ist doch diese Gesellschaft krank und dann müssen wir zunächst einmal daran arbeiten, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ich selbst habe noch vor 10 oder 15 Jahren in Wahlkämpfen immer wieder gesagt, Bildung ist die soziale Frage des 21. Jahrhunderts. Ich sage Ihnen, das ist nicht ganz falsch, das ist aber auch nicht ganz richtig. Bildung ist nur möglich, wenn wir die harten sozialen Fragen sozialpolitisch gelöst bekommen. Und nicht nur Sozialpolitik ist da in der Verantwortung, sondern die Gesellschaft insgesamt. Dann wird ja schnell gesagt, der Commerçon streitet mit der Bachmann. Das ist überhaupt nicht der Punkt. Vielmehr muss diese Gesellschaft sich einmal damit auseinandersetzen, ob das denn überhaupt richtig ist.
Ich habe an dieser Stelle im Übrigen schon einmal gefragt: Ist das denn überhaupt richtig, dass wir Schule immer stärker unter der ökonomischen Ver
wertbarkeit der Kinder, die da herauskommen, sehen? Ist es nicht erforderlich, dass wir noch einmal das klassische große Bildungsideal von Humboldt und anderen an den Tag legen und sagen, nein, Bildung ist zunächst einmal ein Menschenrecht der Kinder? Es geht nicht um die ökonomische Verwertbarkeit. Es geht in unseren Bildungseinrichtungen überhaupt nicht um die Verwertbarkeit von Kindern. Es geht darum, für die Kinder die richtigen Ausgangsbedingungen zu schaffen, auch die sozialen Ausgangsbedingungen. Das geht nicht in einer Ellbogengesellschaft, das geht nicht in einer Gesellschaft, in der nur noch der Leistungsdruck zählt.
Deswegen sage ich Ihnen, Bildung ist eine wichtige soziale Frage des 21. Jahrhunderts. Bildung ist aber nur möglich, wenn wir die anderen großen sozialen Fragen des 21. Jahrhunderts in unserer Gesellschaft lösen; denn das ist die Voraussetzung dafür, dass Bildung überhaupt von Kindern wahrgenommen werden kann. Daran müssen wir alle gemeinsam arbeiten. - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der AfD-Landtagsfraktion, Drucksache 16/348. Wer für die Annahme der Drucksache 16/348 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? Wer enthält sich der Stimme? - Dann stelle ich fest, dass Drucksache 16/348 mit Stimmenmehrheit abgelehnt wurde. Zugestimmt hat die AfD-Fraktion, dagegen gestimmt haben alle anderen Fraktionen dieses Hauses.
Kolleginnen und Kollegen, wir treten nun in die Mittagspause ein und treffen uns um 14.15 Uhr hier wieder.
Beschlussfassung über den von der DIE LINKE-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Keine Grubenflutung aus finanziellen Interessen des Bergbaukonzerns RAG Pflicht zur Grubenwasserreinigung von PCBBelastungen einführen (Drucksache 16/345)
Beschlussfassung über den von der CDUund der SPD-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Maßnahmen zur Reduzierung der PCB-Belastung in saarländischen Oberflächengewässern ergreifen (Drucksache 16/356)
Zur Begründung des Antrags der DIE LINKE-Landtagsfraktion erteile ich der Abgeordneten Dagmar Ensch-Engel das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir vorab eine Bemerkung. Nachdem wir vergangene Woche den vorliegenden Antrag fertiggestellt haben, berichtete am selben Abend der SR über eine Pressekonferenz des Umweltministeriums zur Wasserqualität im Saarland. Donnerstagmorgen stand das Ganze auch noch in der Saarbrücker Zeitung. Ich musste feststellen, dass das Ministerium meine Anfrage vom März unter dem Titel „PCB-Belastung in saarländischen Gewässern“ offensichtlich lieber über eine Pressekonferenz beantworten lässt, anstatt sie mir persönlich zu beantworten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das stellt für mich eine Missachtung dieses Parlamentes dar, insbesondere der Opposition. Fast alle Antworten auf meine Fragen, die ich an das Umweltministerium gestellt habe, durfte ich den Medienmeldungen entnehmen. Das ist nicht in Ordnung, insbesondere deshalb nicht, weil bis heute meine Anfrage noch nicht direkt und vollumfänglich beantwortet wurde. Ich gehe aber mit der Hoffnung schwanger, dass das in den nächsten Tagen erfolgen wird.
Doch jetzt zu meinem Antrag. Liebe Kolleginnen und Kollegen, seit geraumer Zeit beschäftigen wir uns im Landtag sehr intensiv und ausführlich mit den Plänen der RAG, die aufgegebenen Gruben fluten zu wollen. In vielen Ausschusssitzungen, in einem Untersuchungsausschuss in der letzten Legislaturperiode und auch hier im Plenum haben wir uns ausführlich mit den Gefahren und Risiken der RAG-Pläne befasst. Viele Sachverständige kamen zu Wort, mit durchaus unterschiedlichen Bewertungen. Auch für mich werden immer neue Fragen aufgeworfen, je tiefer wir in diese Materie eindringen. In der Bevölkerung sorgen die RAG-Ankündigungen der Grubenflutung für Aufregung und Ängste. Derzeit formulieren viele Bürgermeister der saarländischen Kommunen, der EVS und andere Institutionen ihre Bedenken. Knapp 8.200 Saarländerinnen und Saarländer unterzeichneten eine Petition im Internet. Diese Menschen fordern, dass die Flutung der Bergwerke im Saarland gestoppt werde. Meine Damen und Herren, das wollen wir inzwischen auch. Die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger geht vor, schließ
lich sind es bis zu 600.000 Saarländerinnen und Saarländer, die betroffen wären. Entscheidungen über Maßnahmen, die den Umgang mit Grubenwasser betreffen, dürfen nicht von finanziellen Interessen der RAG beeinflusst werden.
Mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, möchte ich ein Zitat aus dem Untersuchungsausschuss vorbringen: „Auch die Optimierungsklausel war keine Klausel, die die Vorstellung miteingeschlossen hätte, dass die Wasserhaltung irgendwann eingestellt wird.“ - So sagte es der damalige Ministerpräsident Peter Müller als Zeuge vor dem Untersuchungsausschuss. Das bedeutet im Klartext, die Pumpen müssten auf Dauer betrieben werden. Insofern sollte es da keine großen Probleme geben. Leider Gottes ist es dann passiert, dass ein Schreiben der RAG im Ministerium eingetroffen ist, das wir aufgrund der Dringlichkeit und der verschiedenen Interessenlagen durchaus bewerten und bearbeiten wollen. Nach diesem Schreiben soll geprüft werden, es sollen Untersuchungen vorgenommen werden. Derzeit werden im Saarland jährlich etwa 18 Millionen Kubikmeter Grubenwasser gepumpt. Die laufenden Kosten beziffert die RAG auf rund 18 Millionen Euro. Die Kosten für das Pumpen trägt die RAG nur noch bis Ende 2018, danach kommt die RAG-Stiftung dafür auf, wie im Erblastenvertrag geregelt ist, der 2007 zwischen NRW, dem Saarland und dem Bund geschlossen wurde.
Nunmehr steht der Antrag an, dass die Gruben geflutet werden sollen. Ich zitiere, was die RAG selbst begründet hat: Weitere Untersuchungen müssten durchgeführt und Gutachten beigebracht werden, die belegen, dass die Auswirkungen des Grubenwasseranstieges beherrschbar sind und auch eine Genehmigung erteilt wird. Erst dann wollte man die Stufe 2 der Flutung einleiten. Als Begründung für die Flutungspläne werden die Optimierungsmaßnahmen des KPMG-Gutachtens angegeben. Was ist das für ein Schachzug? - Die RAG untermauert einerseits ihre Flutungspläne mit einem vor zwölf Jahren erstellten Finanzgutachten, welches aber eigentlich von einem ewigen Pumpen ausgegangen ist, beteuert aber auf der anderen Seite stets, man wolle die Pumpen eben nicht aus finanziell-wirtschaftlichen Erwägungen abstellen. - Ja was denn nun? Mir erschließen sich diese Gründe nicht, außer so, dass es hier um finanzielle Interessen geht.
Bezeichnend für das RAG-Vorgehen ist außerdem die Anmerkung des Konzernchefs Tönjes, als er veröffentlichen ließ: Wenn wir die Genehmigung nicht kriegen, wird das teurer als geplant und das Saarland muss einspringen, sprich das Saarland muss die Kosten tragen. - So geht es nicht, meine Damen und Herren! Das Saarland darf nicht von einem Konzern erpresst werden.
In unserem Antrag, der Donnerstag vergangene Woche eingereicht wurde, fordern wir aber auch die sofortige Filterung des Grubenwassers, welches in saarländische Gewässer eingeleitet wird. Einen Tag zuvor, am Mittwoch, hatte das Umweltministerium dem Konzern eine Frist bis Ende des Jahres gesetzt. Einen Tag nach der Einreichung unseres Antrages wurde diese Frist verkürzt, das Ministerium ruderte eiligst zurück, ein Konzept zur Reduzierung der Gewässerbelastung mit dem Umweltgift PCB muss die RAG nunmehr bis Mitte des Jahres liefern. Ich finde das sehr schön, denn unser Antrag hat gewirkt. Er war aus unserer Sicht erfolgreich, aber, Herr Minister, dem Umweltministerium waren diese erhöhten Werte schon länger bekannt.
Herr Minister, sie waren bekannt, aber nicht in diesem Maße, sie wurden immer beschönigt. Sogar noch an dem Tag, als der Ausschuss stattfand, wurden uns nur die verdünnten Werte aus der Saar genannt, die anderen Werte eben nicht. Das ist so, das kann ich Ihnen beweisen. Die Aufforderung, die Sie nunmehr an die RAG gestellt haben, kommt einfach zu spät, sie ist längst überfällig.
Erst jetzt, nachdem der öffentliche Druck zu groß wird, werden Sie tätig. Dabei betonen doch auch Sie ständig, wie sehr es der Landesregierung am Herzen liegt, dass die Qualität unserer Gewässer im Saarland in Ordnung ist, dass keiner gefährdet wird, dass die Gesundheit nicht beeinträchtigt wird und Flora und Fauna nicht belastet werden. Dann bitte ich Sie, sich auch daran zu halten.
Nun lesen wir aber auch noch dauernd in der Presse, dass PCB gar nicht so schlimm sei. So heißt es nach einem Gespräch mit einem Toxikologen der TU Kaiserslautern in einem Kommentar, die Wissenschaft stufe die erhöhten PCB-Werte in den Flüssen als weitgehend unbedenklich für Menschen ein. Experten sähen zudem keine Gefahr für das Trinkwasser. Wir könnten jeden Tag einen Liter PCB-Wasser trinken und es würde nichts passieren. Da kann ich nur sagen: Na denn Prost! Ich mache es nicht!
Außerdem wird immer der Verdacht geäußert, das Thema Grubenwasser werde für parteipolitische Spielchen missbraucht.
Meine Damen und Herren, dem ist nicht so. Man kann doch nicht im Ernst argumentieren, dass, wenn die Grenzwerte für PCB im Sinnerbach, Fischbach und in der Rossel durch die Einleitung des Gruben