Protokoll der Sitzung vom 13.06.2018

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! In den vergangenen Wochen durfte ich immer wieder Besuchergruppen, junge Besuchergruppen, hier im Landtag des Saarlandes begrüßen, auch in diesem Plenarsaal. Neben den Fragen, welcher Text auf der Wand hinter dem Präsidenten steht, warum einzelne Abgeordnete ein Telefon vor sich stehen haben, kommt auch immer wieder die Frage: Wie wird man eigentlich Abgeordneter im saarländischen Landtag? Das ist eine spannende Frage, und ich glaube, jeder von uns hat seine eigene Geschichte, wie er zunächst Kandidat und dann Abgeordneter hier im Parlament wurde.

Viel wichtiger aber ist doch - und das sage ich unseren Jugendlichen immer wieder -, dass jeder die Möglichkeit hat, sich politisch einzubringen, dass jeder, sofern er volljährig ist, die Möglichkeit hat, für das Amt eines Abgeordneten im Landtag, im Bundestag oder auch bei Kommunalwahlen vor Ort im Gemeinde- oder Stadtrat oder im Kreistag zu kandidieren. Warum ist das so? Weil wir hier in einer starken Demokratie leben und weil wir ein Wahlrecht haben, dies im Gegensatz zu anderen Ländern auf dieser Erde.

Deshalb ist es gut, und ich finde das auch wichtig, dass wir heute hier über dieses Thema sprechen. Wir behaupten auch keinesfalls, dass die saarländischen Jugendlichen dümmer seien als Jugendliche in anderen Regionen Deutschlands. Wir sind aber ganz klar der Meinung, dass das Wahlrecht an die Volljährigkeit gekoppelt sein muss.

Sehr geehrter Herr Lander, Sie berufen sich immer wieder auf eine Studie der Bertelsmann Stiftung. Ich würde Ihnen empfehlen, zu dieser Studie einmal etwas genauer nachzuforschen! Denn schaut man etwas genauer hin, findet man auch, dass bei dieser Studie „Wählen mit 16“ im Jahr 2015 zwar etwas mehr als die Hälfte, 52 Prozent, der 16- und 17-Jährigen es befürwortet haben, dass man mit 16 Jahren wählen kann. Im Kleingedruckten findet sich aber ein versteckter Hinweis, den Sie anscheinend übersehen haben: Nur 21 Jugendliche im Alter von 16 und 17 Jahren wurden bei dieser Studie überhaupt befragt! Von diesen haben sich elf für eine Absenkung des Wahlalters ausgesprochen. Sehr geehrter Herr Lander, es gibt viele Studien, die besagen, dass die Jugendlichen in unserem Land, gerade die 16- und 17-Jährigen, gar nicht wählen wollen, weil sie sich selbst das noch nicht zutrauen. Dies belegen viele Studien. Sie haben die einzige Studie vor

getragen, die behauptet, dass die Jugendlichen wählen wollen, und an dieser Studie haben gerade einmal 21 Jugendliche teilgenommen. So gesehen vertreten Sie hier schon eine etwas irreführende Sicht.

(Beifall von der CDU.)

Unser Wahlrecht hat einen enorm hohen Wert und ist an die Volljährigkeit geknüpft. Mit 18 Jahren darf man alleine Auto fahren, mit 18 Jahren kann man sein Leben mit Rechten und Pflichten eigenständig gestalten. Man kann Verträge abschließen, zum Beispiel den eigenen Handyvertrag. Man darf zum Beispiel auch hochprozentigen Alkohol trinken. Verstoßen Unter-18-Jährige gegen das Gesetz, greift das Jugendstrafrecht. Ab 18 Jahren ist das nicht mehr der Fall, der Volljährige fällt grundsätzlich unter das Erwachsenenstrafrecht. Wir wissen aber auch alle, dass dies nicht der Realität entspricht: Die Gerichte wenden durchaus auch noch bis 21 Jahre das Jugendstrafrecht an. Auch diesen Aspekt sollte man bei unserer heutigen Diskussion nicht außer Acht lassen.

Wir sind und bleiben der Meinung, dass das Wahlalter an die Volljährigkeit unserer jungen Menschen gekoppelt bleiben muss! Denn, liebe Fraktion der LINKEN, an welchem objektiven Kriterium machen Sie das Wahlalter mit genau 16 Jahren fest? Es ist vollkommen willkürlich gesetzt, und ich warte nur auf den Antrag in ein paar Jahren, dass wir das Wahlalter auf 12, auf 13 oder 14 Jahre heruntersetzen sollen, wie das bereits in anderen Bundesländern gefordert wurde.

(Beifall von der CDU. - Zurufe von der LINKEN.)

Sie haben davon gesprochen, dass wir in andere Bundesländer schauen sollten. Das können wir sehr gerne machen, denn ein Bundesland haben Sie vergessen, wahrscheinlich absichtlich. In Thüringen wurde 2015 das Gesetz dahingehend geändert, dass bei den Kommunalwahlen 16-Jährige teilnehmen dürfen. 2016 konnten dann bei der Kommunalwahl 16- und 17-Jährige zum ersten Mal wählen. Und was ist dort passiert? Tatsächlich ist bei der Thüringer Kommunalwahl die Wahlbeteiligung gegenüber der letzten Kommunalwahl um fast 13 Prozent, von 65,2 auf 52,4 Prozent, gesunken!

Das bestätigt einen durchgängigen Trend. Minderjährige nehmen nach allen vorliegenden Studien nicht häufiger, sondern seltener an Wahlen teil, als das Erwachsene tun. Und obwohl die betroffenen Jugendlichen bei allen bisher vorliegenden Umfragen eine Absenkung des Wahlalters mehrheitlich ablehnen, fordern Sie hier seit Jahren mit großer Vehemenz die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre und damit auch die Abkopplung des Wahlrechts von der Volljährigkeit.

Sehr geehrte Damen und Herren, es ist doch kein Geheimnis, dass das Politikinteresse von 16- und 17-Jährigen deutlich geringer ausgeprägt ist als das von älteren Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Herr Lander, das hat definitiv nichts mit Dummheit zu tun, in diesem Alter hat man einfach, vielleicht kennen Sie das noch aus Ihrer Jugend, andere Interessen.

Insgesamt ist doch immer wieder bei Wahlen zu erkennen, dass die Gruppe der 18- bis 25-jährigen Wähler regelmäßig die niedrigste Wahlbeteiligung aller Altersgruppen aufweist. Es sollte doch unsere Aufgabe und unser Ansporn sein, nicht das Wahlalter weiter abzusenken, sondern in erster Linie dafür zu sorgen, dass wir die jetzigen Wahlberechtigten, die Gruppe der 18- bis 25-jährigen, die eher weniger zur Wahl gehen, motivieren, an Wahlen teilzunehmen. Insbesondere bei den jungen Erwachsenen sollten wir uns mehr einsetzen. Hier haben wir, so denke ich, große Herausforderungen vor uns. Ich sage noch einmal ganz klar: Wir müssen nicht das Wahlalter absenken, sondern wir müssen die über 18-Jährigen motivieren, zur Wahl zu gehen. Wie kann das funktionieren?

Ich bin der Meinung, es ist die Aufgabe aller hier im saarländischen Landtag, die jungen Menschen in unserem Land von Demokratie und Politik zu begeistern. Dazu brauchen wir keine Zwangsjugendräte in den Städten und Gemeinden unseres Landes, denn wir wissen, dort, wo wir sie hatten, funktioniert das leider immer nur ein paar Monate, dann wird das ganze Projekt schon wieder beendet, weil einfach das nachhaltige Interesse bei den jungen Menschen fehlt.

Es wurden auch bereits Möglichkeiten hier im saarländischen Landtag geschaffen. Vor einigen Jahren hat sich dieses Haus mit einem Gesetz befasst, das in den Schulen die Direktwahl des Schülersprechers eingeführt hat. Das bedeutet, dass in Zukunft nicht mehr die Klassensprecher ihren Schulsprecher wählen, sondern dass alle Schülerinnen und Schüler einer Schule die Möglichkeit haben, erstens zu kandidieren und zweitens von allen gewählt zu werden. Aber was ist daraufhin passiert? Ich kann Ihnen sagen, nicht viel. Viele Schulen halten sich nämlich nicht an dieses Gesetz - mit der Begründung, Demokratie wäre zu aufwändig, diese Wahlen durchzuführen wäre zu aufwändig. Hier müssen wir ran, wir müssen in den Schulen dafür sorgen, dass man dort Demokratie lernt, und das nicht nur bei der Schulsprecherwahl, sondern dass man sich auch im Unterricht in Zukunft mit der aktuellen Landes-, Bundes- und Europapolitik intensiver beschäftigt.

Politik muss erlebbarer werden. Dazu muss zum einen in der Schule mehr über Politik gesprochen werden, aber dazu müssen auch wir als Abgeordnete verstärkt in die Schulen gehen und über Politik

sprechen und damit auch Politik erlebbarer machen. Zum anderen sollte es die Aufgabe von uns allen sein, Schülerinnen und Schüler einzuladen, hierher in den saarländischen Landtag zu Plenarsitzungen zu kommen, wie das heute der Fall ist, aber auch zu Besichtigungen und Informationsgesprächen. Der Landtag muss sich weiter öffnen, das ist eine wichtige Aufgabe. Wir müssen die Jugendlichen dort abholen, wo sie sich häufig aufhalten, nämlich in den sozialen Medien. Es sollte auch Aufgabe des Landtages sein - und ich denke, da sind wir auf einem guten Weg -, hier verschiedene neue Angebote zu machen wie zum Beispiel Diskussionen mit den Parteien, die im Landtag vertreten sind, die wir zum Beispiel über Facebook Live streamen können, sodass jeder die Möglichkeit hat, von zu Hause aus mitzudiskutieren.

Es gibt jetzt schon zahlreiche Möglichkeiten, sich vor Ort einzubringen. Es gibt zahlreiche politische Jugendorganisationen, es gibt Jugendverbände, und der Landesjugendring ist ja heute auch wieder hier vertreten. Ich bin selbst Landesvorsitzender der Jungen Union im Saarland. Wir haben über 5.000 Mitglieder in über 120 aktiven Ortsverbänden. Wir gestalten Politik mit, und nicht nur wir als Junge Union, sondern auch die anderen Jugendorganisationen. Das heißt, es gibt die Möglichkeit, mitzubestimmen und mitzugestalten, und das insbesondere vor Ort.

(Beifall von der CDU.)

Nicht das Wahlrecht und auch nicht alleine ein Stimmzettel wecken politisches Interesse, sondern wir müssen Politik besser erklären, verständlicher machen und somit Politik und Demokratie leben. Leider sind hier Parteien in der Versuchung, die Herabsetzung des Wahlalters unter dem Gesichtspunkt des eigenen Vorteils zum Stimmengewinn zu bewerten.

(Oh! und Pfui! von der LINKEN.)

Wichtiger als solche taktischen Überlegungen ist es, ob sich eine Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre grundsätzlich rechtfertigen lässt. Weder gibt es plausible Gründe für die Abkopplung der Wahlberechtigung von der Volljährigkeit, noch spricht das geringe Politikinteresse der betroffenen Altersgruppe für einen solchen Schritt. Es gibt auch keine Hinweise darauf, dass die Herabsetzung des Wahlalters im Sinne einer politischen Bildungsmaßnahme zu höherem Politikinteresse führen würde. Nicht zuletzt lehnen auch die betroffenen Jugendlichen einen solchen Schritt mehrheitlich ab. Und, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn es schon die Betroffenen selbst, also die Jugendlichen in unserem Land, nicht wollen,

(Abg. Spaniol (DIE LINKE) : Das stimmt doch nicht)

(Abg. Zeyer (CDU) )

warum sollten wir dann einem solchen Gesetz zustimmen, damit sie in Zukunft mit 16 wählen gehen können und es danach passiert, dass wir eine noch geringere Wahlbeteiligung in unserem Land haben? Deshalb und aus den anderen genannten Gründen lehnen wir Ihren Antrag ab.

(Beifall von der CDU.)

Für die AfD-Landtagsfraktion spricht nun der Abgeordnete Rudolf Müller.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Argumente sind, wie ich finde, im Wesentlichen ausgetauscht. Ich möchte vielleicht nur noch daran erinnern, dass ein gutes Stück früher die Wahlberechtigung erst mit 21 Jahren eingesetzt hat. Damals gab es noch die Wehrpflicht, das war ein gewisser Widerspruch, den man da erkannt hat. Dieser Widerspruch wurde aufgelöst und die Wahlberechtigung auf 18 Jahre gesenkt.

Wir möchten allerdings zu bedenken geben, dass die Jugend ganz einfach leichter manipulierbar ist, egal aus welcher Richtung. Das weiß man aus allen möglichen Diktaturen. Auch ist die politische Kompetenz ganz einfach noch nicht gereift, das kann in den allermeisten Fällen einfach noch nicht der Fall sein. Man sollte auch die Jugend mit politischer Verantwortung nicht übermäßig belasten.

Ein weiterer Punkt, den man nennen müsste, wäre, dass durch eine solche Absenkung des Wahlalters die Ernsthaftigkeit der Wahl aus der Sicht der Älteren leiden könnte, wenn es - etwas übertrieben gesagt - heißen würde: Ja wenn da Kinder auch schon wählen, was soll der Quatsch? - Zum Trost möchte ich denen, die jetzt unbedingt schon mit 16 politisch aktiv werden möchten, eine fast schon kabarettistische Formulierung nennen: „Die Jugend ist ein Leiden, das täglich der Heilung entgegenstrebt.“ Aus all diesen Gründen sind wir eher skeptisch gegenüber dem Vorschlag der LINKEN, wir werden uns dazu enthalten. - Ich danke Ihnen.

(Beifall von der AfD.)

Als Nächster spricht der Abgeordnete Reiner Zimmer, SPD-Landtagsfraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich besonders, dass heute Morgen eine Schulklasse da ist, deren Schüler in dem Alter sind, um das es heute Morgen geht. Man kann die unterschiedlichen Positionen der Fraktionen hier im

Landtag sehr deutlich erkennen. Lassen Sie mich zu Beginn meiner Rede - mit Erlaubnis des Präsidenten - den uns allen bekannten Satz aus einem Fernsehsketch in etwas abgewandelter Form zitieren: „The same procedure as almost every year.“

Meine Damen und Herren, diese Debatte wurde im saarländischen Landtag bereits zu Beginn der 15. Legislaturperiode 2012 mit einem Gesetzesentwurf der damaligen Oppositionsparteien geführt und ein weiteres Mal im Februar 2017 mit einem Antrag der GRÜNEN. Heute wird nunmehr das Thema mit einem Gesetzesentwurf durch die Fraktion der LINKEN noch einmal auf die Tagesordnung gesetzt. Werte Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren der Fraktion DIE LINKE, leider ist es dennoch so, dass hier Folgendes gilt: Gut Ding will Weile haben. Diese so sinnhafte wie etwas in die Jahre gekommene Redensart wird auch im politischen Spektrum immer wieder gerne für Themen benutzt, bei denen es etwas länger dauert, bis sich die eigentlich gute Idee in den Köpfen festgesetzt hat, und diese dann wirklich umgesetzt wird. So verhält es sich auch mit der Frage, ob Jugendliche bereits im Alter von 16 Jahren wählen dürfen.

Herr Müller, ich muss Ihnen sagen, wenn man noch weiter zurückschaut, dann stellt man fest, dass man irgendwann gar nicht wählen durfte. Die Welt verändert sich, ob man es glaubt oder nicht.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und der CDU.)

Ich habe mir daher im Vorfeld dieses Plenums wirklich ernsthaft überlegt, ob ich die damalige Rede des Kollegen Thul nicht eins zu eins halten sollte, wie sie von ihm vorgetragen wurde.

(Abg. Thul (SPD) : Das war eine gute Rede!)

Denn an unserer Einstellung hat sich seither nichts, aber auch gar nichts geändert, meine sehr geehrten Damen und Herren. Um die Situation jetzt ein für alle Mal zu klären: Ja, wir, die SPD-Fraktion im saarländischen Landtag, sind für eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre bei Kommunal- und Landtagswahlen! Das kann man seit vielen Jahren in unserem Wahlprogramm nachlesen. Ja, die Union ist dagegen. Nochmals ja, die LINKE weiß das und wird dennoch nicht müde zu versuchen, hier Unfrieden innerhalb der Koalitionsfraktion zu säen.

(Lachen und Sprechen bei der LINKEN.)

Man könnte wirklich ernste Zweifel haben, ob es Ihnen tatsächlich um die Sache geht oder nur darum, die Koalition zu irgendeiner tollkühnen Argumentationsakrobatik zu verleiten, nur um dann dabei genüsslich zuzuschauen, wie die SPD sich da wieder „Houdini-like“ herauszaubert beziehungsweise herausredet. Aber das machen wir nicht mit, werte Kolleginnen und Kollegen der LINKEN.

(Abg. Zeyer (CDU) )

Ja, wir haben einen offenen Dissens mit der CDU, und das ist auch gut so, denn die Menschen wären zu Recht misstrauisch, wenn zwischen den Regierungsfraktionen nur heiliger Konsens herrschen würde und wir versuchen würden, nur noch Politik zu verwalten anstatt zu gestalten, mit allem was dazugehört. Herr Kollege Lafontaine, auch Sie hatten schon - sage ich mal - einen erheblichen Dissens in Ihrer Fraktion, was irgendwann zu Ihrem Übertritt zu den LINKEN geführt hat. Das gehört, glaube ich, unter Koalitionsfraktionen dazu. Dazu gehört auch, dass man sich eben zuweilen uneins ist. Nur so entsteht Fortschritt, ansonsten würden wir dieses Land ins Wachkoma regieren. Das möchte wohl keiner in diesem Land.

Und zum x-ten Mal: Ja, wir stehen zu unserem Koalitionsvertrag und unserem Koalitionspartner, wenn auch hier mit Bauchweh, da wir eben nicht gegen den Koalitionspartner stimmen, sondern mit ihm, auch wenn es für uns nicht einfach ist. So wird es in einer gut funktionierenden Koalition nun mal gemacht, meine sehr verehrten Damen und Herren. Umgekehrt würden wir das genauso einfordern, und ich bin mir sicher, die Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion werden nicht eine Sekunde zögern, es uns gleichzutun.

Meine Damen und Herren der Fraktion DIE LINKE, tun Sie nicht so, als würden Sie diese Vorgehensweise nicht kennen, wie das Regieren in einer Koalition ist. Auch Ihre Partei regiert in einem Bundesland innerhalb einer Koalition mit. Ich bin mir sicher, auch Sie erwarten dort von Ihrem Partner Vertragstreue und zuverlässige Partnerschaft innerhalb der Regierung.

Dennoch möchte ich hier und heute noch einmal die Gelegenheit nutzen, für eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre bei Kommunal- und Landtagswahlen zu werben. Bereits in elf von 16 Bundesländern dürfen 16-Jährige bei Kommunalwahlen ihre Stimme abgeben. Darunter sind auch unionsgeführte Länder. In vier Bundesländern ist es überdies möglich, ab 16 Jahren bei Landtagswahlen zu wählen, nämlich in Schleswig Holstein, Brandenburg, Hamburg und Bremen. In Hessen wurde leider die bereits eingeführte Regel unter dem damaligen Regierungschef Roland Koch wieder abgeschafft. Meine Damen und Herren, das ist wenig souverän. Selbst der Kollege Zeyer - es tut mir für ihn besonders leid, dass er heute im Sinn seiner Fraktion sprechen musste - wird in der letzten Freitagsausgabe der SZ mit den Worten zitiert: Er persönlich könne sich eine Absenkung des Wahlalters bei Kommunalwahlen vorstellen.

(Sprechen. - Abg. Spaniol (DIE LINKE) : Danke, Herr Kollege, weiter so!)

Sicherlich wird sich der eine oder andere aus den Reihen der CDU finden, der diese Idee ebenfalls unterstützt. Es wäre einmal interessant, diese Abstimmung ohne Fraktionsdisziplin ausüben zu dürfen, mithin die Abstimmung freizugeben. Auf das Ergebnis wäre ich wirklich gespannt, auch in den Reihen der Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE, ob sie dann auch dazu stehen würden.

(Sprechen.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt viele einleuchtende Argumente für eine Absenkung. Ein Hauptargument für ein Wahlrecht ab 16 Jahren ist, junge Heranwachsende dadurch stärker für Politik zu interessieren, sie so zu früh wie möglich an demokratischen Prozessen zu beteiligen und damit gegen eine allgemeine Politikverdrossenheit entgegenzuwirken. Nur gelebte Demokratie ist gute Demokratie. Mit 16 beginnt man vielleicht schon eine Ausbildung, bezahlt bei entsprechendem Verdienst Steuern, man ist straf- und religionsmündig, das Recht zu wählen wird einem jedoch vorenthalten. Das, was am meisten einleuchtet, hat vielleicht tatsächlich der liebe Kollege Sebastian Thul seinerseits im Winter 2017 kurz vor den Landtagswahlen gebracht. Ich zitiere jetzt - mit Erlaubnis des Präsidenten - entgegen meiner Ankündigung wirklich aus seiner Rede: „Ich habe mir gerade eine Frage gestellt, der Kollege Hermann Scharf kennt das vielleicht aus eigener Erfahrung. Ich habe in einer Werkstatt für Menschen mit geistiger Behinderung gearbeitet. Diese Menschen durften, egal wie reif sie sind, egal wie sehr sie in ihrer Stimmabgabe vielleicht eingeschränkt sind, trotzdem wählen gehen, und das ist gut so. Sie können mir nicht erklären, warum jemand, der schwerst mehrfachbehindert ist, wählen gehen darf, aber einem 17-jährigen die Reife dazu abgesprochen wird. Das ist unlogisch, liebe Kolleginnen und Kollegen!“