Lieber Kollege Speicher! Lieber Kollege Kurtz! Noch einmal: Unsere Anträge, Ihr Antrag und unser Antrag, unterscheiden sich exakt in einem Absatz, der von Ihnen hinzugefügt wurde - zu Recht, das habe ich vorhin schon gesagt. Ich habe auch betont, dass wir bewusst diesen abgestimmten Text, diesen Text, der unter allen Fraktionen abgestimmt war, als Basis einer gemeinsamen Resolution gewählt haben. Der
Unterschied, den Sie zum Anlass nehmen, mir vorzuwerfen, wir wären vier Wochen zurück, besteht in einem Absatz, der zu Recht das Ministerium lobt hinsichtlich der Rolle, die das Ministerium bei den Verhandlungen zwischen der Prevent-Gruppe und VW spielt. Dies noch einmal zur Aufklärung.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben eben vom Kollegen Speicher gehört, dass dieser Standort bereits eine lange Geschichte hat. Wir müssen auch gar nicht allzu weit zurückschauen, um zu erkennen, dass es vor allem auch immer eine sehr wechselvolle Geschichte gewesen ist. Es ist an diesem Standort vor allem auch eine Geschichte gewesen, zu der man mit Fug und Recht sagen kann, dass sie sich in einer Vielzahl von Jahren in ganz schwierigem Fahrwasser abgespielt hat. Allein schon in der jüngeren Geschichte gab es eine Vielzahl von Eigentümerwechseln. Man muss schon ein besonders gutes Gedächtnis haben, will man allein für die zurückliegenden paar Jahre die Namen der Geschäftsführer aufzählen, die vor Ort operative Verantwortung getragen haben.
Daran wird deutlich, dass das Unternehmen an sich wohl eine außerordentlich gute Substanz haben muss, da es angesichts dieser Umstände heute überhaupt noch tätig ist. Dass das Unternehmen, wenn man es denn anständig wirtschaften ließe und es nicht auf Konfliktfelder führen würde, wo man mit dem Unternehmen eigentlich nichts zu suchen hat, wunderbar wettbewerbsfähig wäre, gute Produkte herstellen würde und sich damit auch am Markt behaupten könnte, das spricht angesichts der wechselvollen und schwierigen Geschichte für die Substanz, für die Produkte und vor allem auch für die Beschäftigten, die dafür sorgen, dass die Produkte in dieser guten Qualität hergestellt werden können. Das sollte uns Hoffnung geben und Motivation sein, zu kämpfen. Denn es gilt hier nicht ein Unternehmen zu retten, das nicht gut aufgestellt ist, sondern es geht darum, ein Unternehmen in eine Zukunft zu führen, das hinsichtlich seiner Grundanlagen eine gute Zukunft auch verdient hat. Dazu wollen wir, meine sehr verehrten Damen und Herren, unseren Beitrag leisten.
Die Verantwortlichen in der Landesregierung haben diese wechselvolle Geschichte stets konstruktiv begleitet. Andernfalls hätten viele Klippen, die sich in
den zurückliegenden Jahren als schwierig erwiesen haben, nicht überwunden werden können. Dies geschah immer im Interesse des Standortes, immer auch im Interesse der Beschäftigten. Ich bin froh, dass in der heutigen Debatte zum Ausdruck gekommen ist, dass es in diesem Hause keinen Dissens gibt, was die Frage der Solidarität mit dem Standort angeht. Die Solidarität entspringt dem Gefühl, dass man dort, da es sich um ein ordentliches Unternehmen handelt, das mit engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ordentliche Produkte herstellt, am Ende des Tages nicht mit leeren Händen dastehen darf. Das ist ein natürlicher Reflex, dem wir auch in diesem Hohen Hause Ausdruck verleihen: Man hat dort nicht nur die Unterstützung der Landesregierung, sondern auch die gesamte Unterstützung aller Vertreterinnen und Vertreter der Saarländern und Saarländer in diesem Parlament, und damit steht auch das ganze Land hinter der Belegschaft der Neuen Halberg Guss. Damit wird von uns zum Ausdruck gebracht - auch wenn es nur eine politische Willensbekundung ist, auf die sicherlich noch weitere Debatten folgen können -, dass der Streit, der hier zwischen zwei Unternehmen ausgetragen wird, eben nicht zulasten der Beschäftigten ausgetragen werden darf. Auch insoweit besteht Konsens in dem eben hier Vorgetragenen.
Dies alles sind wichtige Signale. In Zeiten, in denen sich die Beschäftigten dort in einer extremen Situation der Verunsicherung befinden, sind solche Signale ganz sicher auch ein Wert an sich. Man sollte das nicht unterschätzen. Allerdings ist das auch nicht mehr als nur ein Signal. Wir müssen uns auch fragen, was wir denn konkret tun können. Denn darum geht es: Konkret darum zu kämpfen, dass der Arbeitsplatz erhalten wird. Konkret dafür zu sorgen, dass dort nicht nur jetzt, sondern auch noch in Zukunft der Ort ist, an dem man arbeitet, um sein Geld zu bekommen und seine Familie ernähren zu können.
Ich bin, das möchte ich auch einmal sagen, dankbar, dass wir in dieser Debatte die Situation, die uns allen sicherlich nicht gefällt, beschrieben und auch gewertet haben, dass wir uns aber nicht darin erschöpft haben, die Beteiligten einfach zu beschimpfen. Auch das wäre ja eine mögliche Reaktion, durchaus auch eine naheliegende Reaktion angesichts dessen, was dort in der Vergangenheit schon alles gelaufen ist. Man könnte sich auf diese Weise zumindest Luft verschaffen. Letztendlich geholfen wäre damit aber niemandem. Ich möchte einmal ausdrücklich sagen, auch für uns, für das Wirtschaftsministerium, dass uns natürlich nicht alles, was dort geschehen ist, gefallen hat. Wir sind auch nicht mit allen Äußerungen, die dort getätigt wurden, einverstanden. Allerdings nützt es in dieser Phase gar nichts, über alle Beteiligten mit Schuhen und Strümpfen herzufallen, denn letztlich müssen wir da
für sorgen, dass alle miteinander im Gespräch bleiben. Denn nur im Rahmen des Gesprächs kann zu vernünftigen Lösungen gefunden werden. Ist das Ganze erst einmal auf die Ebene der Gerichte gehoben oder wird überhaupt nicht mehr miteinander gesprochen, sondern nur noch abgewickelt, haben wir nichts erreicht. Vielleicht sind dann zwar laute und kluge Reden gehalten worden, es ist aber nichts für die Menschen erreicht worden. Deshalb bin ich sehr froh, dass die Debatte heute im saarländischen Landtag in diesem Stil stattgefunden hat. Daran zeigt sich, wie ernst das Anliegen der Beschäftigten und der betroffenen Menschen im saarländischen Landtag genommen wird.
Was können wir tun? Ja, in der Tat, ganz konkret betrachtet ist das gar nicht mal so viel. Aber es ist andererseits auch gar nicht mal so wenig. Ich habe das entscheidende Stichwort genannt: Gespräche. Diese standen im Zentrum der Initiative, die ich ergriffen habe. Schaut man sich an, wie im vorausgegangenen Fall, bei CarTrim und ES-Automobilguss, wo man eine ähnliche Konstellation hat, die Sache gelaufen ist - Sie erinnern sich vielleicht, dass über längere Zeit die Bänder bei VW stillstanden -, stellt man fest, dass es dazu auch kam, weil der Gesprächsfaden abgerissen war und man erst wieder in einer sehr zugespitzten Situation zueinander gefunden hat. Dadurch ist letztlich auch das Vertrauen verlorengegangen. Angesichts dessen war es uns wichtig, den Gesprächsfaden nicht abreißen zu lassen. Bei allen Problemen, die das mit sich bringt, bin ich deswegen doch dankbar, dass Prevent und VW das Angebot, dass wir in einer Vermittler- beziehungsweise Moderatorenrolle auftreten, angenommen haben. Das ist wichtig, um überhaupt noch einmal in eine Verhandlungssituation hineinzukommen.
Denn klar ist, dass das, was ich eben zu CarTrim und ES-Guss geschildert habe, bei den Beteiligten noch wie ein Stachel im Fleisch sticht und es außerordentlich schwierig macht, in dieser Konstellation noch einmal zu vernünftigen Ergebnissen zu kommen. Denn bei allen Zahlen, allen Kalkulationen und allen Bilanzen ist in der Geschäftswelt auch heute noch eines von maßgeblicher Bedeutung: das gegenseitige Vertrauen. Liegt dieses Vertrauen bei knapp über Null, ist es außerordentlich schwierig, zu einer Verständigung zu kommen. Angesichts dessen schien es mir - und das hat sich auch bei den Gesprächen gezeigt - nicht ganz unangebracht, dass ein neutraler Dritter mit am Tisch sitzt und die Dinge zusammenführt und darauf hinwirkt, dass man den Gesprächsfaden aufrechterhält. Es hat sich bewährt, dass der neutrale Dritte darauf drängt, sich nicht in erster Linie mit der Bewältigung der Vergangenheit zu befassen, mit Dingen also, die ohnehin derzeit gerichtsanhängig und damit nicht mehr verhandelbar
sind und auch unseren Fall nicht betreffen. Es ist wichtig, dass wir über diesen Fall reden und nicht über viele andere, die vielleicht auch aufklärungsbedürftig sind, mit deren Aufklärung wir uns an dieser Stelle aber sicherlich überheben würden.
Wir waren als Moderator unmittelbar in diesem Gespräch, wir sind fortlaufend in diesem Gespräch. Es gab dazu eine Runde in Frankfurt über mehrere Stunden, wo wir versucht haben, die einzelnen Punkte abzustecken, die letztendlich klärungsbedürftig sind. Wir haben allerdings auch die klare Aussage gemacht, dass sich die Landesregierung nicht dann einmischen wird, wenn es darum geht, Einzelpreise für bestimmte Produkte zu verhandeln, das ist nicht unsere Aufgabe, das müssen die Wirtschaftspartner schon alleine und miteinander erledigen. Wir wollen aber zwischendrin, auch mittlerweile in unzähligen Telefonaten mit beiden Seiten, kucken, dass es immer wieder einen Schritt weitergeht. Gestern Abend saßen die Partner auch noch einmal in Frankfurt zusammen, wir haben eben gehört, dass auch zur Stunde in einer anderen Verhandlungssituation miteinander gesprochen wird, nämlich die Geschäftsführung und der Betriebsrat, was das Aushandeln eines entsprechenden Tarifvertrages angeht.
Das heißt also an der Stelle, es ist nicht geklärt, wie es ausgehen wird, aber die Gespräche laufen noch, und damit besteht die berechtigte Hoffnung, dass man zumindest eine Perspektive aufbauen kann. Wie verlässlich die ist, wie lange sie reichen wird und wie umfassend sie ist, das sind die Fragen, die bis zur Stunde natürlich noch nicht geklärt sind, die uns aber alle miteinander umtreiben. Aber ich glaube, dass miteinander über diese Punkte verhandelt wird, ist zunächst einmal per se ein gutes Signal. So, wie die Dinge begonnen haben, hätte es durchaus sein können, dass wir am heutigen Tag eine ganz andere Debatte miteinander hätten führen müssen, als wir es heute tun. Deshalb, finde ich, gibt es keinen Grund zu einem übermäßigen Optimismus, aber es gibt einen Grund, verhalten optimistisch zu sein, dass es am Ende des Tages verträgliche Lösungen geben kann. Daran sollten weiterhin alle mitzuwirken versuchen.
Ich habe eben darüber gesprochen, dass die Verhandlungen für den Sozialtarifvertrag laufen. Ich will das zum Anlass nehmen, zu danken. Es ist uns eben gedankt worden, ich will den Dank gerne mit in mein Haus zurücknehmen, ihn an Jürgen Barke und das ganze Team, das uns im Haus begleitet, weitergeben. Ich will aber auch selbst Dank aussprechen an dieser Stelle. Denn das, was dort vom Betriebsrat in vielfachen Situationen jeweils geleistet wird, ist nicht zu unterschätzen! Die Verantwortung, die dort der Betriebsratsvorsitzende und die Mitglieder des
Betriebsrates haben, ist außerordentlich groß, denn es geht hier darum, Entscheidungen zu treffen, die sich daran orientieren, dass man Maß und Mitte findet. Natürlich muss man Druck machen und natürlich muss man dazu auch entsprechende Maßnahmen ergreifen, etwa Warnstreiks. Man muss deutlich machen, dass man mit einer Stimme spricht. Gleichzeitig muss man aber auch immer mit beachten, dass man das Rad nicht überdrehen darf, denn diese Gefahr gibt es auch. Ich finde, bislang hat der Betriebsrat, der Kollege Geier mit Unterstützung der IG Metall, mit Patrick Selzer und Hans Peter Kurtz im Hintergrund, das außerordentlich gut gemacht. Ich finde, dafür schulden wir diesen Leuten unseren herzlichen Dank und eine große Anerkennung für das, was dort geleistet wurde.
Ich habe eben gesagt, ich danke aber auch ausdrücklich denjenigen, die in die Gespräche wieder hineingegangen sind. Nun kann man sagen, die tun das sowieso, aus eigenem Interesse; das stimmt, das tun sie natürlich auch, weil sie für ihr Unternehmen Verantwortung tragen. Aber ich hatte sehr den Eindruck, dass auch manchmal einige in persönlichen Fragen dort über ihren Schatten springen mussten, um diesen Weg mit uns gemeinsam zu gehen. Ich wäre froh, wenn wir ihn gemeinsam und vor allem erfolgreich zu Ende gehen könnten.
Ich war auf der Betriebsversammlung und habe dort auch vor den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gesprochen. Das ist immer eine außerordentlich schwierige Situation, wenn man in einer Turnhalle, einer Betriebshalle oder wo auch immer steht und in die Gesichter derer blickt, die nun mal nicht wissen, ob sie in der nächsten Woche noch ihren Arbeitsplatz haben und damit - das Beispiel ist genannt worden - nicht wissen, ob sie ihren Kredit abzahlen oder irgendwelchen anderen Verpflichtungen nachkommen können.
Man ist da natürlich immer auch versucht, alles Mögliche zu versprechen. Ich finde, dieser Versuchung sollte man zwingend widerstehen, wenn man die Dinge nicht alle selbst in der Hand hat. Das habe ich dort getan und wir haben auch heute hier im Parlament dieser Versuchung ein Stück weit widerstanden: nicht zu versprechen und fest zuzusagen, dass alles gut wird und dass alles so bleiben kann, wie es ist. Aber ich finde, ein anderes Versprechen sollten wir an dieser Stelle abgeben, das habe auch ich in Brebach in der Turnhalle getan. Wir sollten nicht das Blaue vom Himmel versprechen, aber wir sollten versprechen, dass wir zumindest all das, was wir tun können, auf jeden Fall auch tun. Und als Landesregierung ist es gut, wenn man weiß, dass das Parlament hinter einem steht, wenn man sich auf diesem Wege bewegt, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Die Zukunft des Unternehmens hängt natürlich auch noch von ein paar anderen Fragen ab. Wir müssen uns auch fragen, was dort produziert werden soll, wofür es einen Absatzmarkt gibt. Hinzu kommt natürlich, dass wir nicht nur mit der Frage der Eigentümerstruktur zu kämpfen haben, sondern dass natürlich auch das Diesel-Thema durchaus in Absatzmengen und in Abrufzahlen durchschlagen wird. Es tut es jetzt schon, es wird es aber auch in Zukunft tun. Ich will noch einmal den Blick auf die Situation der Automobilindustrie lenken als ein zusätzliches Problemfeld, das es zu besprechen gilt.
Wir haben es hier mit einem Zulieferer zu tun, wie wir im Saarland ganz viele Zulieferer haben. Etwas unselbstbewusst sprechen wir immer davon, dass wir die verlängerte Werkbank seien. Ich finde, das sollten wir so nicht tun; das sind alles Leitwerke, dort werden hervorragende Produkte hergestellt. Aber wir müssen genauso feststellen, dass gerade in Zeiten, in denen es um einen Strukturwandel in einer Branche geht, natürlich diejenigen, die weiter hinten in der Lieferkette stehen, einer ganz besonderen Gefahr ausgesetzt sind, insbesondere dann, wenn die großen Automobilhersteller - und da mache ich es mal konkret - nicht in der Lage sind, vernünftig zu entscheiden, wo die Reise mit ihrem Unternehmen hingehen soll, wenn die unternehmerische Verantwortung nicht klar ist und deshalb die Signale in Unternehmen, die dort zuliefern sollen, nicht vernünftig gesendet werden und die deswegen auch nicht wissen, wo sie Innovationen vorantreiben sollen und wo nicht. Und wenn man nicht weiß, ob sein Produkt morgen noch am Markt einen Absatz finden wird, ist das keine Situation, in der man in die Zukunft hinein planen kann.
Deshalb, glaube ich, muss man die spezielle Situation von Zulieferbetrieben gesondert in den Blick nehmen, denn dort gibt es möglicherweise auch ganz andere Forderungen, die man in den Raum stellen muss, als wenn man nur allgemein über die Automobilbranche spricht. Ich würde gerne an geeigneter Stelle einmal alle Zulieferer aus dem Automobilbereich im Saarland zusammenholen und kucken, wie wir eine wirkungsvolle Interessenvertretung gegenüber den OEMs organisieren können. Denn ein Punkt, der Prevent und VW umtreibt, ist ja die Abhängigkeit der Zulieferer gegenüber den OEMs, im Guten wie im Schlechten. Den Lieferstopp kann man natürlich nur umsetzen, wenn man nur noch allein auf dem Markt unterwegs ist. Gleichzeitig kommt es aber bei den Zulieferern oft zu einer Verdichtung, weil die Wettbewerbsschraube von den Automobilherstellern so angezogen wird, dass viele Zulieferer gar nicht mehr in der Lage sind zu überleben. Das ist auch ein Punkt, bei dem ich sage, da muss man Maß und Mitte finden. Wenn man zu über 50 Pro
zent von einem einzigen Auftraggeber abhängig ist, hat man letztendlich ein Problem. Hier finde ich, muss man über die Austarierung, über die Strukturierung in den Betrieben einmal nachdenken dürfen, denn sonst haben wir ungünstige Wirtschaftsstrukturen mit zu vielen gegenseitigen Abhängigkeiten, auch das ist eine ungünstige Situation.
Es ist aber eben auch zu Recht darüber gesprochen worden, wie ansonsten die Situation ist, wie es mit den Abhängigkeiten aussieht. Es sind die klassischen Beispiele, die uns alle aus der jüngsten Vergangenheit in leidvoller Erinnerung sind, genannt worden. Das war zum einen SaarGummi, das war zum anderen der Schraubenhersteller in Beckingen und das war Karcher, und wenn man so will, kommt in dieser Reihe die Neue Halberg Guss. Eigentlich waren alle drei Fälle sehr unterschiedlich. Wir hatten es bei SaarGummi mit der klassischen „Heuschrecke“ zu tun, mit Finanzinvestoren, die eine Firma so lange ausquetschen und Geld herausziehen, wie es geht, und dann das Unternehmen quasi wegwerfen. Bei Karcher war es ein windiger Investor, der es in erster Linie darauf abgesehen hatte, zunächst einmal alles Werthaltige des Unternehmens nach Luxemburg zu verlagern, übrig geblieben sind quasi nur noch die Arbeitsverträge und ein paar alte Hallen. Bei der Neuen Halberg Guss haben wir nun eine Zweierkonstellation, wo sich zwei Unternehmen streiten, wie ihre künftigen Lieferbeziehungen ausgestaltet sein können und ob man überhaupt in Zukunft noch daran glaubt, miteinander vernünftig arbeiten zu können.
Aber selbst in der Unterschiedlichkeit gibt es eine Gemeinsamkeit, nämlich die, dass im Grunde genommen das Produkt und das Produzieren überhaupt nicht mehr im Mittelpunkt der wirtschaftlichen Betätigung steht, sondern das Unternehmen selbst wird zu einem Wirtschaftsprodukt, zu einer Wirtschaftsware. Wohingegen die Mitarbeiter sozusagen nur noch die Assets sind. Das ist tatsächlich ein wirtschaftsethisches Problem. Ich finde, das ist ein beklagenswerter Zustand, denn damit kommen sich alle, die in den jeweiligen Unternehmen ihren Beitrag leisten, tatsächlich entwertet vor, denn es kommt weder auf sie noch auf das Produkt, sondern auf die Bilanz und den Wert des Unternehmens an und darauf, wie man möglichst viel herausholen kann. Das ist ein Problem, das sich in letzter Zeit verschärft hat. Da sind wir in der Tat in einer eher allgemeinen wirtschaftspolitischen Debatte, die ich überhaupt nicht in Abrede stelle, sondern von der ich tatsächlich glaube, dass wir sie miteinander zu führen haben.
Man wird auch dort vielleicht aus positiven Beispielen der Vergangenheit lernen können. Gleichwohl sollte man nicht in der Vergangenheit weiterleben, sondern sehen, dass sich die Welt an der Stelle
auch weiterentwickelt hat. Man hat uns die Instrumente noch einmal benannt. Diese sind uns auch nicht unbekannt. Ich bin jedoch sehr dankbar, dass damit nicht zum Ausdruck gebracht worden ist, dass das exakt die Instrumente seien - ich nenne das Thema Mitarbeiterbeteiligungen -, die im Sinne eines Krisenmanagements bei Neue Halberg Guss anzusetzen wären. Ich halte das an der Stelle auch nicht für geboten. Ich habe einmal ausrechnen lassen, was es genau bedeuten würde, wenn man auf 25 Prozent Mitarbeiterbeteiligungsanteil bezogen auf das Eigenkapital des Unternehmens kommen wollte. Es wären mehrere Tausend Euro, die jeder Mitarbeiter jetzt in dieser Situation in Form einer Beteiligung mit einbringen müsste. Ich finde, in dieser Krisensituation muss sich jeder die Frage stellen: Ist das eine Empfehlung, die ich den 1.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und damit jedem einzelnen auf der anderen Saarseite geben würde? Würde ich empfehlen, ihr gutes eigenes Geld quasi im Sinne einer Krisenintervention in die Hand zu nehmen und sich damit zwar entsprechende Entscheidungsrechte im Unternehmen einzukaufen, allerdings ohne die Gewähr, dass das insolvenzfest wäre? Ich persönlich würde diese Empfehlung in dieser Situation keinem Mitarbeiter geben. Deshalb sollten wir auch keinem vormachen - das ist auch nicht getan worden, so habe ich das zumindest verstanden -, dass das jetzt eine Lösung des Problems darstellen sollte, sondern dass man andere Wege zu gehen hat.
Ich stelle nicht in Abrede, dass man grundsätzlich über das Thema Belegschaftsbeteiligungen nachdenken kann. Es gibt auch gute Beispiele dafür, im Übrigen auch hier im Saarland, dass man dafür werben kann, dass man darüber diskutieren soll, wie sie auszugestalten sind und wie das funktioniert. Ich sage aber auch in dem Sinne, wie es Hans Peter Kurtz gesagt hat, sie sollten nicht ausschließlich und ersetzend für das Thema Mitbestimmung laufen. Wenn ich sehe, was dort geleistet worden ist, sollten wir das nicht kleinreden. Im Gegenteil, überall dort, wo die Mitbestimmung funktioniert, wo sie gelebt wird, und dort, wo sie auch die größte Ausprägung hat, das ist nun mal bei der Montanmitbestimmung der Fall, wirkt sie in einem außerordentlich positiven Sinne. Deshalb sollten wir mindestens genauso gut und genauso intensiv darüber diskutieren, wie wir die Mitbestimmung noch ausbauen können. Das ist ein starkes Instrument, und es nimmt niemand in die persönliche Haftung für das eigene Geld, das er eingebracht hat. Das scheint mir ein gewisser Weg zu sein.
Den Themen Stiftungslösungen und Engagement des Landes verschließe ich mich nicht. Wir müssen allerdings auch zur Kenntnis nehmen, genauso wie
bei dem Belegschaftsbeteiligungsmodell, dass das nicht ohne die Mitwirkung des Eigentümers funktioniert. Wir haben es hier nicht mit einer Insolvenz zu tun. Ich will jetzt nicht sagen, manches wäre sogar einfacher, wenn es eine Insolvenz wäre. Es wäre aber auch nicht ganz falsch, wenn ich es sagen würde. Ich hoffe nicht, dass wir jetzt auf diesen Weg dahin kommen, aber die Eingriffsrechte bei einer Insolvenz sind natürlich deutlich größer, als wenn man sich wie hier einfach nur im Sinne einer marktwirtschaftlichen Auseinandersetzung bewegt. Gleichwohl kann man durchaus über ein Engagement des Landes nachdenken, über Stiftungslösungen insgesamt. Ich finde aber, es kann in der gesamten Breite nicht der angezeigte Weg sein. Ansonsten werden wir als Land an einer Unzahl von Unternehmen mit beteiligt sein. Das würde sicherlich die Politik überfordern, es würde aber auch das Prinzip der sozialen Marktwirtschaft letztendlich ad absurdum führen, mit der Betonung auf „sozial“. Deshalb sollten wir lieber schauen, welche ordnungsrechtlichen Möglichkeiten es gibt, um solche kapitalistischen Auswüchse zu verhindern, wie wir sie an anderen Stellen schon zu beklagen hatten. Allein der Weg in eine ausgeprägte Staatswirtschaft kann es nicht sein. Es kann aber sehr wohl Fälle geben, wo diese sinnvoll ist. Auch da gilt das Prinzip von Maß und Mitte.
Ich hoffe, dass wir mit unseren Versuchen, jetzt nicht nur eine abstrakte Debatte zu führen, sondern vor allem konkret zu helfen, den Mitarbeiterinnen und den Mitarbeitern eine Perspektive bieten können in einem Unternehmen, das absolut wettbewerbsfähig ist. Daran wollen wir in den nächsten Stunden, Wochen und Monaten gerne gemeinsam mit den Abgeordneten dieses Hauses weiterarbeiten. - Herzlichen Dank und Glück auf.
Das Wort hat nun für die Fraktion DIE LINKE Herr Fraktionsvorsitzender Oskar Lafontaine. Herr Lafontaine, Sie hatten ursprünglich 6 Minuten und 33 Sekunden. Die Wirtschaftsministerin hat dafür gesorgt, dass jede Fraktion noch zusätzlich 5 Minuten und 3 Sekunden bekommt.
Dann möchte ich mich zunächst einmal bei der Wirtschaftsministerin bedanken. Scherz beiseite, ich habe die Debatte von Anfang an so angelegt. Ihre Bemühungen unterstützen wir, das will ich nochmal sagen. Richten Sie auch den Dank an Herrn Barke und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus. Herr Barke macht übrigens eine gute Arbeit, ich habe überhaupt kein Problem damit, das hier festzustellen. Das gehört für mich zum Verständnis einer Opposition.
Ich wende mich zunächst an den Kollegen Hecker von der AfD-Fraktion, um zu erklären, warum wir Probleme haben, dieser ersten Resolution zuzustimmen. Es gibt Probleme, die wir mit der AfD haben, ich will das gar nicht in Abrede stellen. Nicht mit jedem Einzelnen, aber Sie gehören zu einer bestimmten Firma. Ich nenne Herrn Gauland, mit dem ich zusammen gearbeitet habe, als er bei der CDU und Chef der Staatskanzlei in Hessen war, der in den letzten Jahren Positionen vertreten hat, die mein Grundverständnis von Politik berühren; das möchte ich einmal sagen. Insbesondere die letzte Aussage über Zeiten des Nationalsozialismus - wie auch immer er sie gemeint hat, aber er hat sie gemacht - berührt so sehr mein Grundverständnis, dass wir eben Schwierigkeiten haben, gemeinsame Resolutionen mit der AfD zu verabschieden, nicht mit Ihnen persönlich, das will ich in aller Deutlichkeit sagen.