Protokoll der Sitzung vom 14.11.2018

ren Einzelheiten der Umsetzung werden wir im Spitzengespräch mit den Vertretern der kommunalen Seite klären. Wir vertrauen an dieser Stelle nämlich auf die Expertise, die es in den Kommunen gibt. Wir vertrauen darauf, dass gerade die Kommunen, die von dieser Kassenkreditsituation betroffen sind und die wissen, wo es an Investitionen fehlt, am besten wissen, wie wir das verteilen können. Deswegen setzen wir auch hier auf den guten Dialog mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern und den kommunalen Vertretern. Wir werden diesen Weg beim Saarland-Pakt weitergehen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Zur weiteren Stärkung der kommunalen Investitionen stehen natürlich auch die ohnehin zugesagten KELF-Mittel von 2020 bis 2022 in Höhe von 13 Millionen, 9 Millionen und 4 Millionen Euro zur Verfügung, sofern der Haushaltsausgleich bis zum Jahr 2020 erreicht wird. Auch das ist noch zu entscheiden. Auch das wird mit den kommunalen Spitzenverbänden en Detail beraten werden.

Wir halten uns beim Saarland-Pakt streng an das Prinzip des Förderns und Forderns. Voraussetzung für die Auszahlung der Investitionshilfen ist der Haushaltsausgleich und der regelgebundene Abbau der aufgelaufenen Kassenkredite. Die Überwachung der Tilgung sowie des Haushaltsausgleichs erfolgt durch ein eigens dem Kommunalen Sanierungsrat entsprechenden Gremium auf Basis transparenter Entscheidungen. Der Präsident des Landesrechnungshofs soll dem Gremium als Mitglied angehören. Das ist neu. Die Entscheidungen des Gremiums werden transparent im Internet veröffentlicht. Auch dem Rechnungshof wird als unabhängiger Instanz Gelegenheit für Sondervoten und Stellungnahmen gegeben, die an dieser Stelle im Internet dargelegt werden können. Ich glaube, es ist in Zeiten wie diesen, in denen wir auch über Politikverdrossenheit reden und darüber, dass Bürgerinnen und Bürger hinterfragen, wie mit Steuergeldern umgegangen wird, selbstverständlich, dass jeder Bürger und ebenso die Medien sich selbst ein Bild davon machen können, wie dieser Saarland-Pakt im Vollzug funktioniert. Auch deswegen setzen wir hier auf größtmögliche Transparenz.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Die Tatsache, dass das Land die Schulden der Kassenkredite unmittelbar übernimmt, ist ein einzigartiges Modell. Anders als beispielsweise das Land Hessen ist bei uns keine Förderbank beteiligt. Es wird nicht irgendein Zweckverband oder Gremium gebildet, das sich um die Rückführung dieser Kassenkredite kümmert. Wir überführen tatsächlich eine Milliarde Euro an kommunalen Kassenkrediten unmittelbar in Landesschulden. Diese Lösung haben wir - vor allem Finanzminister Strobel - selbstver

(Ministerpräsident Hans)

ständlich mit dem Bundesfinanzministerium abgestimmt, damit dies vom Stabilitätsrat berücksichtigt werden kann.

Wir machen also ganz ohne einen Intermediär, zu dem die Schulden ausgelagert werden, eine Lösung, die bundesweit einzigartig ist. Es sind keine Zahlungen von Kommunen an das Land fällig. Alles wird im Landeshaushalt abgewickelt und vollzogen. Das garantiert nicht nur ein effizientes Verfahren ohne Reibungsverluste, sondern auch bessere Zinskonditionen, als es bei den Kommunen der Fall ist. Das habe ich eben schon ausgeführt. Einziger Ansprechpartner für die übertragenen Schulden ist das Land, das sowohl das Zinsrisiko als auch das Risiko eines Absinkens der Bundesergänzungszuweisungen für finanzschwache Kommunen trägt. Das Land geht also an dieser Stelle für seine Kommunen voll und ganz ins Risiko.

Die Konsequenz aus dieser innovativen Lösung ist, dass die Schulden unmittelbar aus den Bilanzen der Kommunen verschwinden. Es handelt sich also um einen echten Schuldenschnitt, der sofort wirksam wird. Die Kommunen sehen jetzt schon Licht am Ende des Tunnels, das Licht eines durchaus realistischen und nachhaltigen Schuldenabbaus. Ich bin mir sicher, das ist für die Kommunen Motivation und Ansporn, diese Chance zu ergreifen und bestmöglich zum Wohle der Menschen vor Ort zu nutzen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Der Status quo hinsichtlich der kommunalen Kassenkredite ist mit einem hohen Risiko behaftet. Gleichwohl dürfen wir für die kommenden Jahre eine spürbare Verbesserung der kommunalen Finanzlage erwarten, denn ab dem Jahr 2020 stehen den Kommunen im Saarland im Vergleich zum Jahr 2018 deutlich höhere Finanzmittel in Höhe von circa 270 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung; ich habe das eingangs erwähnt. Ursachen dafür sind die positive Entwicklung der Steuereinnahmen der Kommunen, das Auslaufen der erhöhten Gewerbesteuerumlage, die deutliche Steigerung des kommunalen Finanzausgleichs - unter anderem auch wegen des schrittweisen Wegfalls der kommunalen Sanierungsbeiträge - und der im Haushaltsentwurf ausgewiesene Beitrag des Landes zur Überwindung der kommunalen Haushaltsschieflage in Höhe von 50 Millionen Euro.

Daran anschließend bietet uns der Saarland-Pakt die große Chance, eine Abwärtsspirale der saarländischen Kommunen zu durchbrechen. Lassen Sie uns bitte diese Chance ergreifen. Es ist die Chance eines gemeinsamen Aufbruchs in eine Zukunft starker saarländischer Kommunen, denn die von uns vorgesehenen Maßnahmen werden in mehrfacher Hinsicht Hebelwirkung entfalten. Erstens erhöhen die Direktinvestitionen ganz unmittelbar die kommu

nale Finanzkraft. Zweitens verschwindet die Hälfte aller Kassenkredite auf einen Schlag aus den kommunalen Haushalten, was zu einer sofortigen Verbesserung der Kommunalbilanzen führt. Drittens verringert sich der Schuldendienst spürbar, was darüber hinaus neue finanzielle Handlungsspielräume eröffnet. Schließlich - das will ich auch erwähnen stimuliert die dadurch möglich gewordene erhöhte Investitionstätigkeit das lokale mittelständische Gewerbe. Wenn das lokale mittelständische Gewerbe in den Kommunen stimuliert wird, dann hat das wiederum Auswirkungen auf die Steuerkraft und bietet mehr Einnahmen aufgrund des besseren Steueraufkommens. Deswegen entlastet das, was wir mit dem Saarland-Pakt vorhaben, die Kommunen nicht nur dreifach, sondern gleich mehrfach.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Meine Damen und Herren! Liebe Saarländerinnen und Saarländer! Kolleginnen und Kollegen! Das sind jedenfalls die Perspektiven, wenn die Kommunen beim Saarland-Pakt konsequent mit uns an einem Strang ziehen. Von daher erwarten wir natürlich, dass sie ihren Part - nämlich die Tilgung der restlichen Kassenkredite - ohne Abstriche ausfüllen. Schließlich wartet am Ende des Weges eine Vision. Es wartet die Vision von 52 starken saarländischen Städten und Gemeinden ganz ohne die drückende Bürde von Kassenkrediten. Diese Vision ist alles andere als eine Utopie. Sie ist eine durch und durch reale Chance, die wir gemeinsam ergreifen können. Deswegen setze ich darauf, dass die Kommunen diese ausgestreckte Hand des Landes annehmen, um gemeinsam eine bessere Zukunft zu erreichen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Auch wenn sich das alles recht finanztechnisch anhört, geht es uns letztlich nicht ums Geld. Es geht um das Leben der Menschen in unserem Land. Ich habe in meiner ersten Regierungserklärung das Ziel der Landesregierung betont, in unserem Land - dem kleinen Saarland - für gleichwertige Lebensverhältnisse zu sorgen. Wir wollen keine abgehängten Räume, Viertel und Quartiere, weder auf dem Land noch in den Städten. Wir wollen im ganzen Land bedarfsgerechte Infrastrukturen mit modernen Multifunktionshallen, mit gut ausgestatteten und ansehnlichen Schulen, mit sanierten Ortskernen und pulsierenden urbanen Zentren, mit intakten Straßen und attraktiven Plätzen sowohl in Städten als auch im ländlichen Raum.

Wir wollen ein gutes Leben für alle Generationen in jeder Lebensphase, ein gutes Leben mit Mindeststandards, die eben nicht vom Geldbeutel der Menschen abhängen. Deswegen ist es uns in der Koalition ein besonderes Anliegen, die Kita-Beiträge bis 2022 zu senken. Das ist das, was wir im Koalitionsvertrag festgehalten haben. Wir gehen jetzt mit dem

(Ministerpräsident Hans)

Saarland-Pakt auch aus diesen Gründen einen Schritt weiter und senken die Kita-Beiträge bis 2022 deutlich auf dann nur noch 50 Prozent ab.

Ich bin mir sicher, meine Damen und Herren, wir befinden uns mit dieser Maßnahme auf dem richtigen Weg, unsere Kommunen und damit auch unser Land mit vereinten Kräften in eine gute Zukunft zu führen, aber vor allem auch dabei die Menschen mitzunehmen und ihnen ganz konkrete Entlastungen, vor allem für Familien, zuteilwerden zu lassen. Auch deshalb bin ich so sehr davon überzeugt, dass dieser Saarland-Pakt ein großer Wurf, eine große Lösung für unser Land ist.

(Lang anhaltender Beifall von den Regierungs- fraktionen.)

Jetzt darf man natürlich nicht ausschließen, dass es den einen oder anderen im Bund gibt, der sich solche Regierungserklärungen auch noch einmal durchliest und der dann vielleicht den Eindruck gewinnt, dass alles gut sei im Saarland, dass es mit den Bund-Länder-Finanzbeziehungen dann getan sei und es darüber hinaus nicht mehr gebe. Ich weiß - wenn ich die Vertreter der Opposition anblicke -, dass es eine durchaus berechtigte Sorge ist, dass wir mit dieser Lösung aus eigener Kraft den Bund aus der Pflicht lassen.

(Zuruf des Abgeordneten Lafontaine (DIE LIN- KE).)

Ich sage aber ganz deutlich, wir werden den Bund nicht aus der Verantwortung entlassen.

Auch die bündische Gemeinschaft, die - zu Recht, wie ich unterstreiche - jahrzehntelang Milliardensummen in den Aufbau der ostdeutschen Bundesländer investiert hat, muss nun auch bei uns für einen angemessenen Ausgleich sorgen. Genau aus diesem Grund habe ich mich - das war ja Gegenstand der Haushaltsberatung bei der letzten Plenarsitzung erfolgreich darum bemüht, dass das Saarland in der Kommission für gleichwertige Lebensverhältnisse des Bundes den Ko-Vorsitz in der Arbeitsgruppe „Kommunale Altschulden“ erhält. Das ist die Arbeitsgruppe, in der es ans Eingemachte geht. Da geht es darum, ob wir vom Bund in den kommenden Jahren auch noch weitere Mittel erhalten, und ich werde insbesondere als Mitglied der Kommission dafür sorgen, dass auch der Bund seinen Teil zur Verbesserung der Finanzsituation unserer Kommunen beiträgt. Denn nicht nur Land und Kommunen bilden eine Einheit, auch der Bund bildet zusammen mit den Ländern und den Kommunen ein großes Ganzes, in dem alle Ebenen gegenseitig füreinander Verantwortung tragen. Deswegen sage ich zu: Wir entlassen den Bund hier nicht aus der Verantwortung, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall von den Regierungsfraktionen und bei der LINKEN.)

Ich freue mich, dass ich hier auch die Unterstützung maßgeblicher Oppositionspolitiker habe, und ich hoffe, Herr Präsident, meine Damen und Herren, dass die saarländische Landesregierung Ihre Unterstützung hat, wenn sie feststellt: Ohne starke, handlungsfähige Städte und Gemeinden wird unser Land keine gute Zukunft haben. Das ist die feste Überzeugung dieser Landesregierung. So habe ich es Ihnen auch in meiner ersten Regierungserklärung mitgeteilt, so lässt es sich auch aus dem Koalitionsvertrag der die Regierung tragenden Parteien ablesen. Wir werden unsere Kommunen nicht allein lassen bei ihrem Bemühen um eine nachhaltige und dauerhafte Handlungsfähigkeit. Denn wir machen Politik nicht nur für das Hier, das Jetzt und das Heute, wir machen Politik auch für das Morgen, für das Wohl der kommenden Generationen, für unsere Kinder und Kindeskinder. Das, meine Damen und Herren, ist unsere Verantwortung, das ist unser Auftrag.

Gerade in einer Zeit des rasanten Wandels, in einer Zeit der fortschreitenden Digitalisierung und der sich verändernden Arbeitswelt im Zeichen von Wirtschaft 4.0, in einer Zeit auch des gesellschaftlichen Wandels im Zuge von Migration und Integration, in solchen Zeiten gewinnt eine intakte Heimat mit lebensund liebenswerten Kommunen umso mehr an Bedeutung. Eine Heimat, in der die Menschen gerne leben, aus der sie Kraft schöpfen und in der sie sich geborgen fühlen. Eine Heimat aber auch, an deren Gestaltung sie aktiv vor Ort teilhaben und mitwirken können, sei es in den kommunalen Räten, sei es in den vielen Vereinen, Verbänden und Initiativen vor Ort.

Den Kommunen für das kommende Jahrzehnt, das für uns alle ein Schlüsseljahrzehnt sein wird, hierzu die finanziellen Handlungsspielräume zurückzugeben, nicht weniger als das ist das Ziel des SaarlandPakts dieser Landesregierung, meine Damen und Herren. Wird es uns gelingen, diesen Pakt wie geplant umzusetzen, dann bin ich mir sicher: Dieses kommende Jahrzehnt wird ein gutes Jahrzehnt für die Menschen in unseren Städten und Gemeinden und deshalb habe ich Ihnen heute gerne diesen Saarland-Pakt vorgestellt. Ich bitte um Unterstützung für die Politik der saarländischen Landesregierung. - Herzlichen Dank!

(Lang anhaltender Beifall von den Regierungs- fraktionen.)

Ich danke dem Herrn Ministerpräsidenten. - Bevor wir zur Aussprache kommen, noch ein Hinweis: Die Fraktionen haben sich auf eine Redezeit für die Aussprache im Umfang eines anderthalbfachen Rede

(Ministerpräsident Hans)

zeitmoduls verständigt. Die Landesregierung trägt diese Vereinbarung freiwillig mit. Das bedeutet, dass wir für die Aussprache eine Zeit von 2 Stunden und 15 Minuten zur Verfügung haben.

Ich eröffne nun die Aussprache und darf für die DIE LINKE-Landtagsfraktion das Wort dem Abgeordneten Jochen Flackus erteilen.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Gäste! Die zweieinviertel Stunden werde ich nicht brauchen, aber ich will trotzdem ein paar Bemerkungen zu dem neuen Sachstand machen. Vor genau drei Wochen haben wir hier Haushaltsberatungen, Erste Lesung, für den Doppelhaushalt 2019/20 gehabt. Dort war von uns die landespolitische Großbaustelle „kommunale Finanzen“ sehr stark thematisiert worden. Heute sind wir wieder in dem Thema und das ist auch sehr gut so, denn selbstverständlich sind wir hier an dieser Stelle einer Meinung: Die ausreichende Finanzausstattung unserer Kommunen ist Voraussetzung für eine lebendige und demokratische Bürgergesellschaft. Daran gibt es überhaupt keinen Zweifel. Ich will auch positiv anmerken, dass sich die Tonart verändert hat, Herr Ministerpräsident. Sie haben eben beispielsweise von einem Pulverfass gesprochen. Das ist nicht despektierlich, aber wir haben bisher auch erlebt, dass dieses Thema etwas runtergeredet worden ist, dass es nicht im Mittelpunkt der Diskussion stand. Wir begrüßen außerordentlich, dass die Ernsthaftigkeit dieses Themas hier in dieser Größenordnung angekommen ist.

(Beifall von der LINKEN.)

Nicht nur, aber auch deshalb will ich darauf hinweisen, dass wir Ihre Pläne und Vorschläge grundsätzlich unterstützen. Wir werden sicher in den Nuancen und Ausführungen des ganzen Themas unterschiedliche Positionen haben, aber im Grundsatz ist es richtig, die Kommunen stark zu entlasten. Den von Ihnen so genannten Schuldenschnitt halten wir auch für richtig. Es sind mehrere Schritte in die richtige Richtung. Allerdings, das will ich kritisch anmerken, ist es spät, dass wir über diese Fragen diskutieren und Lösungen auf dem Tisch haben. Hoffentlich nicht zu spät, und das meine ich nicht despektierlich, das meine ich sehr ernst.

Warum? Gerade in den letzten Jahren hat sich die Situation der Kommunen dramatisch verschärft, Sie haben darauf hingewiesen, Herr Ministerpräsident. Ich zitiere aus dem Kommunalreport von Bertelsmann aus dem letzten Jahr einen für uns wegweisenden, schlimmen Satz: Auch in wirtschaftlich guten Zeiten schaffen es die Kommunen im Saarland nicht aus der Haushaltskrise. In Sachen Investitionen hat das Saarland den Anschluss verloren. - Das

ist ein ganz bitterer Satz. Das heißt, wir müssen über zwei Themen reden, die wir heute auch auf der Tagesordnung haben, nämlich einmal das Problem der Altschulden und wie wir damit umgehen, und das Thema der Investitionssteigerungen in den Kommunen.

Das Thema Altschulden: Nehmen wir noch einmal die kommunalen Schulden, sie sind bei 7.600 Euro pro Einwohner im Saarland. Sie haben die Kassenkredite angesprochen. Wir haben 2.068 Euro Kassenkredit pro Einwohner. Ich will einmal die Vergleichszahl nennen: In Sachsen sind es 30 Euro und in Baden-Württemberg 14 Euro. Das sind Dimensionen, die muss man sich erst einmal vergegenwärtigen, und damit auch die Wegstrecke beurteilen. Das bedeutet, dass ein Saarländer 140-mal mehr Disposchulden hat als ein Bayer. Das ist einfach die Zahl. Deshalb ist es richtig: Wir sind in beiden Werten traurige Spitze in Deutschland.

Sie haben darauf hingewiesen - das finde ich sehr gut, dass Sie das deutlich angesprochen haben -, wir müssen das Zinsproblem genau an dieser Stelle im Auge behalten. Wir haben beim Land ein Zinsmanagement, das ist richtig, da gibt es sehr starke Bemühungen, die wir auch immer wieder anerkennen. Aber wir haben das Problem, dass die Kommunen weiterhin 1,1 Milliarden Euro Schulden haben werden und damit das Szenario, das Sie andeutungsweise geschildert haben, sehr schnell Realität werden kann. Das wäre natürlich der finanzpolitische Offenbarungseid der saarländischen Kommunen, wenn wir Zinssteigerungen in einem signifikanten Ausmaß hätten.

Wir müssen in den nächsten Wochen und Monaten auch die Ursachen für die Verschuldung diskutieren. Natürlich sind es die sozialen Lasten - das ist bekannt -, aber es sind auch hausgemachte Dinge. Ich nenne nur wenige Punkte: Die Kreisumlagen lagen 2012 bei 540 Millionen Euro. Sie liegen im letzten Jahr bei 650 Millionen Euro. Diese Steigerungsrate ist - ich sage das übrigens in Richtung AfD - besonders der Jugendhilfe und nicht der Zuwanderung geschuldet. Das muss man an der Stelle auch einmal deutlich sagen. Die Sanierungsbeiträge der Kommunen für die Finanzierung beziehungsweise finanzielle Gesundung des Landes, die heute von Ihnen nur am Rande angesprochen worden sind, liegen insgesamt bei über 600 Millionen Euro in einem Zeitraum von 12 Jahren. Insofern gibt man Ihnen ja etwas zurück, was sie schon eingezahlt haben. Auch das muss man an dieser Stelle sagen. Und ich will noch einmal betonen: Allein im Jahr 2017 waren das grundsätzlich 37 Millionen Euro. Ein Kulturbeitrag, den die Kommunen bis 2020 zahlen müssen, liegt jährlich bei 16 Millionen Euro. Sie kriegen 20 Millionen Euro. 16 Millionen Euro haben sie alleine über den Kulturbeitrag verloren, der Anteil an der Grund

(Präsident Toscani)

erwerbssteuer im Jahr liegt bei 25 Millionen Euro. So setzt sich dieser massive Betrag zusammen. So weit der Befund.

Jetzt kommt also eine Teilentschuldung. Ich habe gesagt, dass das richtig ist, aber ich habe eben auch die kritische Frage gestellt, ob es nicht zu spät ist. Und ich stelle jetzt noch eine kritische Frage: Sind 50 Prozent genug? Da kann man Zweifel anbringen. Ich habe eben gesagt: Die Kommunen müssen selbst 1,1 Milliarden Euro übernehmen und sie in 45 Jahren komplett tilgen. Was passiert, wenn es auf der Wegstrecke Probleme gibt? Das müssen wir sicherlich in den nächsten Wochen und Monaten gemeinsam diskutieren. Welche Instrumente haben wir und welche nicht? Ich glaube jedenfalls, dass es die Kommunen aus eigener Kraft nicht schaffen werden, dieses Ziel nach dem heutigen Stand zu halten. Sie haben eben die Einnahmesituation angesprochen. Wenn man sich die Steuereinnahmen anguckt - das ist ja die nächste Baustelle der Kommunen -, so liegen sie im Bund im Schnitt bei 1.280 Euro pro Einwohner. Im Saarland liegen sie bei 900 Euro pro Einwohner. Das sind gigantische Unterschiede. In diesem Bereich sind es vielleicht sogar Welten.

Deshalb ist die von Ihnen angesprochene Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ beim Bund ganz wichtig. Wir müssen den Bund in die Pflicht nehmen. Es steht auch im Berliner Koalitionsvertrag. Ich finde es auch gut, dass Staatssekretär Prof. Dr. Meyer dort eine Rolle übernimmt. Wir erwarten ganz klar: In dieser Gruppe muss die Förderung strukturschwacher Regionen und Gemeinden insgesamt diskutiert werden. Es kann nicht sein, dass peripher nur bestimmte Teile diskutiert werden. Und das Thema Altschulden muss angepackt werden. Das ist eine ganz klare Erwartungshaltung. Nach unserer Auffassung geht es um nichts weniger als die gleichen Zukunftschancen, egal, wo man wohnt. Das muss eigentlich eine Grundlage sein, auf der Politik in Berlin grundsätzlich gemacht wird. Es geht auch um Bildungschancen, um gute Bildung, wie es ja immer so schön heißt. Es geht aber auch um soziale Teilhabe, die gerade im Bereich Industrie 4.0 und Digitalisierung immer wichtiger wird. Und es geht last, but not least um Zugang zu Leistungen der Daseinsvorsorge. Ich nenne als Beispiel den Nahverkehr. Diese Themen müssen dort diskutiert werden. Wir haben die Erwartung, dass von dort auch wirklich ein Fortschritt kommt.

Jetzt noch einmal zu den Investitionen: In der Haushaltsdebatte haben wir ein bisschen darüber diskutiert, dass das Saarland, sprich die saarländischen Kommunen, mit 204 Euro auf dem letzten Platz liegt. Der Rückstand liegt im Durchschnitt bei 145 Euro. Das ist äußerst bestürzend. Da fragt man sich natürlich, wo denn der Stau ist.

Ich will zum Beispiel die Schulen nennen. Ich hatte in der Haushaltsdebatte darauf hingewiesen, dass das Land keine Angaben macht, wie hoch der Sanierungsstau an den Schulen ist. Es sieht sich nicht in der Lage, das auszurechnen. Wir haben dann anhand des Königssteiner Schlüssels mit ungefähr 600 Millionen Euro gerechnet. Ich will einfach nur noch einmal die Dimensionen nennen, die dahinter stehen. Mir gefällt nicht - Kitas und Schulen sind immer ein Thema, übrigens das große Thema aller Kommunen in Deutschland -, dass Sie das jetzt ein bisschen vermischt haben. Das Gute-Kita-Gesetz fließt da sozusagen mit ein. Das ist eine Bundeshilfe, die nur bis 2022 geht. Das haben Sie eben in Ihrer Rede gesagt. Aber da werden immerhin 20 Millionen Euro mitverwurstet. Ich glaube, dass sollte man eigentlich ordnungspolitisch -

(Abg. Pauluhn (SPD) : In diesem Zusammenhang werden Sie jetzt nicht von „verwurstet“ sprechen wollen! Das kommt echt bei den Eltern an.)