Protokoll der Sitzung vom 16.01.2019

Gleichwohl, ich habe das gerade angedeutet, haben wir uns mit dem Entwurf sehr eng auseinandergesetzt. Wir haben uns auch mit der Politik der Schuldenbremse und ihren Wirkungen auseinandergesetzt. Ich will noch einmal von unserer Seite deutlich machen: Wir sind nicht gegen eine Begrenzung der Schulden. Das sind wir nie gewesen. Es ist völlig klar, dass ein Verhältnis zwischen Staatsverschuldung und vorhandenen Schulden hergestellt werden muss. Aber diese Schuldenbremse und das Gesetz sind quasi eine passive Zukunftsgestaltung. Sie ist nur passiv.

Wir plädieren viel stärker für eine aktive Zukunftsgestaltung. Die wichtigsten Elemente sind dabei die Investitionen in die Infrastruktur. Ich will ein kleines Beispiel nennen. Es trifft für Gesamtdeutschland zu, das seit 2009 die Schuldenbremse im Grundgesetz hat. Am Sonntag konnte man in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung lesen, dass in Deutschland mehr Funklöcher vorhanden sind als mittlerweile in Albanien. Stichwort Infrastruktur. Der geschätzte Wirtschaftsminister Altmaier hat ja unlängst öffentlich bekundet, er telefoniere nicht mehr mit seinen Kollegen vom Auto aus, weil das mobile Netz in Deutschland so schlecht sei - um nur ein Beispiel zu nennen. Wir meinen aber mit Infrastruktur auch Bildung, Forschung und Daseinsvorsorge. Wir meinen natürlich auch Themen wie Nachhaltigkeit und ökologischer Umbau.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir reden heute also nicht über irgendein Gesetz, sondern über Änderungen an wichtigen Stellen in unserer Verfassung. Ich möchte aufgrund der Kürze der Zeit wenige Bei

(Minister Strobel)

spiele nennen. Das erste Beispiel ist Art. 108 Abs. 2 der Verfassung des Saarlandes, der komplett gestrichen wird. Darin stand bisher die goldene Regel der Finanzpolitik. Man darf so viele Kredite in der Höhe aufnehmen - laienhaft formuliert -, wie man investiert. Das hat der Bund gestrichen und das haben wir jetzt auch in unserer Verfassung gestrichen. Ich will gerade hier vor den Kolleginnen und Kollegen noch einmal deutlich machen, was das bedeutet. Wir werden damit weitere Einschnitte in das Budgetrecht des Parlamentes haben, weiter Kompetenzen verlieren und abgeben. Das ist das Ergebnis der Schuldenbremse. Das ist die Bedeutung dieses Gesetzes. Das finden wir nicht gut, damit das völlig klar ist.

Ich will mal eine Frage stellen: Wer bestimmt am Ende, was in unserem Haushalt steht und was nicht? Im Dezember hat der Stabilitätsrat ein Papier vorgestellt, das sage und schreibe 23 Seiten hat, wonach in Zukunft bewertet wird, ob ein Haushalt nach den Kriterien der Schuldenbremse aufgestellt und bewertet ist oder nicht. 23 Seiten! Ich bin kein großes mathematisches Genie. Aber die Formeln, die ich dort auf vielen Seiten gesehen habe - - Ich rate euch: Kuckt euch das mal an - flapsig gesagt. Das versteht kein Mensch mehr.

Die Begriffe, die wir in Zukunft in der Haushaltsdebatte auf dem Tisch haben werden, sind beispielsweise Sanierungshilfegesetz, Stabilitätsrat, Kontrollkonten. Darum geht es in § 6 des Gesetzes zur Umsetzung der grundsätzlichen Schuldenbremse und zur Haushaltsstabilisierung. Kreditaufnahmekonten, Konsolidierungsverfahren, Konjunkturbereinigungsverfahren, das werden unsere Themen sein. Die ExPost-Konjunktur-Komponente wird ermittelt werden. Es gibt eine Notfallregelung. Man könnte ironisch anmerken, das reicht hoffentlich und es kommt nicht noch der Internationale Währungsfonds, um über den saarländischen Haushalt zu kucken. Ich übertreibe etwas, aber ich will nur mal sagen, worüber wir auch diskutieren.

Das zweite Beispiel, Herr Minister, in Artikel 3 - neu die Notlagenverordnung. Das ist im Prinzip eine gute Geschichte. Da sind explizit Naturkatastrophen genannt. Beispielsweise bei Starkregen oder dergleichen könnten wir arbeiten. Aber was ist mit wirtschaftlichen Notlagen? Ich nenne einmal ein großes Leitwerk als Stichwort. Ich will jetzt keine Namen nennen, aber wir alle diskutieren ja auch häufig über Firmenschicksale. Wer definiert denn für uns in dem Moment die Systemrelevanz? Ist das dann eine Notlage oder nicht? Wer gibt uns grünes Licht? Berlin, der Stabilitätsrat? Wir wissen es nicht. Ich halte es für einen wichtigen Punkt, dass wir Kompetenz und Bewertungsrechte abgeben. Es ist doch wohl klar, dass wir gestalten wollen!

Das dritte Beispiel ist das Verfahren zur Konjunkturbereinigung. Da gibt es in den Bundesländern sehr unterschiedliche Sichtweisen. Herr Minister, Sie wissen es: Der Bund hat sich das EU-Kommissionsverfahren zu Eigen gemacht. Rheinland-Pfalz hat sehr stilbildend gearbeitet, wie ich finde. Der frühere Finanzminister Deubel, den ja viele kennen, hat am Anfang das Bundesverfahren protegiert und ist dann ganz davon weggekommen. Er hat jetzt ein Verfahren vorgeschlagen - darüber kann man sich in der Anhörung vielleicht einmal informieren -, das sehr stark auf das Land zugeht.

Lassen wir uns also wissenschaftlich beraten. Wir sagen beispielsweise, ein Quotensystem wäre gut. Oder auch die Einführung einer Steuer- und Sozialquote. Das alles halten wir für richtig. Das werden wir im Verlauf der Gesetzesberatung auch sicher diskutieren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dann muss man sich natürlich noch einmal die Ergebnisse der Schuldenbremse ansehen. Ich habe den Bund schon angeführt - 18. Platz im Breitbandausbau. Wir diskutieren ja heute auch noch über den Automobil-Standort. Da steht im Antrag der Koaliationsfraktionen zu Recht drin, wir müssen 5G ausbauen. Wenn man aber sieht, wo Deutschland insgesamt steht, dann muss man das ja alles relativieren.

Ich will gar nicht auf die Einzelheiten eingehen, aber wir haben in der Haushaltsdebatte über den Investitionsstau im Land diskutiert und das schlechte Wirtschaftswachstum im Saarland, weit abgehängt vom Bundesdurchschnitt. In der Regierung wächst ja die Einsicht - nicht überall, aber immerhin -, dass das nicht gut ist. Das will ich ausdrücklich positiv vermerken. Der Ministerpräsident by himself hat in der Haushaltsdebatte gesagt, wir sitzen auf einem Pulverfass, weil wir nicht investieren. Und er hat beim Neujahrsempfang noch einmal darauf hingewiesen, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen Investitionen und Wachstum gibt, eine volkswirtschaftliche Grundweisheit sozusagen. Das finden wir richtig und gut.

Ich möchte nur einmal darauf hinweisen: Oxford Economics hat unlängst eine Mega-Studie über Studien zu Schuldenbremsen gemacht. Über 100 Studien sind ausgewertet worden. Das Ergebnis ist beeindruckend: Konsolidierung ist nicht gleich Wachstum. Konsolidierte Haushalte führen also nicht zwangsläufig dazu, dass man mehr wirtschaftliches Wachstum generiert. Aber Investitionen und Wachstum hängen eng zusammen - logischerweise. Wer nicht investiert, hat keine Wertschöpfung. Das kann man eigentlich auch nachvollziehen. Und: Wer nicht investiert, generiert zunehmend soziale Probleme. Auch das können wir, glaube ich, alle bestätigen und erleben wir auch.

(Abg. Flackus (DIE LINKE) )

Ich will noch auf etwas hinweisen, was in der Diskussion vergessen wird. Der Staat ist ein Marktteilnehmer! Auf dem Markt müssen Staaten sich weitgehend so verhalten wie Investoren aus der Wirtschaft. Die haben auch dieselben Effekte.

Jetzt freuen wir uns alle, liebe Kolleginnen und Kollegen, auf 2020, weil dann ja bei uns alles besser wird. Wir haben aber nach wie vor Konjunkturprobleme - es zeichnet sich auch immer mehr ab, dass die zunehmen -, wir haben auch die aktuellen Probleme mit wichtigen Unternehmen, schließlich hat das Saarland selbst einen Rückgang an Auslandsaufträgen von 2,5 Prozent gehabt, was sicherlich mit dem Brexit und anderen Dingen zu tun hat.

Deshalb möchte ich am Ende nur noch einmal den Hinweis geben: Bei den Verhandlungen, die Sie gerade mit dem Bund führen, Herr Ministerpräsident, zum Thema Daseinsvorsorge, wird alles das, was da in den Papieren steht - Kommunen, Investitionen, die Diskussion einer Altschuldenregelung -, für uns immer wichtiger. Es wird jeden Tag wichtiger, vor allem dann, wenn die Wirtschaft sich weiter eintrüben sollte.

Ich will am Ende auch noch mal darauf hinweisen, dass das der Moment für unsere Vertreter in der Bundesregierung ist, etwas zu tun. Wir haben ja schon häufiger darüber diskutiert. Wir haben drei Minister, die auf Bundesebene Einfluss haben. Wir erwarten, dass auch an dieser Stelle, wo mit dem Bund verhandelt wird, wie es finanzpolitisch insgesamt weitergeht, diese Vertreter etwas für das Land rausholen.

In diesem Sinne werden wir das im Ausschuss alles weiterdiskutieren, auch unter Berücksichtigung der negativen Seiten, und dies sollten wir auch in der Anhörung tun. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN.)

Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter. - Ich rufe für die CDU-Landtagsfraktion Herrn Abgeordneten Stefan Thielen auf.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Als ich heute den Landtag des Saarlandes betreten habe, habe ich als Erstes Schulden getilgt. Schusselig, wie ich manchmal bin, habe ich gestern meinen Geldbeutel nicht dabei gehabt und habe in der Kantine anschreiben lassen.

(Vereinzelt Heiterkeit.)

Es war nur ein höherer einstelliger Betrag, trotzdem kennen Sie es wahrscheinlich: Wenn man irgendwo Schulden gemacht hat, hat man kein gutes Gefühl.

Man weiß, da ist irgendwas, und das beschäftigt einen dann, sogar bei einem so kleinen Betrag.

(Abg. Eder-Hippler (SPD) : Wir gehen davon aus, dass du das heute Morgen schon bezahlt hast!)

Sie sind getilgt, es war sogar ein zinsloses Darlehen, wofür ich der Landtagsverwaltung beziehungsweise den Helferinnen in der Kantine sehr dankbar bin.

Aber es gibt ja auch größere Summen, die sollten einem vielleicht etwas mehr Sorge bereiten. Ich habe gestern den neuen Weltschuldenbericht gelesen, da ist die Rede von 244 Billionen Dollar Schulden auf der Welt. Das sind Summen, die kann man sich fast gar nicht vorstellen. 244.000 Milliarden Dollar Schulden! Ich könnte an der Stelle einen alten Kollegen bemühen, den früheren haushaltspolitischen Sprecher der Unionsfraktionen im Bundestag, Franz-Josef Strauß, der einmal sehr schön vorgerechnet hat, was für eine Menge an Geld das ist, wie viele Güterwaggons man mit dieser Menge Geld füllen könnte. Das alles möchte ich sein lassen. Ich möchte nur auf eines hinweisen: Seit gestern, als ich in der Kantine habe anschreiben lassen, sind auf der Welt 36 Milliarden Dollar Schulden neu hinzugekommen - öffentliche Schulden, Schulden von Privatleuten, Schulden von Unternehmen.

Wir sollten uns ernsthafte Sorgen machen, was das Schuldenmachen angeht, denn weltweit verdichten sich die Anzeichen, dass die Probleme, die damit zusammenhängen, wachsen. Wir haben eine hohe Verschuldung in den Entwicklungsländern, insbesondere in China wird schon von einer Schuldenblase gesprochen. Wir sehen die italienische Haushaltspolitik, wo von Extremisten von links und von rechts auch mehr Schulden aufgenommen werden, als gesund ist. Ich glaube, das kann man wirklich so sagen. Wir sehen aber auch, dass es in den USA einen Haushaltsstillstand gibt, der auch damit zusammenhängt, dass der Haushalt überschuldet ist. Meine sehr geehrten Damen und Herren, alles das sind Bedrohungen für unseren Wohlstand, die uns gebieten zu handeln.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Es wäre nicht das erste Mal, dass Schulden die Welt in den Abgrund reißen. David Graeber hat vor einigen Jahren in seinem Buch „Debt: The first 5000 years“ sehr schön dargestellt, dass Schulden seit Anbeginn der Menschheit immer etwas waren, was unterschwellig passiert ist und was unzählige Kriege auf der Welt hervorgerufen hat. Auch wenn wir heute auf unsere Vergangenheit zurückblicken und die deutsch-französische Freundschaft feiern, bleibt festzuhalten, dass der Zweite Weltkrieg unter anderem aus Schuldenproblemen entstanden ist. Frankreich und England haben sich im Ersten Weltkrieg hoch verschuldet, genauso Deutschland nach dem

(Abg. Flackus (DIE LINKE) )

Krieg, als man uns hohe Schulden auferlegt hat für Reparationszahlungen. All das hat wieder zum nächsten Krieg geführt. Und - ich will es nicht verschweigen - auch die Weltfinanzkrise vor einigen Jahren war eine Schuldenkrise und hat fast zum Ende der Europäischen Union geführt.

Für mich sagt dies alles, dass es geboten ist, noch einmal Leitlinien einzuziehen, wie wir mit Schulden umgehen und dass wir uns hiermit sehr genau beschäftigen müssen. Die zentrale Frage dabei ist für mich am Ende: Wo fängt es an? Welcher Euro ist der, der im Endeffekt zu viele Schulden bedeutet? Ist es die Klientelpolitik, wenn eine Partei hier, die andere dort - da nehme ich uns keineswegs aus versucht, bestimmten Bevölkerungsgruppen etwas Gutes zu tun? Ist das der Grund, dass zu viel ausgegeben wird? Das kann der Fall sein. Liegt es vielleicht daran, dass man sich an externen Entwicklungen orientiert, wenn die Beamtenbesoldung in Bund und Ländern steigt, dass man dies zur Richtschnur nimmt? Oder sind es vielleicht die Investitionen, wo man meint, man muss immer etwas mehr machen, und dabei vielleicht mehr tut, als es ein gesundes Maß wäre?

Ich kann die Frage nicht klar beantworten. Jede Antwort darauf mag aber für jede Ausgabe zu ihrer Zeit genau richtig und geboten sein. Wer zieht die Kontrolle ein? Wer gibt uns als Parlament hier Grenzen? Wenn ein Privatmann oder ein Unternehmen zur Bank geht, dann sagt der gute Banker klipp und klar, an welchem Punkt die Schuldentragfähigkeit erreicht ist. Das ist bei uns als Staat nicht der Fall. Wir haben niemanden, der uns sagt, dass wir zu viele Schulden machen. Zumindest gibt es niemanden, der es uns verwehren kann außer wir selbst. Wir sind der Souverän und die Einzigen, die eine Grenze ziehen können. Ich denke, das gebietet, dass wir das auch tun und ganz klare Leitlinien setzen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Ich möchte auch ganz klar hier sagen, dass ich selbst auch immer wieder in die Falle tappe, zu sagen, dass wir hier und dort mehr machen müssen, dass die Schuldenbremse vielleicht doch nicht der richtige Weg ist und vielleicht doch mehr Investitionen notwendig sind. Ich habe aber viel mit Kollegen diskutiert, ich habe gelesen und mir klar gemacht, dass die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse wirklich ein historischer Erfolg, den man erreicht hat, und ein Meilenstein der deutschen Politik ist. Dass sich Bund und Länder hierauf in einer Zeit geeinigt haben, in der die Lage einfach nicht so gut war wie heute, und dass man sich daran hält, ist ein nicht zu unterschätzender Erfolg, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Wir dürfen dabei ein paar Sachen nicht vergessen. Erstens ist doch der Sanierungspfad, den wir als Land in den letzten Jahren beschritten haben, nur durch die Schuldenbremse möglich geworden. Das war eine klare Auflage, die dafür gesorgt hat, dass wir Sanierungshilfen bekommen haben. 2009 haben im Bundesrat drei Länder gegen die Schuldenbremse gestimmt. Interessanterweise haben nachher zwei dieser drei Länder Sanierungshilfen bekommen. Ich muss ehrlich sagen, ich bin stolz, dass das Saarland nicht zu den Ländern gehört hat, die auf der einen Seite dagegen gestimmt haben, aber auf der anderen Seite dann gern das Geld genommen haben. Das ist keine verantwortungsvolle Politik. Das wollen wir hier so nicht umsetzen.

(Beifall bei der CDU-Fraktion.)

Ich gehe gern auf die Kritik an der Schuldenbremse ein, auch auf das, was Sie genannt haben, Herr Kollege Flackus. Ich möchte zwei ganz große Punkte herausgreifen. Das eine - das hört man immer wieder - ist, dass die Politik angeblich keine Politik im Sinne des Volkes macht. Es wird dann gesagt, die Schuldenbremse ist nicht das, was die Leute eigentlich wollen. Die Politik betreibt so ein intellektuelles Thema, welches sie selbst beschäftigt. - Das ist aber nicht der Fall, davon bin ich überzeugt.

Man kann mal schauen, welche demokratischen und nicht demokratischen Länder die Schuldenbremse eingezogen haben. Sie, Herr Flackus, haben ja einige zitiert. Das erste Land war interessanterweise ein kleines, demokratisches Land, die Schweiz. Die Schweiz hat in einer direkten Volksabstimmung als Erstes die Schuldesbremse eingezogen. 85 Prozent der Bevölkerung haben für die Schuldenbremse gestimmt. Auch andere Bundesländer, die plebiszitär darüber abstimmen lassen haben, weil es ihre Verfassung gebietet, haben die Schuldenbremse eingeführt. Das ist zum Beispiel Hessen, wo 71 Prozent der Bevölkerung für die Schuldenbremse gestimmt haben, weil die Leute doch viel genauer wissen, was gut für sie und ihre Kinder ist. Es ist eben nicht gut, seinen Kindern Berge von Schulden zu hinterlassen. Das wollen wir nicht und deswegen werden wir die Schuldenbremse auch bei uns einführen.

(Beifall bei der CDU-Fraktion.)

Der andere Punkt, den Sie genannt haben, sind die wirtschaftlichen Aspekte, die gegen die Schuldenspirale sprechen und die man beachten muss. Das eine, was absolut zu beachten ist, ist das Thema einer Schuldenspirale, in die man gerät. Man hat irgendwann keine Handlungsmöglichkeiten mehr, um auf eine zu hohe Verschuldung zu reagieren, weil zum Beispiel die Zinsen weggaloppieren können. Es gibt zwei Elemente. Das eine ist die technische Vergeblichkeitsfalle, in die man gerät. Das bedeutet, dass es faktisch nicht mehr notwendig oder möglich ist.

(Abg. Thielen (CDU) )

Aber was ich für viel gefährlicher halte, ist die psychologische Vergeblichkeitsfalle, in die wir als Politiker dann hineingeraten. Es ist ein Problem zu sagen, dass wir sowieso so verschuldet sind und es deshalb auf das Bisschen nicht mehr ankommt. Das habe ich alles schon in Gemeinderäten erlebt und ich kann nur sagen, wenn wir jetzt eine gute Zeit haben, dann müssen wir genau deshalb die richtigen Leitplanken ziehen. Das machen wir hier und heute, indem wir den ersten Schritt gehen, um dieses Gesetz in die weitere parlamentarische Beratung einzubringen.

Ein weiteres wichtiges Element haben Sie auch angesprochen. Sie sagten, wenn es keine Investitionen gibt, leidet die wirtschaftliche Entwicklung darunter. Das ist vielleicht richtig, aber man muss auch sagen, dass zum Beispiel genaue Berechnungen von Kenneth Rogoff und Carmen Reinhart vorliegen, die klar dargelegt haben, dass es eine Obergrenze gibt, ab der man wirtschaftlich keinen Erfolg mehr hat, wenn man diese überschreitet. Die liegt bei 80 bis 90 Prozent. Wir sind zum Glück weit davon weg. Dennoch ist es so, dass eine zu hohe Überschuldung auch zu wirtschaftlichen Problemen führen kann.

Herr Flackus, Sie haben es angesprochen: Der Staat ist ein Marktteilnehmer. Deswegen müssen wir vorbereitet sein, dass der Staat antizyklisch eingreifen kann, wenn Industrie, Unternehmen und die Bevölkerung nicht mehr so auf den Markt zugreifen. Das ist der Grund, warum wir uns jetzt beschränken müssen. Wir müssen uns in den Zeiten, in denen es gut läuft, an die Schuldenbremse halten, weil wir dadurch Möglichkeiten haben, danach wieder zu agieren. Ich glaube, im Endeffekt geht es nicht um die Frage, ob man eine Schuldenbremse hat oder nicht, sondern darum, wie man sie umsetzt.

Ich bin überzeugt, dass wir uns auf dem richtigen Weg befinden. Die Schuldenbremse, so wie wir sie im Saarland einführen, ist kein starres Instrument. Sie ist flexibel und wird unseren Anforderungen durchaus gerecht werden. Gerade die beiden größten Gefahren, die wir jetzt im Haushalt sehen, werden mehr als genug mit bedacht. Das eine ist das Thema Konjunktur, weswegen wir ja die Konjunkturausgleichsrücklage schaffen. Das ist doch der Weg in die antizyklische Politik, die wir machen wollen! Das ist doch die Politik, die seit 50 Jahren in Deutschland festgeschrieben wird, aber nie so umgesetzt wurde, wie es das Stabilitätsgesetz vorsieht. Das andere ist die Zinsausgleichsrücklage, die ein wichtiges Element ist. Hier, denke ich, sind wir auf einem noch weiteren Weg. Wenn die Konjunkturrücklage das Netz ist, dann ist die Zinsausgleichsrücklage der doppelte Boden, wenn es den seltenen Fall einer Stagflation gibt, wenn wir höhere Zinseinnahmen nicht mehr mit gleichzeitiger höherer Wirtschaftskraft kompensieren können. Das ist im höch

sten Maße verantwortungsvolle Politik, meine Damen und Herren, und dazu stehen wir auch.

(Beifall bei der CDU-Fraktion.)