Wir lehnen den AfD-Antrag selbstverständlich ab. Es wurde eben auch schon gesagt, dass Ihre Argumentation - - Darauf möchte ich aber nicht mehr weiter eingehen. Sie wissen, ich bin auch Sprecher für Behindertenpolitik im Land, ich habe selber lange in der Behindertenhilfe gearbeitet. Das Menschenbild, das hinter Ihrem Antrag steht, verurteile ich und lehne es konsequent ab. Deswegen werden wir auch Ihren Antrag mit Entschiedenheit ablehnen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Die LINKE hat auch einen Gesetzentwurf eingebracht. Ich habe gerade Vorschläge unterbreitet, wie wir uns als SPD-Landtagsfraktion vorstellen, das Thema weiter voranzutreiben. Es wäre der Sache im Übrigen auch nicht dienlich, anderthalb Wochen vor der Wahl das Wahlalter abzusenken, weil wir es gar nicht mehr umsetzen könnten, dass die jungen Menschen wählen gehen können. Es ist übrigens auch so, dass diese jungen Menschen weder das aktive noch das passive Wahlrecht hätten. Insofern würde das an der Situation überhaupt nichts ändern. Auch deswegen lehnen wir Ihren Antrag ab.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, vielleicht nehmen wir das heute als Impuls für die Diskussion mit: Es gibt sehr viele positive Signale aus allen Richtungen. Ich will nur einmal unseren Besuch in Metz ansprechen, im Departementrat, als wir gesagt haben - der geschätzte Landtagspräsident hat es in die Diskussion eingebracht -, wir wollen hier neue Wege finden, Jugendliche an das Parlament heranzuführen, nicht nur im Rahmen der Europawoche. Das begrüßen
wir ausdrücklich. Wir begrüßen alles, was bei jungen Menschen mehr Partizipation ermöglicht. - Vielen Dank.
Es liegen noch zwei Wortmeldungen vor, zunächst für die AfD-Landtagsfraktion der Abgeordnete Rudolf Müller.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben mit diesem Gesetzesantrag bei Ihnen offenbar einen Nerv getroffen. Das sieht man an dem Bemühen, sich zu winden und Nebelkerzen zu werfen. Ich muss gestehen, das macht mir durchaus Spaß!
Was Ihre Kritik an uns betrifft, hätten Sie sogar in Teilen recht, wenn, ja wenn sich nicht die Umstände geändert hätten. Die Änderung der Umstände besteht darin, dass das Verfassungsgericht entschieden hat, dass wir offenbar seit 70 Jahren auf verfassungswidrige Weise gewählt haben. Alle von CDU und SPD in dieses Gremium geschickten Leute haben entschieden, dass vollbetreute schwer Demente, auch schuldunfähige Straftäter jetzt wählen können. Das ist nun einmal so.
Ich möchte es einmal plastisch darstellen. Ich stelle mir jetzt mal vor, ich wäre schwer dement geworden und würde so langsam dem Nirwana entgegendämmern -
Ich stelle mir vor, ich wäre schwer dement geworden - hören Sie einfach zu -, hätte vielleicht gelegentlich noch helle Augenblicke, lebe aber als schwer dementer Mensch in aller Regel in der Vergangenheit. Dann legt mir mein Betreuer, der sich um mich kümmert, einen Wahlzettel vor und ich lese: SPD. Ja, das ist doch der Helmut Schmidt! Der ist gut, den wähle ich, der soll weitermachen.
Oder ich sehe: CDU. Helmut Kohl! Der gefällt mir, den wähle ich. Oder wenn es mich schwer getroffen hätte, würde ich mich vielleicht noch an eine positive Phase der GRÜNEN erinnern und GRÜNE wählen.
Das ist das, was sich geändert hat, meine Damen und Herren! Unter diesen Umständen ist es gegenüber 16-Jährigen und 17-Jährigen, die vielleicht schon Interesse an Politik haben, nicht mehr vertret
bar, ihnen das Wahlrecht vorzuenthalten. Darum geht es in unserem Antrag, nicht mehr und nicht weniger. - Ich danke Ihnen!
(Beifall bei der AfD. - Zuruf von der SPD: Ober- peinlich! - Abg. Schramm (DIE LINKE) : Er hat nichts verstanden!)
Sehr geehrter Herr Müller! Sie und Ihre Partei sind es nicht wert, auf diesen Redebeitrag noch einmal einzugehen. Das sage ich nur zur Klarstellung, warum wir jetzt darauf keine Antwort mehr geben.
Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte auf den Redebeitrag von dem Abgeordneten der SPD-Fraktion Thul eingehen. Als ich noch Vorsitzender der Landesschülervertretung des Saarlandes war, war es schon seit Jahren Beschlusslage, dass innerhalb der Schülervertretung für ein Wahlalter ab 16 gekämpft wird. Meine persönliche Meinung ist die, die ich gerade kundgetan habe, ich habe an anderer Stelle auch nichts anderes gesagt: Es geht darum, die Beteiligung der Jugendlichen zu stärken. Es geht darum, sie besser zu informieren, sie mitzunehmen. Wenn wir das erreicht haben, wenn wir erreicht haben, dass mehr Politikunterricht stattfindet, dass an unseren Schulen über aktuelle Tagespolitik diskutiert wird, wenn Jugendliche dazu bereit sind und es auch wollen, mit 16 Jahren zu wählen, dann können wir diese Diskussion führen. An dieser Stelle sind wir aber noch nicht und deswegen sind wir dagegen, das Wahlalter auf 16 herabzusetzen. Das ist die Meinung der Landtagsfraktion und das ist auch meine ganz persönliche Meinung. Das wollte ich noch einmal zur Klarstellung in Bezug auf die Rede von Sebastian Thul sagen.
Zwischenzeitlich ist eine weitere Wortmeldung eingegangen. - Ich erteile das Wort dem Vorsitzenden der SPD-Landtagsfraktion Stefan Pauluhn.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, die Debatte, so wie sie hier in der letzten Stunde geführt wurde, und auch die Vorlage zweier Gesetzentwürfe, die in die gleiche Richtung gehen, sind ein Stick weit unredlich, weil in der Öffentlichkeit damit der Eindruck erweckt wird, dass man innerhalb von elf Tagen erreichen könnte, dass Jugendliche ab 16 Jahren bei der Europawahl, bei
der Wahl zu Ortsräten, Gemeinderäten, Stadträten und Kreistagen und in über 30 Kommunen des Saarlandes auch bei der Bürgermeisterwahl wählen könnten. Darauf zielt die politische Agitation ab, die hinter der Einbringung dieser Gesetzentwürfe steht. Das ist falsch! Dieser Eindruck ist falsch! Das ist aus meiner Sicht unredlich und schadet der Gesamtdebatte.
Er ist falsch, weil mein Fraktionskollege Thul richtigerweise aufgeklärt hat - manche haben es immer noch nicht verstanden -, dass in diesem Haus heute so oder so keine verfassungsändernde Mehrheit da ist, was die Grundlage wäre. Weiterhin ist er falsch, weil doch niemand ernsthaft annehmen kann, dass wir uns innerhalb verfassungsrechtlicher Schranken bewegen würden, wenn wir elf Tage vor einer Wahl das Wahlrecht in der beschriebenen Form ändern wollten. Wir würden zweifelsfrei den verfassungsmäßigen Rahmen mit einem solchen Gesetz sprengen, und das mit einer enormen Auswirkung - das ist im Übrigen der Unterschied zu der Entscheidung von vor wenigen Wochen, wo es um 800 Betroffene im Saarland ging. Es ist vollkommen unredlich. Deshalb will ich noch einmal meine Überzeugung zusammenfassen und der Jugend unseres Landes sagen, dass es im Grunde - das zeigt ja auch diese Debatte - nicht mehr um die Frage geht, ob es das Wahlalter mit 16 geben wird, sondern wann es so weit ist.
Ich bin der festen Überzeugung, dass wir im Saarland noch maximal zwei Wahltage haben werden, an denen das Wahlalter mit 16 nicht gilt. Das ist die jetzige Kommunalwahl und vielleicht auch noch die nächste Landtagswahl. Ich glaube, dass es spätestens zur nächsten Legislatur breiten politischen Konsens über die Notwendigkeit dieser Änderungen geben wird. Die Debatten gehen ja in allen Parteien - auch bei denen, die heute noch nicht so weit sind in diese Richtung. Ich finde, das ist richtig, weil Zukunft Stimme braucht, weil die Jugend unseres Landes Stimmrecht braucht, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Mich regt es auf, wenn insbesondere von der AfD in dieser Art und Weise diskutiert und argumentiert wird, weil es nicht nur unredlich ist, sondern auch unsachlich, verlogen und falsch. In die Richtung der AfD möchte ich sagen: Manchmal, meine Herren, ist es besser, durch Schweigen den Eindruck von Inkompetenz zu erwecken, als durch Reden jeden Zweifel zu beseitigen.
Als Nächster hat sich Herr Flackus für die Fraktion DIE LINKE zu Wort gemeldet, aber ich bitte noch einmal um Geduld, weil es zwischenzeitlich eine Bitte des Abgeordneten Rudolf Müller um Kurzintervention gibt. Ich weise allerdings darauf hin, Herr Müller, dass es in jeder Debatte, in jedem Modul nur eine Möglichkeit für eine Fraktion gibt, eine Kurzintervention zu starten. Das ist bereits vom Fraktionsvorsitzenden wahrgenommen worden, deshalb lasse ich diese Kurzinterventionen nicht zu. Der Abgeordnete Jochen Flackus hat für die Fraktion DIE LINKE das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Pauluhn, ich weise den Vorwurf, dass wir unredlich gehandelt hätten, für meine Fraktion nachdrücklich zurück.
Das geht so nicht - um es einmal deutlich zu sagen. Wir haben heute einen Vorschlag auf den Tisch gebracht als Reaktion auf den politischen Datendiebstahl der AfD-Fraktion, sozusagen bei uns im Archiv. Das ist das eine. Es muss uns überlassen bleiben, wann und wie wir das tun. Das möchte ich auch noch einmal deutlich sagen.
Mich irritiert noch etwas. Wir haben vor einem Jahr unseren Entwurf vorgelegt. Wenn man Ihrer Diktion folgt, hätte damals alles geregelt werden können. Wir hätten heute Wahlrecht mit 16. Das wäre alles kein Problem gewesen. Sie können doch jetzt nicht damit argumentieren und uns den Vorwurf machen, dass wir heute so einen Gesetzentwurf wollen. Das geht auch nicht.
Den letzten Punkt, den ich klarstellen möchte, ist, dass Sie damals unserem Gesetzentwurf nicht zugestimmt haben, weil Sie Ihren Koalitionsfrieden wahren wollten. Das kann man machen, das haben wir damals auch nicht kritisiert. Heute aber können Sie es nicht umdrehen und sagen, dass jetzt die LINKE daherkommt und den jungen Leuten verspricht, sie könnten in zwei Wochen wählen. Das haben wir nicht getan, sondern wir haben vor einem Jahr gesagt, dass sie heute in der Lage sein sollten zu wählen. Wenn Sie uns damals gefolgt wären, könnten die Jugendlichen mit 16 Jahren heute wählen. Das ist der Unterschied. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident. Meine Damen und Herren! Ich möchte noch ganz kurz zwei Anmerkungen machen. Einige hier in diesem Raum verkennen nach wie vor, was wir vor fast drei Wochen diskutiert haben. Wir haben darauf reagiert, dass es eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes gibt im Hinblick auf die Teilnahme von Menschen, die unter vollständiger Betreuung stehen, beziehungsweise die Straftäter, die in entsprechenden Einrichtungen untergebracht sind. Darauf haben wir reagiert und haben eine Gesetzeslage geschaffen, die es ermöglicht, dass diese Menschen an der Kommunalwahl teilnehmen können. Sobald es eine weitere gesetzliche Entscheidung bezüglich des Wahlrechts im Bundestag gibt, werden wir die Wahlgesetze bei uns im Land entsprechend anpassen und ändern. Das möchte ich zum einen sagen. Ich glaube, dass es hier von den Kollegen insbesondere von der AfD immer noch nicht verstanden worden ist, was wir vor drei Wochen gemacht haben. Wir kommen ja noch mit einem anderen Tagesordnungspunkt zu diesem Thema.
Zum anderen möchte ich noch einmal anführen, dass es durchaus legitim ist, dass eine Partei diskutiert. Es sind die Parteimitglieder, die innerhalb der Partei in einem demokratischen Prozess entscheiden, ob das Wahlalter auf 16 Jahre geändert werden sollte oder nicht. Ich möchte aber zu der Diskussion „Wahlalter auf 16 herabsetzen“ auch anmerken, dass es nicht nur darum geht, Jugendliche an die Politik heranzuführen, junge Menschen mitzunehmen, damit sie Politik gestalten wollen. Meine Damen und Herren, wir haben ganz viele Erwachsene, die sich leider verweigern, den politischen Gestaltungsweg mit uns zu gehen. Das dürfen wir nicht aus dem Blick verlieren. Deshalb denke ich, dass zu dieser Diskussion die Frage dazu gehört, wie die Beteiligungsformen aussehen. Wie können wir es schaffen, auch Erwachsene dazu zu bringen, sich politisch zu engagieren und politisch mitzugestalten?
Und noch eine Anmerkung möchte ich machen: Heute ist sehr viel über Fridays-for-Future gesprochen worden. Wir reden dabei aber nicht über Kinder, wir reden über junge Personen. Auch Greta Thunberg, die genannt wurde, ist 16 Jahre alt. Menschen in diesem Alter gestalten auch bei uns die Gesellschaft mit. Das sind nicht mehr Kinder, das sind Jugendliche. Ich möchte mit ihnen im Gespräch bleiben. - Vielen Dank.
Für die AfD-Landtagsfraktion hat noch einmal der Abgeordnete Rudolf Müller das Wort. Ich weise darauf hin, dass noch eine Restredezeit von anderthalb Minuten vorhanden ist.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich wollte ja nur im Rahmen einer Kurzintervention etwas sagen. Dafür reicht mir auch eine Minute.