Protokoll der Sitzung vom 24.06.2020

Es ist natürlich auch die Exportabhängigkeit, die uns besonders krisenanfällig macht. Es ist die Situation, dass wir uns in ganz vielen Bereichen schon vorher in einer schwierigen Phase der Transformation befunden haben. Diese Krise kann sicherlich nie zu einem guten Zeitpunkt kommen, aber gerade für die saarländische Wirtschaft ist sie zu einem maximal schlechten Zeitpunkt eingetreten, weil gerade viele Unternehmen dabei waren, sich neu auszurichten und zu gucken, was man dort tun kann und wo die neuen Geschäftsfelder sind. In einer solchen Zeit braucht man Sicherheit, klare Rahmenbedingungen und natürlich auch ein stabiles Wirtschaftsumfeld, damit man investieren kann. Außerdem braucht man Geld, um zu investieren. All das ist durch die Krise im besonderen Maße infrage gestellt worden.

Das war ein Grund dafür, warum wir gesagt haben, wir als saarländische Landesregierung müssen mit einem weiteren zusätzlichen Instrument an den Start gehen, um genau diese Betriebe, die vorher schon in einer Transformationskrise gesteckt haben, mitzunehmen und über die Pandemiekrise hinweg zu heben. Das sind auch diejenigen, die teilweise gar nicht von den KfW-Krediten profitieren können, weil sie vor dem Stichtag schon in Schwierigkeiten waren. Das ist ein Ausschlussgrund, wenn es um KfWKredite geht. Wir wollen helfen und unterstützen, da

(Ministerin Rehlinger)

mit dort die Eigenkapitalbasis gestärkt wird, damit dort Finanzierungen möglich werden, die unter anderen Bedingungen eben nicht mehr möglich sind.

Das sind all die Überlegungen, die wir angestellt haben, um vor allen Dingen die Unternehmen und die Arbeitsplätze, die damit verbunden sind, zu retten. Nur wenn wir die Unternehmen noch haben, können wir mit ihnen auch aus der Krise starten. Ich sage das ganz realistisch. Bei ganz vielen Betrieben in diesem Land geht es darum, sie zu stabilisieren und zu stützen. Wir sollten allerdings nicht bei jedem dieser Betriebe die Hoffnung haben, dass wir ihn wieder auf das Vorkrisenniveau heben. Das wäre schon ohne Krise nicht die realistische Perspektive gewesen, sondern dort hätten wir es auch mit Personalabbau in einigen Bereichen zu tun bekommen und hätten die Aufgabe gehabt, dafür zu sorgen, dass in anderen Bereichen neue Arbeitsplätze entstehen. Diese Aufgabe ist nicht kleiner geworden, sie ist dringender geworden. Das Instrument des Stabilisierungs- und Beteiligungsfonds - er ist heute schon genannt worden -, bei dem wir mit 40 Millionen Euro 200 Millionen Euro als Beteiligungskapital hebeln können, ist, wie ich finde, eine außerordentlich kluge Antwort auf die Herausforderungen, vor denen wir hier stehen. Deswegen ist es gut, dass wir diese Entscheidungen getroffen haben. Wir werden um dieses Instrument noch froh sein. Es wird nicht jeden Arbeitsplatz retten können. Wir werden damit vielleicht auch nicht jedes Unternehmen stabilisieren können, aber wir haben ein Instrument an der Hand, um es an ganz vielen Stellen tun zu können. Es ist wichtig, es ist gut, wenn dafür das Signal heute vom saarländischen Landtag aus gesandt wird.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Wir haben bei diesem Instrument natürlich auch noch darüber hinausgehende Erwartungen. Dabei geht es auch um die Frage, mit wie vielen Anteilen man in einen Betrieb einsteigen kann. Nach meiner Vorstellung steigt man mit so vielen Anteilen ein, dass man auch ein Mitspracherecht hat. Denn ich bin nicht die Bank, ich bin das saarländische Wirtschaftsministerium - beziehungsweise ich stehe zumindest an der Spitze desselben. Es geht eben auch darum, dass wir so verhindern können, dass wichtige Betriebsbestandteile, dass die sogenannten Assets, einfach verkauft werden. Sie werden vergoldet - und am Ende bleibt nichts übrig als eine leere Hülle und viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die wir nur noch in die Arbeitslosigkeit begleiten können. Dieses Instrument ermöglicht es, das zu verhindern.

Das ist zudem ein Instrument, um die Mitbestimmung in diesen Betrieben wirksam werden zu lassen. Ein Prozess der Restrukturierung muss deswegen nicht ausgeschlossen sein, kann dadurch sogar erst ermöglicht werden. Dieser Weg kann letztlich nur gemeinsam mit der Mitbestimmung wirkungsvoll beschritten werden.

Wir werden damit aber auch dafür sorgen, dass in dieser Situation - die Bundesregierung hat sich Entsprechendes vorgenommen - nicht noch Boni, Tantiemen und anderes für wen auch immer gezahlt werden. Es lässt sich mit diesem Instrument erreichen, dass das sauber läuft und das Hauptziel im Blick bleibt, nämlich die Beschäftigung in diesen Betrieben zu sichern.

Das alles wird mit diesem Instrument ermöglicht. Wir werden dieses Instrument aufsetzen, ich hoffe, dass wir dafür ein Okay und das Go von Ihnen bekommen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen und bei der LINKEN.)

Die Infrastruktur, der Gigabit-Ausbau, das ist das Umfeld, um das es geht. Dazu wurden bereits einige Ausführungen gemacht. Schnelles Internet, wirtschaftliche Zukunftsmärkte, neue Technologien wie zum Beispiel autonomes Fahren - das alles funktioniert nur, wenn wir dafür eine adäquate Infrastruktur in diesem Land vorhalten. Wenn wir über die Mobilität der Zukunft reden, so meint das nicht nur den ÖPNV, sondern zum Beispiel auch autonomes Fahren. Auch dafür müssen die Voraussetzungen geschaffen werden.

Eben ist angeklungen, dass die Corona-Krise ganz neue Symptome der sozialen Spaltung auch in diesem Land freigelegt hat, so möchte ich das einmal formulieren. So gesehen war die Krise Problembeschleunigerin beziehungsweise Problemverdeutlicherin. Dafür finden sich nicht nur in unserem Land Belegbeispiele, Beispiele dafür lassen sich vielmehr in der gesamten Republik finden. Ein Beispiel möchte ich herausgreifen, und zwar die Bildung, in diesem Fall die digitale Bildung. Wir haben erlebt, wie sich Schulen sehr schnell darauf eingestellt haben, auch Homeschooling im Rahmen ihrer Möglichkeiten anzubieten, im Rahmen der individuellen Möglichkeiten, im Rahmen der technischen Möglichkeiten. Wir konnten sehr viele engagierte Lehrerinnen und Lehrer erleben, die, jede und jeder für sich, ganz eigene Wege gewählt haben, Inhalte zu übermitteln und dafür Sorge zu tragen, dass es weitergehen konnte, auch wenn die Bildung zu Hause organisiert werden musste.

Leider wurde aber auch deutlich, dass die Frage, ob jemand schnelles Internet beziehungsweise ein geeignetes Endgerät zu Hause zum Lernen einsetzen kann, nicht nur technische Aspekte anspricht. Diese Frage entscheidet vielmehr beim Homeschooling auch sehr schnell darüber, wie groß oder wie klein der Bildungserfolg letztlich ausfällt. So kreativ die Ansätze der Lehrerinnen und Lehrer auch waren und so engagiert sie sich auch eingebracht haben, so ist doch letztlich das Handy in der Hand nicht das geeignete Endgerät, um Hausaufgaben entgegenzunehmen oder auch auf Anfragen zu antworten.

(Ministerin Rehlinger)

Daher ist es gut und richtig, dass wir mit erheblichen Beträgen, aber auch mit geeigneten Konzepten den Schritt in die digitale Bildung des 21. Jahrhunderts wagen. Wir reden dabei sozusagen über die Schulbuchausleihe 2.0. Mein Sohn hat gestern seine Bücher bei der Schulbuchausleihe zurückgegeben. Sicherlich werden wir es nicht schaffen, dass allen Schülerinnen und Schülern nach den Ferien statt Büchern Tablets ausgereicht werden. Es ist aber zumindest die Vision, dass wir auf dem Weg dorthin noch Bücher ausreichen, wo das notwendig ist, dass aber im Grunde in einer neuen, in einer modernen Schulbuchausleihe 2.0 eben auch die Möglichkeit besteht, Endgeräte auszugeben. Es wäre gut, wenn wir es nach der Sommerpause hinbekämen, dass zumindest in den Fällen lokaler Infektionsgeschehen - von denen wir hoffen, dass sie nicht eintreten -, die vielleicht damit einhergehen, dass Schülerinnen und Schüler zu Hause bleiben müssen, entsprechende Pakete schon zur Verfügung gestellt werden können.

Das wäre der wichtige erste Schritt. Ziel und Vision ist es, eine Schulbuchausleihe 2.0 zur Verfügung zu haben mit Endgeräten für Schülerinnen und Schüler, aber auch für Lehrerinnen und Lehrer als Dienstgerät, damit das alles funktionieren kann. Das ist aber nicht nur als technischer Ansatz gemeint, sondern muss verknüpft sein mit pädagogischen Konzepten. Denn letztlich ist das Abfotografieren und Versenden der Aufgabe im PDF-Format nicht das, was wir unter digitaler Bildung im Endausbau verstehen. Das muss natürlich pädagogisch hinterlegt werden, deshalb gehört auch die Fortbildung dazu.

Außerdem gehört der technische Support dazu. Diesbezüglich sind eben Bedenken angeklungen, insoweit kann ich vielleicht ein wenig Beruhigung reinbringen: Genau das ist in diesem Paket enthalten. Wir sprechen deshalb nicht nur über die 40 Millionen Euro, in der Gesamtschau sind es mit dem, was das Land obendrauf packt, auch im Doppelhaushalt, 50 Millionen Euro. Hinzu kommen noch mehr als 60 Millionen Euro des Bundes als Anteil dieses Landes am Digitalpakt. Des Weiteren kommt das Sofortausstattungspaket des Bundes mit 6,7 Millionen Euro hinzu. Wir reden insgesamt also über ein Paket im Umfang von mehr als 123 Millionen Euro für die digitale Bildung in diesem Land, für die Schulen in diesem Land. Wenn das kein kraftvolles Paket ist, um in das 21. Jahrhundert, um ins digitale Zeitalter in den Schulen zu starten, dann weiß ich nicht, wie viel Geld man noch auf den Tisch des Herrn legen muss! Ich finde, das ist eine klare Aussage dieses Landes, dieser Landesregierung, wohin die Reise gehen soll, eine Aussage, in der die Richtung für die Zukunft festgelegt wird. Die Bildungsministerin hat sich diesbezüglich einiges vorgenommen, um das nicht nur technisch zu betrachten, sondern auch inhaltlich auszugestalten. Dafür sollten wir, liebe Kolleginnen und Kollegen, ihr Rückenwind geben!

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Bereits angesprochen wurde der kommunale Entlastungsfonds. Das ist ein Riesenpaket. Ein Riesenpaket! Ich glaube, es wurde noch gar nicht richtig erkannt, welche Dimensionen dieses beinhaltet. Ob man nun die 400 Millionen Euro nimmt oder die 600 Millionen Euro, was auch immer man hinzurechnet - ich will angesichts von 200 Millionen Euro nun nicht von Rundungstoleranzen sprechen -, jedenfalls ist dieser Fonds ein Zeichen dafür, dass wir die Bedeutung der Kommunen nicht verkennen. Wir wissen, was sie bei der Gestaltung der Zukunft zu leisten haben. Wichtig ist vor allem aber auch, dass sie wissen, dass wir sie nicht alleinlassen.

Wir werden sie auch entlasten bei spezifischen Kosten, die im Rahmen der Bewältigung der Krise angefallen sind. Ein Thema dabei ist die ÖPNV-Entlastung. Die Einnahmeausfälle in der Größenordnung von 90 Prozent, die es gegeben hat, kann keine Kommune, aber auch kein Unternehmen alleine tragen. Deshalb war ich froh, dass es mir als Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz gelungen ist, beim Bund 2,5 Milliarden Euro dafür lockerzumachen. Ich bin aber auch froh, dass sich aus unserem Haushalt ergibt, dass wir als Land die andere Hälfte der Einnahmeausfälle kompensieren werden. Wir brauchen eine klare Struktur, damit der ÖPNV auch nach der Krise funktioniert. In der Krise hat er funktioniert, und dafür sei denjenigen, die dies organisiert haben, ein herzliches Wort des Dankes gesagt.

30 Millionen Euro für den ÖPNV, allein dafür vorgesehen, das zu reparieren, was geschehen ist - auch das ist ein schönes Beispiel dafür, wie dieser Nachtragshaushalt aufgestellt ist. Damit geben wir uns aber nicht zufrieden, haben vielmehr gesagt, dass wir, weil wir nicht nur das Vergangene abbilden wollen, sondern auch Zukunft gestalten wollen, noch 50 Millionen Euro für zukunftsorientierte Entwicklungen drauflegen. Ein besonders glücklicher Umstand dabei ist, dass wir nun nicht nur das Geld zur Verfügung haben, sondern zuvor auch schon einmal überlegt hatten, was wir mit dem Geld, wenn wir es denn hätten, machen würden.

Insofern ist mit dem Verkehrsentwicklungsplan, der die umfassendste Analyse des Verkehrs und die umfassendste Vision für den saarländischen Verkehr der vergangenen 20 Jahre darstellt, im Grunde genommen die Handlungsmatrix bereits aufbereitet. Wir müssen nun entscheiden, welche der im Plan vorgesehenen Projekte wir angehen, dies gepaart mit einer Tarifreform, die wir ohnehin schon vereinbart haben. Mit den 15 Millionen Euro, die dafür jährlich kommen werden, ergibt sich damit ein riesiges Mobilitätspaket für dieses Land. Rechnet man das auf der Zeitachse zusammen, sind es 200 Millionen Euro. Wer in diesem Land hätte gedacht, dass man im Saarland einmal 200 Millionen Euro für den ÖPNV, für Streckenaktivierungen, für Reaktivierun

(Ministerin Rehlinger)

gen, auch grenzüberschreitend regional, für neue Haltestellen an Strecken oder für eine Verlängerung der Saarbahn zur Verfügung hätte? Wenn das mal nicht Zukunft par excellence ist! Vor der Krise hätte ich mir so etwas gar nicht zu träumen gewagt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir nutzen nun diese Chance und wir werden etwas daraus machen!

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Ja, der Spruch ist überstrapaziert, aber selten war er so präsent wie in diesen Tagen: Ohne Gesundheit ist alles nichts. - Was waren wir so froh, dass wir, was die Gesundheitsversorgung und die diesbezüglichen Strukturen angeht, nicht in Engpässe geraten sind! Viele Debatten aus der Zeit davor, die sich mit Krankenhausschließungen befasst haben, erschienen plötzlich wie aus einer weit zurückliegenden Zeit stammend. Wir müssen jetzt dafür sorgen, dass wir nicht wieder in die Debatten dieser Zeit zurückfallen. Es gilt vielmehr - und das wurde in diesem Hause auch nicht von der Regierung bestritten -, das, was wir angesichts der Unterfinanzierung bei der Investitionsförderung für die Krankenhäuser nicht zur Verfügung gestellt haben - wie übrigens auch alle anderen Bundesländer -, mit einem klaren und deutlichen Signal zu kompensieren, dies auch mit Blick auf die Planungssicherheit, die sich daraus für die Träger ergibt. Wir müssen dann auch klar sagen, wie die Zukunft der Krankenhauslandschaft in unserem Land aussehen soll.

Ich würde mir wünschen, dass sich diese Entscheidungen nicht allein danach richten, wie die Liquidität eines Trägers aussieht. Klares Kriterium müsste sein, welche Versorgungsstruktur wir eigentlich wollen. An welcher Stelle im ländlichen Raum beispielsweise müsste welches Angebot zur Verfügung gestellt werden? Das ist der Maßstab, nach dem diese Gelder verausgabt werden sollen. Diese Mittel stehen zur Verfügung, und ich erhoffe mir, dass mit der gebotenen Ehrlichkeit und dem erforderlichen Verantwortungsbewusstsein der Träger und mit einem Verzicht auf Spielchen über Pressemitteilungen und Ähnliches, wie wir das in der Vergangenheit erlebt haben, diese große Aufgabe für dieses Land erledigt wird. Das Geld ist nun verfügbar, lassen Sie uns anständig und ordentlich darüber beraten, wie wir das vernünftig umsetzen können, damit die Menschen sich im Land gut aufgehoben fühlen. Das ist nämlich beim Thema Gesundheit eine entscheidende Frage.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Das Zukunftspaket ist zusammen mit dem - ich verwende nun einmal diese Formulierung - „Wumms“ der Bundesregierung etwas, das die Wirtschaft wirklich stärkt, das die Gestaltung der Zukunft zulässt. Ja, das ist eine riesige Summe: 2,1 Milliarden Euro. Das ist nur etwas weniger als die Hälfte des normalen Landeshaushalts. Das sei erwähnt, um diese Mittel in ein Verhältnis zu setzen. Natürlich muss

man sich auch fragen, ob es wirklich verantwortungsvoll ist, so viel Geld auf einen Schlag auszugeben. Ich persönlich habe mir diese Frage auch gestellt und ich habe sie mir beantwortet, indem ich sozusagen umgekehrt gesagt habe, dass es geradezu unverantwortlich wäre, wenn man es in dieser Situation nicht täte. Es handelt sich um einen nie da gewesenen, um einen historischen Schritt, den wir heute gehen. Wir befinden uns allerdings auch mitten im Orkanwind einer nie da gewesenen Krise, die Antwort darauf muss adäquat ausfallen.

Ich sage auch in aller Deutlichkeit: Ich bin der festen Überzeugung, dass es keiner Saarländerin und keinem Saarländer, auch niemandem aus der nachfolgenden Generation, nützen würde, würden wir dieser Krise „hinterhersparen“. Tatsächlich, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann man verstehen, dass viele Menschen, insbesondere auch die Haushälter und der Finanzminister, lieber Peter, der immer zum Stabilitätsrat fahren muss, sagen, es bestehe immer ein Problem in der Argumentation, wenn wir uns gerade auch in einer solchen Situation mehr leisten als andere Länder. Ich bin der Auffassung, dass wir uns nicht an die Prämisse halten sollten, wonach wir uns in dieser Situation nicht mehr leisten dürfen als andere Länder. Das Gegenteil ist der Fall: Wir müssen geradezu mehr auf den Weg bringen als andere! Die ungünstigen Vorbedingungen sind hinreichend beschrieben worden. Hält man sich diese vor Augen und zieht man die richtigen Schlüsse daraus, muss man so handeln, wie wir das nun tun. Wir dürfen dabei auch nicht nachlassen und dürfen nicht anschließend in Kleinkrämerei zurückfallen, wir müssen das vielmehr kraftvoll und mutig und mit Zuversicht für dieses Land angehen. Dafür muss man Geld in die Hand nehmen. In diesen Tagen ist ja auch klar geworden: Ein Staat, der glaubt, dass der Markt in solchen Phasen alles richtet, ist kein Staat, mit dem ein Staat zu machen ist! - Wir wollen vielmehr einen starken Staat, der etwas für seine Menschen unternimmt, der da ist, wenn er gebraucht wird. Dieser Nachtragshaushalt trägt die entsprechende Handschrift. - Herzlichen Dank und Glück auf!

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Das Wort hat nun Bernd Wegner von der CDU-Landtagsfraktion. Ich darf Ihnen mitteilen, dass die Landesregierung länger gesprochen hat, als sie sollte. Daher stehen allen Fraktionen weitere 3 Minuten und 31 Sekunden zur Verfügung.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Max Frisch hat einmal gesagt, Krise sei ein produktiver Zustand,

(Ministerin Rehlinger)

man müsse ihm nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen. Ich glaube, in diesem Satz spiegelt sich ein wenig die heutige Debatte wider. Mein Fraktionsvorsitzender Alexander Funk hat an seine Rede erinnert, die er im Dezember 2018 gehalten hat, die sogenannte „Bergrede“. Auch ich habe seinerzeit in der Wirtschaftsdebatte eine Rede gehalten und habe davon gesprochen, wie wir den Berg erklettern wollen, welches Rüstzeug wir dabeihaben, weshalb wir ordentliche Schuhe tragen müssen, um diesen Berggipfel zu erreichen. Ich habe in der Rede damals auch gesagt, dass durchaus auch einmal schlechtes Wetter kommen kann, sodass man ein Biwak einrichten und sich schützen muss. Das alles habe ich gesagt, nicht wissend, was letztlich nun durch die Pandemie im Saarland, in Deutschland und in der gesamten Welt geschehen würde.

Ich glaube, wir stehen heute an einem Punkt, an dem wir als Folge der Pandemie die Aufgabe haben, Dinge zu gestalten, sie auch besser zu gestalten. Niemand sollte aber - von hier vorne oder von einem anderen Ort aus - versprechen, dass das nicht auch Opfer mit sich bringen wird. Über die zurückliegenden Wochen habe ich mit vielen Firmenchefs und Unternehmern gesprochen, die emotional sehr betroffen waren, die mitgenommen waren, weil ihr Geschäftsmodell von 100 auf nahezu Null zusammengebrochen ist und weil sie sich nicht nur in der Verantwortung für sich selbst, sondern auch in der Verantwortung für ihre zehn, 15 oder 20 Mitarbeiter und damit für zehn, 15 oder 20 Familien sehen. Sie haben sich die Entscheidungen daher nicht leicht gemacht. Ihnen ist die Liquiditätsreserve weitgehend weggebrochen, sie haben ihre Rücklagen eingesetzt. Die Kosten für Investitionen, die Kosten für die Umstellung auf neue Techniken, das alles ist ihnen auf die Füße gefallen.

Angesichts dessen muss man zunächst auch noch einmal ganz deutlich die saarländische Landesregierung loben: Wie das mit den Soforthilfen für die kleinen Unternehmen funktioniert hat oder mit dem Programm, das für Unternehmen mit bis zu 100 Mitarbeitern aufgelegt wurde, das war ein vorbildliches Vorgehen. Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich war gerade am vergangenen Wochenende auf einer Tagung der wirtschaftspolitischen Sprecher. Ich kann Ihnen sagen, wir können stolz darauf sein, dass das bei uns so gelaufen ist; in vielen Bundesländern war das so nicht der Fall. Deshalb möchte ich mich noch einmal ganz herzlich bei der Landesregierung bedanken.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Ich sage auch als ein Teil dieser Wirtschaft, als Selbstständiger und auch als Repräsentant einer Kammer: Das war sehr gut, dass wir immer in einem Dialog mit dieser Landesregierung waren, mit der Wirtschaftsministerin, mit Staatssekretär Jürgen Barke, mit dem Ministerpräsidenten, dass man sich aus

getauscht hat, dass man die Dinge miteinander besprochen hat und dass wir im Wirtschaftsausschuss IHK, HWK, VSU und auch im Parlament die Gelegenheit gegeben haben, uns untereinander auszutauschen, die Dinge nicht nur theoretisch zu besprechen, sondern wirklich die sachlichen Probleme mitzunehmen. Auch dafür möchte ich mich bei allen Beteiligten bedanken.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Oskar Lafontaine hat heute Morgen in seiner Rede mit Sicherheit viele richtige Zahlen genannt und hat auch Einordnungen dafür getroffen. Mit Sicherheit kann man das, was Sie über Investitionen und über die Pro-Kopf-Zahl gesagt haben, so nehmen. Ministerpräsident Tobias Hans hat ja eben schon einmal gesagt, was wir mit diesem Nachtragshaushalt in diesem Bereich tun und was in diesem Bereich noch einmal nachgelegt wird.

Ich möchte auch noch eine Maßnahme dieser Landesregierung herausheben, die von Reinhold Jost und Klaus Bouillon ausgeht, nämlich die Veränderung des Vergaberechts. Wir haben für unsere Kreise, für unsere Kommunen die Möglichkeit, dass man in der Direktvergabe mit bis zu 150.000 Euro auch die regionale Wirtschaft fördern kann. Und man hat den Rahmen für eine gezielte Ausschreibung unter drei, vier, fünf Anbietern auf bis zu 1 Million erweitert. Ich glaube, das ist eine ganz wichtige Funktion, um der regionalen Bauwirtschaft, der regionalen Wirtschaft insgesamt noch einmal einen zusätzlichen Anreiz zu geben. Auch dafür, da bin ich mir sicher, das weiß ich von den Unternehmen, hat man den richtigen Ansatz getroffen.

Sie haben über Investitionen gesprochen. Das hat auch etwas mit privaten Investitionen zu tun. Deshalb hat die CDU-Landtagsfraktion ein Wirtschaftspapier auf den Weg gebracht, in dem sie viele fiskalische Maßnahmen beschrieben hat, vom Verlustvortrag, von Abschreibungen, von der 40-Prozent-Grenze, von vielen anderen Maßnahmen, auch wie man Solo-Selbstständige beziehungsweise Einzelunternehmen mit Kapitalgesellschaften gleichstellt. Auch das ist ein Punkt. Wenn wir den Unternehmen über die Steuern, über die Belastungen, die wir zurzeit haben, die Liquidität nehmen, dann sind sie nicht in der Lage, den digitalen Ausbau, die digitale Wandlung dieser wirtschaftlichen Zukunft zu gestalten. Auch das ist ein wichtiger Beitrag dafür, wie wir Investitionen in diesem Land sicherstellen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie haben dann gesagt, schauen wir uns die Innenstädte an. Was passiert denn da? Da gehen die Leute zum Online-Handel und kaufen dort ihre Waren und unsere Innenstädte veröden und wir machen nichts dagegen. Das ist auch nicht ganz so einfach. Ein Zukunftsforscher hat einmal in einer Diskussion, bei

(Abg. Wegner (CDU) )

der ich in München dabei war, gesagt - und ich halte das auch für eine ganz wichtige Aussage -: Es interessiert niemanden, ob Bernd Wegner die Digitalisierung gut findet, ob er gut findet, wie sich die Welt letztendlich verändert. So ist es auch nicht interessant, ob Herr Lafontaine das gut findet. Die Welt ändert sich, ohne dass wir das letztendlich beeinflussen können. Und wenn wir uns dagegen wehren, wenn wir glauben, wir könnten das mit irgendwelchen Gesetzen, Verordnungen, Maßnahmen aufhalten, dann werden wir sehr schnell merken, wie die Welt an uns vorbeizieht und vielleicht mit einem lächelnden Auge auf uns blickt, weil wir die Zeit verschlafen haben.

Nein, das Gegenteil ist der Fall: Wir müssen unseren Unternehmen helfen, ob als Wirtschaftsorganisation, ob als Politik, ob als Regierung, diesen Wandel zu gestalten. Das geht nicht, indem wir sagen, bleibt fern davon, sondern indem wir sie mit den Veränderungen konfrontieren, ihnen zeigen, dass es eventuell sein kann, dass in ein, zwei Jahren ihr Geschäftsmodell vielleicht so nicht mehr vorhanden ist und dass sie sich Nischen suchen müssen, dass sie neue Wege finden müssen. Ich glaube, das ist letztendlich der Weg, wie wir diese Gesellschaft umstellen. Von daher bin ich sehr dankbar, dass wir mit diesem Zukunftspaket hier Rahmenbedingungen setzen, die das ermöglichen.

Sie haben vom Exportüberschuss gesprochen. Natürlich haben wir einen Exportüberschuss. Aber warum haben wir den? Weil wir halt die besten Autos in der Welt bauen, weil wir halt die besten Maschinen in der Welt bauen! Weil die Produkte, die wir in unseren Werkstätten, in unseren Industrien produzieren, so gut sind, dass die restlichen 8 Milliarden Menschen durchaus Interesse an diesen Produkten haben. Ich glaube, dass das gut ist und dass wir dadurch auch sehr gute Marktchancen haben. Sie haben dann gesagt, das ist aber grundgesetzrechtlich so alles nicht in Ordnung. Sie lassen in diesen Darstellungen Deutschland immer noch als Einzelstaat erscheinen. Wir sind in einer Europäischen Gemeinschaft. Wir haben 27 europäische Länder und wir haben einen europäischen Binnenmarkt geschaffen. Wir sagen auch in Amerika nicht, Iowa hat einen Überschuss gegenüber Utah. Auch dort sind die einzelnen Staaten nicht in Konkurrenz zueinander, sondern wir müssen das ein Stück weit europäischer, globaler sehen. Von daher glaube ich, dass Ihr Satz, den Sie einmal geprägt haben: „Wenn ich kein Geld habe, muss ich Ideen haben.“, durchaus richtig ist, den schätze ich durchaus. Dieses Land hat Ideen, dieses Land hat gute Produkte und deswegen hat es auch eine gute Zukunftschance, sich zu gestalten.