Protokoll der Sitzung vom 06.02.2024

dringend Unterstützung in Deutsch oder in anderen Bereichen brauchen. Das ist doch zu spät, ein halbes Jahr vor dem Beginn der Schule anzufangen, zu gucken, was an Förderbedarf da ist! Und dann folgt auch nichts Verbindliches aus den festgestellten Problemen. Wenn keinerlei verbindliche Konsequenzen vorgesehen werden, dann verspielen wir die Startchancen unserer Kinder.

Die SPD rennt bei der Sprachförderung schon lange ideologisch in die falsche Richtung, gegen alle Rufe aus der Praxis, okay, aber die Ministerin ist seit Kurzem Vorsitzende der Kultusministerkonferenz. Die Ständige Wissenschaftliche Kommission (SWK), so etwas wie hier der Expertenrat, lässt doch keinen Zweifel daran, dass Sie im Saarland auf dem Irrweg sind. Die SWK hat den Ländern nach einer zwingend notwendigen Testung ins Stammbuch geschrieben - ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin -: „Ein Förderbedarf muss grundsätzlich in eine verbindliche Förderung münden, auch für Kinder ohne institutionelle Betreuung.“ - Und die fallen gerade völlig durchs Netz.

(Beifall von der CDU.)

Deshalb ist für uns klar: Wir brauchen frühe Testung, verbindliche Sprachförderung, passgenaue Programme wie „Früh Deutsch lernen“ und Willkommensklassen bei den älteren Schülern, kurz, wir brauchen einen Kurswechsel in der Sprachförderung, andere Bundesländer machen es vor.

Machen Sie sich doch endlich ehrlich. Das Sprachbad, von dem Sie immer wieder sprechen, wir haben es auch heute wieder gehört, und in dem man quasi von selbst Deutsch lernt, weil man am Schulmorgen in der deutschen Sprache badet, funktioniert nur, wenn genug deutsches Badewasser am Morgen zu hören ist, wenn das Blubbern auch wirklich in einer Sprache ist, die nachgeahmt werden kann. Wenn wir aber verschiedene Sprachen haben, die alle ihre Berechtigung haben, die alle wichtig und wertvoll sind, wie soll dann ein Sprachvorbild daraus abgeleitet werden? Es macht doch die Gruppengröße aus, es macht die Zusammensetzung aus, aber wenn wir Klassen haben, in denen eben nur noch 20 Prozent der Kinder wirklich gutes Deutsch sprechen, dann ist es schwierig, einfach aus dem Bad heraus etwas zu lernen. Der sprachsensible Unterricht, die Monstranz, die Sie vor sich hertragen, ist schön und gut, wenn es aber um die Alphabetisierung von Kindern geht, dann reicht das einfach nicht. In anderen Bundesländern sind auch sozialdemokratische Bildungsminister längst pragmatisch unterwegs und setzen genau die Dinge um, die wir heute in unserem Antrag vorlegen, diesen Kindern zuliebe, damit sie echte Startchancen haben.

(Beifall von der CDU.)

Was mich wirklich ärgert, ist dieses ständige Schwadronieren von der Separation, auch in Ihrem Antrag. Wenn Ihnen die Argumente ausgehen, dann kommt diese verbale Keule, um die Diskussion im Keim zu ersticken. Hier wäre ein wenig Zurückhaltung geboten, denn ganz ehrlich, da draußen versteht kein Mensch, warum es den Kindern schaden soll, wenn sie einige Wochen gezielt in Deutsch gefördert werden. Das versteht kein Mensch auf der Straße in Blieskastel, in Völklingen oder in Limbach, niemand!

(Beifall von der CDU.)

Mir geht es schließlich nicht um eine Isolierstation, sondern um ein Förderprogramm.

Ich hatte fast gehofft, dass Sie heute die Förderung und Fortbildung zur Stärkung der basalen Kompetenzen ansprechen. Frau Kaya-Karadağ, haben Sie mal mit Kolleginnen und Kollegen gesprochen, die diese Fortbildung gerade besuchen? Das bedeutet, dass ein ganzer Schultag einer ganzen Schule ausfällt, einer Grundschule, weil das gesamte Kollegium hingeht. Das kann durchaus sinnvoll sein. Dort haben die Kolleginnen und Kollegen in der letzten Woche solche tollen Dinge gemacht wie - ich lese mal vor -: das Eierschachtelmemory, Schnapp den Sack, Schnipp Schnapp und Stechen. - Ehrlich, das sind Dinge, das hat man vielleicht mal während des Studiums gemacht, aber gestandene Lehrer kommen sich veräppelt vor, wenn man ihnen sagt: Damit könnt ihr rausgehen und die Situation vor Ort in den Schulen retten.

(Beifall von der CDU.)

Oder es kommt die Empfehlung: Dieses Linguistik-Buch empfehle ich, lesen Sie sich das mal durch. - Entschuldigung, das haben Lehrerinnen und Lehrer in ihrem Studium gemacht, das brauchen sie nicht 20 Jahre später noch mal erzählt zu bekommen. Wenn man an dem Tag wirklich sinnvolle Sprachförderung hätte machen wollen, hätte man besser fünf Stunden Deutsch in der Schule unterrichtet, dann wäre allen geholfen gewesen.

(Beifall von der CDU.)

Dieses Beispiel zeigt, es geht nicht um die Realität, es geht nicht um die Probleme vor Ort, es geht um das Schaufenster, um das, was schön klingt, was man gut verkaufen kann. Wenn Sie aber ernsthaft mal zuhören und vor Ort gehen, sich angucken, was dort passiert, werden Sie sehen, das geht an der Realität der Menschen, der Lehrerinnen und Lehrer, vor allem der Kinder vor Ort vorbei. In Wahrheit separieren Sie! Wenn Sprachförderung weiter scheitert, dann separieren Sie die Menschen nicht für ein paar Wochen in einem Förderunterricht, sondern auf

(Abg. Schmitt-Lang (CDU) )

Jahre von echter gesellschaftlicher Teilhabe. Das haben Sie dann zu verantworten!

(Beifall von der CDU.)

Deshalb ist es nie zu spät, auch wenn man ganz lange auf der falschen Fahrspur unterwegs ist, irgendwann einen Wendepunkt zu suchen. Auch wenn Ihr Schatten bei diesem Thema unfassbar lang ist, springen Sie drüber und stimmen Sie unserem Antrag mit den konkreten Maßnahmen zu. Setzen Sie auf bessere Startchancen für unsere Kinder. All das, was Sie genannt haben, kann man durchaus machen, aber es reicht nicht, denn Eigenlob und ein „Weiter so!“, das ist nicht mehr genug! - Vielen Dank.

(Beifall von der CDU.)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schmitt-Lang. Weitere Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der SPD-Landtagsfraktion Drucksache 17/781. Wer für die Annahme der Drucksache 17/781 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 17/781 mit Stimmenmehrheit angenommen ist. Zugestimmt hat die SPD-Landtagsfraktion. Dagegen gestimmt haben die CDU- und die AfD-Landtagsfraktion.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der CDU-Landtagsfraktion Drucksache 17/668. Wer für die Annahme der Drucksache 17/668 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 17/668 mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Zugestimmt haben die CDU- und die AfD-Landtagsfraktion. Dagegen gestimmt hat die SPDLandtagsfraktion.

Wir kommen nun zu den Punkten 13 und 14 der Tagesordnung:

Beschlussfassung über den von der SPDLandtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: „Grünes Licht für Grünen Stahl“ - ein Meilenstein für den saarländischen Industriestandort (Drucksache 17/750)

Beschlussfassung über den von der CDULandtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Stahl ist Zukunft - Wettbewerbsbedingungen müssen schnell und deutlich besser werden, damit Stahl Zukunft haben kann (Drucksache 17/756)

Zur Begründung des Antrages der SPD-Landtagsfraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Timo Ahr das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Damen und Herren! Die Stahlproduktion im Saarland gehört schon seit dem 15. Jahrhundert zu diesem Land und sie hat dieses Land neben dem Bergbau geprägt wie kaum eine andere Branche. Sie hat auch dafür gesorgt, dass Menschen nicht nur dort gearbeitet haben, sondern dass die Identität dieses Landes verändert wurde. Sie hat für Zusammenhalt, Stärke, Kaufkraft und Wohlstand gesorgt. Diese saarländische Wirtschaft, diese Stahlbranche, hat auch für den Mittelstand ganz maßgeblich Konsequenzen im positiven und auch im negativen Sinn.

Der 11. Dezember im Jahr 2023 war ein histori scher Tag für die Stahlindustrie, aber auch für viele Menschen in diesem Land, die dafür gekämpft haben, die sich seit vielen Jahren dafür eingesetzt haben, dass diese Stahlindustrie, vor allem aber diese Jobs, hier bleiben. Am 26.01. - einige hatten noch Zweifel - war es dann soweit. Die Förderzusage wurde mit einem Förderbescheid in Saarbrücken dem Unternehmen, aber auch dem Betriebsrat und vor allem auch der Landesregierung von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck überbracht. Deshalb kann man jetzt ruhigen Gewissens sagen, der Sack ist zu, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der SPD.)

Gesamtinvestitionen von 3,5 Milliarden Euro, eine Förderzusage des Landes und des Bundes von 2,6 Milliarden Euro zur Transformation der Stahlindustrie, das ist nicht irgendwas, das ist nicht irgendeine Förderung, es ist die größte Förderung für ein Einzelprojekt, die das Bundeswirtschaftsministerium je ausgestellt hat. Das ist ein Riesenerfolg, den wir hier in diesem Hause zu verantworten haben.

(Beifall von der SPD.)

Denn ohne den Transformationsfonds, ohne die Allianz der großen Parteien - das will ich an dieser Stelle auch sagen - in den letzten Jahren auf verschiedensten Ebenen, die immer wieder gesagt haben, wir dürfen die Stahlindustrie in diesem Land nicht im Stich lassen, hätte das nicht funktioniert, aber natürlich auch nicht ohne den vehementen Einsatz der Kolleginnen und Kollegen in den Betriebsratsgremien und auch auf der Unternehmensbank.

Wir haben mit diesem gigantischen europäischen Projekt auch dafür gesorgt und dazu beigetragen, dass jeder eingesetzte Euro nicht nur die Sicherung von Arbeitsplätzen gewährleisten wird, sondern auch etwas für das Klima tut. Das

(Abg. Schmitt-Lang (CDU) )

ist soziale und ökologische Politik. Darauf können wir stolz sein.

(Beifall von der SPD.)

Jetzt gibt es aber immer noch Menschen, die daran zweifeln, dass es der richtige Schritt ist. Ich muss sagen, ein Blick in die Geschichte Großbritanniens zeigt, warum es der richtige Schritt ist, dort, wo Deindustrialisierung dafür gesorgt hat, dass auch unter Thatcher damals Gewerkschaften, Sozialpartner zerschlagen wurden, Stahlwerke geschlossen haben und man gedacht hat, es würde mit Handel und ein bisschen öffentlichem Sektor funktionieren. Da hat man sich getäuscht. Eine Studie der Universität Cardiff hat gesagt, dass 60 Prozent der Menschen, die man als arm bezeichnen kann, in einem Haushalt leben, wo eine Person arbeitet, also arm trotz Job.

Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, dürfen wir nicht zulassen. Da muss man auch renommierten Ökonomen in diesem Land sagen: Die Grundstoffindustrie wollen wir haben, sie ist resilient und sorgt für Arbeitsplätze und vor allem auch gute Arbeitsplätze. Das werden wir vehement tun.

(Beifall von der SPD.)

Die fehlende Industriepolitik hat natürlich auch bei den Unternehmen und den Entscheidungsträgern dafür gesorgt, dass keine klare industriepolitische Richtlinienkompetenz die Menschen motiviert hat, dort zu investieren und in die Zukunft zu gehen. Ich bin froh, dass wir das hier anders haben, dass wir einen Transformationspfad haben, dass wir es nicht zulassen, wie Lars Feld es manchmal sagt, dass der Markt es irgendwie schon regeln wird.

Nein, der Markt wird nämlich nicht die Kolleginnen und Kollegen in den Parlamenten wählen, das sind die Menschen, die in den Betrieben arbeiten. Für die haben wir Verantwortung, nicht für den Markt, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der SPD.)

Die Stahlindustrie ist nicht nur im Saarland, sondern auch in Deutschland, innerhalb der Europäischen Union wichtig. Sie ist wichtig, um dort resilient innerhalb von Europa Stahl herzustellen, die Grundstoffindustrie zu erhalten und nicht in ganz viele Abhängigkeiten zu rutschen. Sie wird auch bei der Frage des Klimawandels und des Schutzes unserer Umwelt und Natur ein maßgeblicher Treiber sein. Denn durch grünen Stahl wird der CO₂-Footprint auch in vielen anderen Lieferketten noch einmal reduziert und kann und wird am Ende dazu beitragen, dass wir in Summe Klimaschutz betreiben können, nicht nur in der Lieferkette, sondern auch, wenn es darum geht, erneuerbare Energien auszubauen. Das ist ein Erfolg, den wir nicht kleinreden dürfen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der SPD.)

Diese Kombination einmal in der Frage, einen großen CO₂-Emittenten zu unterstützen, dass er CO₂ einspart, um gleichzeitig einen Beitrag leisten zu können, dass wir Umweltschutz in Summe nach vorne treiben können, das ist es, was diese Stahlindustrie so besonders macht und sie ausmacht. Trotz alledem will ich an keiner Stelle sagen, dass wir uns an diesem Punkt nach hinten lehnen könnten, weil alles erledigt ist. Die Anstrengungen in den kommenden Monaten und mit Sicherheit in den kommenden Jahren und wahrscheinlich auch Jahrzehnten werden nicht weniger. Denn nicht zuletzt gilt es, dass wir gemeinsam mit den Unternehmen auch die Herausforderung angehen. Das haben wir im Wirtschaftsausschuss von der SHS noch einmal eindrücklich ins Hausaufgabenheft geschrieben bekommen, nämlich uns weiterhin dafür stark zu machen, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Stahlindustrie auch international eine Chance hat, dass faire Bedingungen hergestellt werden, auch was das Thema Energiekosten anbelangt. Den Transformationspfad, den wir hier mit dem Transformationsfonds und einem klaren Kompass beschreiten, die Industrie zum Wohle dieses Landes zu unterstützen, wollen und brauchen wir auch in einer Bundesregierung, die sich an manchen Stellen nicht einig ist.

Daher ist mein Petitum an dieser Stelle, dass wir gemeinsam in diesem Hohen Hause der Bundesregierung, egal welcher Couleur - das ist mir am Ende ehrlich gesagt ziemlich wurst -, Druck aufbauen für Dinge wie den Brückenstrompreis, eine Wasserstoffstrategie, die am Ende auch in die Umsetzung kommt, den Einsatz, den wir vom Saarland aus steuern, der aber natürlich auch ein Stück weit in Berlin entschieden wird, was das Thema High Fusion Backbone angeht, dass wir dort überall den Finger in die Wunde legen, und zwar gemeinsam, überparteilich. Denn es geht um nicht mehr und nicht weniger als um die Zukunft unseres Landes. Da gilt es eben, wie bei anderen Themen, gemeinsame Sache zu machen, wenn es um die Zukunft des Saarlandes geht, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der SPD.)

„Ein Tag im Leben ohne Stahl“, dazu haben die Kolleginnen und Kollegen in der Stahlindustrie, als viele an der Industrie in diesem Land gezweifelt haben, Folgendes gefragt: Was würden wir in unserem privaten Leben tun, wenn der Stahl von heute auf morgen nicht mehr da wäre? - Vieles würde nicht mehr funktionieren, von der Büroklammer bis zum Einkaufswagen im Geschäft, aber auch Bestandteile im Auto, mit dem wir heute hergekommen sind, auch der Schienenverkehr mit der Bahn ist zu nennen. Die Reihe könnte man fortführen. Von daher hat es mich zutiefst schockiert, dass man eben von ganz rechts außen von Schrottstahlwerken ge

(Abg. Ahr (SPD) )

sprochen hat. Die Kolleginnen und Kollegen der Stahlindustrie arbeiten in Hightech-Industrieanlagen. Sie sorgen mit diesen Hightech-Industrieanlagen, die zwar Schrott brauchen, die aber keine Schrottindustrie ist, dafür, dass Kaufkraft und Wohlstand in diesem Land bleiben.

Ich kann allen Saarländerinnen und Saarländern und Stahlarbeiterinnen und Stahlarbeitern nur zurufen: Hören Sie sich an, was man über Schrottstahlwerke gesagt hat. Dann wägen Sie ab, wer sich für Ihre Arbeitsplätze einsetzt und wer nicht.