Protokoll der Sitzung vom 04.12.2024

Wir haben diese Wertigkeiten jetzt in den Vordergrund gestellt. Wenn man sich vor Augen führt, dass wir im März dieses Jahres den ersten Entwurf auf den Weg gebracht haben, dass wir im Juni 2024 die erste Überarbeitung und im Juli und August die externe Anhörung hatten, dann wird deutlich, dass wir richtig schnell unterwegs waren. Zu nennen sind eine Vorlage, die den sozialen und bezahlbaren Wohnraum in den entsprechenden Förderkulissen abbildet, die Landesbauordnung und als Drittes - Sie haben mich richtig zitiert - kommt der Landesentwicklungsplan. Ich sage ganz bewusst, dass das eine auf dem anderen aufbaut. Wir wollen das logisch in die Umsetzung bringen. Wir nehmen uns die Zeit, die wir brauchen. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir uns nicht schämen müssen. Wir sind ordentlich unterwegs. Wenn ich mir die Zeitabläufe der vergangenen Jahre anschaue, brauchen wir uns nicht zu schämen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall von der SPD.)

Etwas mehr Bereitschaft, im sozialen Wohnungsbau zu investieren, haben Sie angemerkt. Ich bin Ihnen sehr dankbar, Herr Kollege, weil das noch mal deutlich macht, dass in der Regel nicht wir als Land diejenigen sind, die bauen, sondern das sind Investoren. Das sind diejenigen, die Rahmenbedingungen dafür brauchen, dass sie ihr Geld investieren. Das haben wir, wie ich finde, in ausgezeichneter Art und Weise gemacht.

Zum Nachsteuern und Nachbessern: Wir befinden uns gerade im parlamentarischen Verfahren und sind mit einer Landesbauordnung hineingegangen, die schon vieles von dem aufgenommen hat, was sich beispielsweise die Architektenkammer, die Ingenieurkammer, der AGV Bau und andere vorstellen können. Wir sind offen beziehungsweise freuen uns sogar über Vorschläge, die es geben wird. Wir haben keine Angst, das Gegenteil ist der Fall: Wir freuen uns darauf. Am Ende wollen wir eine praxistaugliche Landesbauordnung, die einfacher, schneller und nachhaltiger zum Ausdruck und in die Umsetzung bringt, was alle wollen.

Ich zitiere aus der Süddeutschen Zeitung. Unter der Überschrift „Branche begrüßt neue Landesbauordnung“ war im August dieses Jahres zu lesen, was die Interessenvertreter davon halten: „Vertreter von Architekten und Bauwirtschaft im Saarland reagieren positiv auf das Vorhaben der Regierung, die Landesbauordnung zu novellieren. Diese soll entbürokratisiert und dadurch unkomplizierter, verständlicher und anwendungsfreundlicher gestaltet werden. ‚Das geht absolut in die richtige Richtung‘, sagte

(Minister Jost)

die Geschäftsführerin der Architektenkammer, Carmen Palzer. (…) Christian Ullrich, der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes der Bauwirtschaft, unterstreicht: ‚Der Zeitpunkt dafür könnte nicht besser gewählt sein.‘“ Es geht weiter: „Deshalb begrüße die saarländische Bauwirtschaft ‚ausdrücklich‘ die Pläne von Bauminister Reinhold Jost, mit einer umfassenden Reform das Bauen, insbesondere von Wohngebäuden, einfacher, schneller und kostengünstiger zu machen. (…) Ein Motto in der neuen Bauordnung lautet: So viel Brandschutz wie nötig, so viel Freiheit wie möglich.“ Zu diesem Beispiel ein Zitat von Carmen Palzer: „Das würde eine große Erleichterung bedeuten, ohne eine Gefährdung herbeizuführen. (…) Alexander Schwehm zeigte sich zufrieden, dass viele Anregungen, die die Architektenkammer vorgebracht habe, in dem neuen Entwurf berücksichtigt worden seien.“ Wie der Arbeitgeberverband der Bauwirtschaft im Saarland begrüßen Architektenkammer und Ingenieurkammer, dass die neue Bauordnung den sogenannten Gebäudetyp E - einfach und experimentell - aufgreift. Zeit und Kosten können damit gespart werden. „Bauherren und Nutzer könnten künftig abwägen, ob sie Abstriche im Komfort hinnehmen - etwa beim Schallschutz - dafür aber kostengünstiger bauen beziehungsweise mieten.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist das, was wir vorhatten. Ich bin sicher, dass es uns gelingen wird, das praxisorientiert, nicht verkopft auf den Weg zu bringen und niemandem irgendwelche Regelungstatbestände „vor die Latz zu knallen“. Wir haben ein Interesse daran, dass das, was wir machen, am Ende in der Umsetzung funktioniert. Ich bin mir sicher, dass das bei dieser Landesbauordnung der Fall sein wird. Ich freue mich auf die weitere Beratung und sage Dank und Anerkennung all denen, die dazu beigetragen haben. Wir sind auf einem guten Wege, was Bauen, Wohnen und Investieren im Saarland angeht. Alle sind eingeladen, daran mitzuarbeiten. - Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD.)

Vielen Dank für Ihren Beitrag, Herr Minister. Ich möchte feststellen, dass die Regierung die Redezeit um 6 Minuten und 38 Sekunden überschrit ten hat. Diese Zeit wird den Fraktionen zugerechnet. - Als nächster Redner hat nun erneut Herr Patrick Waldraff von der CDU-Landtagsfraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es gut, dass wir diese Debatte relativ emotionslos führen, weil es ein wichtiges Thema ist und die Ausgangslage, wie

ich sie eben beschrieben habe, mit den zurückgehenden Zahlen bei den Baugenehmigungen dramatisch ist, weil bundesweit zu wenig Wohnungen gebaut werden, und zwar viel zu wenig. Man muss auch noch mal sagen, dass wir im Saarland nach wie vor Schlusslicht sind, was den sozialen Wohnraum angeht.

Herr Haas und Herr Jost, Sie haben beide ein bisschen kritisiert, dass ich gesagt habe, die Landesbauordnung sei überfällig. Sie ist angesichts dieser Ausgangslage tatsächlich überfällig, unabhängig davon, wer wann was nicht gemacht hat. Es geht nicht darum, Vorwürfe zu machen, sondern nach vorne zu kommen. Deswegen ist sie überfällig, weil die Ausgangslage es erfordert.

Herr Jost, Sie haben gesagt, seit das Landeswohnraumförderungsgesetz verabschiedet ist, seien schon Erfolge erzielt worden. Man muss anerkennen, dass das Land sehr viel baut, insbesondere studentischen Wohnraum. Mit dem Landeswohnraumförderungsgesetz geht es aber auch darum, dass man die Rahmenbedingungen für private Investoren setzt. Ich erinnere mich: Die Debatte dazu war im Juni und im August gab es einen großen Artikel in der Saarbrücker Zeitung mit der sinngemäßen Überschrift: Reinhold Jost sieht die Trendwende beim sozialen Wohnungsbau. - Innerhalb von zwei Monaten kann man meines Erachtens keine Trendwende erkennen. Aus meiner Sicht hat bei der Kommunikation etwas nicht ganz gestimmt. Deswegen habe ich eben darauf bestanden und gesagt, es sei wichtig, dass wir hier ehrlich sind, dass wir uns die Förderprogramme im Einzelnen anschauen und dass wir dann, wenn die Mittel nicht abgerufen werden sollten, noch mal nachbessern und versuchen, die Rahmenbedingungen weiter zu optimieren. Die Bundesbauministerin Geywitz war im August hier. Sie hat sich hinreißen lassen, das Saarland für die tolle Entwicklung beim sozialen Wohnraum zu loben. Es war ein bisschen offensichtlich, dass das Ihrer Kommunikation sozusagen den notwendigen Rückhalt geben sollte.

Abschließend: Bundesweit wird viel zu wenig gebaut, im Saarland auch. Wir müssen aufpassen, dass das nicht zur sozialen Frage wird. Wir brauchen bezahlbaren Wohnraum. Deswegen sind die Schritte in Ordnung, die bisher gemacht wurden. Wir werden sie weiterhin positiv begleiten. - Vielen Dank.

(Beifall von der CDU.)

Danke, Herr Waldraff. - Als nächster Redner hat erneut Herr Sascha Haas das Wort.

(Minister Jost)

Ich mache es ganz kurz, weil ich schnell telefonieren muss, weil gerade der Siedlungsaufsichtsrat tagt, zu dem ich leider nicht kann. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Patrick Waldraff, ich bin vollkommen bei dir, wenn es darum geht, dass wir regelmäßig - das haben wir in der Debatte zum Wohnraumförderungsgesetz besprochen - schauen müssen, ob das, was wir im Wohnraumförderungsgesetz haben, und auch die Förderprogramme, die dazugehören, in die Zeit passen, ob sie angepasst werden müssen oder ob wir Förderprogramme für neue Zielgruppen brauchen. Wir müssen aber erst mal feststellen, dass wir einen Riesenerfolg erreicht haben, indem es jetzt überhaupt ein Wohnraumförderungsgesetz in diesem Land gibt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir können als SPD stolz darauf sein, dass wir die Grundlage dafür legen, dass noch mal gebaut werden kann.

Um auf deine Frage zurückzukommen, ob denn nur das Land baue: Nein. Aus diesem Grund muss ich auch gleich rausgehen, um schnell zu telefonieren. Seit 20 Jahren hat die Kommunale Siedlungsgesellschaft der Stadt Saarbrücken nicht mehr gebaut, weil es keine Förderprogramme gab, die attraktiv genug gewesen wären, um ein Bauen anzuschieben. Wir haben jetzt dank des Förderprogramms, das der Bauminister schon vor dem Wohnraumfördergesetz vorgestellt hat, und dank des Wohnraumfördergesetzes das erste Mal seit 20 Jahren wieder die Gelegenheit, in Saarbrücken ins Bauen zu kommen. Wir werden auf dem Eschberg noch einmal bauen. Das, lieber Patrick Waldraff, zeigt, dass das, was die SPD-Landesregierung hier umsetzt, wirklich am Ende den Menschen in unserer Stadt, aber natürlich auch den Menschen in den anderen Städten und Gemeinden zugutekommt. Das wollte ich hierzu nur als Beispiel noch sagen. - Ich danke für die Aufmerksamkeit. Glück auf!

(Beifall von der SPD.)

Danke, Herr Kollege Haas. Weitere Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache. Es wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf an den Ausschuss für Inneres, Bauen und Sport zu überweisen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf Drucksache 17/1268. Wer für die Annahme des Gesetzentwurfs Drucksache 17/1268 in Erster Lesung unter gleichzeitiger Überweisung an den Ausschuss für Inneres, Bauen und Sport ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Ich stelle fest, dass der Gesetzentwurf Drucksache 17/1268 in Erster Lesung einstimmig angenom

men und zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Inneres, Bauen und Sport überwiesen ist. Zugestimmt hat die SPD-Fraktion, enthalten haben sich die Fraktionen von CDU und AfD.

Wir kommen nun zu Punkt 7 der Tagesordnung:

Erste Lesung des von der CDU-Landtagsfraktion eingebrachten Gesetzes zur Erweiterung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung auf Fälle häuslicher Gewalt (Drucksache 17/1282)

Zur Begründung erteile ich Frau Abgeordneter Anja Wagner-Scheid das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich lege Ihnen heute für die CDUFraktion das Gesetz zur Erweiterung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung auf Fälle häuslicher Gewalt vor. Wir sprechen heute das dritte Mal in Folge über das Thema häusliche Gewalt und über das Thema Gewalt an Frauen. Ich glaube, das ist auch notwendig.

Ich möchte uns noch einmal die Zahlen des ersten Lagebildes zur geschlechtsspezifischen Gewalt gegen Frauen vor Augen halten, die Zahlen in Erinnerung rufen; das zeigt, dass es jetzt einfach notwendig ist, voranzugehen: 180.715 weibliche Opfer häuslicher Gewalt in Deutschland im letzten Jahr, 52.330 weibliche Opfer von Sexualstraftaten, 17.193 weibliche Opfer von digitaler Gewalt, 591 weibliche Opfer von Menschenhandel und 938 weibliche Opfer von Femiziden im letzten Jahr in Deutschland. 938 versuchte und vollzogene Tötungen an Frauen aufgrund von Frauenhass oder als Trennungstötung. Das sind aber nur die Zahlen, die wir kennen, weil sie durch eine Anzeige der Polizei bekannt geworden sind; das Dunkelfeld ist weitaus größer, das wissen wir alle. Und die Zahlen steigen jedes Jahr: Im letzten Jahr 155 Frauen, die von ihrem Partner oder Expartner umgebracht worden sind, zwei davon im Saarland, zudem sieben versuchte Tötungen im Saarland.

Wir haben beim letzten Mal bereits über Spanien gesprochen, wo man ja ein eigenes Modell auf den Weg gebracht hat. Der Nutzung dieses Modells haben sich mittlerweile auch die Schweiz und Frankreich angeschlossen. Unserer Meinung nach ist dieses spanische Modell auch ein Vorbild für das, was wir in Deutschland tun sollten.

Ich hatte Ihnen das letzte Mal auch den Fall von Ana Orantes vorgestellt, die Ende des letzten Jahrtausends von ihrem Mann umgebracht worden ist, nach 40 Jahren voller Qual, nach Jahrzehnten als Opfer von Vergewaltigung. Ich will Ihnen nun aber mit einem anderen Fall zeigen, dass das nicht nur Geschehnisse sind, die weit

weg von uns auftreten. Ich darf Ihnen berichten von Hanna F. Ich zitiere aus einer Ausgabe der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, aus einem Artikel unter der Überschrift: „Er schoss 48 Mal auf seine Frau - trotz Kontaktverbot“. Ich will Ihnen einige Zeilen aus dem Artikel vorlesen.

„Hanna F. sucht Schutz, als sie am 16. Novem ber 2020 ein Näherungsverbot gegen ihren Ehemann erwirkt. Er akzeptiert nicht, dass sie sich trennen will. Im Streit hat er sie geschlagen, in ihr Gesicht getreten und ihre Nase gebrochen. Die Richter untersagen Hartmut F., die gemeinsame Wohnung zu betreten und sich dieser mehr als 100 Meter zu nähern. Seine Frau darf er weder anschreiben noch anrufen. Orte, an denen sie sich regelmäßig aufhält, muss er meiden. Hanna F. tauscht das Schloss an ihrer Haustür und installiert eine Kamera, um den Eingang zu überwachen. Dass der Beschluss des Gerichts sie nicht wirklich schützen wird, scheint sie da bereits zu ahnen.

Und tatsächlich, Tage später beginnt Hartmut F., seine Frau anzurufen. Er schreibt ihr Briefe. Er versucht, über die gemeinsamen Kinder zu erfahren, mit wem sie ihre Zeit verbringt. So geht es monatelang, trotz des Näherungsverbotes. Dann verwanzt er ihr Auto mit einem GPSTracker. Am 19. Mai 2021 fährt er ihr hinterher, in einem Auto, das er geliehen hat. Vor dem Haus ihres neuen Partners in Dänischenhagen in Schleswig-Holstein steigt sie aus und geht zur Tür. In diesem Moment zielt Hartmut F. mit einer Uzi auf seine in Trennung lebende Frau. 48 Schüsse feuert er aus der Maschinenpistole auf sie ab. Auch ihren neuen Partner erschießt er. Wenig später tötet er mit einer Selbstladepistole einen Freund von Hanna F., der sie nach der Trennung unterstützt hatte.“

Schicksale wie das von Hanna F. finden wir alle, wenn wir in Google nachschauen, wenn wir „Femizide“ googeln. Hanna F., Ana Orantes, sie haben Gesichter, wie die 155 Frauen im letzten Jahr in Deutschland. Deshalb sind wir gut beraten, bei diesem Thema mehr zu tun.

Die CDU Saar hat im vergangenen Jahr dazu bei ihrem Parteitag einen Beschlussantrag gefasst, wir haben uns einstimmig für die Fußfessel für Gewalttäter ausgesprochen. Hessen hat vor einigen Wochen eine Bundesratsinitiative auf den Weg gebracht, dieser haben alle Bundesländer zugestimmt. Der Antrag wird nun in den Ausschüssen beraten. Der Weiße Ring hat eine Kampagne auf den Weg gebracht, bei der bundesweit Politikerinnen und Politiker, Bürgerinnen und Bürger gebeten werden, diese Unterschriftenkampagne „Fesseln für die Täter, Freiheit für die Opfer“ zu unterstützen. Roland Theis, vielen Dank für eure Initiative! Sie ist dringend notwendig. Ich weiß ja von dir, Roland, dass schon sehr viele Menschen unterschrieben haben und dass auch Mitglieder dieses Kabinetts die Kam

pagne unterstützen. Vielen Dank für diese Unterstützung, vielen Dank auch für die Unterstützung hier im Parlament!

(Beifall von der CDU und bei der SPD.)

Was können wir tun? Wir legen Ihnen heute unseren Gesetzentwurf vor. Es ist ja immer einfach zu sagen, die da in Berlin müssten das endlich regeln, der Bundesrat müsse schnell entscheiden, er müsse dazu schnell tagen. Deshalb legen wir - wir haben es ja bereits in mehreren Runden angedeutet - Ihnen heute einen Gesetzentwurf zur Änderung des SPolDVG vor und bitten um Ihre Unterstützung.

Was wollen wir erreichen? Wir wollen die elektronische Aufenthaltsüberwachung, die derzeit schon möglich ist, ausweiten auf Fälle häuslicher Gewalt. Wir wollen sie dann möglich machen, wenn ein Näherungs- und Kontaktverbot, wie eben beim Fall Hanna F. beschrieben, nicht eingehalten wird. Wir möchten erreichen, dass in diesem Fall ein Gericht eine elektronische Fußfessel anordnen kann. Außerdem wollen wir, dass ein Gericht auch ohne diese vorherigen Verbotsmaßnahmen bereits dann eine elektronische Fußfessel anordnen kann, wenn in ganz schweren Fällen Leib und Leben der Frau und der Kinder in Gefahr stehen. Das sind nur kleine Änderungen in einem Gesetz, sie können aber dazu beitragen, dass im Saarland Frauen geschützt werden, Menschen geschützt werden. Ich bitte herzlich um Ihre Unterstützung.

(Beifall von der CDU und bei der SPD.)

Um Sie bei Ihrer positiven Entscheidung noch etwas zu bestärken, möchte ich darauf hinweisen, dass das Saarland diesen Weg nicht alleine beschreiten würde. Nachdem Hessen die erwähnte Bundesratsinitiative auf den Weg gebracht hat, haben auch andere Länder Initiativen in ihren Landesparlamenten angestoßen: Hessen ändert ebenfalls sein Landespolizeigesetz. Auch Schleswig-Holstein macht sich auf den Weg, ebenso Berlin. Wir könnten also im Geleitzug der Länder entsprechende Verbesserungen für die Frauen und für deren Schutz in unserem Land auf den Weg bringen.

Ich will abschließend noch sagen, wessen es über diese Änderung hinaus bundesweit, in allen Ländern, noch bedarf: Wir brauchen mehr Sichtbarkeit für das Thema und mehr Aufklärung über das Thema. In meinen Gesprächen habe ich erfahren, dass viele gar nicht wissen, was ein Gewaltschutzantrag ist. Jede Frau und jeder Mann kann einen Gewaltschutzantrag stellen. Ich habe auch gesehen, dass auf unseren Seiten, auf unserer Homepage saarland.de, ein solcher Antrag verfügbar ist. Aber viele wissen eben gar nicht, dass diese Möglichkeit besteht.

Wir brauchen zudem mehr Daten und mehr Forschung. Die Forschungslage ist bei dem The

(Abg. Wagner-Scheid (CDU) )

ma wirklich dünn. Wir brauchen mehr Prävention. Wir brauchen bundesweit ein Gewalthilfegesetz und damit verbunden einen Rechtsanspruch auf Frauenhausplätze und mehr Beratung. Wir brauchen eine geschulte Polizei und eine sensible Justiz, die bei den Fällen von häuslicher Gewalt sensibel und bewusst agieren. Wir müssen frauenfeindlichen Entwicklungen gerade in den sozialen Medien entgegenarbeiten und sie bekämpfen. Eine Aufgabe für jedes Elternhaus, für die Schule, für die Jugendhilfe, auch für uns selbst, einfach bewusster mit dem umzugehen, was wir jeden Tag auf unserem Handy verfolgen, und dann, wenn es frauenfeindlich und menschenverachtend ist, diese Dinge auch zur Anzeige zu bringen. Wir müssen gemeinsam hinschauen und Hilfe anbieten. Auch das ist ganz wichtig, jeder kann in seinem Nahraum darauf hinweisen, welche Beratungsstellen es gibt und welche Wege die richtigen sind, die eine Frau oder auch ein Mann gehen kann.

Unser Appell ist: Jede Frau sollte sich im Saarland frei und geschützt bewegen können. Deshalb bitte ich herzlich um Ihre Unterstützung für unseren Gesetzentwurf. - Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der SPD.)

Vielen Dank, Frau Wagner-Scheid, für die Begründung. Ich eröffne die Aussprache. Wortmeldungen sind eingegangen. - Als erste Rednerin hat nun das Wort von der SPD‑Landtagsfraktion Frau Sevim Kaya-Karadağ.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Saarländerinnen und Saarländer! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Gewalt gegen Frauen, ein Thema, das keine Ausreden duldet, keine Vertagungen und keine leeren Versprechungen, denn jede Tat ist eine zu viel. Wir reden über Gewalt gegen Frauen gerne in Zahlen, schockierend hohen Zahlen: Vorfälle, Delikte, Morde, Femizide. Hinter diesen Zahlen steckt das Leid von Frauen, ihre Geschichte, ihr Schicksal. Geschichten von Frauen, die nicht mehr hier sind, weil wir es als Gesellschaft nicht geschafft haben, sie zu schützen.

Eine Geschichte handelt von einer Frau in Berlin. Sie war 36 Jahre alt, Mutter von vier Kin dern. Ihre Ehe war vorbei, doch ihr Expartner konnte das nicht akzeptieren. In der Ehe war es mehrfach zu Gewalt gekommen, verbal und körperlich. Sie trennte sich und erwirkte ein Annäherungsverbot gegen ihn, ein rechtliches Instrument, das sie schützen sollte. Er ignorierte das Verbot und griff sie in ihrer Wohnung an. Er kehrte ungehindert in die Wohnung zurück, sie kehrte nicht ins Leben zurück. Sie hinterlässt