Protokoll der Sitzung vom 25.01.2008

(Beifall bei der CDU)

Noch etwas möchte ich dazusagen: Industrie ist nicht nur Geschichte. Ich fand es schade, dass Sie das Thema Industrie nur auf Geschichte reduziert haben. Wir haben im Landkreis Aue/Schwarzenberg nicht nur ein Eisenwerk Pöhla, das nicht mehr existiert; sondern noch drei andere Eisenwerke mit mehreren hundert Beschäftigten – in Schwarzenberg, Lößnitz und Schönheide. Ich möchte, dass diese Eisenwerke auch als Eisenwerke erhalten bleiben; und solange Sie bei der Energiepolitik in Deutschland nicht das Sagen haben, bleiben es auch

Eisenwerke, die wirtschaftlich gut arbeiten und in denen die Leute täglich ihr Brot verdienen.

(Beifall bei der CDU)

Wenn Sie aber weiterhin Ihre Energiepolitik verfolgen könnten, wie Sie es auf Bundesebene getan haben, dann könnten wir in der Tat noch die anderen drei – gut funktionierenden – Eisenwerke in Museen umwandeln. Aber das ist mit der CDU nicht zu machen.

(Zuruf des Abg. Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE)

Das musste einmal gesagt werden.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Gern, von dem Kollegen immer.

Herr Kollege Krauß, wen meinen Sie denn mit „Sie“?

Ich habe Herrn Dr. Gerstenberg von den GRÜNEN angesprochen. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, die FDP zu meinen.

Wir wollen junge Menschen auch für die Naturwissenschaften begeistern und ihr Interesse wecken, damit sie technische Berufe ergreifen oder ein naturwissenschaftliches Studium aufnehmen. Dabei richten wir uns besonders an Mädchen und junge Frauen. In diesem Zusammenhang danke ich dem Kultusminister; denn in der Schule sind die Naturwissenschaften gestärkt worden. Das ist positiv zu bewerten, weil wir damit junge Menschen verstärkt für Berufe interessieren können, die im naturwissenschaftlichen Bereich liegen; dort haben wir großen Nachholbedarf.

Im vergangenen Jahr war der Männeranteil in einigen Studienrichtungen besonders hoch; die Studenten haben dort ganz besonders wenige Kommilitoninnen gesehen. Es handelte sich insbesondere um naturwissenschaftliche Studienrichtungen wie Fahrzeugtechnik, Elektrotechnik, Maschinenbau, Informatik und Physik. Ich wünsche mir, dass wir auch bei Mädchen Begeisterung für diese Fächer wecken können. Mädchen sind mit Sicherheit genauso intelligent wie Jungen und bekommen das genauso gut hin. An der Erreichung dieses Zieles wird gearbeitet. Ich nenne von den vielen Veranstaltungen nur den Girls’ Day, mit dem junge Frauen für die genannten Fachrichtungen begeistert werden sollen.

Es gibt aber auch Verbände, die organisieren, und Vereine, die sich einbringen. Ich erinnere daran, dass in dieser Woche die Ingenieurkammer Sachsen eine Stiftung auf den Weg gebracht hat. Das ist ein wichtiges Vorhaben, mit dem man junge Menschen begeistern will. Herr Hasenpflug, der Regierungspräsident, sagte auf der Veranstaltung zu Recht: Früher konnte der Junge seinem Vater,

wenn dieser unter dem Auto lag, um es zu reparieren, den Schraubenschlüssel reichen. Das geht heute nicht mehr so, weil die Technik so kompliziert geworden ist. – Damit hat Herr Hasenpflug recht. Er sagte auch, bei der Fahrradreparatur wäre das ebenfalls so. Ich glaube, beim Fahrrad kann man heute zumindest noch das Rad selbst wechseln.

Richtig ist: Man hat im Alltag vielleicht etwas weniger mit Technik zu tun. Deswegen sind Industriedenkmäler und Museen so wichtig. Im Industriemuseum Chemnitz kann man sich eine riesige Dampfmaschine anschauen, im Horch-Museum Zwickau den Horch Phaeton von 1911. Im Markus-Röhling-Stolln in Annaberg kann man ein neun Meter hohes Kunstrad betrachten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wünschen uns, dass sich Jungen und Mädchen für technische Berufe interessieren. Dazu kann die Industriekultur einen wichtigen Beitrag leisten.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Wird von den Fraktionen noch das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Dann Frau Ministerin Dr. Stange, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das scheint wieder ein Thema zu sein, zu dem es quer durch die Fraktionen große Einmütigkeit gibt. In den Redebeiträgen ist ein breites Bekenntnis zur Industriekultur in Sachsen zum Ausdruck gekommen. Das freut einen natürlich, wenn man für diesen Bereich verantwortlich ist. Ich hoffe – wie bei anderen Themen auch –, dass dieses Bekenntnis in konkretes materielles Handeln umgesetzt wird.

Herr Krauß, eine kleine Anmerkung zu dem, was Sie soeben gesagt haben: Während Ihrer Anekdote mit dem Schraubenschlüssel ist mir durch den Kopf gegangen, dass das Problem nicht nur darin besteht, dass die Autotechnik komplizierter geworden ist, sondern auch darin, dass die jungen Menschen oftmals gar nicht mehr wissen, was ein Schraubenschlüssel ist.

(Beifall der Abg. Margit Weihnert, SPD)

Auch deshalb ist das Thema „Industriekultur in Sachsen: Potenziale ausschöpfen – Technikbegeisterung und Forscherdrang fördern“ richtig gesetzt. Wir haben vor genau einem Jahr dem Ausschuss für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien eine umfassende Beantwortung der Anfragen der Koalitionsfraktionen übermittelt. Dabei haben wir zahlreiche Argumente aufgegriffen, die auch heute im Raum gestanden haben.

Sachsen ist wie kaum ein anderes Bundesland aufgrund seiner historischen Entwicklung durch einen Dualismus geprägt: Auf der einen Seite legten kunst- und kultursinnige Kurfürsten und Könige über Jahrhunderte hinweg Sammlungen an, auf denen heute insbesondere Dresdens Weltgeltung im kulturellen Bereich beruht. Auf der

anderen Seite gehörte Sachsen durch den Aufschwung des Montanwesens im 12. sowie im 16. und 17. Jahrhundert und dann vor allem als Kernland der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert stets zu den technischwissenschaftlich und ökonomisch fortschrittlichsten Regionen Deutschlands – wie heute übrigens immer noch. Den Ruf, Ingenieur- und Wissenschaftsland zu sein, trägt Sachsen heute noch.

Erben dieser erfolgreichen Entwicklung Sachsens sind sowohl außerordentlich bedeutende Kunstmuseen als auch die herausragende Vielzahl von Zeugnissen der industriellen Kultur und die Kulturdenkmäler, von denen hier schon die Rede war. Beides gilt es zu erhalten und zu pflegen, weil dadurch die besondere sächsische Identität von beiden Seiten, in dieser Dualität, mitbestimmt wird und weil dieses Erbe Grundlage für die heutige erfolgreiche Fortentwicklung des Freistaates ist. Dieses Erbe ist ein Pfund, mit dem Sachsen in der Gegenwart und, wie es schon anklang, auch in Zukunft wuchern kann.

Mit der zielgerichteten Ansiedlungspolitik sowie den nachhaltigen Investitionen, die in den Bereichen Wissenschaft und Kultur gefolgt sind, konnte hier überaus positiv angeknüpft werden. Der Dualismus, von dem ich gesprochen habe und der sich über Jahrhunderte aufgebaut hat, kennzeichnet also nicht nur die Vergangenheit, sondern nach wie vor auch unsere Kulturlandschaft der Gegenwart.

Beide Aspekte sind in der Industriekultur vereint. Die fortgeschrittene Technik und die prosperierende Wirtschaft schufen letztlich die Grundlagen für Reichtum und Entwicklung. Die aufblühende Industrie auf der einen Seite sowie der Reichtum an Bildung und Kunst auf der anderen Seite bedingten und bedingen sich nach wie vor gegenseitig. Deswegen muss es selbstverständlich sein, dass auch die Industriekultur durch Freistaat, Kommunen und Wirtschaft angemessen gefördert wird. Darin sind wir uns – zumindest habe ich die Redebeiträge so wahrgenommen – vollkommen einig.

Nur: Es darf nicht bei Sonntagsreden oder bei Reden hier im Parlament bleiben. Ich betone noch einmal: Es geht nicht nur um eine Verantwortung des Freistaates für Denkmale. Insofern wundere ich mich ein bisschen über die Worte aus der FDP-Fraktion, die doch ansonsten auch die Verantwortung der Wirtschaft anmahnt. Ich wünsche mir, dass nicht nur die Kommunen, sondern auch die Wirtschaft stärker auf ihr eigenes – auch kulturelles – Erbe Wert legen und die Industriedenkmäler bis hin zu Museen fördern.

(Beifall der Abg. Margit Weihnert, SPD, und Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE)

Teilweise geschieht es, aber nicht in ausreichendem Maße.

Das Erbe unserer wirtschaftlichen Entwicklung enthält eine Vielzahl von Potenzialen für die gegenwärtige, vor allem aber für die zukünftige Prosperität unseres Landes. Der Zweckverband Sächsisches Industriemuseum, der erst

(Beifall bei der SPD) 1997 gegründet wurde, kann und soll nach wie vor Hauptträger dieses herausragenden Erbes unserer Industriekultur sein.

Der Freistaat Sachsen war bis 2004 Mitglied im Zweckverband. So war damals der Vertrag geschlossen worden. Nach dem Ausscheiden des Freistaates ist in der Koalitionsvereinbarung – Frau Dr. Raatz hat bereits darauf hingewiesen; in dem Vertrag war schon festgelegt, dass der Freistaat auch hinsichtlich der Finanzierung aus dem Zweckverband aussteigt – eine jährliche Absenkung der Mittel um 7 % vereinbart worden.

Hintergrund für das finanzielle Zurückziehen des Freistaates aus dem Zweckverband war auch die Annahme, dass die Mitgliedskommunen und die Wirtschaft sowie der Zweckverband als Ganzes sich perspektivisch deutlich stärker finanziell selbst tragen könnten. Wir stellen allerdings fest – das kann ich erst seit einem Jahr sagen –: Wenn der Zweckverband Sächsische Industriemuseen tatsächlich dem notwendigen Anspruch, der heute auch hier formuliert wurde, gerecht werden soll, seine Wirkung in der Wahrung und Pflege der Industriekultur weiter zu entfalten und eine entsprechende Ausstrahlung zu entwickeln, dann gehört die derzeit geplante schrittweise Kürzung des staatlichen Zuschusses tatsächlich auf den Prüfstand.

Über die Höhe, aber auch über die Art und Weise der Unterstützung durch den Freistaat wird auf der Grundlage einer stimmigen Entwicklungskonzeption des Zweckverbandes zu entscheiden sein; denjenigen, die das bereits eingefordert haben, kann ich nur zustimmen. Wir sind derzeit dabei – auch im Rahmen der Entwicklung der Museumskonzeption als Ganzes –, den Zweckverband dazu zu bewegen, diese Entwicklungskonzeption möglichst bald auf den Tisch zu legen. Ziele dieser neuen Konzeption sind die Erhöhung der Effektivität sowie der inhaltlichen Koordinierung der Industriemuseen und der industriellen Denkmale und damit eine Verstärkung ihrer überregionalen Ausstrahlung.

Ein Aspekt ist dabei – das ist erwähnt worden –, den Zweckverband um weitere Kooperationspartner zu erweitern. Viele Beispiele sind hier genannt worden, die derzeit nicht Teil des Zweckverbandes sind. Nur durch eine Stärkung durch weitere Mitglieder kann es gelingen, die Industriekultur im Freistaat flächendeckend zu erhalten und mit einem Effekt zu vernetzen. Ich nenne hier nur den Bergbautechnikpark in Großpösna bei Leipzig, das Technische Museum Kraftwerk Hirschfelde und möglicherweise auch weitere Einrichtungen, die als Kandidaten in Betracht kämen.

Aber – auch dieser Hinweis kam bereits – Chemnitz ist nicht allein das Industriemuseum, sondern es ist ein großes Industriemuseum im Zweckverband.

Ich will hier nicht verstärkt darauf eingehen und hinweisen, weil das viele mit ihren Redebeiträgen bis hin zu Herrn Krauß bereits getan haben, dass mit den Industriemuseen natürlich die Motivation junger Leute – übrigens auch der Eltern dieser jungen Leute – für naturwissenschaftliche und technische Berufe über diese museumspädagogischen Angebote entwickelt werden kann und muss. Ich will diese Argumente hier nicht wiederholen. In Anbetracht unserer demografischen Entwicklung, des Fachkräftenachwuchses, des Erhalts unseres Rufes als Ingenieurland spricht alles dafür, die intelligenten Frauen für diesen Bereich zu begeistern. Ich denke, wir sind da auf einem guten Weg.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will es abkürzen, weil die Beispiele genannt wurden. Ich erinnere an die Entwicklung in Nordrhein-Westfalen. Ich erinnere an die Entwicklung in Thüringen, aber auch die jüngsten Beispiele im Land Brandenburg, das sich mit dem geplanten Vorhaben – bis 2010 – IBA Fürst-Pückler-Land der nachhaltigen Nutzung und Umgestaltung von naturtechnischen und bautechnischen Hinterlassenschaften des Braunkohlenlandes verschrieben hat. Mit der dort entstehenden touristisch attraktiven Seen- und Kulturlandschaft bieten sich dann auch Synergieeffekte mit der Region Hoyerswerda/Energieverbund Knappenrode, die man natürlich mit berücksichtigen sollte. An Beispielen und Ideen mangelt es also nicht.

Künftig kann aber nur ein stabilisierter Zweckverband Sächsisches Industriemuseum eine verbesserte koordinierende Funktion übernehmen und alle ihm zugeschriebenen Aufgaben, wenn er eine zuverlässige Planungssicherheit hat – daran müssen wir bei den nächsten Beratungen unsere Anstrengungen hinsichtlich des Finanzzuschusses messen lassen – erfüllen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist auch die 2. Aktuelle Debatte, beantragt von der Fraktion der FDP zum Thema „Industriekultur in Sachsen, Potenziale ausschöpfen – Technikbegeisterung und Forscherdrang fördern“, beendet. Damit ist auch der Tagesordnungspunkt 1 abgearbeitet. Es spricht auch alles dafür, in Chemnitz einen musealen Schwerpunkt in diesem Bereich zu setzen. Das wäre ein wichtiger kulturpolitischer Akzent, der sich logisch und konsequent aus der sächsischen Geschichte ergibt.

Wir kommen jetzt zum

Tagesordnungspunkt 2

Fragestunde