Die CDU ist selbst in der Lage, für Frau Orosz zu werben; aber wer hat schon etwas gegen kostenlose Werbung von der GRÜNEN-Chefin für unsere Dresdner OBKandidatin? Wir brauchen Frauen in Spitzenpositionen, und die CDU hat damit bereits begonnen. Dass wir Frauen und Männer in unserer Gesellschaft gleichermaßen fördern wollen, darüber sind wir uns im Hohen Hause sehr schnell einig.
Sie jedoch, liebe Frau Hermenau, bedienen gerade jene Stereotype, welche in einer differenzierten Betrachtung zum geschlechtsspezifischen Umgang mit Frauen und Männern eben nichts zu suchen hat. Sie sagen, Männer seien aggressiv, stark und hart, gleichsam verantwortungslos, und sie bremsen die Karriere von Frauen. Sind es nicht gerade solche Stereotype, Frau Hermenau, welche der Forderung nach der Gleichheit der Geschlechter entgegenstehen und unser Bild von „typisch Frau“ und „typisch Mann“ zementieren?
Ihre Argumentation bedient lediglich Vorurteile, bringt uns aber keineswegs voran. Es ist so, dass sich das traditionelle Rollenbild von Männern und Frauen auflöst. Das heißt aber nicht, dass Frauen zunehmend dominierender werden. Das heißt auch nicht, dass Männern nur die Wahl zwischen den Rollen „Alphatier“ oder „Untertan“ bleibt,
wie es die GRÜNEN behaupten. Es gibt vielfältige Männer- und Frauenbilder in der Gesellschaft. Deshalb ist eine Debatte, die sich an Klischees von „typisch Mann“ und „typisch Frau“ orientiert, längst überholt.
Wir brauchen Fakten sowie eine sachliche und differenzierte Debatte über die Situation. Lassen Sie uns also gemeinsam die Welt der Klischees und Vorurteile schnell wieder verlassen!
Im Geschlechterthema berühren sich entwicklungs- bzw. lernpsychologische, soziokulturelle und wirtschaftspolitische Aspekte. Deshalb kann es eben keine einfache und keine einzige Antwort auf die Frage geben, wie man mit der Situation von Männern im Freistaat Sachsen umgeht. Hier können nur langfristige politische Maßnahmen zum Erfolg führen, die sich auf wissenschaftliche Analysen stützen. Es braucht eine Veränderung in unseren gewohnten Denkkategorien.
Frauen und Haushalt sowie Männer und Erwerbsarbeit werden als Rollenmuster unserer Zeit nicht mehr gerecht. Auch Männer übernehmen Erziehungsarbeit. Das Elterngeld, forciert durch die CDU in der Bundesregierung, hat dazu bereits seinen Beitrag geleistet. Es ist eine erste erfolgreiche Maßnahme, mehr Männern die Teilnahme an der Kindererziehung zu ermöglichen. Erst kürzlich hat das Familienministerium die Zahlen veröffentlicht. Sie zeigen: Immer mehr Männer beantragen das Elterngeld, und immer mehr Kinder werden geboren.
Der bundesweite Anteil der „aktiven“ Väter liegt bei durchschnittlich 12,4 % – ein enormer Anstieg, bedenkt man, dass die männlichen Antragsteller Ende September 2007 nur knapp 10 % und vor der Einführung des Elterngeldes gerade mal 2,5 % ausmachten.
Im Jahresdurchschnitt haben hier 9,7 % der Männer und im IV. Quartal des Jahres 2007 sogar 12,4 % das Elterngeld beantragt.
Die neue Erfahrung, Vater zu sein, liegt für mich nicht in weiter Ferne, sie ist täglich greifbar, und ich freue mich darauf,
auch darauf, mit meiner Frau Erziehungsarbeit zu leisten. Ich bin fest davon überzeugt, dass diese Begeisterung in jedem Vater existiert. Lassen Sie uns gemeinsam dafür werben, dass Männer diese Chance nutzen! Dabei ist der finanzielle Anreiz sicher ein Aspekt.
Ein anderer Aspekt – meines Erachtens der wichtigere – ist der Aufbau einer emotionalen Bindung. Eine enge und intensive Beziehung wird insbesondere in den ersten Lebensmonaten des Kindes aufgebaut. Meist bleibt die Mutter die primäre Bezugsperson. Durch seine regelmäßige Anwesenheit kann der Vater aber früh die auch für ihn wichtige Beziehung zum Kind aufbauen.
Von der Wissenschaft wird der Wert einer solchen Bindung bestätigt und gefordert. Somit ist die Förderung einer stärkeren Integration der Väter in die Erziehungsarbeit der richtige und wichtige Weg. Kinder brauchen beide, Frauen und Männer, zur Orientierung und Identifikation. Zur Vertrauensbildung brauchen neugeborene Kinder beide Eltern.
Wie wir wissen, endet die Identitätsfindung des Jungen aber nicht mit dem Elternhaus. Auch die Peer Groups werden zu immer wichtigeren sozialen Entwicklungsschritten.
Sie haben große Bedeutung. Der Kindergarten und die Schule setzen dies fort. Der Zusammenhang ist also unvermindert eng, gerade für Jungen. Deshalb brauchen Jungen nicht nur Gleichaltrige, an denen sie sich orientieren, sondern sie brauchen vor allem auch männliche Rollenbilder im Kindergarten und in der Grundschule. Das heißt, nicht nur Frauen, sondern auch Männer müssen gezielt in pädagogische Ausbildungen und Einrichtungen integriert werden.
Wir haben immer noch einen unterproportionalen Männeranteil in den Kindertageseinrichtungen und Grundschulen. Das muss sich ändern. Männer müssen auch mit Berufsgruppen vertraut gemacht werden, die bislang nicht so frequentiert von ihnen aufgesucht wurden.
Vielen Dank. – Das Gleiche gilt übrigens für Frauen, die es schon in der Schulausbildung stärker für technische Berufe zu gewinnen gilt. Es gibt mehrere ineinandergreifende Möglichkeiten, sich diesem Feld zu nähern. Der schulische Lehrplan stellt eine erste Chance bereit. Hierbei muss geklärt werden, inwieweit sich Berufsorientierung fernab von Stereotypen der Geschlechter zum Beispiel in den Ethik-Unterricht integrieren lässt.
Die Schule ist jedoch nicht nur ein Vermittler von formalen Wissensbeständen. Es wird in der Perspektive lebenslangen Lernens zunehmend wichtig, auch informales Wissen bereitzustellen. Dazu gehört ein entsprechendes Sozialverhalten, welches im Rahmen von schulischen Ganztagsangeboten zusätzlich gefördert werden kann. Auch die Vermittlung geschlechtsneutraler Berufsorientierung kann in diesem Rahmen eingeführt werden. Soziale Fähigkeiten müssen aber auch außerschulisch bzw. in Kooperation mit der Schule erworben werden.
Hier spielt das Ehrenamt eine wichtige Rolle. Schon die Entwicklungspsychologie hat auf die Bedeutung des Ehrenamtes in Bezug auf den Erwerb von Sozialkompetenz und persönlicher Autonomie hingewiesen. Da dieses überwiegend in sozialen Einrichtungen ausgeübt wird, bietet es eine große Chance gerade für Jungen, den sozialen Sektor besser kennenzulernen und sich in diesem zu engagieren. Gerade letzte Woche habe ich in der Zivildienstschule in Schleife genau das erlebt, als Jungen aus Pflegeheimen berichteten.
Meine Damen und Herren! Wir dürfen allerdings nicht vergessen, dass die Berufswahl immer noch eine individuelle und keine politische Entscheidung ist. Wir sollten, ja wir müssen die Voraussetzungen dafür schaffen, dass Jungen und Mädchen gleichermaßen mit einer großen Palette von Betätigungsfeldern vertraut gemacht werden, unabhängig von ihrer Geschlechtszugehörigkeit.
Wie die Staatsregierung betrachten auch wir die Verwirklichung von Chancengleichheit für Jungen und Mädchen als durchgängiges Prinzip von Bildung und Erziehung. Ein differenzierter Umgang mit Jungen und Mädchen erfordert aber ein differenziertes Bildungssystem. Wie wollen wir den Unterschieden zwischen männlichem und weiblichem Geschlecht wie auch den Differenzen innerhalb der Geschlechter mit der absurden Idee einer Einheits- oder Gesamtschule gerecht werden? Ich meine, gar nicht. Das gegliederte Schulsystem in Sachsen ist und bleibt deshalb ein erfolgversprechendes Modell, an dem die CDU auch weiterhin festhalten wird.
In einer Zeit der kulturellen Umbrüche und des Mangels an modernen Männlichkeitsmodellen ist es wichtig, die Jungen in ihrem Lebensprozess pädagogisch zu begleiten. Als Vorsitzender des Landesjugendhilfeausschusses setze ich mich stark für eine geschlechtsspezifische Arbeit mit Jungen ein; ein isoliertes Gleichziehen zur Mädchenarbeit ist hierbei jedoch keineswegs das angestrebte Ziel.
Ich glaube, ich bin in meiner Rede schon zu weit, als dass Ihre Frage jetzt noch passen würde, und möchte gern zum Schluss kommen.
– Daran sehen Sie, wie engagiert ich beim Thema bin. – So initiierte der Landesjugendhilfeausschuss das Modellprojekt, welches heute von der Arbeitsgemeinschaft Jugendfreizeitstätten Sachsen e. V. umgesetzt wird. Dieses Modellprojekt erprobt auf dem sozialpädagogischen Arbeitsfeld den geschlechtsbewussten Umgang mit Jungen. Es will damit eine Professionalisierungsdebatte anstoßen sowie den Austausch zwischen Wissenschaftlern und Praktikern fördern.
Ausgehend von der Annahme, dass es keine geschlechtsneutrale Wirklichkeit gibt, werden in diesem Projekt die systematisch unterschiedlichen Lebensbedingungen von Jungen und Mädchen berücksichtigt.
Das Modellprojekt darf aber keine Einzelerscheinung bleiben. Es müssen weitere Projekte folgen. Dafür setze ich mich ein. Die Jungenarbeit allein wird jedoch nicht genügen. Uns muss ein Brückenschlag in die Schulbildung gelingen, sollen diese Maßnahmen langfristig Früchte tragen. Hier zeigt sich erneut die Notwendigkeit einer intensiven Vernetzung zwischen Politik und Wissenschaft.
Nach dem Gerede über Jungen und Männer sollen die Frauen jedoch nicht außen vor bleiben. Auch sie bedürfen einer spezifischen Förderung angesichts aktueller Befunde. Auf der einen Seite erreichen Mädchen durchschnittlich bessere Schulnoten und höhere Schulabschlüsse, auf der anderen Seite sind sie im oberen Einkommenssegment stark unterrepräsentiert. Zwischen schulischer Ausbildung und Berufsausübung gibt es einen Bruch bzw. ein Ungleichgewicht. Die Ursachen zu erforschen, Missverständnisse zu beseitigen – auch das Missverhältnis zu beseitigen –, sollte unser gesellschaftliches Ziel sein.
Meine Damen und Herren! Zum Schluss möchte ich noch einen Aspekt jenseits dieser ganzen Debatte anführen. Sie, Frau Hermenau, ziehen Ihre Schlussfolgerungen aus Herder. Er hat einmal gesagt: „Jedes Weibes Fehler ist des Mannes Schuld.“
Wir möchten nicht über Fehler, sondern über Chancen sprechen. Wir möchten Unterschiede sehen, akzeptieren und nutzen, um zielführende Lösungen zu gestalten.