Protokoll der Sitzung vom 07.03.2008

Jawohl, das Tempo ist ja auf der Tagesordnung.

(Dr. Fritz Hähle, CDU: Antragsgerecht!)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die FDP hat gefordert, es soll mehr Tempo bei der Antragsbearbeitung geben. Deshalb müssen wir auch ein wenig forsch vorangehen. Vielen Dank.

Kollege Herbst, mit viel Herzblut haben Sie das Anliegen vorgetragen. Ich sage ganz offen: Ich kann die Intention voll und ganz verstehen. Auch zu mir kommen Eltern und erzählen besorgt über den Zustand von Schulen. Jeder von

uns im Parlament hat bestimmt solch ein Sorgenkind im Umfeld oder im Wahlkreis. Viele in diesem Hause haben sich auch in den letzten Monaten – so wie ich es weiß – für ihre Sorgenkinder eingesetzt, so auch ich.

Nun liegen erste Ergebnisse vor. In Dresden werden beispielsweise bis Ende März drei Bescheide ausgestellt sein, weitere werden bis Ende Mai erwartet. In Dresden sind 80 Millionen Euro beantragt. Ich denke, dass wir den einen oder anderen Betrag nach Dresden bekommen werden. Bei Ihnen in Ihren Wahlkreisen wird es ähnlich sein. Daher sollten wir dem Sächsischen Staatsministerium für Kultus für diesen Kraftakt dankbar sein.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Zur Kritik der FDP muss man Folgendes wissen: Erst mit diesem Förderjahr wurde das neue Verfahren eingeführt. Erster Ansprechpartner für Anträge ist nun die SAB. Von dieser gehen Prüfaufträge an die Sächsische Bildungsagentur und an die Oberfinanzdirektion. Dieses Verfahren ist nicht ganz neu, aber neu strukturiert. Wir sind, um es bildlich auszudrücken, gerade in einer Kurve, bevor wir in die Zielgerade kommen. Sie, meine Dame und meine Herren von der FDP, wollen nun in dieser Kurve Gas geben. Was das bewirken würde, wissen wir aus der Physik.

(Zuruf des Abg. Torsten Herbst, FDP)

Insofern glaube ich, dass das nicht wirklich ins Ziel führen würde.

Im Grunde haben wir Konsens: Wir müssen nämlich schneller vorankommen. Das Risiko, aus der Kurve zu fliegen, möchten wir aber nicht eingehen.

Bleiben wir beim Beispiel Dresden, denn da kenne ich mich ganz gut aus. Die schwierige Situation erlebe ich hautnah. So wurde in der „Sächsischen Zeitung“ vom 28. Februar über den Zustand einiger Schulen unterrichtet. Es kamen auch Eltern zu Wort. Besonders empört sind Klotzscher Eltern darüber, dass die Turnhalle des Gymnasiums erst in vier Jahren gebaut werden soll. Auch Herr Herbst hatte ja in seiner Rede ein Beispiel mit einer Turnhalle.

Herr Herbst, Sie sagen: Wir müssen schneller werden. Sprechen wir doch einmal über die Schritte, bis ein Bauprojekt umgesetzt werden kann.

Die Kommunen haben eine Schulnetzplanung. Daraus folgend gibt es eine Prioritätenliste für die Schulsanierung bzw. für die Bauprojekte. Über diese Prioritätenliste entscheidet letztendlich der kommunale Träger in seinem Haushaltsplan und seiner mittel- und langfristigen Investitionsplanung. Das muss auch so sein. In Dresden gibt es hierbei einen Investitionsstau von rund 600 Millionen Euro. Das sind 600 Millionen Euro, die durch das kluge Vorgehen der hiesigen Bürgermeister Lehmann und Vorjohann so zügig wie möglich abgearbeitet werden sollen. So zügig wie möglich heißt, auch frühzeitig mit den Detailplanungen zu beginnen. So zügig wie möglich heißt, einen genehmigungsfähigen Haushalt vor dem

Jahreswechsel vorzulegen. So zügig wie möglich heißt aber auch, eine Schulnetzplanung zu haben, die langfristig trägt und nicht jedes Jahr neu ausgewürfelt wird.

(Thomas Colditz, CDU: Gerade in Dresden – genau!)

Der Freistaat unterstützt die Kommunen, wo er kann. Die CDU hat es sich auf die Fahne geschrieben, den Schulhausbau zu forcieren. Der Ministerpräsident hat es in seiner Neujahrsansprache auch noch einmal deutlich gemacht: Schulen sind eine kluge Investition in die Zukunft. Dafür stehen wir und so wird es auch im Freistaat umgesetzt. Ich sage aber auch klar: Die Kommunen sind mit im Boot, und das nicht nur als Gast!

Die grobe Zeitschiene und viele Voraussetzungen für eine schnelle Umsetzung, beispielsweise für diese Turnhalle, werden vor Ort festgelegt. Deshalb, liebe Dame und Herren von der FDP, singen Sie Ihr Klagelied bitte auch in den Kommunen und nicht nur hier im Landtag.

Betrachten wir nun den weiteren Antragsablauf.

Ist das Bauprojekt im kommunalen Haushalt eingeordnet, wird beim Träger entsprechend geplant. Der Antrag wird bei der Sächsischen Aufbaubank eingereicht. So ist es in der neuen Richtlinie vom Januar 2008 vorgesehen. Die Sächsische Aufbaubank prüft die grundsätzliche Förderfähigkeit und die Sächsische Bildungsagentur die Nachhaltigkeit im Sinne der Schulnetzplanung. Ein stabiler Schulnetzplan, vorgelegt von der Kommune, ist da natürlich hilfreich. Sollte es sich um ein förderfähiges Volumen von über 1,5 Millionen Euro bei einer Schule in kommunaler Trägerschaft oder über 1 Million Euro bei einer Schule in freier Trägerschaft handeln, muss die Oberfinanzdirektion eine baufachliche Prüfung durchführen. Bei einer positiven Prüfung reicht am Ende die Sächsische Aufbaubank den Förderbescheid aus. Die letzte Entscheidung darüber, ob er die Förderung annimmt, liegt beim Träger. Aber wenn er die Förderung beantragt hat, ist zu erwarten, dass er sie auch annimmt.

Um es praktisch zu machen: 2007 wurden rund 400 Anträge eingereicht. Davon konnte nur ein deutlich kleinerer Teil bezüglich der Standortsicherheit bestätigt werden. Von diesen Anträgen wurden rund 90 zur Prüfung an die Oberfinanzdirektion gegeben. Das heißt, der Rest wird zwischen der Sächsischen Aufbaubank, der Sächsischen Bildungsagentur und den Ministerien entschieden.

Warum erzähle ich das so ausführlich? Das mache ich, weil nach meinem Erkenntnisstand Ende Februar bei der Oberfinanzdirektion zusätzliche Aufträge an externe Gutachter erteilt wurden, um eben bis Ende Mai, Herr Kollege Herbst, diese Anträge zu prüfen und mit einer entsprechenden Stellungnahme der Oberfinanzdirektion auszustatten.

Das hört sich, wie gesagt, kompliziert an, ist es aber aus meiner Sicht nicht. Es geht um eine Qualitätssicherung bei der Fördermittelvergabe. Gerade Sie von der FDP, aber natürlich auch der Sächsische Rechnungshof, werden sehr genau prüfen und gegebenenfalls vorhandene Mittel

verschwendung anprangern. Es ist nicht unser Geld, sondern das Geld des sächsischen und deutschen Steuerzahlers, über das wir hier reden. So wie Sie und ich an der Kaufhallenkasse darauf achten, korrektes Wechselgeld zu bekommen, hat der Steuerzahler das Recht auf eine korrekte Verwendung seines Geldes. Sie wären doch die Ersten, die auf Heller und Pfennig nachrechnen. Sie wären doch die Ersten, die die Fördermittel beispielsweise für die Turnhalle beklagen, wenn die Schule in zwei Jahren geschlossen werden müsste.

Deshalb gilt: Beantragen, prüfen, bauen und dann nachhaltig nutzen. Das sind wir unseren Kindern schuldig.

Meine Damen und Herren! Ein letzter Punkt ist mir noch wichtig. Die FDP kritisiert die anscheinende Absenkung der Förderhöhen. Tatsächlich wurde die maximale Förderhöhe für berufsbildende Schulen und Förderschulen von 75 auf 70 % gesenkt. Ein schmerzhafter Einschnitt – so sagt es zumindest die FDP. Weniger dramatisch sieht es bei den Grundschulen aus. Sie bekommen nach wie vor maximal 60 %. Bei Mittelschulen und Gymnasien fällt der Vergleich schwerer, da früher die maximale Förderhöhe nach regionaler Bedürftigkeit eingeordnet wurde und heute bei ebenfalls 60 % festgeschrieben ist.

Es ist also nicht „kriegsentscheidend“, außer man bläht – wie die Damen und Herren von der FDP – 5 % zur neuen sächsischen Gerechtigkeitslücke auf. Aber Sie sind ja mit 5 % bestens vertraut. Bei Ihnen gibt es offenbar eine besondere Sensibilität, wenn 5 % die Welt bedeuten.

Fakt ist: Die maximale Förderhöhe kann und darf nicht alles sein. Schöpfe ich mit einem Becher Wasser aus einem Eimer, leere ich ihn natürlich langsamer, wenn ich den Becher jeweils nur halb voll mache. Wir erreichen mehr für die Kinder, wenn wir nicht aus dem Vollen schöpfen, sondern möglichst viele Projekte auf den Weg bringen. Ein höherer kommunaler Anteil ist zwar wünschenswert, wenn auch nicht von jedem Kämmerer leistbar.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist ja in Ordnung, wenn Sie von der FDP sich mit der Forderung nach Entbürokratisierung profilieren wollen. Ihr Anliegen ist ja nicht völlig von der Hand zu weisen. Die Eltern und Schüler in Sachsen erwarten Schulen in einem vernünftigen Zustand. Wir haben dafür gesorgt, dass es Töpfe für den Schulhausbau gibt. Wir haben dafür gesorgt, dass die Töpfe prall gefüllt sind. Es sind auch weitere eröffnet worden, beispielsweise die Stadtsanierung. Wir werden darauf achten, dass es nun schnell vorangeht.

Es ist keine Frage: Dort, wo es klemmt, müssen die Hindernisse aus dem Weg geräumt werden. Auch wir wollen schneller vorankommen. Das Risiko, aus der Kurve zu fliegen, wollen wir aber nicht eingehen. Daher sage ich Ihnen, was heute schon funktioniert: Wie man von der Staatsregierung hört, wurde eine von der Sächsischen Staatskanzlei moderierte Koordinierungsgruppe zwischen den Ministerien eingerichtet, um einen direkten Draht zwischen Kultusministerium, Finanzministerium, Sächsischer Aufbaubank und sächsischem Innenministe

rium zu pflegen. Das sächsische Innenministerium nutzt die Mittel aus der Städtebauförderung. Auch hier sind die Grundsätze klar und richtig: Koordinieren, Entscheiden und Handeln.

Sie hören, meine Damen und Herren, in Sachsen ist der Schulhausbau auf oberer Ebene angesiedelt. Mehr braucht es im Augenblick nicht. Daher sehen wir den Antrag der FDP als überflüssig an. Wir werden ihn ablehnen, damit das Verfahren weiterhin gut vorangeht, und das möglichst schnell.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Das Wort hat die Linksfraktion, vertreten durch Frau Bonk.

(Oh-Rufe von der CDU und der FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die FDP nimmt sich der Entbürokratisierung an. In der gestrigen Debatte zum Polytechnikunterricht sagten Sie uns, wir würden die Unternehmen und die Wirtschaft scheuen wie der Teufel das Weihwasser. Wenn ich mir Ihre Initiativen zur Entbürokratisierung ansehe, muss ich mich fragen, ob die FDP nicht den Staat im Allgemeinen ebenso scheut wie der nasse Hund das Handtuch.

(Beifall bei der Linksfraktion – Torsten Herbst, FDP: Was?)

Aber ich möchte Ihnen auf die Pinwand schreiben, denn so haben Sie es heute schon in Ihren Anzeigen angekündigt, Kollegen von der FDP: Vater Staat – so spricht man nicht!

(Beifall bei der Linksfraktion – Zuruf von der CDU: Aber Mutter Erde!)

Ich gebe zu bedenken: Was Sie Entbürokratisierung nennen, kann auch fehlende demokratische Kontrolle der öffentlichen Hand bedeuten. Ämter und Beteiligungszeiten abzubauen würde – am Beispiel der Schulnetzplanung gezeigt – zu einem Verlust der Mitwirkungsmöglichkeiten von Kommunen, Eltern und Schülern führen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Beim Schulhausbau kann des das Gleiche sein. Wie die Schule modernisiert werden soll, kann und soll Gegenstand der gemeinsamen Debatte der Beteiligten sein.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Vielleicht könnte man festhalten, Kollegen: Wo Konsens besteht, soll es schneller gehen können. Aber das ist sicher eine Aussage, die kaum geteilt werden kann. Mehr Tempo, überflüssige Demokratie abschaffen – wer würde dem nicht zustimmen? So hat sich die FDP wohl gedacht, Entbürokratisierung in Schulen als Themen zu verbinden, und so ist der Antrag wohl im Plenum gelandet.

(Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion: Genau!)

Aber genauere Aussagen darüber, wie die Stellungnahmen und Gutachten verändert werden sollen und was nach Ansicht der FDP verzichtbar ist, werden nicht gemacht. Um solche Fragen beantworten zu können, hätte der Antrag eigentlich in den zuständigen Fachausschuss gehört;

(Beifall bei der Linksfraktion – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Sehr richtig!)

denn für Polemik im Plenum eignen sich Schulhausbau und Schulsanierung nicht. Dafür ist das zu kleinteilig und auch zu wichtig. Im Schulausschuss hätten wir mit den zuständigen Verwaltungsexperten konkrete Maßnahmen beraten können mit dem Ziel, die Förderrichtlinie für die Sanierung und den Neubau von Schulen im Detail zu diskutieren und zu verbessern.

Die Linksfraktion begrüßt durchaus, dass die Fördermöglichkeiten, um den Bestand von Schulen zu sichern, nicht an das Prinzip für Klassenbildung, sondern an die Mindestschülerzahl und Mindestzügigkeit gekoppelt werden.

(Beifall bei der Linksfraktion)