Für meine Fraktion ist es klar, dass wir einen angemessenen Einstellungskorridor für Auszubildende und Nachwuchskräfte in der gesamten öffentlichen Verwaltung brauchen, wenn der Freistaat Sachsen auch in Zukunft seine Aufgaben verantwortungsbewusst erfüllen will. Was wir für diese Diskussion nicht brauchen, sind Oppositionsanträge. Das sage ich so deutlich, wie es ist. Die Koalitionsfraktionen sind sich der Verantwortung für den Freistaat und seine Menschen bewusst. Wir stellen uns gemeinsam dieser Verantwortung. Das wird sich auch in den Verhandlungen zum Staatshaushalt für die Jahre 2009/2010 beweisen und dort seinen Widerhall finden. Darauf können Sie sich verlassen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die NPD-Fraktion hat sich von Anfang an mit Wort und Schrift vehement gegen die beabsichtigte Stellenkürzung bei der sächsischen Polizei eingesetzt. Jetzt, im März und April 2008, fällt der Linksfraktion und der FDP auf einmal ein, mit wortreichen Anträgen einen Stopp bzw. eine Aussetzung des Personalabbaus bei der Landespolizei zu fordern – jetzt, im März und April 2008, da angesichts des ausländischen Bandenkrieges in Leipzig und angesichts der Kriminalitätsexplosion infolge der Schengen-Rahmenerweiterung in den Grenzgebieten zu Polen und der Tschechischen Republik auch die Dümmsten im Lande endlich aufgewacht sind.
Jetzt kommen Ihre Fraktionen kurz hintereinander mit ihren beiden Anträgen einher und fordern etwas, was die NPD-Fraktion schon zwei Jahre zuvor, im März 2006, forderte, nämlich keine Stellenkürzung bei der Polizei im Freistaat Sachsen vorzunehmen.
Ich erinnere mich noch sehr genau, wie die Abgeordnete der Linken Frau Dr. Ernst in ihrer Gegenrede zu unserem Antrag hier an dieser Stelle mit so viel Schaum vor dem Mund sprach, dass der nachfolgende Redner gezwungen war zu warten, weil erst das Rednerpult trocken gewischt werden musste.
Die Linken und die FDP haben damals im Verein mit den anderen sich selbst demokratisch nennenden Fraktionen unseren Antrag abgelehnt. Die einführenden Worte der Frau Dr. Ernst lauteten damals, ich zitiere: „Ein Jahr, nachdem die Personaldebatte im gesamten Land läuft, fällt auch der NPD ein, hoppla hopp, da war doch etwas, und sie stellt einen läppischen Antrag. Das will ich einmal dazu sagen.“ Drei Jahre, nachdem die Personaldebatte im gesamten Land läuft, und zwei Jahre, nachdem die NPDFraktion hier bereits aktiv war, fällt nun auch der Linksfraktion ein, hoppla hopp, da war doch etwas, und sie stellt einen läppischen Antrag. Damals stimmte sie gegen unseren glasklar kurz gefassten Antrag. Heute fordert sie in einem schwülstigen Bürokratenchinesisch genau das Gleiche.
Wie schon bei jeder sich früher bietenden Gelegenheit sagt die NPD-Fraktion, dass der Rückzug der Polizei aus der Fläche gerade vor dem Hintergrund des Ausblutens ganzer Regionen im Freistaat Sachsen das völlig falsche Signal ist. Eine schrumpfende Infrastruktur und eine sinkende staatliche Präsenz gerade in den ländlichen Gebieten unserer sächsischen Heimat sind ein katastrophales Signal in mindestens zweierlei Hinsicht. Die Einheimischen verlieren ihre Bindungskräfte gegenüber ihrer Heimat und flüchten in die Fremde, und fremde Straftäter entdecken in den ländlichen Entleerungsräumen ihr Eldorado für kriminelle Machenschaften.
Wenn Sie jetzt sagen, das wäre rechtsextremistische Panikmache, dann schauen Sie sich doch nur die jüngste Kriminalitätsentwicklung im tschechisch-polnischdeutschen Grenzgebiet an. Sprechen Sie zum Beispiel mit den Oberlausitzern, die ein Lied davon singen können, wie segensreich sich die Schengen-Rahmenerweiterung dort auf die Kriminalitätsstatistik ausgewirkt hat.
So, wie bereits bei der Einbringung unseres Antrages im April-Plenum 2006 von der NPD-Fraktion sehr ausführlich dargestellt wurde, sagen wir auch heute, dass der
beschlossene Stellenabbau bei der sächsischen Polizei eine schwere Gefährdung der inneren Sicherheit in Sachsen bedeutet.
Daran würde sich auch dann nichts ändern, wenn die kürzlich geäußerte, hoch innovative Empfehlung von Innenminister Dr. Buttolo umgesetzt wird, dass nachts in den Grenzregionen mehr Straßenlaternen eingeschaltet werden.
Ungeachtet dessen, dass Linksfraktion und FDP arg spät daherkommen, werden wir beiden Anträgen zustimmen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir beschäftigen uns in der Debatte mit dem Versagen der Staatsregierung im Bereich öffentliche Sicherheit. Dies wird die CDU besonders schmerzen, hält sie sich doch traditionell für die kompetenteste Partei in Sachsen in Sachen öffentliche Sicherheit. Dass dies nicht der Fall ist, zeigen diese Debatte und die Ereignisse, die zu ihr geführt haben.
Mit den vorliegenden Anträgen versuchen FDP und Linke, die Notbremse zu ziehen, indem der Stellenabbau gestoppt wird. Der Zug droht zu entgleisen, Herr Bandmann, weil es die Staatsregierung bisher versäumt hat, die notwendigen Weichen zu stellen.
Wie ist die Sicherheitslage in Sachsen? Auch wir Bündnisgrünen bekennen uns zur zentralen Aufgabe des Staates, seine Bürger vor Gefahren und Straftaten zu bewahren. Aber nach der polizeilichen Kriminalstatistik 2007 – ich kenne die Bedenken, die zu Recht dagegen erhoben werden – bewegt sich die Kriminalität immerhin auf dem Vorjahresniveau. Die Kriminalität durch Jugendliche und Heranwachsende ist gesunken. Auch nach meinem Eindruck ist der nach der Grenzöffnung zu Polen und Tschechien befürchtete signifikante Anstieg von Kriminalität nicht eingetreten. Aussagekräftige Zahlen wurden uns vom Innenminister bisher nicht vorgelegt, obwohl wir im Innenausschuss fraktionsübergreifend dazu immer nachgefragt haben. Die Staatsregierung sieht sich aber dennoch veranlasst, zur Beruhigung des Sicherheitsgefühls die Polizeipräsenz in den Grenzregionen zu verstärken.
Fußballspiele sind immer noch regelmäßig Großeinsatzlagen. Wir verzeichnen einen Anstieg rechtsextremistischer Gewaltdelikte, und die Polizeipräsenz bei rechtsextremistischen Übergriffen scheint nicht in ausreichender Weise gewährleistet zu sein. Ich erinnere nur an
Wie ist die Polizei derzeit aufgestellt? Es gibt etwas mehr als 14 000 Polizisten im Land. Abgebaut werden sollen nach aktuellem Haushaltsplan – ich glaube, er hat Gesetzeskraft, Herr Bandmann – 2 441 Stellen, hiervon 2 297 im Bereich des Vollzugsdienstes. Die Koalition hatte ja selbst Sorge, dass die Qualitäts- und Leistungsstandards polizeilicher Arbeit nicht sichergestellt sein könnten. Aufgrund des Antrages der Koalitionsfraktionen vom Januar 2006, der vom Landtag angenommen wurde, sollte die Staatsregierung aufzeigen, wie die Polizei auch zukünftig in der Lage sein soll, auf kurzfristig wechselnde Lagen angemessen zu reagieren. Das war ja beispielsweise wohl auch das Problem in Leipzig.
Die Staatsregierung machte es sich leicht und antwortete – Zitat: „Die Stäbe der Polizeidirektionen wurden im Ergebnis der Neuorganisation der Polizei so organisiert, dass sie jetzt und auch zukünftig in der Lage sind, auch längere Einsatzlagen zu bewältigen.“ – So der Bericht der Staatsregierung vom 24.03.2006.
Dass die sächsische Polizei gegenwärtig keine ausgewogene Altersstruktur hat, ist unstrittig. Waren es 2006 über 150, so werden es 2009 voraussichtlich schon 450 Altersabgänge sein – ein Anstieg um sage und schreibe 191 %; Kollege Bräunig hat darauf hingewiesen. Der Einstellungskorridor, Herr Kollege Bandmann, ist auch laut aktuellem Haushaltsplan festgelegt: 125 im Jahr 2007, 175 im Jahr 2008, aber nur noch 100 in den Jahren 2009/2010. Jede weitere frei werdende Planstelle entfällt mit sofortiger Wirkung, denn sie hat den schönen Vermerk: „Zur Absicherung des Vollzuges des Stellenabbaugesetzes der Staatsregierung“. Herr Bandmann, wie Sie unter diesen Umständen wagen können, sich hier hinzustellen und zu sagen, es würde kein Personalabbau stattfinden, das wird Ihr Geheimnis bleiben.
Meine Damen und Herren, bedarf es anhand der aktuellen Lage einer Korrektur dieses Stellenabbauplanes? Es wurde von meinen Vorrednern schon angesprochen: Innenminister Buttolo musste in der letzten Innenausschusssitzung nichts weniger als den sicherheitspolitischen Offenbarungseid leisten. Zur Verhinderung der Straftaten in der Nacht des 8. März 2008 in Leipzig stand schlicht nicht genügend Bereitschaftspolizei bereit. Meine Kritik geht nicht dahin, dass Sie die Polizisten, die nach einem Einsatz gerade auf dem Heimweg waren, nicht zurückholten, sondern dass offensichtlich nicht genügend Personal für einen Einsatz in einer sächsischen Großstadt an einem Samstagabend zur Verfügung steht. Meine Damen und Herren, ich nenne das eine planmäßige Sicherheitslücke. Auch die Bereitschaftspolizei wurde in den letzten Jahren bekanntermaßen um 200 Stellen abgebaut.
(Staatsminister Dr. Albrecht Buttolo: Herr Lichdi, wenn Sie eine Erläuterung nicht verstehen, hat es auch keinen Sinn, darauf einzugehen! – Zuruf von der SPD)
Die Bindung aller Kräfte inklusive Unterstützung durch andere Bundesländer, wie am Wochenende des 14./15. März geschehen, ist dabei keine Dauerlösung. Nun wird laut Innenministerium einer von derzeit sechs in Chemnitz stationierten Einsatzzügen mit 38 Beamten ad hoc nach Leipzig verlegt. Herr Bandmann, wenn Sie jetzt darüber streiten, ob das vielleicht eine Verlegung oder eine zeitweilige Dislozierung ist, dann ist das meines Erachtens nur ein Streit um des Kaisers Bart; denn letztendlich werden sie – wie lange auch immer – von Chemnitz nach Leipzig verlegt. Darum herumzureden ist keine gute Lösung, um tatsächlich Ehrlichkeit in dieser Debatte aufzubauen.
Im Gegenzug soll in Chemnitz ein zweiter Einsatzzug der Landespolizei mit 33 Beamten aufgebaut werden. Ich frage mich, wo diese abgezogen werden. Sind die denn entsprechend ausgestattet und ausgebildet und sind diese nicht bereits durch ihre originäre Aufgabe, nämlich die Unterstützung der Reviere im Erzgebirge und im Vogtland, ausgelastet? Entsteht dann dort eine Lücke?
Auch im Bereich der Landespolizei, insbesondere beim Polizeivollzugsdienst in der Fläche, besteht Handlungsbedarf. Ich möchte wissen, wann die Staatsregierung den Landtag darüber zu informieren gedenkt, wie die Struktur der Reviere und Posten aussehen soll. Wir erfahren immer nur von Modellprojekten – etwa der Basisdienststelle Freiberg –, und dabei erfährt man mehr oder weniger am Rande und aus der Zeitung vom Abzug aus BrandErbisdorf. Personal und Öffnungszeiten werden ausgedünnt, Anfahrtszeiten zu Gefahrenlagen steigen.
Wir halten es auch hier für unverantwortlich, Personal zu streichen, ohne sich vorher zu überlegen, wie zukünftig polizeiliche Arbeit sichergestellt werden soll. Dazu höre ich von den Koalitionsvertretern und von Ihnen, Herr Staatsminister, bisher immer nur Bekenntnisse, dass es gewährleistet sei, dass ein Konzept bestehe – nur, es kennt keiner dieses Konzept, außer dem berühmten Ampelpapier, das immer noch ein Non Paper ist. Ich frage Sie: Wann können wir tatsächlich mit einer Landtagsbefassung rechnen?
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Die Staatsregierung drückt sich seit Jahren um ein planvolles Vorgehen. Dies ist unverantwortlich gegenüber den Polizistinnen und Polizisten, die zum Spielball ihres Aktionismus werden, und auch gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, die auf eine leistungsstarke Polizei vertrauen und offensichtlich immer öfter damit rechnen müssen, dass Veranstaltungen abgesagt werden, weil die Sicherheit nicht mehr gewährleistet ist.
Bereits seit September 2006 steht das Personalabbaukonzept der Staatsregierung fest, welches Stück für Stück am Parlament vorbei umgesetzt wird. Eine Evaluierung dieser
Schritte auf tatsächlich realisierte Kosteneinsparungen und Auswirkungen auf die Qualität der Arbeit, wie von der FDP beantragt, ist daher dringend geboten.
Eine Aussetzung des Stellenabbaus erscheint uns ausreichend. Eine völlige Aufhebung eines Einstellungskorridors, also der Begrenzung des Einstellungskorridors, und die bedingungslose Rückgängigmachung des Stellenabbaus ohne ein Konzept halten wir aber ebenfalls für einen Schnellschuss. Wir brauchen erst ein Konzept – und zwar ein öffentlich diskutiertes und vorgestelltes Konzept – und dann Entscheidungen.
Zudem, meine Damen und Herren, sage ich auch in dieser Debatte: Über die Polizeiausstattung dürfen wir die ebenso notwendige Debatte über die mangelnde Personalausstattung im Justizbereich nicht vergessen.
Von daher wollen wir uns jetzt zu so weitreichenden Vorschlägen, wie sie die linke Fraktion macht, nicht verständigen.