Protokoll der Sitzung vom 16.04.2008

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition: Nutzen Sie diese Möglichkeit, wenn Ihnen die Zukunft der Studentenwerke am Herzen liegt, und setzen Sie ein Signal für die Verbesserung der sozialen Lage der Studierenden in Sachsen. Stimmen Sie unserem Antrag zu.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der Linksfraktion)

Die CDU-Fraktion erhält das Wort; Herr Prof. Mannsfeld.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Hauptaufgaben der Studentenwerke sind – und nach der Vorrede ist es erforderlich, noch einmal daran zu erinnern – die Umsetzung des Bundesausbildungsgesetzes, also die Ausführung des BAföG und die Umsetzung der staatlichen Stipendienprogramme, aber auch und vor allem die Angebote und die Unterhaltung von Wohnheimen und der Betrieb von Mensen.

Darüber hinaus umfassen die Dienstleistungsangebote der Studentenwerke eine breite Palette soziokultureller

Projekte, wie Veranstaltungsangebote, Beratungsleistungen, Jobvermittlung, Kinderbetreuung und manches mehr, unabhängig davon, ob man sich mit manchen Aktivitäten schon etwas von dem Kerngeschäft entfernt. Auf jeden Fall leisten die Studentenwerke einen wichtigen Beitrag für die erfolgreichen Rahmenbedingungen des Studiums.

Auf all diesen Feldern leistet das Studentenwerk Beachtliches; denn wie vom SMWK in der Stellungnahme zu diesem Antrag ausgesagt, unterhält das Studentenwerk in Sachsen zum Beispiel 17 000 Wohnheimplätze und hat über 4,5 Millionen studentische Essen in den Mensen ausgegeben.

Hierbei steht außer Frage, dass das Studentenwerk für diese Kernaufgaben eine entsprechende Unterstützung durch den Freistaat erhalten muss. Insofern, Herr Kollege Gerstenberg, verstehe ich viele der von Ihnen hier sehr engagiert vorgetragenen Kritikpunkte nur ansatzweise. Sie müssen doch auch bereit sein anzuerkennen, wenn Sie von einer Zahl von 12 Millionen Euro ausgehen, dass mit den vielen Baumaßnahmen beispielsweise an Wohnheimen und Mensen natürlich ein Fortschritt erreicht worden ist und dass nicht einfach bis in alle Ewigkeit von einer Fortschreibung einer zur damaligen Zeit vielleicht notwendigen Größenordnung im Haushalt ausgegangen werden kann.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Auch der Vorwurf, die Studentenwerke seien die Sparschweine des Finanzministeriums, kann ich so nicht stehen lassen. Haben Sie völlig übersehen, dass das Finanzministerium noch im Oktober 2007 bei den überplanmäßigen Zuwendungen für die Ressorts über 7 Millionen Euro allein für das Studentenwerk vorrangig für Dresden ausgegeben hat? Ich glaube, diese Einschätzung hilft uns zunächst nicht weiter.

Sehr erfreut hat mich – und Sie haben von Studentenzahlen gesprochen – die gestrige Mitteilung des Landesamtes für Statistik, dass die Zahl der Studienanfänger 2007 um 12 % auf 20 800 gestiegen ist. Damit ist ein gewisser Trend der Abwärtsentwicklung zumindest zum Stehen gekommen. Auch wenn die Bewährungsproben für uns sicherlich erst kommen, so es ist doch sehr wahrscheinlich, dass in dem Anstieg der Studierendenzahlen letztlich auch die inzwischen beachtliche Infrastruktur durch die Studentenwerke einen Anteil hat. Das wurde in den Jahren nach der Wiedervereinigung mit erheblichen Mitteln auf- und ausgebaut, und das Staatsministerium hat in seiner Antwort ja auch der Infrastruktur der Studentenwerke einen durchweg guten Zustand bescheinigt. Insbesondere im Angebot von Wohnheimplätzen sind wir bundesweit führend.

Das kommt doch nicht von ungefähr. Diese Leistungen sind auch nicht von heute auf morgen erbracht worden; dazu braucht es mehr als eine Legislaturperiode. Dazu darf ich Ihnen sagen, dass diese Grundlagen längst vor dem Wiedereintritt Ihrer Fraktion in den Landtag gelegt worden sind.

(Beifall des Abg. Thomas Colditz, CDU)

Von dem guten Angebot an Wohnheimplätzen wissen Sie auch aus der Antwort, dass nun über 91 % voll saniert sind. Man hat bei der Aufteilung der Zimmer etwas entsprechend den Bedürfnissen der Studenten verändert. Jedes Zimmer hat einen Internetanschluss. Sicher gibt es weitere Bedarfe, aber an diesen wird gearbeitet; und diese 9 %, die uns an einer perfekten Bauhülle für Studentenwohnheime fehlen, werden wir wohl auch noch zuwege bringen.

Zur zweiten Kernaufgabe, dem Zustand der Mensen, ist ebenfalls zu sagen, dass die meisten davon inzwischen in einem guten Zustand sind. Erst am 26. März war eine feierliche Übergabe und Einweihung der neuen Mensa in der Leipziger Universität durch das Studentenwerk. Auch die Antwort des SMWK führt aus, dass die sächsischen Mensen auf Bundesebene erste und vordere Plätze belegen. Wir müssen uns also nicht verstecken.

Ich gehe bei solchen Fakten davon aus, dass die Imagekampagne, die die Ministerin hier initiiert hat, eine tragende Rolle spielen wird, und denke, dass die Studenten in Deutschland solche Rahmenbedingungen wie im Freistaat nicht überall vorfinden.

Insofern ist für mich schon der Titel des Antrages ein Stück weit irreführend, wenn von „die soziale Lage der Studenten verbessern“ gesprochen wird, und Sie haben sogar beschworen, diese soziale Lage würde immer schlechter. Ich denke, schlecht ist die soziale Lage der Studierenden im Zusammenhang mit den Leistungen des Studentenwerkes nicht – denn auf diesen Kontext muss man achten. Aber ich räume ein, es ist nichts so vollkommen, als dass es nicht noch verbessert werden könnte.

Kurzum, ich bin der Meinung, dass die sächsischen Studentenwerke im Kernbereich ihrer Tätigkeit gut aufgestellt sind und eine ausgezeichnete Arbeit leisten. In Bezug auf das schon genannte Verbesserungspotenzial erinnere ich einfach an den Rechnungshofbericht, der ja noch weitere Verbesserungsmöglichkeiten aufgezeigt hat. Und wie man sehen kann, sind die dort aufgelisteten Kritikpunkte zum Teil bereits überwunden oder in der Umsetzung begriffen.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich hätte ich gern noch aus der Studie des Dresdner Studentenwerks zitiert; aber das lasse ich aus Zeitgründen weg. Ich empfehle Ihnen dennoch, diese Studie zur Kenntnis zu nehmen. Sie werden sehen, was uns dort alles an Argumenten für die im Vergleich zu den übrigen Bundesländern günstigen Bedingungen geliefert wird.

Zum Berichtsteil möchte ich zusammenfassend sagen: Ich gehe davon aus, dass nach den zahlreichen Kleinen Anfragen, die der Kollege Dr. Gerstenberg, aber auch die Abgeordneten Dr. Schmalfuß und Patt gestellt haben, dem Berichtsbedarf ausgiebig Genüge getan wurde. Das sieht man nämlich auch daran, dass das SMWK in seiner Antwort an mehreren Stellen einfach auf diese Drucksa

chen verweist. Das heißt für mich im Umkehrschluss: Die Zitrone ist ausgepresst.

Teil 2 – obwohl mit sieben Fragen umfangreicher als Teil 1 – behandelt überwiegend Fragen, die den Gegenstand von Haushaltsverhandlungen betreffen. Ich sehe mich offensichtlich in völliger Übereinstimmung mit der Wissenschaftsministerin, die auch in der Antwort für die entscheidenden Punkte 1 bis 3 auf die Haushaltsverhandlungen verweist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist ein mir fast schon seit Jahrzehnten geläufiges Geschäft, dass hier kurz vor den Haushaltsverhandlungen Anträge eingebracht werden, wonach wir Präjudizierungen für Haushaltsentscheidungen treffen sollen. Solche Vorgriffe sind mit der CDU grundsätzlich nicht zu machen. Dafür sind die anderen Verhandlungen vorgesehen.

(Beifall bei der CDU)

Schlussbemerkung: Ich denke dennoch, dass die Aussprache – sie setzt sich noch fort – über die Aufgaben der Studentenwerke einerseits und das Engagement und den Ideenreichtum der Akteure andererseits sinnvoll war und ist und letztlich eine solide Informationsbasis existiert. Ich hoffe, dass sich die Fraktionen in den Haushaltsberatungen an dieses Bild erinnern können.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Sebastian Scheel, Linksfraktion, und Stefan Brangs, SPD)

Für die Linksfraktion spricht Frau Abg. Werner.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zum Thema „Finanzierung der Studentenwerke“ gab es bereits zwei Massenpetitionen: die eine im Jahr 2003, die andere im Jahr 2006, jeweils anlässlich der Haushaltsverhandlungen, also aus gutem Grund. An der einen Massenpetition beteiligten sich 10 000 Studierende und Mitglieder von Hochschulen, an der anderen 6 000 Petenten.

Schon in der Anhörung zur Massenpetition 2003 bezüglich der ursprünglich geplanten Kürzungen der Landeszuschüsse wurde der Aufgabenkatalog, dem sich die Studentenwerke stellten, sehr deutlich beschrieben.

Herr Prof. Mannsfeld, es geht hier um die Kernaufgaben. Sie erstrecken sich auf die soziale, gesundheitliche, wirtschaftliche und kulturelle Betreuung der Studierenden. Das beinhaltet zum einen die Versorgung mit günstigem Essen und günstigem Wohnraum, aber zum anderen eben auch Hilfen für Studierende mit Kindern, die Betreuung ausländischer Studierender, kulturelle Veranstaltungen, allgemeine Sozialberatung usw. Dieser Leistungskatalog wurde schon damals – trotz stetig sinkender Zuschüsse des Landes, steigender Studierendenzahlen und steigender Lohn-, Sach- und Betriebskosten – nicht eingeschränkt. Es wurden aber studentische Beiträge erhöht, das Essen verteuert, Angestellte entlassen usw. In

der Anhörung damals wurde schon formuliert, dass es keine Einsparmöglichkeiten mehr gebe, dass die oben genannten Maßnahmen ausgereizt seien und bei weiteren Kürzungen nur noch mit einem eingeschränkten Leistungskatalog reagiert werden könne.

Im Laufe der Zeit sind neue Aufgaben dazugekommen, vor allem durch den sogenannten Bologna-Prozess, der die Schaffung eines gemeinsamen europäischen Hochschulraumes beinhaltet. Dieser wurde immer nur aus der Sicht der Studienabschlüsse gedacht; aber es kommt eine soziale Dimension hinzu, nämlich der Abbau von Mobilitätshemmnissen. Die Anforderungen an die Dienstleistungs- und Beratungsangebote der Studentenwerke im Bereich der sozialen und wirtschaftlichen Infrastruktur erweitern sich so, beispielsweise im Bereich der Betreuung ausländischer Studierender, der Zurverfügungstellung des entsprechenden Wohnraums und der Verpflegung, aber auch hinsichtlich eines vermehrten Bedarfs an Beratungs- und Betreuungsangeboten.

(Interne Gespräche in der CDU-Fraktion – Glocke der Präsidentin)

Vielleicht können die Herren ihre Gespräche nach draußen verlagern. Danke schön.

Auch die Umstellung im Bereich der Studienabschlüsse auf Bachelor und Master, die mögliche Einführung von Studiengebühren sowie die indikatorbezogene Mittelzuweisung an den Hochschulen führen zu veränderten Studien- und Lebenssituationen der Studierenden. Das Studium muss in immer kürzerer Zeit bewältigt werden. Wir haben schon viel von verschulten Studiengängen gehört. Die zeitliche und räumliche Anwesenheit an der Hochschule nimmt zu. Bisher existierende Freiräume für Erwerbsarbeit reduzieren sich, der Erfolgsdruck erhöht sich. Das führt zu Problemen.

Die Zahlen habe ich Ihnen schon genannt. Das Studentenwerk muss hier mit Beratung reagieren. Das Deutsche Studentenwerk meldete beispielsweise für 2004 110 000 Beratungsgespräche in der psychologischen und der Sozialberatung; 2006 waren es schon 130 000 Beratungsgespräche.

Es gibt weitere Entwicklungen, die neue Anforderungen stellen. Gesellschaftspolitisch gibt es die Forderung, dass mehr Studierende aus sozial schwächeren Schichten oder mit bildungsferneren Herkünften zu gewinnen sind. An dieser Stelle möchte ich aus der 18. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes zitieren. Dort wird über die Hochschulen geschrieben, dass die Gruppe mit der höchsten Beteiligungsquote beim Hochschulzugang – Kinder aus Beamtenfamilien, in denen mindestens ein Elternteil ein Studium absolviert hat – eine fünfmal so hohe Studierchance aufweist wie die Gruppe mit der niedrigsten Beteiligungsquote, nämlich den Kindern aus Arbeiterfamilien. Des Weiteren heißt es in der Sozialerhebung, dass die Ergebnisse zeigen, dass die Hochschulen tendenziell immer mehr zu Institutionen werden, die nicht mehr primär dem Bildungsaufstieg, sondern eher dem Erhalt

bzw. der Vererbung eines bereits erreichten akademischen Status an die jeweils nachfolgenden Generationen dienen.

Hier gibt es viele Möglichkeiten, einzugreifen. Gerade im Bereich der Hochschulen sind es eben vor allem die Studentenwerke, die eine soziale Infrastruktur zur Verfügung stellen können, damit genau für diese Studierenden, für die gerade am Anfang des Studiums die Hürden sehr hoch sind, die Schwierigkeiten gemildert werden können.

Weitere Aufgaben seien nur angerissen: Die Förderung von Studierenden mit Kind wurde schon erwähnt. Es geht um familiengerechte Hochschulen mit entsprechendem Wohnraum und ausreichenden, kostengünstigen Kinderbetreuungseinrichtungen mit flexiblen Öffnungszeiten usw.

Hinzu kommt nun noch die Kampagne der Staatsregierung zur Gewinnung von Studienanfängern aus den alten Bundesländern. Da können wir nur punkten, wenn wir nicht nur exzellente Hochschulen, sondern auch ein exzellentes soziales Umfeld anbieten können.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Das heißt, dass sich Ausgestaltung und Finanzierung der Studentenwerke an diesen Aufgaben und neuen Anforderungen messen lassen müssen.

Es wurde schon erwähnt: Das Studentenwerk Freiberg hat ein fundiertes Papier „Studentenwerk 2020“ erarbeitet. Es enthält Vorschläge zur Entwicklung der Studentenwerke. Die tagtäglichen Erfahrungen der Menschen dort sind in Modulen verarbeitet worden einschließlich der geschätzten notwendigen Kosten. Vielleicht besteht die Möglichkeit, darüber auch im Wissenschaftsausschuss zu beraten.

Daraus resultieren folgende Forderungen, die aus der Sicht der Linksfraktion unbedingt in ein neues Hochschulgesetz aufgenommen werden müssen. Das entspricht auch den Änderungsanträgen, die wir schon in den Beratungen zu den letzten beiden Doppelhaushalten gestellt haben. Ich freue mich sehr, dass sich nun auch die GRÜNE-Fraktion der Summe, die wir damals in den Haushaltsverhandlungen beantragt haben, anschließt; denn seit Jahren werden trotz steigender Studierendenzahlen und wachsender Aufgaben die Mittel gekürzt. Es gab tatsächlich ein kurzes Anhalten beim ersten Koalitionshaushalt. Herr Rößler hatte ganz andere Vorstellungen, was die Studentenwerke angeht. Aber 2007/2008 gab es eine umso stärkere Kürzung. Das war aus unserer Sicht auch ein Bruch der Koalitionsvereinbarung. Entsprechend haben wir schon im letzten Haushalt die Aufstockung der Zuweisungen auf jeweils 10 Millionen Euro gefordert.

Die Studentenwerke brauchen natürlich auch Planungssicherheit. Deshalb sollte es aus unserer Sicht einen mehrjährigen Rahmenvertrag über die Erfüllung der Aufgaben und der zu gewährenden Zuschüsse durch das Land geben. Dieser muss fortgeschrieben und durch den Landtag gesetzlich ratifiziert werden. Er setzt einen finanziellen Rahmen, der die neuen und erweiterten Aufgaben der Studentenwerke berücksichtigt.

Das sind, kurz umrissen, die Forderungen der Linksfraktion. Wir denken, die Studentenwerke in Sachsen leisten bisher einen sehr bedeutenden Beitrag, um gleichwertige Lebens- und Studienbedingungen für Studierende herzustellen. Die Regierung des Freistaates steht in der Verantwortung, die Studentenwerke so auszugestalten, dass sie für die Studierenden die notwendigen, erweiterten Dienstleistungen in ihren Kerngebieten, nämlich auf wirtschaftlichem, sozialem, gesundheitlichem und kulturellem Gebiet, weiter ausreichend erbringen können. Deswegen werden wir dem Antrag unsere Zustimmung geben.

Danke schön.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Ich erteile der SPDFraktion das Wort; Herr Prof. Weiss, bitte.