Wahl eines stellvertretenden Mitglieds des 1. Untersuchungsausschusses (gemäß § 4 Abs. 2 Untersuchungsausschussgesetz)
In der 17. Sitzung des 4. Sächsischen Landtages wurde entsprechend Artikel 54 der Verfassung des Freistaates Sachsen in Verbindung mit § 2 Abs. 1 des Untersuchungsausschussgesetzes die Wahl der Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder des 1. Untersuchungsausschusses durchgeführt. Die Fraktion der CDU teilte im Schreiben vom 9. April 2008 mit, dass Herr Lehmann seine stellvertretende Mitgliedschaft im 1. Untersuchungsausschuss niederlegt. Deshalb kommen wir heute zur Nachwahl.
Die Verteilung der Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder auf die Fraktionen erfolgt gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 des Untersuchungsausschussgesetzes nach der Mitgliederzahl der Fraktionen, wobei nach § 9 Abs. 2 Satz 1 unserer Geschäftsordnung das Verfahren nach d’Hondt zur Anwendung kommt.
Anders als bei den regulären Ausschüssen des Sächsischen Landtages sind gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 des Untersuchungsausschussgesetzes die Mitglieder des Untersuchungsausschusses und deren Stellvertreter vom Landtag nach Vorschlägen der Fraktionen zu wählen. Ihnen liegt der Wahlvorschlag der CDU-Fraktion in der Drucksache 4/11863 vor.
Wir kommen damit zur Wahl. Die Wahl findet nach den Bestimmungen unserer Geschäftsordnung geheim statt. Allerdings kann auch durch Handzeichen abgestimmt werden, wenn kein Abgeordneter widerspricht. – Es widersprechen zwei Abgeordnete. Damit kommen wir zu einer geheimen Wahl.
Ich berufe aus den Reihen der Schriftführer eine Wahlkommission mit folgenden Mitgliedern: Linksfraktion Frau Roth als Leiterin, CDU Herr Colditz, SPD Frau Dr. Raatz, NPD Frau Schüßler, FDP Herr Dr. Martens und GRÜNE Herr Weichert.
Ich schlage Ihnen vor, damit es nach der Wahlhandlung zu keiner längeren Pause kommt, mit der Tagesordnung fortzufahren und das Ergebnis später bekannt zu geben.
Meine Damen und Herren! Die Abgeordneten werden in alphabetischer Reihenfolge aufgerufen und erhalten einen Stimmschein, auf dem entsprechend der angegebenen Drucksache der Kandidat als stellvertretendes Mitglied für den 1. Untersuchungsausschuss aufgeführt ist. Sie können sich zu dem Kandidaten durch Ankreuzen in dem entsprechenden Feld mit Ja, Nein oder Stimmenthaltung entscheiden. Der Kandidat ist gewählt, wenn er mehr Ja- als Neinstimmen erhält. Wir beginnen mit der Wahl.
Fachregierungserklärung zum Thema „Landwirtschaft im globalen Wettbewerb – Chancen für Sachsens Landwirte nutzen!“
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich hoffe, Sie haben gut gefrühstückt. Nicht, dass ich Ihnen gleich schwere Kost auf leeren Magen präsentieren möchte – egal, ob mit oder ohne Frühstück –, aber Sie werden ganz sicher auch ohne landwirtschaftliche Ausbildung meinen Ausführungen folgen können.
Wenn Sie heute Morgen gefrühstückt haben, so sicher ohne Sorge, dass Sie vielleicht nicht satt werden könnten. Lebensmittel sind ausreichend vorhanden, und zwar beim Bäcker um die Ecke, im kleinen Laden gegenüber, in unserer Kantine oder im Supermarkt. Lebensmittel sind Mittel zum Leben. Die wenigsten machen sich allerdings Gedanken darüber, wo diese Mittel, die uns im wahrsten Sinne des Wortes am Leben erhalten, überhaupt herkommen und wie sie erzeugt werden. Sie sind einfach da. Tausende von Produkten stehen zur Auswahl.
Bei aller Vielfalt bestehen diese Lebensmittel trotz Industrialisierung im Wesentlichen aus natürlichen Zutaten. Es sind Gaben der Natur, die fleißige Landwirte in mühevoller Arbeit und abhängig von Sonne und Regen gesät, gepflegt und geerntet haben
Die Herstellungszeit eines Autos kann man in Stunden angeben, sicher auch, da die Vorprodukte zeitnah geliefert werden. Für ein Brot oder Brötchen bedarf es trotz Hightech im Agrarbereich fast eines Jahres. Landwirtschaft ist und bleibt von ihrer Entstehung vor elftausend Jahren bis heute gebunden an einen bestimmten Standort, gebunden an den Boden, gebunden an Wind und Wetter. Diese Abhängigkeit, die auch wir Menschen nicht beeinflussen können, diese Besonderheit, dass unser Boden nicht vermehrbar ist, und die Einmaligkeit unserer Schöpfung verlangen von uns Hochachtung vor den Produkten dieser Schöpfung, vor dem täglichen Brot und vor denjenigen, die dieses tägliche Brot herstellen.
Darum ist es richtig und wichtig, diejenigen in den Mittelpunkt einer parlamentarischen Debatte zu stellen, die vom ersten Hahnenschrei bis zum Sonnenuntergang oft sieben Tage in der Woche, 365 Tage im Jahr arbeiten,
um uns tagtäglich mit gesunden Lebensmitteln zu versorgen, die unsere Äcker und Wiesen bearbeiten und pflegen,
Meine Damen und Herren, in der Vergangenheit hat die EU-Agrarpolitik umfassend in den Markt eingegriffen. Sie hat damit der Landwirtschaft mitunter zu Unrecht das Image unnützer Subventionsempfänger gebracht, denn die Zahlungen waren politisch gewollt. Nach dem Zweiten Weltkrieg mussten die Menschen in Europa so schnell wie möglich wieder mit Lebensmitteln versorgt werden. Europas Politiker gaben daher finanzielle Anreize, um die Produktion zu steigern. Dieses Ziel wurde in der EU bereits in den Siebzigerjahren erreicht. Aber es wurde nicht umgesteuert. Das Ergebnis waren Milchseen, Butter- und Rindfleischberge in Westeuropa, aber auch Schäden an der Natur. Viel Geld wurde für die Vernichtung von Nahrungsmitteln, Versprittung, Lagerhaltung und Exporterstattungen ausgegeben, ohne dass das Einkommen der Betriebe mit anderen Wirtschaftsbereichen Schritt halten konnte und die Betriebsstrukturen ausreichend wettbewerbsfähig gemacht worden wären. Das sitzt noch im Bewusstsein vieler Menschen. Bei aller berechtigten Kritik: Der einzelne Landwirt hatte kaum eine betriebswirtschaftlich sinnvolle Alternative. Er wird stets in Notzeiten als Retter geschätzt, später als teurer Kostgänger geduldet.
Im Osten Deutschlands nahm die Geschichte einen anderen Verlauf. Hier wurde mit der Bodenreform und der Kollektivierung zu landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften erheblich in die Agrarstruktur eingegriffen. Die staatliche Planwirtschaft bestimmte die Produktionsziele mit zum Teil noch weiter reichenden Folgen für die Umwelt. Beide Entwicklungen haben aber auch eine Gemeinsamkeit: Verantwortlich für die jeweiligen Rahmenbedingungen war die Politik. So ehrlich muss man sein.
Meine Damen und Herren, vielen ist hingegen nicht bewusst, dass es der Landwirtschaft in Ost und West gleichzeitig gelungen war, die Qualität und die Vielfalt des Angebots sowie die Produktivität enorm zu steigern. Ein Landwirt ernährt heute den gesamten Sächsischen Landtag. Seine Eltern schafften ungefähr die heutige FDP-Fraktion und die GRÜNEN zusammen. Das ist wahrlich eine enorme Steigerung.
Auch wenn die Landwirte zahlenmäßig zu einer Minderheit geworden sind, ist ihre Bedeutung für die Volkswirtschaft bzw. für die Gesellschaft indirekt gestiegen. Durch die gestiegene Produktivität sanken auch die Ausgaben für Nahrungsmittel. Statt 50 % im Westdeutschland der Sechzigerjahre mussten 2006 in Deutschland gerade noch 12 % des Haushaltseinkommens für Essen und Trinken ausgegeben werden. Dementsprechend umfangreich konnte das Geld in der übrigen Wirtschaft zur Wirkung kommen. Ausreichende, gesunde und bezahlbare Le
bensmittel sind Wirklichkeit geworden. Insofern hat die Agrarpolitik der Vergangenheit die im EU-Vertrag festgelegten Ziele für die Verbraucher erfüllt. Aber sie hat der Landwirtschaft selbst nie das angestrebte Einkommen und die Anerkennung für ihre Leistungen gebracht.
2003 hat EU-Kommissar Fischler die Wende eingeleitet. Erst seit dieser Zeit zieht sich der Staat mehr und mehr zurück. Das begrüße ich als Volkswirt. Die Landwirtschaft muss in immer größerem Umfang als bisher wirtschaftliche Gesichtspunkte berücksichtigen, um überleben zu können. Zahlungen sind im Gegensatz zu früher nicht mehr an die produzierte Menge gekoppelt, sondern an die Einhaltung hoher Verbraucher-, Tierschutz- und Umweltstandards. Dieser Weg wird auch von der Mehrheit der EU-Bürger für richtig gehalten.
Heute sind die Überschüsse abgebaut. Gewöhnlich produzieren Europas Bauern etwa 15 Millionen Tonnen Getreideüberschuss im Jahr, von dem zur Marktstützung viel eingelagert oder mit Exporterstattungen teuer exportiert werden muss. Diese Reserven sind nun weg. Milchseen und Butterberge sind Vergangenheit. Der Landwirt wurde auch als Energiewirt entdeckt. Die Zahlungen aus Brüssel sind mittlerweile gesunken und in nachvollziehbare Bahnen gelenkt worden. Die Landwirtschaft ist wieder „in“, Landwirtschaft ist wieder gefragt, gefordert und im Fokus der Öffentlichkeit.
Meine Damen und Herren, die sächsische Land- und Forstwirtschaft mit 42 800 Beschäftigten ist ein wichtiger Arbeitgeber im ländlichen Raum. An ihr hängen weitere Arbeitsplätze in der Futtermittel-, Landmaschinen-, Pflanzenschutz- und Düngemittelindustrie sowie in der Ernährungswirtschaft. Das summiert sich dann auf stolze 94 000 Arbeitsplätze. Jeder 20. Arbeitsplatz in Sachsen steht damit mit der Landwirtschaft in Verbindung. Wir haben gute Strukturen. Statistisch verfügt jeder Betrieb über 149 Hektar. Das ist das Vierfache des deutschen Durchschnitts, und wir haben fachkundige und fleißige Landwirte sowie eine vielfältige Betriebsstruktur. Ob konventionell oder ökologisch ausgerichtet, im Haupt-, Zuliefer- oder Nebenerwerb wirtschaftend, als Einzelunternehmer, Personengesellschaft oder juristische Person tätig – alle Unternehmen haben dazu beigetragen, dass wir heute so gut aufgestellt sind. Es ist mein Ziel als Landwirtschaftsminister, dieses zu erhalten und keine Betriebsform zu benachteiligen. Mir kommt es auf Leistungsstärke und Wettbewerbsfähigkeit an.
nur so können unsere Lebensgrundlagen, intakte Lebensräume und die heimische Landeskultur bewahrt werden. Wir haben in vielen sächsischen Regionen gute Böden, das Klima ist günstig, die Infrastruktur hervorragend, die Märkte liegen vor der Haustür. Fast alle teilungsbedingten
Themenfelder, wie zum Beispiel die Altschuldenregelung, sind zwischenzeitlich abgearbeitet. Die sächsische Landwirtschaft hat beste Voraussetzungen.
Meine Damen und Herren, worauf müssen wir uns einlassen? Wie sieht der Rahmen für die sächsische Landwirtschaft in den nächsten Jahren aus? Ich finde, die Perspektiven sind trotz steigender Produktionskosten überwiegend positiv. Die Bevölkerung wächst weltweit. Prognosen gehen von circa neun Milliarden im Jahr 2050 aus. Die OECD schätzt ein, dass die Nahrungsmittelnachfrage bis 2030 um über 50 % steigen wird. Europa und auch Sachsen können mit ihren relativ günstigen Voraussetzungen und ihrer hoch entwickelten Land- und Ernährungswirtschaft einen Beitrag zur Deckung dieser Nachfrage leisten.
Es geht aber nicht nur darum, den Hunger zu besiegen. In den Schwellenländern China und Indien wächst nicht nur die Gesamtbevölkerung, sondern auch eine einkommensstärkere Bevölkerungsschicht heran, die neue Ernährungsgewohnheiten hat. Es werden Spezialitäten gegessen und mehr nachgefragt, was den Bedarf an pflanzlichen Futtermitteln steigen lässt – eine Entwicklung, von der auch Sachsens Landwirte und die Ernährungsindustrie profitieren können.
Gleichzeitig werden die Primärenergieträger wie Erdöl und Kohle knapper. Die Nachfrage nach Rohstoffen auch für erneuerbare Energien aus Biomasse steigt weltweit. Bei allen Chancen für die Landwirtschaft besteht dabei die Gefahr, dass in den Ländern der Dritten Welt ein noch größerer Biomasseanbau ausgelöst wird, der den Nachhaltigkeitskriterien nicht entspricht und aus der Sicht des Klima- und Naturschutzes gegebenenfalls noch kontraproduktiv ist.
Außerdem darf nicht vergessen werden: Zuallererst müssen die Menschen satt werden! Die europäische Landwirtschaft hat nach wie vor die im EU-Vertrag festgeschriebene Aufgabe, bezahlbare Lebensmittel herzustellen. Wir in Sachsen sollten nur das anbauen, was wirtschaftlich sinnvoll ist und umweltgerecht hier wächst. Sinnvoll ist in jedem Fall die Nutzung der landwirtschaftlichen Nebenprodukte oder minderer Qualitäten für erneuerbare Energien. Auch dadurch kann bereits ein beträchtlicher Beitrag zur Energieversorgung geleistet werden. Wichtig ist, dass der Anbau von Biomasse für erneuerbare Energien in das Betriebskonzept passt; denn Landwirtschaft ist – ich betone es immer wieder – in erster Linie Wirtschaft. Der Verbraucher muss über den Markt bestimmen, was produziert wird, und nicht der Staat.
Der Landwirt von heute muss sowohl seine betriebswirtschaftlichen Kennzahlen als auch die internationalen Marktentwicklungen genauso im Blick haben wie seine Felder, und das künftig noch mehr als bisher. Landwirtschaftliche Produkte werden nicht nur innerhalb Deutsch
Zurzeit tagt die Welthandelsorganisation, die WTO. Ob es noch in diesem Jahr eine Einigung im Agrarbereich geben wird, ist offen. Fest steht aber, dass früher oder später die Zölle im Agrarbereich sinken werden, auch wenn sich insbesondere die Amerikaner noch dagegen wehren. Wir rechnen mit einer Halbierung der Zölle. Auch die Exporterstattungen fallen weg. Da die EU gerade dabei ist, die Vereinigten Staaten als weltgrößten Agrarexporteur abzulösen, haben wir ein eigenes Interesse daran, dass andere Märkte geöffnet werden. Sicherlich werden wir uns dafür einsetzen, wichtige Produkte, wie zum Beispiel Milch, als sensible und damit besonders schützenswerte Produkte einzustufen. Das entbindet die Landwirtschaft aber nicht davon, die Chancen der Weltmärkte offensiv zu nutzen, auch wenn die Landwirtschaft damit viel mehr als bisher den Regeln des Wettbewerbs unterliegt, aber, meine Damen und Herren, die Chancen überwiegen bei Weitem.
Auch innerhalb der EU wird ein neuer Wind wehen. Nach dem Jahre 2013 werden die derzeitigen Direktzahlungen bei steigenden Produktionskosten drastisch sinken, denn es ist auch bei größtem Optimismus nicht anzunehmen, dass im EU-Haushalt 2014 bis 2020 weiterhin 15 % der EU-Mittel für Bildung, für Forschung und für Außenbeziehungen und 45 % für die Landwirtschaft bereitstehen, auch wenn wir wissen, dass beim Zahlenvergleich immer Äpfel mit Birnen verglichen werden. Die EU-Agrarpolitik ist nun einmal der Politikbereich, der vollständig vergemeinschaftet und damit hauptsächlich im EU-Etat finanziell abgebildet ist. Dabei entsprechen diese 45 % des EUHaushaltes für die Landwirtschaft nur circa 0,45 % des Bruttonationaleinkommens der EU.