Protokoll der Sitzung vom 18.04.2008

(Weitere Proteste bei der Linksfraktion)

Dieses Erbe haben wir übernommen, und es ist ja auch die Zielsetzung unseres Berichtsantrages, dass wir an dieser Stelle die sächsische Spezifik noch einmal darstellen müssen.

Es ist professionelle Hilfe notwendig, und deswegen haben wir im Punkt 2 unseres Antrags das Unternehmercoaching aufgenommen, mit dem die Spezifik jeder Unternehmensübergabe noch einmal herausgearbeitet werden soll. Deshalb ist ja das, was hier genannt wurde, nicht zu bezweifeln, aber wir müssen darüber nachdenken. Es reicht nicht, Informationen zu geben, sondern es muss spezifisch auf jede einzelne Unternehmensübergabe eingegangen werden.

Lieber Michael Weichert, die Eigenkapitalquote ist sicherlich ein Thema; das wissen wir. Wir müssen nachdenken, was an dieser Stelle notwendig ist, um zu günstigem Eigenkapital zu kommen, unter günstigen Bedingungen der Verzinsung und Besicherung.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, ich gestatte die Zwischenfrage.

Bitte, Frau Simon.

Herr Kollege Heidan, ich muss noch einmal zurückkommen auf Ihre Äußerung bezüglich dieser tatsächlich sehr falschen Entscheidung 1972, den Klein- und Mittelstand der DDR zu enteignen. Können Sie mir trotzdem zustimmen, dass der damalige Antrag von Gerald Götting in die Volkskammer eingebracht wurde, damals Vorsitzender der CDU, und dass es außerdem jetzt, fast 20 Jahre nach der Wende, überhaupt kein bisschen hilfreich mehr ist, auf Sachen von vor 50 Jahren zurückzugreifen?

(Beifall bei der Linksfraktion – Widerspruch bei der CDU)

Nach meinen Berechnungen liegt das 36 Jahre zurück. Das als Erstes. Es ist die Generation, die jetzt hier fehlt.

(Zuruf des Abg. Dr. Fritz Hähle, CDU – Anhaltende Unruhe – Zurufe der Abg. Andrea Roth und Sebastian Scheel, Linksfraktion)

Sie haben doch die ehemaligen Blockparteien mit Ihrer Aussage letztendlich instrumentalisiert. Sie waren doch diejenige Partei, wenn Sie schon – – Lassen Sie mich doch einmal ausreden, Frau Roth! – Sie waren doch letztendlich die bestimmende Macht, die damals – leider – das Sagen hatte.

(Beifall bei der CDU)

Wir sind der Meinung, dass Informationen und Informationsveranstaltungen wichtig sind, möchten das aber noch vertiefen, step by step.

Liebe Kollegen von den GRÜNEN, die marktkonformen Maßnahmen, wie sie der Minister erläutert hat, sind wichtig, und auch die Motivation der Jugendlichen darf

nicht erst an der Universität beginnen, sondern bereits im Schulbereich. Wir tun das; ich hatte es in meiner Rede vorhin betont.

Deswegen bitte ich noch einmal um Zustimmung zu unserem Antrag.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 4/11575 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Danke schön. Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei einigen Stimmenthaltungen ist diese Drucksache mehrheitlich beschlossen worden. Dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 4

Aktionsprogramm „Barrierefreies Sachsen“

Drucksache 4/11136, Antrag der Linksfraktion, mit Stellungnahme der Staatsregierung

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Es beginnt die Linksfraktion, es folgen CDU, SPD, NPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung. – Ich erteile der Linksfraktion das Wort; Herr Abg. Wehner, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Frau Staatsministerin Orosz! Ich sehe Sie leider gerade nicht. Vielen, vielen Dank für Ihre Stellungnahme zu unserem Antrag. Dass Sie im Fazit unseren Intentionen nicht zu folgen vermögen, stimmt mich allerdings traurig. Ich glaube schon, dass Sie, verehrte Frau Staatsministerin, im Grunde unserem Anliegen folgen würden, nur kommt die Anregung leider von den Linken, und wie das in diesem Landtag so ist: Was von links kommt, wird eben abgelehnt.

Wenn Sie, sehr geehrte Frau Staatsministerin, in Ihrer Stellungnahme ausführen, dass eine Voraussetzung für die Teilhabe behinderter Menschen die Bereitschaft der Gemeinschaft, Behinderung als eine übliche Ausprägung menschlichen Lebens anzusehen sei und diese Bürgerinnen und Bürger als gleichberechtigte Mitglieder der Gesellschaft anzuerkennen seien; wenn Sie ausführen, die Sensibilisierung für die Belange von behinderten und alten Menschen sei eine permanente Aufgabe, an der stetig gemeinsam zu arbeiten ist, dann sage ich Ihnen: Wunderbar. Sie haben recht. Genau das wollen wir.

(Vereinzelt Beifall bei der Linksfraktion und Beifall der Abg. Elke Herrmann, GRÜNE)

Moderne Behindertenpolitik, meine Damen und Herren, ist eine Querschnittsaufgabe, die alle Politikfelder umfasst. Sie muss sich dadurch auszeichnen, dass sie die konkreten Lebenssituationen von Menschen mit Behinderungen jeglicher Art zum Ausgangs- und Zielpunkt

konzeptioneller Gesellschaftsentwicklung, praktischer Politik und alltäglichen Verwaltungshandelns macht. Genau aus diesem Grund, Frau Staatsministerin, meine Damen und Herren, sollte die Staatsregierung mit einem breit angelegten Aktionsprogramm systematisch in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens dafür sorgen, dass Barrieren sowohl ideell als auch materiell beseitigt werden.

Es wäre schön, meine Damen und Herren, könnten wir sagen: Das Bild barrierefreier Städte und Dörfer im Freistaat Sachsen ist ein konkretes und ein deutlich erkennbares geworden. Doch leider können wir dies nicht sagen. Frau Staatsministerin, einige Beispiele dafür:

In dieser Woche wurde in Dresden, unweit vom Sächsischen Landtag, im Motorenwerk das Projekt „Mehrgenerationenhaus riesa efau“ eröffnet. Eine tolle Sache; ist Ihnen aber aufgefallen, dass nicht alle Menschen die Angebote des Mehrgenerationenhauses nutzen können? Seit Jahren bemühen sich die Vertreter des Vereins, das Vordergebäude der Motorenhalle als barrierefreie Begegnungswerkstatt und Ateliergebäude für die Öffentlichkeit wieder aufzubauen. Im Rahmen der Städtebauförderung sind von der Stadt Dresden auch Mittel in Aussicht gestellt worden, allerdings umfassen diese höchstens 60 % der Baukosten. Die restliche Summe, circa 450 000 bis 500 000 Euro, muss anderweitig finanziert werden. Eine Lösung ist bisher noch nicht gefunden worden.

Meine Damen und Herren! Ich glaube schon sagen zu können, dass jeder von Ihnen doch gern mal in ein Restaurant oder eine Kneipe geht. Nein, das hat jetzt nichts mit Nichtraucherschutz zu tun. Aber fällt Ihnen auf, wenn Sie dort hingehen, dass auch da nicht jedermann hinein kann, weil die Bestimmungen der Barrierefreiheit einfach nicht beachtet werden, trotz einer Sächsischen Bauord

nung, trotz eines Gesetzes zur Verbesserung der Integration behinderter Menschen, trotz der Vorgaben des Deutschen Institutes für Normung? Die Spielregeln werden einfach nicht beachtet, aber auch Kontrollen und Prüfungen der Anwendung der Vorschriften finden nicht statt, Sanktionen werden überhaupt keine auferlegt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Rahmen des Städtebaues werden nicht unerhebliche Mittel zur Verfügung gestellt. Da werden manche Stadtteile in historischem Antlitz aufpoliert – schön anzuschauen, aber auch nicht für jedermann nutzbar. Ob es der Rollstuhlfahrer ist, ob es der Blinde ist, ob es die Eltern mit Kinderwagen sind oder ob es eben die modebewusste Frau ist, die mal einen besonderen Schuh anziehen möchte. Ich habe einige gesehen, die umgeknickt sind und sich auf dem Kopfsteinpflaster schwer verletzt haben. Das hat nichts damit zu tun – Frau Pfeiffer, Sie schauen so –, dass sie vielleicht nicht in diesen Schuhen laufen können.

Sie haben vielleicht gehört, dass ich im vergangenen Jahr mit Kollegen Günther eine Tour durch Sachsen gemacht habe. Wir waren in Oberwiesenthal, in Freiberg und Bad Schandau und konnten uns dort ein Bild machen, wie es mit der Barrierefreiheit in Sachsen bestellt ist. Herr Prof. Bolick, es wird Sie bestimmt freuen, wenn ich Ihnen jetzt sage, dass es DIE LINKE im Stadtrat Glauchau war, die sich gemeinsam mit dem CDU-Oberbürgermeister dazu entschlossen hat, die historische Marktgestaltung barrierefrei vorzunehmen.

(Zuruf des Abg. Prof. Gunter Bolick, CDU)

Ich weiß, dass Sie nicht dafür waren, aber es ist so geworden, und das sollte Sie eigentlich freuen, da nunmehr die Bürgerinnen und Bürger von Glauchau die Chance haben, ohne Hindernisse eben auch ins Rathaus zu kommen.

(Vereinzelt Beifall bei der Linksfraktion)

Mit welcher Arroganz und Ignoranz vonseiten der Deutschen Bahn behinderten Menschen begegnet wird, darauf möchte ich jetzt nicht eingehen. Hierzu wird in der nächsten Runde meine Kollegin Simon über erlebte Erfahrungen berichten.

Herr Staatsminister Flath, wissen Sie: Im Chemnitzer Land wurde eine Schule saniert. Es wurde auch eine für Rollstuhlfahrer geeignete Toilette eingebaut. Wunderbar, nur: Die Rollifahrer(innen) kommen gar nicht erst in die Schule, zumindest nicht selbstständig, denn sie müssen erst eine Treppe überwinden, und im Übrigen: Die Rollstuhlfahrertoilette befindet sich im ersten Stock.

(Zuruf des Abg. Mario Pecher, SPD)

Es drängt sich also die Frage auf: Wer prüft oder kontrolliert solche Vorhaben? Wer bestätigt die Verwendungsnachweise und fragt, ob der Fördermittelzweck auch erfüllt wurde? Dies alles sind Dinge, meine Damen und Herren, die nicht hinnehmbar sind und uns auffordern sollen, schnellstmöglich ein Aktionsprogramm auf den

Weg zu bringen, das uns tagtäglich für die Fragen der Barrierefreiheit sensibilisiert. Anders geht es nicht.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Schauen Sie in die Bundesrepublik Deutschland, was in der Stadt Münster – auch eine Stadt, die einen historischen Kern hat – getan wurde. Auch wie sich die Menschen dort bewegen, ist einfach fantastisch. Das ist über jahrelange mühsame Kleinarbeit und Sensibilisierung für die Belange der Behinderten erreicht worden; und ich finde schon, dass wir das hier nachmachen können.

Ein nicht unwesentliches Problem ist der barrierefreie Zugang zu Arztpraxen und Gesundheitseinrichtungen. In Ihrer Stellungnahme zu unserem Antrag antworten Sie, Frau Staatsministerin, dass weder die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen noch die Krankenkassen in der Lage sind, auf eine barrierefreie Gestaltung privatwirtschaftlich geführter Arztpraxen direkten Einfluss zu nehmen. Das ist schon richtig so. Aber vergibt nicht die KSV die Betriebszulassung an die Ärzte? Sollte es dabei nicht möglich sein, Bedingungen zu nennen, die bei der Zulassung die Fragen der Barrierefreiheit in besonderer Weise berücksichtigen? Genau hier – dies geht aus vielen Antworten in den Stellungnahmen hervor – liegt das Grundproblem: Es sind immer andere verantwortlich. Es ist alles geregelt, und das ist gut so. Natürlich haben wir viele Vorschriften und es könnte auch tatsächlich gut sein. Aber es kontrolliert keiner, und wir haben hierbei noch sehr viel zu tun.

Meine Damen und Herren! Ich behaupte nicht, dass im Freistaat Sachsen in Bezug auf Barrierefreiheit bisher nichts getan wurde. Es gab und gibt viele gute Ansätze. Zu Recht weisen Sie, Frau Staatsministerin, in Ihrer Stellungnahme vom 26. Februar 2008 auf unseren Antrag – auf die positiven Beispiele – hin. Es gibt sicherlich noch weitere gute Beispiele. Wenn ich allein an die hervorragenden Bedingungen in den Gebäuden und Räumen des 4. Sächsischen Landtages denke, wäre es toll, wenn der Freistaat Sachsen diesbezüglich so aufgebaut wäre wie der Sächsische Landtag.

Meine Damen und Herren! Es ist eben nicht überall Barrierefreiheit gegeben und wir haben deswegen noch viel zu tun. Es geht gar nicht um die Frage, wer schuld ist. Es geht hier vor allem darum, Sie alle dafür zu gewinnen, in Sachsen Schritt für Schritt solche Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Chancengleichheit tatsächlich hergestellt werden kann, sodass die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft und die selbstbestimmte Lebensführung für alle möglich wird.

(Beifall bei der Linksfraktion und des Abg. Peter Wilhelm Patt, CDU)

Sie sollten sich schon überlegen, ob die bisherige Förderpraxis auch den Anforderungen entspricht. Ich denke da an die vielerorts bestehenden Wegweiser für die Menschen mit Behinderungen. Diese müssen fortgeschrieben werden, denn sie sind doch zugleich auch Bestandsaufnahme über die Barrierefreiheit. Die gesammelten Erkenntnisse sollte man zur Grundlage für die weitere