Protokoll der Sitzung vom 18.04.2008

– die Gelegenheit geben, diesen neuen Stil in die Praxis umzusetzen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Ich erteile der Fraktion der CDU das Wort; Frau Abg. Nicolaus, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie haben mich wieder erstaunt, Frau Schütz; aber vielleicht muss man sich auch nicht mehr darüber wundern. Sie hatten in Ihrem ersten Redebeitrag auf die Regierungserklärung der Staatsministerin reflektiert, aber Sie haben sie wahrscheinlich nicht ganz durchgelesen; denn ich hatte bereits in meinem ersten Statement gesagt, Familie fokussiert sich eben nicht nur auf die Betreuung von Kindern und auf Eltern, die ihre Kinder betreuen. Zur Familie gehören auch die Enkel, Schwiegerkinder, Großeltern, vielleicht auch die zu betreuenden Eltern. Der Begriff ist allumfassend. Sicherlich kann man das immer wieder auf die Betreuung und Erziehung von Kindern fokussieren. Es ist Ihr gutes Recht, wenn Sie als Fraktion das so sehen. Aber für mich bleibt letztendlich stehen, dass die FDP-Fraktion Familie nur so definiert, dass man minderjährige Kinder – wie auch immer – erzieht.

(Angelika Pfeiffer, CDU: Möglichst in der Krippe!)

Aus meiner Sicht gehört viel mehr dazu; ich wiederhole mich an dieser Stelle.

Nun zu dem, was Sie hier angesprochen haben. Ich möchte gern darauf reagieren. Vielleicht auch an Sie, Herr Neubert: Anscheinend ist Ihnen einiges entgangen; denn wir haben den Erzieherinnen in den Kindergärten die Möglichkeit gegeben, sich mit dem Sächsischen Bildungsplan auseinanderzusetzen, Familienbildung durchzuführen, mit dem Frühwarnsystem zu korrespondieren, weil die Erzieherinnen dabei eine herausragende Bedeutung haben, wenn Vernachlässigungen angezeigt werden.

Es gibt pro Kindergartenjahr pro Woche eine Stunde für die Erzieherinnen. Sicher kann man immer sagen, es bedarf mehr; keine Frage. Wenn wir den Schlüssel von 1 : 13 auf 1 : 12 im Kindergartenbereich im neuen Doppelhaushalt verändern, dann wird es jetzt schon schlechtgeredet, so habe ich es zumindest verstanden, Herr Neubert. Ich weiß nicht, in welcher Situation Sie

sich hier befunden haben. Wollten Sie gleich der Staatsministerin attestieren, dass sie eine schlechte Politik gemacht hat, und die Debatte dazu nutzen?

(Zuruf des Abg. Falk Neubert, Linksfraktion)

Damit bin ich nicht einverstanden. Wir haben so viel geleistet, wir haben ein so hohes Niveau erreicht, und sicher kann man von einem solch hohen Niveau aus als Opposition immer wieder sagen: Das reicht noch nicht, wir brauchen noch mehr. Natürlich arbeiten wir daran, unsere Familienpolitik immer wieder weiterzuentwickeln. Aber dafür gibt es eine Grundlage: die Regierungserklärung; und an diese halten wir uns. Wir haben einen Fahrplan, in diesem sind wir bereits sehr weit fortgeschritten. Wir haben den Zug aufs Gleis gestellt und sind schon fast am Ziel. Es ist natürlich keine Frage, dass wir uns darüber freuen, dass viel mehr Kinder geboren werden; und darauf muss reagiert werden, das ist keine Frage. Dies tun wir auch.

Noch ein Wort zu den Ganztagsangeboten. Ich bin schon der Meinung, dass diese eine gute Lösung sind, für Kinder am Nachmittag eine sinnvolle Betreuung zu haben. Ich denke, es ist nicht richtig, wenn man diese nur auf den Grundschulbereich fokussiert, sondern man muss dies auch darüber hinaus – im Hortbereich – tun. Wir haben die Ganztagsangebote im Mittelschulbereich sowie an den Gymnasien und werden natürlich auch dies fortschreiben.

Einige Worte zu den Elternbeiträgen für das Vorschuljahr. Wir haben diesen Einstieg gewählt. Das scheint aber einigen überhaupt nicht zur Kenntnis gelangt zu sein. Erstens wird ein Drittel der Elternbeiträge ohnehin von den Kommunen übernommen, sodass die Betreuung im Grunde genommen für die Eltern kostenlos ist, weil sie eben finanzielle Probleme haben. Es müssen nicht unbedingt die Hartz-IV-Empfänger sein, sondern auch diejenigen, die im Grenzbereich liegen und einen geringeren Lohn erhalten – wie auch immer. Ihnen werden die Elternbeiträge erstattet.

Zweitens ist es im Vorschuljahr so, dass wir als Freistaat den Kommunen diese „Last“ abnehmen und diese Kosten ersetzt werden. Also ist dieser Einstieg in die Elternbeitragsfreiheit für das Vorschuljahr bereits gewählt; aber das scheint von Ihnen überhaupt nicht zur Kenntnis genommen zu werden. Ich bedauere dies sehr.

Wir, meine sehr verehrten Damen und Herren, haben einiges an Errungenschaften vorzuweisen, was andere Bundesländer nicht haben, und das lassen wir uns von Ihnen nicht streitig machen.

(Beifall der Abg. Heinz Lehmann und Christine Clauß, CDU)

Bitte zum Schluss kommen.

Wenn Sie als FDP-Fraktion hier auftreten, um die Familienfreundlichkeit der Sachsen infrage zu stellen, dann bin ich der Meinung: Machen Sie

ihre Hausaufgaben, bringen Sie gute Vorschläge und ein Konzept, und dann können wir darüber diskutieren. Wir meinen, wir sind auf dem richtigen Weg und haben viel dafür getan.

(Beifall bei der CDU und der Staatsministerin Helma Orosz)

Ich erteile der Linksfraktion das Wort; Herr Neubert, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Nicolaus, ich möchte gern auf zwei Aspekte, die Sie angesprochen haben, eingehen.

Erstens: Verbesserung des Betreuungsschlüssels. Ich habe nur darauf hingewiesen, dass das längst überfällig ist. Seit Jahren gibt es Klagen der Erzieherinnen und Forderungen der Vertreter der Verbände.

(Zuruf des Abg. Heinz Lehmann, CDU)

Herr Lehmann, Sie wissen doch gar nicht, wie es in der Praxis aussieht, deshalb brauchen Sie nicht dazwischenzureden.

Es ist einfach längst überfällig.

Zweitens: Erstattung der Elternbeiträge – was Sie absurderweise als Einstieg in die Kostenfreiheit betrachten. Wir sprechen hier von der Übernahme der Betreuungskosten für Menschen mit ganz geringem Einkommen. Dabei sprechen wir jedoch darüber, dass wir sie teilweise nur halbtags übernehmen, Frau Nicolaus, das wissen Sie ebenfalls. Wir sprechen auch darüber – um an die gestrige Diskussion anzuschließen –, dass das Essengeld davon ausgenommen ist. Also, die Frage der Kosten steht ebenfalls noch. Zu dem, was Sie mit dem letzten KitaJahr angesprochen haben: Das ist nur die Kompensierung von Landesseite, um die kommunalen Zugangskriterien finanziell auszuhebeln. Das ist schon etwas Gutes. Aber wie wäre es einmal mit einem Gesetzentwurf, der Zugangskriterien verbietet?

(Beifall der Abg. Kathrin Kagelmann und Cornelia Falken, Linksfraktion)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich verweise nochmals auf einen älteren Antrag unserer Fraktion in der Drucksache 4/4573, das war die Hoch-Zeit der familienpolitischen Förderung der Koalition. Wir hatten einmal abgefragt, was daraus geworden ist. Es ist wirklich sehr interessant zu lesen. Es sind circa zehn Forderungen, und ich möchte nur einige vorlesen – alle aus der Koalition, alle aus der Regierung: kostenfreies Vorschuljahr, Abschaffung der Zugangskriterien, kostenfreie Kindertagesbetreuung step by step einführen – wir erinnern uns, Frau Orosz –, Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten, da diese für Geringverdiener zum Nachteil führt.

Von diesen Dingen, die hier drinstehen – das sind Dinge, hinter denen wir stehen, denn es gab auch eine Menge

Blödsinn, der damals gefordert wurde, wie zum Beispiel das Familienwahlrecht –, ist nichts passiert. Das sind einfach Verkündigungen in der Zeitung, um sich dann hier hinstellen und sagen zu können, wir haben doch in den letzten Jahren massenhaft getan. Dies halte ich für etwas euphemistisch – das muss ich ehrlich sagen.

Abschließend noch einmal die Verbindung zur Familienpolitik. Richtig ist, dass dies nicht nur Kindertagsstättenpolitik oder Landeserziehungsgeld betrifft. Frau Nicolaus hat zu Recht auf die Frage der älteren Generation hingewiesen. Was wir aber hier fokussiert haben, ist die größte Stellschraube im Land – darüber müssen wir uns in diesem Bereich bewusst sein.

Es gibt viele Punkte, die die Bundespolitik betreffen und die ich noch einmal tangieren möchte. Wir hatten gestern beispielsweise schon über die Frage der Kinderarmut diskutiert. Die Gegenrechnung des Kindergeldes gegen Hartz IV abzuschaffen ist eine Sache, die bundespolitisch angefasst werden muss. Es muss die Leistung für Kinder zu einer Kindergrundsicherung entwickelt werden.

Weiterhin muss eine öffentliche Infrastruktur für Kinder geschaffen werden, die nicht dem Familienetat gegengerechnet wird. Somit sind wir wieder bei der kostenfreien Betreuung, beim kostenfreien Mittagessen sowie bei der Lernmittelfreiheit. Hier verbauen wir nämlich den Kindern die Chancen für ihre Zukunft. Es muss für uns doch das Ziel sein, dass alle Kinder die gleichen Chancen für die Zukunft ihres Lebens – unabhängig vom Geldbeutel ihrer Eltern – haben.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Nächster Punkt: Fragen der steuerlichen Entlastung für Kinder. In diesem Zusammenhang haben wir immer gesagt, dass die Förderung für Kinder nichts im Steuerrecht zu suchen hat, da diejenigen Eltern, die am meisten verdienen, auch die höchste Steuerermäßigung für ihre Kinder bekommen. Das heißt, dass Eltern, die wenig verdienen, auch weniger für ihr Kind vom Staat bekommen – was für eine absurde Konstruktion!

Ein weiterer Punkt ist die Förderung bestimmter Lebens- und Familienformen, die gesetzlich noch immer vorhanden sind. Ich meine damit das Ehegattensplitting. In Sachsen leben zurzeit in über 60 % der Ehen keine Kinder, und diese werden gefördert. Nein! Die Förderung muss bei den Kindern in der Familie ansetzen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Frau Schüßler ist da ganz von vorgestern.

Dazu gehören auch alle anderen Formen von Familien, wie gleichgeschlechtliche Paare und nicht verheiratete Paare. In Sachsen werden über 50 % der Kinder nicht in einer Ehe geboren – das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Das sind Lebensrealitäten, die man einfach zur Kenntnis nehmen und auf die man gesetzlich reagieren muss.

(Andreas Grapatin, CDU: Grundgesetz lesen!)

Da können Sie schreien, wie Sie wollen. Die Frage ist: Können Frauen und Männer berufstätig sein und ihre Existenz eigenständig sichern? Das stellen wir uns als Leitbild vor.

Lassen Sie mich noch einen letzten Satz sagen – ich hatte es vorhin schon angesprochen: Das Bundeselterngeld ist ein großer gleichstellungspolitischer Fortschritt. Es hat aber eine soziale Schieflage. Wir als Linke wollten das in Sachsen ändern –

Kommen Sie bitte zum Schluss!

– auch hier haben Sie leider dagegen gestimmt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Wird von der SPD-Fraktion noch das Wort gewünscht? – Keine Meldung. Dann frage ich die NPD-Fraktion. – Herr Dr. Müller, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die unterschiedlichen Definitionen für Leitbegriffe wie Demokratie, Volk, aber auch Familie werden zunehmend zum Problem im politischen Meinungsaustausch. Ich kann nur davor warnen, wie hier bei der Definition der Familie von der Natürlichkeit zur Beliebigkeit zu wechseln.