Die von den abberufenen Vorständen selbst über Monate geschaffene Vertrauenskrise erfordert die Prüfung aller erhobenen Vorwürfe, ohne Ansehen der Person. Ebenso müssen die wesentlichen und/oder unmittelbaren Beteiligungen der Bank auf den Prüfstand. Seit Jahren wird in der Öffentlichkeit über eine Erhöhung der Anforderungsprofile für Aufsichtsräte diskutiert. Da ist es grundsätzlich notwendig zu überlegen, wie die Kontrollorgane
öffentlicher Unternehmen – auch die der Sachsen LB – hinreichend fachspezifisches Know-how erhalten, Kontrolle auch faktisch wahrnehmen zu können, ohne bei Lachsbrötchen und Schampus in tiefen Teppichen zu versinken. Das Beispiel der Bankgesellschaft in Berlin hat gezeigt, was auf ein Land und seine Bürger zukommen kann, wenn ein außer Kontrolle geratenes landeseigenes Kreditinstitut in die Krise gerät und die politische Kontrolle restlos versagt. Das muss uns Warnung sein.
„Die Berliner Bankgesellschaft war kein Sonderfall“ – schreibt Mathew D. Rose in seinem Buch „Eine ehrenwerte Gesellschaft“ –, „sie ist nur vielen anderen Banken fünf Jahre voraus.“ Und er schreibt weiter: „Die Namen der Manager sind austauschbar; die Kontrollinstanzen sind dieselben.“
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss den Mitarbeitern der Sachsen LB danken, die für eine gläserne Bank gesorgt haben, damit die Notbremse gezogen werden konnte. Ihr Mut und ihr soziales Engagement bei eigener existenzieller Gefährdung ist genau das Gegenteil der Raffgier, der inakzeptablen Methoden und der Selbstbedienungsmentalität der abberufenen, angeblich so hoch talentierten und so hoch gelobten Bankmanager.
Herr Finanzminister, Sie sind die Rechtsaufsicht, Sie sind Verwaltungsratsvorsitzender, Sie tragen eine Riesenverantwortung für die Sachsen LB und für den Neuanfang. Sie müssen es unbeirrbar tun und niemand anderes. Wir unterstützen Sie dabei.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem der von uns schon zweimal beantragte und nach allen denkbaren Kriterien auch dringend notwendige Untersuchungsausschuss jedes Mal in diesem Haus durch das unbürokratische Blockadeverhalten selbsternannter Demokraten abgelehnt wurde, hörten wir heute wenigstens mal eine Regierungserklärung des Ministerpräsidenten zum Thema Sächsische Landesbank. Dazu brauchte es einer jahrelangen Serie von Negativschlagzeilen, einer Massierung von Nachrichten über das Tollhaus Sachsen LB und „Akten aus Absurdistan“ – so die Zitate in der Presse – und letzten und schlechten Endes dann auch noch als dem Sahnehäubchen auf diesem Schrecken ohne Ende des Fundes einer handschriftlichen Anweisung zur Fälschung und Rückdatierung einer vom Aktiengesetz geforderten Beteiligungsanzeige bei einer Hausdurchsuchung in den Vorstandsbüros der Sachsen LB. Ein solches Desaster in quälend vielen und hochnotpeinlichen Akten kann dann selbst ein Meister des Aussitzens wie unser Ministerpräsident nicht gänzlich ignorieren.
Ich kann Sie nur dringend davor warnen, jetzt eine andere erprobte Beschwichtigungsstrategie zu fahren, nämlich nach der Suspendierung der beiden Vorstände Mi
chael Weiss und Rainer Fuchs den Versuch zu unternehmen, die gesamte Schuld bei der Sächsischen Landesbank auf diese beiden Personen abzuwälzen.
Die Katastrophe, die unter anderem die beiden angerichtet haben, wird ihnen ohnehin angesichts weiterlaufender Jahresgehälter zwischen 300 000 und 600 000 Euro nur fürs süße Nichtstun nicht weiter wehtun und die Staatsregierung sollte der Versuchung widerstehen, die beiden als gut bezahlte Bauernopfer zu missbrauchen und von der eigenen Verantwortung abzulenken.
Herr Prof. Milbradt, Sie haben hier in der letzten Landtagssitzung vor zwei Wochen allen Ernstes davon gesprochen, dass Weiss und Fuchs um ihre Suspendierung gebeten haben und damit politische Verantwortung übernommen hätten. Bei allem gebührenden Respekt, Herr Prof. Milbradt, aber ich denke, das glaubt Ihnen hier niemand im Raume. Herr Weiss und Herr Fuchs können maximal die geschäftspolitische Verantwortung für die Vorgänge der letzten Jahre übernommen haben; die politische Verantwortung kann nach allen Gesetzen der Logik auch nur ein Politiker übernehmen. Und dass die Affären um die Landesbank einen eminent politischen Aspekt haben, das bestreitet außer der Staatsregierung wohl auch niemand hier im Raume. Herr Prof. Milbradt, so wie bisher kann es nicht weitergehen. Ich frage Sie: Wann übernimmt jemand die politische Verantwortung für das Ganze? Davon haben wir heute noch nichts gehört.
Nicht zu vergessen: Auch Herr Tiefensee hängt mit drin im Verwaltungsrat. Ist das nun der Grund, warum die SPD so handzahm geworden ist, oder ist das allein die Koalitionsdisziplin? Wir wissen es nicht. Was wir wissen, ist: Die Kunden der Sparkassen werden für die ganzen Vorkommnisse um die Sachsen LB zahlen müssen, wenn die Sachsen LB eines Tages „frisches Geld“ braucht. Aber man ist wahrscheinlich vonseiten der Koalition – gerade auch vonseiten der SPD – nicht an der Aufklärung interessiert; was sind schon die Sparkassenkunden im Vergleich zu zwei warmen Ministersesseln und einem 3. Vize?!
Ich erinnere mich noch gut an die Plenarsitzung vor knapp zwei Wochen, am 24. Februar 2005, als der Landtagsabgeordnete Frank Kupfer von der CDU unsere Anträge zur Sachsen LB – darunter auch zwei Anträge auf Suspendierung der beiden Vorstände Weiss und Fuchs – mit den Worten abbügelte; ich zitiere: „Von Verweigerung, meine Damen und Herren von der NPD-Fraktion, kann man hier in keinem Fall sprechen. Wer an sachlicher Politik interessiert ist, muss sich zunächst mit dem Sachverhalt vertraut machen … Dazu braucht es auch keine politischen Klamaukanträge, wie es die Neonationalsozialisten hier in diesem Hause getan haben.“
Einen einzigen Tag später – das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen! – verkündet niemand anders als der Ministerpräsident an gleicher Stelle, dass die Vorstände Fuchs und Weiss suspendiert werden. Diese Geschichte zeigt einmal mehr, dass nur die Landtagsfraktion der CDU gemeint sein kann, wenn die Rede davon
Sie haben mich zu Recht zitiert. Können Sie auch bestätigen, dass ich gesagt habe: Wenn sich die Vorwürfe erhärten, erwarte ich auch von der Staatsregierung Konsequenzen? Können Sie mir weiterhin Recht geben, dass diese Konsequenzen letztlich auch gezogen wurden?
Da gebe ich Ihnen durchaus Recht. Die Frage lautet aber: Warum ist es getan worden? Es ist nur deswegen getan worden, weil die PDS mit dem Untersuchungsausschuss gedroht hatte. Uns ist klar, dass wir zwölf Abgeordneten keinen Untersuchungsausschuss durchkriegen, zumal dann, wenn Sie sich alle hier zusammenrotten und eine Blockadepolitik gegen uns machen. Das ist mir schon klar.
Aber letztendlich geht es uns um die Sache. Die Sache heißt: Der Untersuchungsausschuss muss kommen. Ich kann für meine Fraktion sagen: Wir werden zustimmen, egal wer von Ihren Fraktionen diesen beantragt, weil wir – erstens – ein solches Blockadedenken nicht kennen und weil uns – zweitens – auch an der Aufklärung gelegen ist.
Ich war ein wenig unaufmerksam und möchte nur noch einmal die Bestätigung haben: Habe ich richtig gehört, dass Sie uns, dem Hohen Hause, soeben „Zusammenrottung“ vorgeworfen haben?
Wie wollen wir es denn nennen? Nennen wir es einfach Blockadepolitik der so genannten Demokraten. Sie können sich das zusammenbasteln, wie Sie wollen; ich denke, Sie wissen, was gemeint ist.
Zum Glück lasse ich mir den von Ihnen nicht vorschreiben. Auch wenn Sie Professor für Germanistik sind, lasse ich mir meinen Jargon nicht vorschreiben, Herr Prof. Porsch!
Die nach nur einem Tag von der Wirklichkeit überholten Auslassungen Frank Kupfers zeigen aber auch, wie schnell Kartenhäuser in sich zusammenbrechen können, wenn sie nicht auf den richtigen Sachverhalten aufgebaut sind. Es dauert, wie wir nach der letzten Plenarsitzung erlebt haben, manchmal nicht länger als 24 Stunden.
Das nächste Kartenhaus, das möglicherweise am Zusammenbrechen ist, ist die von einigen Vorrednern schon angesprochene Minderheitentochter Real. Wegen einiger Fragen und Bemerkungen des Abg. Nolle zerbrach schon in der letzten Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses das nach außen hin so mühsam gewahrte Bild der Einigkeit der Koalition. Ich verrate keine Interna – keine Panik! –; aber wenn es dahin geht, dass ein Abgeordneter für seine Aussagen in einem nichtöffentlichen Ausschuss mit dem Staatsanwalt bedroht wird bzw. ihm strafrechtliche Konsequenzen angedroht werden, dann ist das eine Sache, die durchaus Brisanz hat.
Die NPD-Fraktion hat viele parlamentarische Initiativen gestartet; das ist Ihnen nicht entgangen, auch wenn wir keine Zustimmung gefunden haben. Ich erinnere an unseren Dringlichen Antrag auf Einsetzung des Untersuchungsausschusses vom 11.01.; an unseren Dringlichen Antrag auf sofortige Suspendierung der Sachsen LB-Vorstände Weiss und Fuchs am 17.01.; an unsere Große Anfrage zum Informationsstand über die MDL vom 19.01.; an unseren Dringlichen Antrag zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Sachsen LB und zur REAL vom 07.02.; an unseren Antrag auf sofortige Suspendierung der Sachsen LB-Vorstände Weiss, Fuchs sowie Klumpp und Braun vom 08.02.; an unseren Antrag auf Bestellung eines auf Kreditprüfung spezialisierten Zweitprüfers für die Sachsen LB vom 09.02.2005; an unseren Antrag wegen der Insolvenzgefahr für mittelständische Unternehmen in Leipzig – da ging es um die unbezahlten Rechnungen von Handwerkern – vom 24.02.
Wir haben uns also mit dieser Sache intensivst auseinander gesetzt. Leider sind wir an der destruktiven Politik hier gescheitert. Aber wie ich schon ausführte: Egal wer den Untersuchungsausschuss beantragt, wir stimmen auch dem entsprechenden Antrag einer anderen Fraktion zu.
Ich verweise an dieser Stelle auf eine Meldung in der Chemnitzer „Freien Presse“ vom 15. Januar dieses Jahres, die auch im Landtags-Pressespiegel abgedruckt war und Ihnen somit bekannt sein dürfte. Darin wird der ehemalige Ministerpräsident Kurt Biedenkopf mit der Aussage zitiert, dass er seinen Nachfolger Georg Milbradt mehrfach auf Missstände bei der Sachsen LB und sogar auf die Fragwürdigkeit der nachträglich vom Oberlandesgericht Dresden für rechtswidrig erklärten Kapitalerhöhung bei der MDL hingewiesen haben will.
Herr Prof. Milbradt, jetzt stellt sich die gleichermaßen interessante wie hochpolitische Frage, welcher Aussage wir Glauben schenken dürfen. Haben Sie mit Ihrer Aussage Recht, keine politische Verantwortung für die Missstände zu tragen? Oder hat Prof. Biedenkopf mit seiner in der „Freien Presse“ zitierten Aussage Recht, dass Sie über alle Missstände in der Landesbank zeitnah infor
miert waren, ohne den Versuch unternommen zu haben, diese abzustellen? Wenn sich Letzteres als zutreffend herausstellen sollte, dann müssen nicht nur Weiss, Braun und Fuchs, sondern konsequenterweise auch Sie den Hut nehmen.
Wenn ich das sage, soll das keine Vorverurteilung sein; aber speziell im Zusammenhang mit der MDL stehen sehr schwerwiegende Vorwürfe wie Urkundenfälschung, Insolvenzverschleppung usw. im Raum. Ich denke, kein deutscher Ministerpräsident dürfte einfach so zur Tagesordnung übergehen, wenn ein solcher Makel an ihm haftet.
Die Aussage des Mannes, der Sachsen zwölf Jahre in der Nachwendezeit ununterbrochen regierte, steht bis heute unwidersprochen im Raum und belastet Sie schwer, Herr Milbradt!
Meine Fraktion hat heute bewusst darauf verzichtet, einen neuerlichen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu stellen, obwohl die neuen Erkenntnisse nach der staatsanwaltlichen Durchsuchung der Sachsen LB-Vorstände das durchaus sachlich gerechtfertigt hätten. Dieser Untersuchungsausschuss wird aber kommen, wenn die Frage der politischen Verantwortung für die Vorfälle weiterhin im Unklaren gelassen wird; so viel ist heute schon klar.
Es wird also nichts bringen, meine sehr verehrten Herren in der Sächsischen Staatsregierung, wenn Sie weiterhin versuchen, die ganze Sache auszusitzen und die Verantwortung wegzuschieben. Die ganze Sache wird präzise wie ein Schachspiel ablaufen. Am Ende wird der Untersuchungsausschuss für Klarheit sorgen.
Diese klaren Verhältnisse sind es auch, die die Landesbank in ihrer jetzigen Situation braucht. Alle bisherigen Vorwürfe an die Adresse meiner Fraktion, wir würden mit unserer Aufklärungsarbeit die Landesbank schädigen, haben sich als völlig falsch erwiesen. Die Suspendierung von Weiss, Braun und Fuchs hat schon wie ein Teildurchbruch gewirkt und den Weg für eine bessere Zukunft unserer Landesbank freigemacht. Endlich wird wieder über strukturelle und strategische Fragen statt nur über die Skandale der Bank diskutiert. Endlich wird gefragt, ob die starke und schwer überschaubare internationale Verästelung der Bank, zu der es in der Ära Weiss gekommen war, ein Fehler war oder nicht. „Geld ist ein scheues Reh“, sagt der Volksmund.
Vertrauen und Transparenz sind die beiden wichtigsten Grundlagen jeder Bank. Deshalb schädigt sicherlich nicht derjenige die Sachsen LB, der die Grundlagen für das Vertrauen und die Transparenz durch die Aufklärung von Missständen wiederherstellen will. Hier werden – gerade auch vonseiten der Union – Ursache und Wirkung absichtsvoll vertauscht, um die Arbeit der NPD in ein schlechtes Licht zu rücken.
Wir wissen, dass die Landesbank ein für den Bankenplatz Leipzig und Sachsen insgesamt geradezu unerlässlicher Faktor ist. Wir sind auch stolz auf die Leistungen der fast 700 Mitarbeiter, davon viele hoch qualifizierte Experten, die in den letzten Jahren ihre Leistung für den Freistaat erbracht haben. Wir wollen nicht, dass dieses Kapital an Fachwissen und an Arbeitsleistung durch neue Skandale immer wieder beschädigt wird, und wer
Aber eines muss uns allen im Raum klar sein: Es geht hier nicht um die strafrechtliche Aufarbeitung. Dafür sind weiß Gott Staatsanwälte und Gerichte zuständig. Es geht hier um die politische Verantwortung. Wie gesagt, davon ist heute wenig zu hören gewesen.
Herr Milbradt, zum Abschluss noch Folgendes: Wir Sachsen sind sehr geschichtsbewusst und auch stolz auf unser Land. Ich möchte jetzt auch gar nicht auf den Artikel im „Spiegel“ vom Montag eingehen. Eines wissen wir genau: Wenn in 200 Jahren überhaupt noch jemand über Sie spricht, Herr Prof. Milbradt, dann wird er das nicht mit derselben Ehrfurcht tun, wie wir Sachsen das vielleicht über August den Starken tun. Sie haben bestenfalls die Chance, als „Georg der Schwache“ in der Geschichte Sachsens Erwähnung zu finden.