Protokoll der Sitzung vom 09.03.2005

Herr Albrecht? – Herr Prof. Porsch, Sie sind an der Reihe, wenn Sie möchten. – Dann Herr Albrecht, CDUFraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Über die Landesbank und die Landesbanktochter wurde jetzt viel gesprochen, deshalb speziell noch einmal zu dem Thema MDL. Im Haushalts- und Finanzausschuss haben wir das Thema ausgiebig erörtert. Für mich ist es bedauerlich, oder vielleicht sollte ich konkreter sagen: ärgerlich, dass die Gesellschafter kein Einvernehmen über die Ergebnisse der Geschäftspolitik zum 31.12.2002 erzielen konnten. In der Folge konnten sich die Anteilseigner bis heute ebenfalls nicht über den Wert dieser Firma einigen. Damit war klar, dass eine Trennung in sachlicher Form bis jetzt nicht möglich gewesen ist. Offensichtlich sitzen hier die emotionalen Verletzungen sehr tief, denn mit einer sachlichen Lage der Zahlen begründet, ist dies nicht zu erklären. Damit sind wir wieder bei dem Thema. Bilanzzahlen mögen so oder so sein – wenn die zwischenmenschlichen Beziehungen nicht stimmen, nützen auch die Zahlen nichts. Ich denke, dass unser Votum im Haushalts- und Finanzausschuss, den Rechnungshof zu einem unabhängigen Gutachten zu beauftragen, in dessen Ergebnis ein realistischer Wert steht, ein sehr guter Vorschlag ist, und ich wünsche mir, dass dies zeitnah gelingt und – das setze ich auch hinzu – akzeptiert wird.

Es ist mehrfach über die Sachsen LB-Tochter REAL ausgeführt worden. Ein Teil der gemachten Äußerungen erweckt immer wieder den Eindruck, als ob man dort gemacht habe, wie man Lust hatte. Ich halte hier noch einmal fest: Dieses Unternehmen ist in sehr kurzer Zeit

dreimal geprüft worden. Es ist vom Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen geprüft worden. Wer diesem Amt die Kompetenz und Verantwortung abspricht, der sollte sich an dieser Diskussion nicht mehr beteiligen. Darüber hinaus ist dieses Unternehmen von KPMG und von Price Waterhouse geprüft worden. Bei all diesen Prüfungen ist eines ganz klar gesagt worden: Dieses Unternehmen wird ordnungsgemäß geführt. Bei zwei Engagements ist eine Wertberichtigung vorgeschlagen worden. Diesem Vorschlag ist gefolgt worden, das heißt, er findet sich in den Zahlen wieder.

Aussagen, in denen von einer Wertberichtigung im 40-Millionen-Euro-Bereich die Rede ist, sind falsch. Es gibt an anderer Stelle für das Gesamtunternehmen Sachsen LB eine Pauschalwertberichtigung von 40 Millionen Euro. Sie bezieht sich aber nicht auf die REAL.

Es ist viel darüber philosophiert worden, wie wir weitermachen sollten und welche anderen Optionen es gibt. Von hier aus ist allerdings keine andere Option formuliert worden. Deshalb noch einmal die Frage zurück: Welche anderen Zukunftsoptionen haben wir denn außer der Aufstockung des Kernkapitals und dem Nachweis eines eigenen sächsischen Marktes im engen Verbund mit den sächsischen Sparkassen? Da muss man an dieser Stelle klar und eindeutig aussprechen: Es gibt keine andere Option. Alles andere ist dummes Gerede. Geschäftsfelder abgeben, Geschäftsfelder kritisch beleuchten – alles okay. Fakt ist aber: Wenn wir Geschäftsfelder abgeben, bedeutet dies einen massiven Stellenabbau und am Ende den Verlust der Bank im Kern.

Als Abgeordneter, der aus Leipzig kommt, will ich auch ganz klar sagen: Den Standort Leipzig infrage zu stellen halte ich für abwegig, für völlig irrsinnig. Das würde nämlich den Verlust von hoch spezialisierten Mitarbeitern bedeuten.

(Beifall bei der CDU)

Die hier gemachte Äußerung, dass man dem Problem ein Stück näher komme, indem man den Justizminister beauftragt, die Staatsanwaltschaft anzusetzen, halte ich für den Ausdruck eines völlig falschen Grundverständnisses. Die Staatsanwaltschaft weiß selber, wann, wo und wie sie ermittelt. Ich denke, dazu bedarf es nicht der Aufforderung eines Justizministers.

Wie ist das nun mit Geburtstagskindern? Geburtstagskinder haben an ihrem Geburtstag natürlich einen Schuss frei, selbst wenn er danebengeht.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, PDS)

Ich glaube auch, dass die Sachsen LB keine Blackbox ist. Die Sachsen LB hat Gremienvertreter. Gremienvertreter sind nicht nur der Finanzminister, sondern auch der Wirtschaftsminister und der Staatssekretär im Wirtschaftsministerium. Insofern halte ich die Aussage „Blackbox“ für völlig unzutreffend. Ich gehe natürlich auch davon aus, dass die vom Geburtstagskind gemachten Äußerungen eine Einzelmeinung waren und nicht die seiner Fraktion.

(Zurufe der Abg. Karl Nolle, SPD, und Robert Clemen, CDU)

Unbezahlte Rechnungen von Handwerkern sind ein ernstes Thema, dem man sich zuwenden muss, wenn das so ist. Fakt ist aber, dass in dem mir bekannten konkreten Beispiel, das hier angesprochen worden ist, keineswegs die Sachsen LB oder die REAL Vertragspartner ist, sondern dass das Vertragsverhältnis zwischen einzelnen Handwerkerunternehmen und dem beauftragten Unternehmen besteht, das inzwischen in wirtschaftliche Schieflage gekommen ist. Dass die REAL hierbei in der Pflicht ist, mit den Handwerkern zu sprechen, ist richtig. Richtig ist aber auch, dass die vorliegenden Rechnungen auf ihren Inhalt geprüft und dass danach Lösungen gefunden werden müssen. Der Generalauftragnehmer kommt allerdings dadurch keinesfalls aus seiner Verantwortung heraus.

Der Ehrgeiz, Frau Hermenau, ist sicherlich nicht nur dem Ministerpräsidenten eigen, sondern auch Ihnen. Ich denke, das verlangt Respekt. Ehrgeiz hat eben eine besondere positive Seite: dass man sich von anderen abhebt. Ich halte es nicht für schädlich, an dieser Stelle noch einmal zu sagen: Die Entwicklung dieser Bank ist eine besondere sächsische Lösung und diese Lösung ist gut.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Dr. André Hahn, PDS: Aber der Zustand ist nicht gut!)

Gehen wir noch einmal auf das schwierige Thema Auslandsgeschäft ein und schauen wir dazu auf die Banken in unserem Umfeld: Alle anderen Landesbanken haben das Auslandsgeschäft. Das betrifft nicht nur die kleine „Saar“ mit dem Geschäft in Frankreich, sondern auch die großen Landesbanken. Wenn beispielsweise die NordLB seit Jahren Spezialist für Schiffsfinanzierung ist, kann sich jeder vorstellen, wo diese Schiffsfinanzierungen stattfinden: ganz bestimmt nicht in Deutschland. Bei der Bayerischen Landesbank wird das Auslandsgeschäft nicht irgendwo um die Ecke gemacht, sondern es findet in Asien statt. Das heißt also, das, was von anderen im Auslandsgeschäft regeneriert wird, ist Normalstandard. Ich würde sogar davon ausgehen, dass das, was bei der Sachsen LB im Auslandsgeschäft gemacht wird, im Verhältnis zu dem, was die großen Schwestern in der Landesbankfamilie machen, eher bescheiden ist.

Insofern glaube ich, dass diese Debatte durchaus gezeigt hat, dass die Faktenlage und die Wahrnehmung weit auseinander klaffen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Gibt es weiteren Redebedarf von den Fraktionen? – Prof. Porsch, PDSFraktion, bitte.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es soll ja, wie man hört und liest, zumindest ein Mitglied der CDU-Fraktion geben, das sich für den Freistaat Sachsen bayrische Verhältnisse wünscht. Im Grunde ist dem Mann doch lange geholfen, zumindest was das so verdienstliche und vorbildhafte bayrische Produkt der Amigo-Affären betrifft. Da sind wir in Sachsen voll auf der Höhe, planmäßig und ge

wollt, ja mittlerweile Bayern sogar ein gutes Stück voraus.

Es war der frühere Ministerpräsident hochderoselbst, der einst hier in diesem Hohen Hause verkündete, selbstverständlich seine Beziehungen zum Wohle des Freistaates einzusetzen, und wie wir alle wissen, es war gut so. Da brachte dann zum Beispiel ein Bruder einen weißen Mercedes nach Indien oder der Duzfreund handelte sich günstige Mieten für das Paunsdorf Center aus. Die Sache spross und trieb kräftig aus zu Zeiten der Alleinherrschaft der CDU, und nicht nur die PDS sprach vom schwarzen Filz im Lande. Herr Kunckel zum Beispiel wählte schon sehr früh, als er hier noch der SPD-Fraktion vorstand, das Bild vom schwarzen Schleier, der sich über das Land legt. Ein schwarzes Erbe – wir baden es aus, gerade eben wieder.

Soweit es die Sachsen LB betrifft, muss nicht noch einmal alles ausgebreitet werden. Dazu ist heute viel gesagt worden. Die Öffentlichkeit ist informiert, nicht zuletzt auch der PDS wegen, die schon in der vorigen Legislaturperiode den Finger auf die Wunde legte. Aber die Bemerkung will ich mir nicht verkneifen, dass die Sachsen LB einen besonderen Lehrwert in Bezug auf Amigomöglichkeiten hat. Von Patensöhnen und Schwiegersöhnen des vormaligen Ministerpräsidenten über besondere Vertraute des jetzigen Ministerpräsidenten und vormaligen Finanzministers bis hin zu Lebensgefährtinnen, die sozusagen über Nacht oder in der Nacht mit Kompetenz zur Führung einer Leasinggesellschaft begnadet wurden, reicht das Geflecht.

Wir haben ja heute schon – in der Zeitung war es auch mehrfach zu lesen – das Wort „Mätressenwirtschaft“ gehört. Der Volksmund würde wahrscheinlich sagen: Der Seinen gibts ein Herr im Schlaf.

(Heiterkeit bei der PDS)

Aber eben nur der Seinen. Darum gereicht das alles nicht zum Wohle Sachsens, wie es sich König Kurt einmal vorgestellt hatte, sondern nur zum Wohle der Vernetzten und zum Schaden der Bank im konkreten Fall und des Landes in allen anderen Fällen.

Gut, was die Bank betrifft, oder wahrscheinlich noch nicht gut genug, aber gut, ein gewisser Schnitt ist ja getan. Die Hauptverantwortlichen sind oder wurden gegangen. Wer will das so genau unterscheiden? Ob sie wirklich gehen oder nur anderswo in den Geflechten der Bank und ihrer Töchter und Beteiligungen versteckt werden, ist noch nicht geklärt, es sollte aber schnellstens und eindeutig geklärt werden.

Bei einem bin ich mir aber sicher: Alles, was mittlerweile im Verlauf eines Jahres zutage gebracht wurde, ist kein Einzelfall, kein Zufall, kein Unfall, wie er überall und immer mal passieren kann. Die Dinge finden ihre Ursachen und Systematik in der Vergangenheit selbstherrlichen Regierens einer satten CDU-Mehrheit, von der sich jeder und jede, die dazu gehörten, auch die entsprechende persönliche Rendite erhofften und sehr oft auch holten. Deshalb sage ich: Was auch immer wir im

Weiteren tun werden, wir müssen dafür sorgen, dass diese Zeiten endgültig vorbei sind.

(Beifall bei der PDS und der Abg. Elke Herrmann, GRÜNE, Johannes Lichdi, GRÜNE, und Holger Zastrow, FDP)

Das bedarf weiterer Aufklärung und es bedarf der Vorsorge. Da können die neu entstandenen politischen Konstellationen im Lande durchaus von Nutzen sein. Da sind wir alle in der Verantwortung. Aber, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, wenn es Ihnen nicht reichen sollte, in die Geschichte dieser Legislaturperiode bloß als kleinerer Partner einer Notgemeinschaft von Wahlverlierern einzugehen, der sich damit die letzte Chance landespolitischer Bedeutsamkeit nach einem historischen Niedergang, der wahrlich seinesgleichen sucht, wahren will, dann sorgen Sie dafür, dass in dieser Koalition und durch diese Koalition die Amigostrukturen, die es noch gibt, gnadenlos aufgebrochen werden.

Auch Sie haben einen Wahlkampf geführt, in dem das Thema Korruption und Bereicherung eine wesentliche Rolle gespielt hat. Sie sind jetzt gefragt und beim Wort genommen. Da reicht eine Ein-Mann-Veranstaltung hart am Rande und auch schon deutlich jenseits der Koalitionsdisziplin nicht aus.

Die Dinge fordern Sie insgesamt als Fraktion und als Partner in dieser Regierung. Verwechseln Sie in Verantwortung begründeten Mut bitte nicht mit Disziplinlosigkeit.

Herr Kollege Prof. Weiss, Sie haben personelle Konsequenzen wegen der bekannten Rückdatierung einer Urkunde gefordert. Die personellen Konsequenzen sind gezogen. Sorgen Sie bitte dafür, dass sie wirklich konsequent gezogen werden, und sorgen Sie außerdem dafür, dass alle Leichen aus den Kellern geholt werden. Dulden Sie nicht, dass der Ministerpräsident – wie heute – Vorwürfe als abträglich bezeichnet und nicht die Ursachen für diese Vorwürfe nennt.

(Beifall bei der PDS und der Abg. Karl Nolle, SPD, und Dr. Jürgen Martens, FDP)

Auf keinen Fall gilt für die Staatsregierung und noch weniger für die Sachsen LB: „Ist der Ruf erst ruiniert, lebt sichs weiter ungeniert.“

Die Glanzpapierprospekte, mit denen sich die Sachsen LB immer noch andient, reichen nicht, um die Zukunft der Bank zu sichern. Auch der Verantwortung vor den Mitarbeitern ist damit nicht Genüge getan. Der Ruf und die Seriosität müssen wieder hergestellt werden. Aber auch mit 700 Millionen der Sparkassen werden wir das nicht ausreichend schaffen und allein mit Appellen erst recht nicht.

Oder – so muss ich nach den Pressemeldungen fragen – ist die Bank doch schon abgeschrieben, wie Herr Hähle heute vernehmen ließ? Dann sagen Sie es bitte deutlich und verantworten Sie es vor der Belegschaft und vor dem Land.

Was den Ruf der Staatsregierung betrifft, so lässt es mich ebenfalls nicht gleichgültig, wenn er beschädigt ist.

Denn das hat auch etwas mit dem Ruf des Landes zu tun. Hier etwas zum Guten zu wenden ist vornehmlich Sache der Betroffenen selbst. Schaffen sie das aber nicht, dann steht ihr politisches Schicksal eindeutig zur Disposition.

(Beifall bei der PDS)

Ich sehe aus den Fraktionen keine weitere Wortmeldung und frage noch einmal die Staatsregierung. – Herr Minister Jurk, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich rate uns allen, den Blick nach vorn zu richten und weniger zurück.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, PDS)

Dennoch, wer frei agieren will, muss auch den Rücken frei haben. Insofern muss ich feststellen: Jawohl, die Sächsische Landesbank ist im Gespräch. Man könnte sagen: Sie ist im Gerede. Das schadet dem Ansehen unserer Bank, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Ich halte es für richtig, wenn Konsequenzen gezogen werden, wo sie nötig sind. Ich halte es aber auch für richtig, Kritik abzuwehren, wo sie ungerechtfertigt ist, wo die Tatsachen eine andere Sprache sprechen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich begrüße ausdrücklich den gemeinsamen Willen zur Aufklärung. Ich denke, dafür gibt es entsprechende Gremien. Ich denke an den Verwaltungsrat der Sächsischen Landesbank, der Aufsichtsund Kontrollfunktionen wahrnimmt.

(Dr. André Hahn, PDS: Da ist die Opposition nicht!)

Herr Hahn, wenn Sie mir zuhören, dann erfahren Sie vielleicht mehr, wie ich über die Sache denke.