Protokoll der Sitzung vom 19.06.2008

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Vielen Dank, Frau Vorsitzende. – Dazu gehört, dass wir endlich ernsthaft zu einer leistungsbezogenen Bezahlung im öffentlichen Dienst kommen. Im Moment ist 1 % des Bruttogehalts dafür vorgesehen. Der Anteil soll auf bis zu 8 % steigen. Im Moment kann man also nicht von einem echten Anreiz durch leistungsbezogene Bezahlung sprechen.

Für uns gehört dazu, dass endlich entscheidende Schritte zur Flexibilisierung der Personalstellenbewirtschaftung durch Einführung von Personalbudgets unternommen werden. Die einzelnen Bereiche müssen in Anlehnung an die Doppik mehr Selbstständigkeit erfahren.

Dazu gehört die Herstellung der absoluten Haushaltsklarheit durch die Veranschlagung der tatsächlichen Personalkosten in den Haushaltsstellen. Davon sind wir noch sehr weit entfernt.

Dazu gehört eine gesetzliche Justierung der Personalplanung, zumindest in den zentralen Bereichen wie Justiz bzw. Polizei. Das ist jetzt nicht erfolgt. Es wird sich sozusagen von Doppelhaushalt zu Doppelhaushalt gehangelt. Hier gibt es erheblichen Nachholbedarf.

Dazu gehören vernünftige, ausreichende Einstellungskorridore für junge, qualifizierte bzw. hochbegabte Menschen. Ich will das hier nicht vertiefen.

Vor allem gehört dazu die erweiterte Einbeziehung des Sächsischen Landtages, unseres Hohen Hauses, in alle wichtigen Entscheidungen zum Personalauf- und -umbau. Es kann nicht sein, dass wir jedes Mal erst im Nachgang zu den Haushaltsberatungen über ein Stellenabbaukonzept informiert werden.

Letzter Punkt. Wir erwarten vom Freistaat Sachsen erheblich größere Anstrengungen hinsichtlich der überfälligen Modernisierung des Dienstrechts. Bekanntlich sind uns durch die Föderalismusreform insoweit sehr viele größere gesetzgeberische Kompetenzen übertragen worden. Sehr wahrscheinlich wird der 5. Sächsische Landtag in der Pflicht stehen, diese Schulaufgaben zu

erfüllen und ein wirklich leistungsbezogenes, modernes Dienstrecht auf den Weg zu bringen.

Ich darf mich recht herzlich bedanken.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Die NPD-Fraktion. Herr Gansel? – Die NPD verzichtet.

Die FDP? – Herr Dr. Martens, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! Wenn man sich den Antrag der Koalitionsfraktionen von CDU und SPD genau anschaut, fällt einem auf: Mit doch einiger Verzögerung hat sich inzwischen selbst in der Regierungskoalition das Problembewusstsein dafür entwickelt, dass wir im Personalbereich des Freistaates Probleme nicht erst in naher Zukunft haben werden, sondern bereits jetzt haben. Ob allerdings die Verwaltung mit der Personalanpassung der vergangenen Jahre effizienter gemacht wurde; ob der Service der Verwaltung tatsächlich besser geworden ist; ob die Motivation der Bediensteten im Freistaat unter den bisherigen Personalabbau- und -anpassungsmaßnahmen gelitten hat – diese Fragen finden sich in Ihrem Berichtsantrag nicht. Das sind Fragen, die diese Regierungskoalition übrigens nie gestellt hat; denn sonst könnte ich mir diesen Antrag nicht erklären. Vor allen Dingen ist erstaunlich, dass er erst im fünften und damit letzten Jahr dieser Koalition gestellt wird.

Das Thema Personalumbau/Personalabbau ist nicht neu. Seit Bildung der Verwaltung des Freistaates 1990 war es notwendig, Personal umzustrukturieren und die Landesverwaltung auszubauen, umzubauen, aber auch abzubauen. Das ist in diesem Haus unstreitig. Die Verwaltung war vor 1990 exorbitant aufgebläht worden. Nach 1990 musste man zunächst zügig Aufgaben wie auch Personal abbauen.

Im Koalitionsantrag wird in der Folge davon gesprochen, dass eine extreme Überalterung der Beschäftigten drohe, die es zu verhindern gelte. Nein, meine Damen und Herren von der Koalition, diese extreme Überalterung des Personalbestandes haben wir bereits jetzt.

(Beifall des Abg. Sven Morlok, FDP)

Der Vergleich mit anderen Bundesländern ist schon angestellt worden. Übrigens haben wir am 16. April in diesem Haus zu dem Antrag in der Drucksache 4/11814 – ein Antrag der FDP-Fraktion – gesprochen

(Stefan Brangs, SPD: So ein Zufall!)

und uns zum Beispiel über das Thema Altersdurchschnitt der Polizeibeamten im Land unterhalten. Dieser liegt bei über 45 Jahren. Mich verwundert allerdings, warum damals die Koalition diesen unseren Antrag abgelehnt hat. Im Nachhinein ist es mir doch klar geworden: Im Plenum haben Sie den Antrag abgelehnt, um genau zwei Wochen später das Gleiche vorzuschlagen, nunmehr allerdings als

Ihre Erfindung. Aber so geht es in diesem Geschäft manchmal zu.

Wir hätten uns im Zusammenhang mit dem Berichtsantrag gewünscht, dass zum Thema Personal etwas weitergegriffen und tatsächlich etwas Eigenständiges und Neues vorgestellt worden wäre. Wir brauchen keine Berichtsanträge, wie wir sie zur Genüge haben und von denen wir wissen, dass sie in der Regel nichts bewirken. Der Antrag enthält zwar Begriffe wie Personalmanagement und Personalmonitoring; was die Koalition aber im Einzelnen darunter verstanden wissen will und in welchem Bereich dieses Anwendung finden soll, dazu sagt der Antrag nichts.

Ich werde Ihnen einmal erklären, Herr Brangs, was wir uns als FDP-Fraktion im Bereich zukunftsorientiertes Personalmanagement so vorstellen können. Wir wollen die Modernisierungsstrategien in der gesamten Verwaltung einsetzen; umfassend und nicht nur in einzelnen Bereichen ausprobieren, was geht. Dazu haben wir zu wenig Zeit, die uns noch bleibt, um uns tatsächlich auch den Anforderungen der Zukunft mit einer vernünftigen Verwaltungsstruktur entgegenzustellen. Wir haben bisher viel zu wenig darauf geachtet, dass die staatliche Tätigkeit auch im Interesse der Motivation von Mitarbeitern organisiert wird. Das ist von Ihnen angesprochen worden. Tatsächlich findet sich in der Politik der von dieser Koalition getragenen Staatsregierung dazu nichts.

(Beifall bei der FDP)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Kollege Martens, würden Sie mir zustimmen, dass es nicht sinnvoll ist, Anträge zu stellen, in denen die Antwort enthalten ist, die man von der Staatsregierung abfragt, sondern dass es eher sinnvoll ist abzuwarten, bis die Antwort da ist, um dann die Debatte zu führen?

Nein, ich kann auch als Koalition, die die Regierung trägt, gewisse Vorgaben zu dem machen, was ich mir politisch vorstelle.

(Stefan Brangs, SPD: Es ist ein Berichtsantrag!)

Das setzt natürlich voraus, dass ich selbst politische Vorstellungen habe.

(Beifall bei der FDP, der Linksfraktion und der NPD)

Qualitätsmanagement, meine Damen und Herren – da ist bisher Fehlanzeige. Prozessmanagement findet sich allenfalls als Erwähnung in Lehrgängen der Fachhochschule Meißen. Transparente Leitbilder in der Verwaltung werden offensichtlich von den Hierarchien wie der Teufel das Weihwasser gescheut; denn Herrschaftswissen geht dadurch unwiederbringlich verloren. Klare Zielvorgaben und flexible Arbeitszeit sind wünschenswert. Wir sind uns

hier alle einig, dass sie geschaffen werden sollen. Nur man sieht sie kaum.

Alles das muss überprüft und eingeführt werden, wo möglich. Nach unserer Auffassung hätte dies längst geschehen können. Wir wollen dafür sorgen, dass zum Beispiel auch Quereinsteiger aus der Wirtschaft in den öffentlichen Dienst gelangen können. Personalentwicklung kann auch bedeuten, dass zum Beispiel mit Beamten Laufbahnziele vereinbart werden. Wir wollen dafür Sorge tragen, dass endlich leistungsbezogene Vergütungselemente eingeführt und tatsächlich angewandt werden. Selbst der Rechnungshof hat in seinem Jahresbericht 2007 bemängelt: „Die Möglichkeiten, Leistungsprämien oder Leistungsstufen zu gewähren, werden zu wenig genutzt.“

Es ist gesagt worden, 1 % der Bruttovergütungssumme steht für leistungsbezogene Vergütungsbestandteile zur Verfügung. Das ist lächerlich wenig, meine Damen und Herren. Damit erreichen Sie mit Sicherheit nirgendwo auch die geringste Bewegung hin zu mehr Leistungsbereitschaft. Wer 1 % Vergütung als leistungsbezogen deklariert, der betreibt nicht nur Etikettenschwindel, sondern der verarscht die Leute.

(Beifall bei der FDP)

Zur Krönung ist auch noch gesagt worden, man hat die Vergütung dann nicht einmal leistungsbezogen ausgezahlt. Das wäre wahrscheinlich auch zu viel Aufwand gewesen. Das sehe ich ein. Nein, man hat dieses Leistungsentgelt im Dezember letzten Jahres pauschal an die Leute ausgezahlt. Das ist nun wieder das Gegenteil von individueller Leistungsbemessung. Wer so an Motivationsförderung und leistungsbezogene Vergütungsanteile herangeht, meine Damen und Herren, der kann es auch bleiben lassen.

Der Freistaat hat genügend Gestaltungsmöglichkeiten. Seit Inkrafttreten der Föderalismusreform 2006 sind die Bundesländer für die Gesetzgebung von Laufbahn, Versorgung und Besoldung der Beamten verantwortlich. Gestaltungsmöglichkeiten insbesondere im Bereich leistungsbezogener Vergütung hat der Freistaat allerdings bisher in keiner Weise genutzt. Es wäre Zeit gewesen. Es wundert mich, warum gerade die Koalition unter Beteiligung der SPD darauf verzichtet, in diesem Bereich irgendwelche Anstrengungen zu unternehmen.

Meine Damen und Herren! In Sachsen gibt es dazu bislang nur die Ankündigung des vorletzten Finanzministers Horst Metz, der im Mai 2006 ankündigte, ein flexibles und stärker an Leistung orientiertes Besoldungssystem einführen zu wollen. Wir sind gespannt, unter dem wievielten Nachfolger von Herrn Metz tatsächlich so etwas in Angriff genommen wird.

Die Koalition bewegt das Thema; Dr. Rößler hat es vorhin erwähnt. Es mag sein, dass die Koalition in Maßen bewegt zu sein scheint. Eines stellen wir aber fest: Die Staatsregierung bewegt dieses Thema bislang jedenfalls viel zu wenig.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Für die Fraktion GRÜNE spricht Herr Abg. Weichert.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir werden diesen Antrag unterstützen. Das fällt uns umso leichter, als ich gehört habe, dass Sie unseren Änderungsantrag mit übernehmen. Trotzdem muss man noch einmal ein paar kritische Worte dazu sagen.

Wir haben hier wieder einmal einen Berichtsantrag. Das heißt, wir beantragen, Berichte zu hören. Es kommt zwar nichts dabei heraus, aber schön, dass wir einmal darüber gesprochen haben.

Was meinen Sie denn, was die Staatsregierung auf diese Fragen Neues berichten kann? Nichts, meine Damen und Herren. Das kann ich Ihnen jetzt schon sagen.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Das werden wir in den Haushaltsberatungen sehen!)

Andererseits müsste man meinen, häufiges Wiederholen habe einen Lerneffekt, der eine Handlung nach sich zieht. Hier werden wir eines Besseren belehrt. Die Probleme sind bekannt. Gehandelt wird nicht. Dabei hat nicht nur Sachsen in puncto Personalmanagement Nachholbedarf. Die Probleme sind überall dieselben. Dazu vier Punkte:

Erstens. Hoch qualifizierter Nachwuchs wechselt aus der Verwaltung in die freie Wirtschaft. Der Arbeitgeber Staat verliert seine besten Köpfe oder – noch schlimmer – sie kommen gar nicht erst bei ihm an. In einer Studie des Europäischen Instituts für öffentliche Verwaltung in Maastricht aus dem Jahr 2002 heißt es: „Mit zunehmender Qualifikation des Personals ist dieses immer weniger an einer Stelle im öffentlichen Dienst interessiert.“ So ist es.

Zweitens. Statt Spitzenleute zieht der öffentliche Dienst vielfach Leute an, die mental schon lange verbeamtet sind. Gebraucht aber werden wirtschaftlich denkende Mitarbeiter, die kreativ mit den knappen Ressourcen umgehen können. Dass derartige Fähigkeiten honoriert werden, ist im öffentlichen Dienst eher unwahrscheinlich; denn eine Karriere wird weniger vom individuellen Einsatz bestimmt als vielmehr von Quoten oder von der politischen Prägung des Mitarbeiters. So können auch Reformer aufsteigen, solange sie den Mund halten und warten können.

Drittens. Die Altersstruktur des öffentlichen Sektors entspricht der unserer Gesellschaft. Schon in den nächsten zehn bis 15 Jahren wird der Staat infolge von Pensionierungen erhebliche Engpässe haben. Die natürliche Fluktuation wird nicht durch Nachwuchskräfte ausgeglichen. Die demografische Entwicklung wird die Konkurrenz mit der privaten Wirtschaft um qualifizierte Arbeitskräfte verschärfen.