Protokoll der Sitzung vom 19.06.2008

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion)

Was leistet der Freistaat? Kulturgüter sind schwer zu bewerten. Kultur entzieht sich überhaupt einer Quantifizierung. Das ist aber nicht der Ansatz des Vorhabens der Staatsregierung. Wenn ich mir allein das Bilanzvermögen des Staatsbetriebes anschaue, dann sind das über 300 Millionen Euro. Das sind – Herr Hilker hat es eben gesagt – mehr oder weniger die seit der Wende dort verbauten Vermögenswerte.

Die Staatliche Hochbau- und Liegenschaftsverwaltung investiert dieses Jahr über die SIB planmäßig 26 Millionen Euro in diese Anlagen; hinzu kommen die selbst erwirtschafteten Mittel und 18 Millionen Euro für die laufende Unterhaltung. Auch der Eigenbetrieb hat bereits eine Eigenwirtschaftlichkeit von circa der Hälfte. Wir dürfen dabei nicht vergessen, dass circa 60 % davon Lohnkosten sind. Wenn Sie hier so stark auf die Eigenwirtschaftlichkeit abheben, dann hat das sofort Auswirkungen auf das Personalkonzept.

Was ist die beste Betriebsform? Keine reine Gewinnorientierung. Das ist bei Kulturgütern nicht vorgesehen und auch in unserer Kulturlandschaft, in der Kultur Verfassungsrang hat, nicht denkbar. Schon heute ist der Staatsbetrieb eine rechnungslegende Einheit, die dieser privatrechtlichen Organisationsform schon sehr nahe kommt, die wir vielleicht eines Tages in eine gGmbH fassen. Das ist möglich, weil es kein hoheitlicher Bereich ist, in dem der Freistaat handelt, auch wenn Kultur Verfassungsrang hat. Es ist neben dem kulturhistorischen und kulturellen Auftrag eine reine Steuerungsüberlegung: Wie entkoppele, wie bündele und wie steuere ich am besten die Kräfte, um dieses Kulturgut, welches unsere Gäste im Freistaat zum Wiederkommen animiert, bestmöglich zu handeln?

Ökonomie steht nicht im Vordergrund; aber das Hauptziel, die Vermittlung des kulturellen Erbes, von Bildung und von Erholung, ist auch mit dem Nebenziel einer Wirtschaftlichkeit zu verbinden. Solche Steuerungssysteme gab es früher nicht. Da zerfielen die Kulturschätze.

(Lachen bei der Linksfraktion)

Das hämische Lachen auf meiner linken Seite erinnert mich daran, welches Kulturerbe einer angeblich so hervorragend wirtschaftenden oder auf Kultur ausgerichteten alten Partei, der SED der DDR, wir vorgefunden haben. Heute müssen wir es teuer wieder herstellen. Die damals herrschende Partei hat aus ihrem Vermögen nichts Ausreichendes geleistet, sie hätte dazu beitragen können, dass

heute nicht nur einzelne Potentaten von dieser Umgebung profitieren.

(Zuruf der Abg. Prof. Dr. Peter Porsch und Sebastian Scheel, Linksfraktion)

Ich möchte noch einmal klarstellen: Nur die Bewirtschaftung wird privatrechtlich betrieben. Das Eigentum wird nicht privatisiert. Es gehört weiterhin der Bevölkerung. Das vertreten wir hier im Landtag. Begriffliche Unklarheiten hatten wir allerdings auch schon im DDRStaatsparteiensystem. Diese Irreführung, die heute in der Öffentlichkeit hergestellt werden soll, möchte ich deutlich zurückweisen.

(Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE: Was behaupten Sie denn hier? Das ist unglaublich!)

Wir dürfen – – Sie werden es besser wissen, Herr Dr. Gerstenberg. Ich habe von der linken Seite gesprochen. Wenn Sie sich mit denen jetzt verbündet haben – ich erlebe das in meiner Stadt Chemnitz leider auch mit anderen, die zusammenkommen; aber Sie haben zusammen einen Antrag gestellt –, dann muss man das auch zusammen darstellen dürfen.

(Zuruf des Abg. Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE – Sebastian Scheel, Linksfraktion: Woher wissen Sie denn das alles? – Zuruf von der Linksfraktion: Hören Sie doch wenigstens hin, was Ihnen gesagt wird!)

Warum führt man einen solchen Eigenbetrieb oder eine solche gGmbH nicht ein? Wir stellen landesweit auf die Doppik um. Dort werden das Vermögen und die Lasten transparent dargestellt. Wer will diese Transparenz nicht haben? Die Eigentumsrechte verändern sich nicht, das Vermögen bleibt beim Freistaat, lediglich die Betriebsform ist privatwirtschaftlich organisiert. Es gibt keinerlei Einschränkungen der musealen und denkmalpflegerischen Belange. Die Nutzung als Erholungs-, Kultur- und Bildungsstätten wird zielgerichtet weiter ausgebaut. Das Tarifrecht gilt, auch die bislang vereinbarten Anpassungen an Bemessungshöhen und Tariferhöhungen gelten weiterhin. Auch wenn andere Rechtsformen denkbar sind, wie wir sie in Berlin, in Sachsen-Anhalt oder in BadenWürttemberg haben: Warum nicht diese Rechtsform, was spricht dagegen?

Die Staatsregierung und die Leitung der sächsischen Burgen und Schlösser haben unser Vertrauen.

Danke.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die SPD-Fraktion, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kunst und Kultur kosten Geld. Frau Hermenau hat gestern bei der Kulturraumdebatte darauf hingewiesen, dass wir sehr viel davon haben, und das ist gut so. Manche mögen das als Last empfinden. Ich sehe in der

kulturellen Vielfalt unseres Landes einen Segen, einen Segen für unsere Menschen, für die touristische Vermarktung, aber auch einen Segen als attraktiver Wirtschaftsstandort.

Unbestritten ist in diesem Hause, dass der Freistaat und seine Kommunen erhebliche Mittel für das Betreiben und den Unterhalt unseres kulturellen Erbes bereitstellen. Unbestritten ist mit Sicherheit in diesem Hause auch, dass diese Mittel so wirksam und sparsam wie möglich zu verwenden sind. Dies legt uns der Rechnungshof in seinem Bericht jedes Mal dar. Außerdem ist unbestritten, dass mit den zur Verfügung stehenden Mitteln immer versucht werden muss, die Nutzung unseres kulturellen Erbes zugunsten unserer Menschen weiter auszubauen und zu verbessern.

Ich habe vorhin gesagt, für mich ist es teilweise eine Geisterdebatte, die hier stattfindet; denn was ist denn zurzeit los? Das SMF prüft derzeit, ob ein Rechtsformwechsel des Staatsbetriebes Schlösser, Burgen und Gärten die Erfüllung dieser von mir oben genannten Zielsetzungen verbessern würde.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Zum 01.01.2009, in ein paar Monaten!)

Ich führe das noch aus.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Ja, ja!)

Wenn Sie mir Gelegenheit geben, das darzulegen, können Sie, wenn ich fertig bin, Ihre Anfrage stellen, Herr Hahn. Kommen Sie ein wenig herunter. Immer mit der Ruhe; tief Luft holen!

(Zuruf: Heute ist Fußball! – Robert Clemen, CDU: Genau deswegen! – Dr. André Hahn, Linksfraktion: Das können wir in der Sommerpause machen! – Weitere Zurufe – Heiterkeit)

Sie wollen doch heute Abend noch in Ruhe Fußball schauen.

(Unruhe im Saal – Glocke der Präsidentin)

Ich würde es gern noch einmal versuchen und im Interesse des Redners um etwas mehr Ruhe bitten; ansonsten wird es schwierig.

Noch einmal – das geht aus der Kleinen Anfrage von Herrn Hilker hervor: Das SMF prüft derzeit einen Rechtsformwechsel, der zur Erreichung oben genannter Ziele Sinn macht. Konkret: Es gibt für mich zwei Gründe, Ihren gemeinsamen Antrag abzulehnen: einen rationalen und einen emotionalen. Ich beginne mit Letzterem. In Ihrem Antrag steht: „... zu prüfen, inwieweit Wirtschaftlichkeitsgefährdung durch eine größere personelle und finanzielle Flexibilität innerhalb der bestehenden Rechtsform des Staatsbetriebes erschlossen werden könne.“ – Erste Frage: Warum nur „innerhalb“?

Zweitens steht in der Begründung: „Dies enthebt aber den Freistaat von der Möglichkeit und der Pflicht, auf die Pflege und Verwaltung der staatlichen Schlösser, Burgen und Gärten weiterhin unmittelbaren Einfluss zu nehmen.“ Das ist aber nicht so. Wo steht das? Wer sagt das? Können Sie das belegen? Ich nehme einmal an, Sie haben das Wort „nicht“ vergessen, aber dann wäre es auch falsch, dann wäre es eine Unterstellung.

Auf Seite 2 der Begründung Ihres Antrages schreiben Sie: „Eine Privatisierung hätte Einschränkungen in musealen und denkmalpflegerischen Belangen zur Folge, würde sich auf die Nutzungskonzepte auswirken, die dann einzig gewinnorientiert und nicht mehr dem Aspekt der Erholung und der kulturellen Bildung verpflichtet wären.“ – Das ist eine glatte Unterstellung, eine Behauptung, die Sie durch nichts belegen können. Sie assoziieren und unterstellen also eine Gefahr, die zurzeit überhaupt nicht zu erkennen ist.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Bitte, Herr Porsch.

Bitte, Herr Prof. Porsch.

Einmal angenommen, es tritt tatsächlich alles nicht ein, was wir unterstellen. Können Sie mir dann sagen, wozu Sie es privatisieren?

(Interne Wortwechsel zwischen Abgeordneten der SPD und der Linksfraktion)

Herr Porsch, noch einmal, Sie müssten ja eigentlich des Deutschen mächtig sein: Ich habe gesagt, es wird zurzeit geprüft, ob ein Rechtsformwechsel Sinn macht. Kein Mensch kann hier mit Verantwortungsgefühl sagen, dass wir privatisieren. Das ist doch schlichtweg von Ihnen gelogen.

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Ja, bitte.

Herr Porsch, Sie haben das Wort.

Noch einmal, wegen „Deutsch verstehen“: Wenn Sie prüfen, ob ein Rechtsformwechsel sinnvoll ist, dann – so unterstelle ich einmal – tun Sie das doch, weil Sie mit dem Rechtsformwechsel eine Veränderung vermuten; und wenn Sie damit keine Veränderung vermuten, wozu prüfen Sie dann überhaupt?

(Zuruf des Abg. Stefan Brangs, SPD)

Herr Porsch, ich habe leider keine Glaskugel, deswegen machen wir die Prüfung; denn es

muss doch sichergestellt werden, ob das zur Erreichung dieser Ziele Sinn macht. Sie haben praktisch eine Glaskugel, und ich finde auch: Wer prüft, macht sich schlau, und wer prüft, sündigt nicht. Ich würde mir manchmal wünschen, wenn Sie Anträge stellen, dass Sie vorher genauer prüfen würden, ob die Anträge Sinn haben.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Genau das ist es doch, was mir diesen Antrag emotional richtig verleidet: diese Angstmache, diese Behauptung, es werde privatisiert, und das sei ganz schlecht und ganz schlimm. Ich denke, man muss schon differenzieren zwischen Rechtsformwechsel, bei dem der Eigentümer quasi gleich bleibt, und einer materiellen Privatisierung, bei der eine Veräußerung geplant ist. Das sind doch zwei ganz unterschiedliche Schuhe.

Ich habe ein zweites emotionales Problem: Wenn ich weiß, dass Sie in diese Richtung gehen und hierbei mit Angst arbeiten, aber in Zwickau bei der Veräußerung der Verkehrsbetriebe mit wehenden Fahnen als Linke vornan dies beschließen und im Stadtrat durchpeitschen, wo es zulasten von Beschäftigten geht, wo Personalabbau ansteht

(Karl Nolle, SPD: Hört, hört!)

und wo es nicht einmal Einsparungen bringt, dann ist das eine Phase, zu der ich emotional sage: Es ist doch gottverdammt verlogen, hier etwas hochzuziehen, was noch gar nicht da ist, und auf der anderen Seite rigoros zu privatisieren.