Protokoll der Sitzung vom 20.06.2008

Das musste ich mal loswerden. Wir müssen noch andere Dinge ganz klar und deutlich herausarbeiten. Sie bzw. Ihre Nachfolger, die wir bis 1990 hatten, haben gezeigt, wie man Betriebe zersiedelt hat, wie man Menschen umgesiedelt hat. So etwas verlangen Sie hier letztlich auch wieder. Damals war es eine Umsiedlung der Bevölkerung näher zu den Werkstätten hin, heute sollen die Werkstätten und Verwaltungen näher zu den Menschen kommen. Das ist alles nur altes Gequatsche. Wir brauchen das nicht, denn der Freistaat bietet genug.

Der Freistaat tut deutlich etwas für Arbeitsplätze, für eine höhere Energieeffizienz. Er arbeitet an der Infrastruktur, sowohl an Straßen als auch an Datenautobahnen. Was Sie fordern, ist schon lange hier Programm und wird umgesetzt. Breitbandkabel im ländlichen Raum ist die jüngste Initiative, über die wir hier schon gesprochen haben, wenn Sie es damals gehört haben.

Der ÖPNV darf nicht zu kurz kommen. Das ist das Problem bei der Entfernungspauschale: eine Abwägung zwischen den ökologischen Aufgaben und sozialen Lasten zu finden. Wir forschen im Freistaat an neuen Motortechniken, wir fördern alternative Energien und forschen hieran. Wir hoffen, dass wir eines Tages ein Max-PlanckInstitut, vielleicht in Freiberg oder Chemnitz, bekommen, welches sich mit Energieeffizienz beschäftigt.

(Beifall des Abg. Marko Schiemann, CDU)

Das hilft nicht nur den Pendlern, sondern auch dem Maschinenbau, die alle von der Energieeffizienz leben und Wettbewerbsvorteile schaffen müssen, damit hier Arbeitsplätze entstehen.

Um ehrlich zu sein – Freiheit im demokratischen Sinne ist auch mit Mobilität verbunden, und Mobilität kostet Geld, da können wir uns auf die Hinterbeine stellen, wie wir wollen. Genauso wenig wie wir die Arbeiter und Angestellten umsiedeln wollen, genauso wenig werden wir die Betriebe zersiedeln – es bedarf einer effizienten Betriebsgröße. Da können wir kaum Volkswagen in Mosel auseinanderreißen, nur damit irgendwo noch einzelne Betriebsteile sind. So, wie sie jetzt sind, funktionieren diese Betriebsgrößen.

Ich möchte noch einmal betonen, dass die Bundesregierung bereits die Möglichkeiten für Steuersenkungen und ein Aufgreifen der Pendlerkosten prüft. Der Freistaat nimmt seinen föderalen Auftrag zur bestmöglichen Entwicklung aller ländlichen Gebiete durchaus wahr. Wir

brauchen also Ihren im Übrigen sehr späten Vorschlag nicht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Ich habe keine weiteren Redeanmeldungen vorliegen. Möchte noch jemand sprechen? – Dann kommen wir zum Schlusswort. Herr Dr. Müller, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Patt, es ist Freitagnachmittag, und da möchte ich es Ihnen nicht übel nehmen, dass Sie manches durcheinandergebracht haben. Die bis 1990 Verantwortlichen sitzen dort und natürlich teilweise auch dort, aber wir sind es mit Sicherheit nicht gewesen.

(Widerspruch bei der Linksfraktion)

Zum anderen muss ich sagen, dass Sie zur Tourismuslüge noch die Ansiedlungslüge hinzugefügt haben – aber gut, das ist Ihre Vorstellung von Politik.

Ich möchte noch einmal kurz auf unseren Antrag eingehen. Wir als NPD-Fraktion möchten zur kurzfristigen Entlastung der Berufspendler von den gestiegenen Kraftstoffkosten besonders in den ländlichen Regionen Sachsens von der Staatsregierung die Einführung einer PkwKraftstoffbeihilfe für Pendler prüfen lassen. Ich denke, wenn man an die Tankstellen fährt, ist das legitim.

Außerdem geht es der NPD-Fraktion um die mittelfristige Verringerung der Abhängigkeit der Pendler vom Pkw. Dazu soll die Staatsregierung die Möglichkeiten zur Verbesserung der regionalen öffentlichen Verkehrsverbindungen prüfen. Zur langfristigen Senkung der Abhängigkeit der Arbeitsverhältnisse von langen Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz wollen wir Nationaldemokraten schließlich Ansätze zur Regionalisierung von Wirtschaft und Verwaltung erarbeiten lassen und denken dabei insbesondere an dezentrale Strukturen in Industrie und Verwaltung durch Förderung von Heim- und Zweigstellenarbeit in ländlichen Regionen.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Viel zu spät!)

Im Zeitalter moderner Medien ist das deutlich besser ausbaufähig, als es bis jetzt durchgeführt wird.

Um die zur Aufrechterhaltung des wirtschaftlich notwendigen Verkehrs im Freistaat erforderliche Mindestversorgung mit Kraftstoff langfristig zu sichern, sollen moderne bzw. alternative technische Verfahren auf diesem Gebiet gefördert werden. Da die üblichen Berichtsanträge der Koalition im Regelfall keine konkreten Fristen enthalten, bis zu denen die Staatsregierung dem jeweiligen Ersuchen nachkommen soll, haben wir in unserem Antrag einen konkreten Monat, nämlich den September 2008, genannt, bis zu dem die Staatsregierung über den Fortschritt der Planung Bericht erstatten soll.

Ausgangspunkt unserer Überlegungen war die Tatsache, dass die derzeitigen Kraftstoffpreiserhöhungen zu einer Verteuerung der Fahrtkosten der Pendler führen, was besonders in ländlichen Gebieten zur Gefährdung von Beschäftigungsverhältnissen führt. Diese Arbeitnehmer können allein die Benzin- und Dieselpreiserhöhungen nicht tragen, was seit Jahresanfang eine Bruttolohnkürzung von 2 bis 4 %, wie Ihnen mein Fraktionskollege Delle bereits vorgerechnet hat, bedeutet.

Herr Patt, Sie haben die Pendlerpauschale angesprochen. Unabhängig davon, dass es Ihre Schwesterpartei CSU ist, die die Wiedereinführung ab dem ersten Kilometer fordert, sind auch diese 27 oder 30 Cent deutlich zu überdenken, denn sie entsprechen nicht mehr den realen Verhältnissen.

Mit unserem Antrag wollen wir eine Anregung geben, dass sich die Staatsregierung mit diesem Thema beschäftigen möge. Deswegen bitte ich nochmals um Zustimmung zu unserem Antrag.

Vielen Dank.

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren, das war das Schlusswort. Somit kommen wir jetzt zur Abstimmung. Ich lasse über die Drucksache 4/12515 abstimmen. Bei Zustimmung bitte ich um Ihr Handzeichen. – Die Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei einer Anzahl von Pro-Stimmen und ohne Enthaltungen ist der Antrag mit sehr großer Mehrheit abgelehnt worden.

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 7

Einführung einheitlicher Standards bei der Überprüfung von Nicht-EU-Badegewässern

Drucksache 4/12513, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Die einreichende Fraktion beginnt; Herr Weichert, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! An dieser Stelle bekommen wir einen schönen Übergang von unseren Aufgaben hier im Haus, uns beispielsweise um den Verbraucherschutz zu kümmern, zu der vor uns liegenden Freizeit am Wochenende.

Sehr viele natürliche Gewässer laden in Sachsen in jedem Sommer täglich Tausende Menschen zum Baden und Erholen ein. Anders als in den Beckenbädern in den Frei- und Sommerbädern muss in den natürlichen Gewässern das Wasser nicht von Menschenhand umgewälzt, aufbereitet und regelmäßig erneuert werden. Das erledigt die Natur von allein. Gewässer sind Ökosysteme, die sich in einem natürlichen Gleichgewicht befinden, zumindest solange der Einfluss des Menschen nicht überhandnimmt.

Obwohl die Wasserqualität in Sachsen durchschnittlich gut ist, finden sich auch immer wieder stark belastete Gewässer und Seen, die durch giftige Algen oder Keime verschmutzt sind. Da das Baden in verschmutzten Gewässern nicht ungefährlich ist, überprüfen die Gesundheitsämter während der Badesaison vom 15. Mai bis 15. September regelmäßig, ob das Wasser in einem Badegewässer auch tatsächlich gesundheitlich unbedenklich ist; denn je nach Verschmutzungsgrad kann das Baden in belasteten Gewässern im Ernstfall auch zu Krankheiten führen.

Diese systematische und regelmäßige Überwachung der Badewasserqualität gilt in Sachsen nur für rund 30 Gewässer, die von der obersten Landesgesundheitsbehörde im Einvernehmen mit der obersten Wasserbehörde jährlich vor Beginn der Badesaison bestimmt werden. Laut Sächsischer Badegewässerverordnung vom März 2008 sind diese sogenannten EU-Badegewässer

durchweg größere Objekte, die eine überregionale Bedeutung besitzen und eine sehr große Anzahl von Badegästen aufweisen. Für sie gelten definierte Regeln, die in einer entsprechenden Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates vom 15. Februar 2006 über die Qualität der Badegewässer und deren Bewirtschaftung festgeschrieben sind und deren Umsetzung in Sachsen durch die Sächsische Badegewässerverordnung geregelt wird.

Neben diesen Gewässern mit ausdrücklicher Gestattung gibt es in Sachsen jedoch ein Mehrfaches an meist kleineren Gewässern, die ebenfalls als Badegewässer genutzt werden und eine große Bedeutung als Naherholungszentren haben. Das sind weit mehr als hundert. Auch deren Wasserqualität wird von den Gesundheitsämtern geprüft. Allerdings fehlt hier die gesetzliche Grundlage, denn die Sächsische Badegewässerverordnung trifft zu diesen Gewässern keine Aussage.

Die Kontrolle zur Einhaltung der Qualitätsparameter wird deshalb nicht mit der gleichen Häufigkeit wie bei den ausdrücklichen Badegewässern durchgeführt. Oft erfolgt die Beprobung anlassbezogen, etwa wenn einem Badegast etwas Ungewöhnliches auffällt. Dieses eher zufällige Vorgehen möchten wir mit diesem Antrag beenden. Wir fordern deshalb auch für Badegewässer, die nicht der Berichtspflicht nach EU-Badegewässerrichtlinie unterliegen, einheitliche und verbindliche Standards bei der Prüfung der Wasserqualität einzuführen.

Dabei sollte sich der Freistaat an den in der EUBadegewässerrichtlinie für die Prüfung geltenden Parametern orientieren. In ihrer novellierten Fassung vom 15. Februar 2006 schreibt die Badegewässerrichtlinie die regelmäßige Überwachung zu zwei aussagekräftigen mikrobiologischen Parametern vor. Im Interesse des

Verbraucherschutzes sollen Daten über die Gewässerqualität zeitnah und aktuell bekannt gegeben werden. Dazu schlagen wir eine einfache Ampel-Kennzeichnung vor, die gut sichtbar an der Badestelle angebracht werden sollte: grün oder gelb oder rot. Die während der Badesaison regelmäßig gewonnenen Daten sollen der Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen in Sachsen zugeleitet werden, um ein vollständiges Qualitätsmonitoring aller betroffenen Badegewässer erhalten zu können.

Meine Damen und Herren, die Vorteile der geregelten Beprobung von Nicht-EU-Badegewässern liegen auf der Hand.

Erstens. Gerade kleinere Badegewässer unterliegen stärkeren Qualitätsschwankungen, die zur Gefährdung der Badegäste führen können. Regelmäßige Kontrollen helfen, Risiken zu minimieren und Schaden abzuwenden.

Zweitens. Verunreinigungen dieser Gewässer werden frühzeitig erkannt, sodass die Chance besteht, zügig die Ursachen aufzuspüren, um geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Dies ist nicht nur für die Badenden, sondern auch für den Naturschutz von Bedeutung. Nicht-EUBadegewässer sind auch oft große Laichgewässer, die des besonderen Schutzes bedürfen.

Drittens. Sachsen würde eine Vorreiterrolle einnehmen und könnte gleichzeitig den von Umweltverbänden gemachten Vorwurf entkräften, Badestellen, die den Anforderungen der EU-Badegewässerrichtlinie nicht genügen, würden von der Statistik gar nicht erfasst.

Meine Damen und Herren, der vorliegende Antrag ist erstens ein weiterer Baustein zur Stärkung des Verbraucherschutzes in Sachsen und zweitens ein deutliches Signal dafür, dass wir es mit der Touristischen Qualitätsoffensive Sachsen ernst meinen.

(Beifall bei den GRÜNEN und des Abg. Dr. Jürgen Martens, FDP)

Das war die einbringende Fraktion. Die Sprecherin der CDU-Fraktion, Frau Strempel, spricht auch für die Koalition.

Herr Weichert, jetzt wissen wir, wie eine Ampel aussieht: rot, gelb, grün. Danke schön.

Herr Präsident, wenn ich in das Plenum schaue, habe ich den Wunsch, Sie alle zu erleichtern. Ich gebe meinen Redebeitrag zu Protokoll.

(Beifall bei der CDU)

Ich bitte aber aus zwei Gründen um Ablehnung dieses Antrages: Zum einen ist er absolut nicht finanziell abgesichert, und es geht bei ihm um sehr viele zusätzliche finanzielle Mittel. Zum anderen bedeutet er eine wahnsinnige zusätzliche bürokratische Untersetzung. Der können wir als Landtag wirklich nicht zustimmen.

Vielen Dank.