Protokoll der Sitzung vom 10.09.2008

Aufgerufen ist das Zweite Gesetz zur Änderung des Sächsischen Hochschulzulassungsgesetzes. Wir stimmen ab auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien, Drucksache 4/12721.

Wer der Überschrift seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei Gegenstimmen und Stimmenthaltungen wurde der Überschrift mehrheitlich zugestimmt.

Ich mache kein Hehl daraus, dass wir die Möglichkeit zu Auswahlgesprächen am liebsten aus dem Gesetz streichen würden. Die Bindung an den Staatsvertrag gibt dazu keine Möglichkeit. Wofür wir aber alle sorgen können, das ist Transparenz, Unabhängigkeit und Nachprüfbarkeit.

Ich rufe auf Artikel 1 Nrn. 1 und 2. Wer gibt die Zustimmung? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Auch hier gleiches Abstimmungsverhalten. Bei Gegenstimmen und Stimmenthaltungen wurde dem Artikel 1 Nrn. 1 und 2 mehrheitlich zugestimmt. Das heißt, Auswahlgespräche müssen unter Beisein von Beisitzern erfolgen und sie müssen protokolliert werden. Auswahltests sind zu anonymisieren. Ich rufe Nr. 3 auf. Mir liegen zwei Änderungsanträge vor. Wir beginnen mit der Drucksache 4/13210, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ich bitte um die Einbringung. Herr Dr. Gerstenberg, bitte.

Ich bitte Sie um Zustimmung.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Gibt es zu diesem Änderungsantrag Redebedarf? – Herr Prof. Mannsfeld, bitte.

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ein Problem dieses Gesetzentwurfes ist seine Antwort auf die Frage, was durch Auswahlverfahren überhaupt festgestellt werden kann und soll. Prof. Dr. Karl Mannsfeld, CDU: Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unklar ist der Rede Sinn, könnte man das überschreiben, was der Kollege Gerstenberg hier eben vorgetragen hat. Denn er hat beklagt, dass die Auswahlgespräche nicht zielführend seien.

Die Staatsregierung orientiert nicht nur auf Eignung, sondern auch auf Motivation. Motivation sagt aber entweder gar nichts aus oder informiert über etwas, was mit tatsächlicher Eignung nichts zu tun hat.

Zur Illustration zitiere auch ich den Leipziger Prorektor für Lehre und Studium Prof. Fach aus der Anhörung: „Was soll ein Politikwissenschaftsstudent oder ein Soziologe als Motivation angeben? … Man kennt die Antworten.“

Der eigene Änderungsantrag der GRÜNEN – und der wortgleiche der Linksfraktion – nimmt aus dem Gesetzentwurf, wo das Wort Auswahlverfahren steht, dieses Wort, was in seiner weiten Fassung im Grunde genommen den Katalog, von dem hier viel die Rede war, in den Blick nimmt, heraus, und Sie ersetzen es nur durch das eine Wort „Gespräche“. Dazu habe ich vorhin schon Stellung genommen. Diese Einengung ist völlig inakzeptabel und wird von uns deswegen auch nicht mitgetragen.

Ergänzend möchte ich noch erklären: Wir stimmen hier nicht über Motivation ab. Wir stimmen über den Katalog ab, der im Staatsvertrag und in der Gesetzesnovelle von 2005 bereits enthalten ist. Das sind ganz klare Punk

(Zuruf des Abg. Dr. Martin Gillo, CDU)

„Wir haben sie empirisch auch schon gehabt. Der eine sagt: Ich interessiere mich für Politik. Der andere sagt: Ich bin ein sozialer Mensch. Der Dritte sagt: Ich wollte schon immer Lehrer werden. Das ist genau das, was in mir drinsteckt.“

te 1 bis 6. Wenn man die verbal in einen Zusammenhang bringt, dass bei der Beurteilung der Persönlichkeitsstruktur von Studienbewerbern damit deren Eignung und Motivation erfasst werden sollen, dann ist das etwas völlig anderes als zu sagen, wir würden hier die Motivation abprüfen wollen.

Die ganze Debatte sollte doch etwas mehr auf dem sachlichen Boden stehen. Wir können diesem und dem wortgleichen Änderungsantrag der Linksfraktion so nicht zustimmen.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Dr. Simone Raatz, SPD)

Gibt es zum Änderungsantrag der Fraktion GRÜNE weiteren Redebedarf? – Das ist nicht der Fall. Dann lasse ich jetzt abstimmen über den Änderungsantrag Drucksache 4/13210 und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Die Stimmen dagegen? – Stimmenthaltungen? – Bei einer Reihe von Stimmen dafür ist der Änderungsantrag dennoch mit Mehrheit abgelehnt worden.

Ich rufe auf unter Artikel 1 Nr. 3 den zweiten Änderungsantrag in der Drucksache 4/13220, die Nr. 1 des Änderungsantrages der Linksfraktion. Ich bitte jetzt um Einbringung. Frau Abg. Werner, bitte.

Frau Präsidentin! Ich würde gern die Änderungsanträge insgesamt einbringen.

Herr Mannsfeld wird sicher wieder bewerten wollen, dass wir den gleichen Änderungsantrag einbringen wie im Ausschuss. Ich möchte noch einmal sagen, dass aus unserer Sicht dem Problem im Ausschuss nicht abgeholfen wurde. Im Übrigen hoffe ich auf Denkprozesse auch in Ihrer Fraktion. Es ist ja immer noch möglich, Änderungsanträgen bis zur 3. Lesung zuzustimmen.

Zu unseren wichtigsten Änderungen. Unser Änderungsantrag bezweckt, den Hochschulen tatsächlich autonom Entscheidungen zu ermöglichen. Zum einen schafft der Änderungsantrag für die Hochschulen Rechtsklarheit. Denn ihre Sollregel – das habe ich ja vorhin schon erläutert – schafft Unklarheit. Wir setzen eine Kann-Regelung für die weitere Hinzuziehung von Kriterien zusätzlich zur Abiturnote. Im Übrigen geben wir der Abiturnote einen hohen Stellenwert, zeigen doch verschiedene Untersuchungen, dass genau diese eine recht hohe Korrelation zum Studienerfolg aufweist.

Die für die Hochschulen sehr hohe Verpflichtung, 60 bis 80 % der Zulassungen durch hochschulinterne Auswahlverfahren zu vergeben, geben wir mit unserem Änderungsantrag als Entscheidung in die Hände der Hochschulen. Diese können dann entsprechend ihren Möglichkeiten und Erfordernissen tatsächlich autonom und sachgerecht entscheiden. Herr Schmalfuß hatte das vorhin auch schon sehr deutlich erläutert.

Wenn es Auswahlverfahren gibt, dann müssen diese natürlich transparent gestaltet werden. Deshalb sind sie zu protokollieren und ein Beisitzer muss anwesend sein. Um

für die Studierenden bei fachspezifischen Studierfähigkeitstests einigermaßen objektive Bedingungen herzustellen, müssen diese mindestens anonym durchgeführt werden.

Soweit grundsätzlich zu unseren Änderungsanträgen. Lassen Sie mich noch ein Wort zu den bereits beschlossenen Änderungen im Fall der sorbischsprachigen Studienbewerber für die Lehramtsstudiengänge sagen.

Sicher kommt dieser Beschluss den Sorbinnen und Sorben in ihrem Kampf um die Einhaltung der Minderheitenrechte sehr entgegen, speziell um die Ausgestaltung für die Zukunft des sorbischen Volkes, eine qualitativ hochwertige Ausgestaltung der sorbischen Schulen, des sorbischen Schulsystems.

Wir müssen aber sagen, dass die Erfahrungen der Sorbinnen und Sorben bisher nicht unbedingt die besten waren. Ich erinnere nur an die leidvollen Diskussionen und auch Entscheidungen um Schulschließungen. Deshalb haben wir eine besondere Verantwortung, hier dem Schutz und der Förderung der sorbischen Sprache und Kultur entgegenzukommen. Dazu ist die Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer besonders wichtig. Das dürfen also nicht nur Lippenbekenntnisse bleiben. Ich bitte Sie eindringlich, dass wir gemeinsam auf die Umsetzung dieses Beschlusses schauen, damit es nicht so dahergeht, wie es bisher der Fall war.

Recht vielen Dank.

(Beifall bei der Linksfraktion und den GRÜNEN)

Gibt es zum Änderungsantrag Redebedarf? – Das scheint nicht der Fall zu sein. Dann lasse ich jetzt abstimmen über die Drucksache 4/13220 Nr. 1 des Änderungsantrages der Linksfraktion. Wer die Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei einer Reihe von Stimmen dafür wurde dieser Änderungsantrag dennoch mit Mehrheit abgelehnt.

Ich stelle jetzt im Artikel 1 die Nr. 3 so, wie in der Beschlussempfehlung vorgeschlagen, zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei einer Reihe von Gegenstimmen wurde der Nr. 3 mit Mehrheit zugestimmt.

Ich rufe auf Artikel 1 Nr. 4. Auch hierzu gibt es zwei Änderungsanträge: zunächst die Drucksache 4/13211. Das ist der Antrag der Fraktion GRÜNE. Wird noch einmal Einbringung gewünscht? – Bitte, Herr Dr. Gerstenberg.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist jetzt ein anderer Sachverhalt, den ich vorhin noch nicht eingebracht habe. Er betrifft die Autonomie der Hochschulen bei der Hochschulzulassung.

Die Staatsregierung kann es in den Regelungen, wie sie unter Punkt 4 zu finden sind, nicht lassen, unnötig zu regulieren. Anstatt es den Hochschulen selbst zu überlas

sen, wie viel Prozent ihrer Studenten sie innerhalb von Auswahlverfahren zulassen wollen, werden sie ohne Not zu einer Mindestquote von 60 % verpflichtet.

Angesichts der derzeitigen Quote von 24 % – das wurde vorhin in der Debatte erwähnt – und der neuen und unstrittigen Obergrenze von 80 % ist eine solche Mindestregelung einfach überflüssig. Wahrscheinlich wird sie aus diesem Grund im Gesetzentwurf der Staatsregierung mit keinem Wort begründet.

Auch die Verpflichtung der Hochschulen zu einem zweiten Auswahlkriterium ist das Gegenteil der angekündigten Autonomie.

Bei der Anhörung im Wissenschaftsausschuss hatten nicht nur die Studierenden, sondern ebenso die Prorektoren für Studium der TU Dresden, der Hochschule Zittau-Görlitz und der Universität Leipzig diese Regelung scharf kritisiert. Wie sie unterstützen wir das Ziel, den Hochschulen mehr Freiheit bei der Kombination der Kriterien zu geben. Das darf jedoch nur eine Option sein und nicht zur Pflicht werden. Wer – wie die Staatsregierung – die Hochschulen dazu weitgehend zwingen will, neben den verschiedenen Auswahlkriterien unbedingt den Abiturdurchschnitt hinzuzuziehen, schränkt sie unnötig ein und sorgt für unnötigen Aufwand.

Die Koalition hat jetzt ihre Muss-Vorschrift in eine Sollvorschrift verwandelt. Das war offensichtlich der kleinste gemeinsame Nenner zwischen den Koalitionspartnern. Wir schlagen aber vor, meine Damen und Herren von der Koalition, dass Sie jetzt noch einen Schritt weitergehen: Lassen Sie die Hochschulen doch selbst entscheiden, welche und wie viele Kriterien sie für ihre Auswahlverfahren kombinieren. Die Erfahrungen der Hochschulen mit den Zulassungen in den verschiedenen Studiengängen sind die beste Grundlage dafür, wie die Anhörung unserer Fraktion überzeugend deutlich gemacht hat.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der Linksfraktion)

Es gibt noch Redebedarf; Herr Prof. Dr. Mannsfeld, bitte.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe zwei Anmerkungen zu diesem Änderungsantrag: Es ist vollkommen richtig, diese Auswahl von 60 bis 80 % in das Gesetz aufzunehmen, denn die Einbringer eines Änderungsantrags sagen, man sollte gleich bis 80 % hineinschreiben. Sie haben wohl nicht bedacht, dass damit auch Hochschulen 35, 40 oder 45 % für die Eigenauswahl nehmen können? Wir wollen gerade, dass die Hochschulen mehr selbst auswählen. Das ist ein klassischer Fall eines Selbsttores oder nicht zu Ende gedachter Überlegung.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion)

Zudem ist doch sehr merkwürdig: Über die Frage der zugrunde gelegten Auswahlkriterien ist hier viel diskutiert

worden, aber das, was uns die Fraktion der GRÜNEN nun vorlegt, ist der Wortlaut des Gesetzentwurfes vom 31. März 2005. Der existiert bereits. Ich kann diesem Hohen Haus nicht empfehlen, ein Gesetz, das bereits beschlossen ist, im Text als Änderungsantrag noch einmal zu beschließen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Gibt es zum Änderungsantrag weiteren Redebedarf? – Wenn das nicht der Fall ist, lasse ich über den soeben beratenen Antrag abstimmen.

(Interner Wortwechsel zwischen Johannes Lichdi, GRÜNE, und Prof. Dr. Karl Mannsfeld, CDU)

Wenn es noch etwas zu sagen gibt, meine Herren, kommen Sie bitte ans Mikrofon.

Ich lasse jetzt abstimmen über die Drucksache 4/13211, Änderungsantrag der Fraktion der GRÜNEN. Wer gibt die Zustimmung? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei einer ganzen Reihe von Zustimmungen ist der Änderungsantrag dennoch mit Mehrheit abgelehnt worden.