Protokoll der Sitzung vom 11.09.2008

(Unruhe in der NPD-Fraktion)

ich bitte um Aufmerksamkeit –, bedienen Sie vordergründig einen Antiamerikanismus, denn diese Politik der Bush-Administration verursacht überhaupt erst diese Truppentransporte von US-amerikanischen Soldaten. Ich kann nur darauf hoffen, dass der demokratische Präsident

schaftsbewerber Barak Obama im Herbst die Wahlen gewinnen wird, um diese verheerende Außenpolitik der Amerikaner zu korrigieren.

Wenn die NPD von US-höriger Außenpolitik spricht, dann frage ich mich schon, ob sie ihre Löffel und Augen überhaupt öffnen kann, um wahrzunehmen, dass sich sehr wohl die deutsche Außenpolitik, die französische Außenpolitik und die europäische Außenpolitik deutlich von der US-amerikanischen Außenpolitik wie jüngst erst im Kaukasus-Konflikt unterscheidet.

(Dr. Martin Gillo, CDU: Obama wird sich freuen!)

Drittens haben wir hier im Hohen Hause von der NPD bisher noch keinerlei Vorschläge gehört, wie internationale Konflikte ohne militärische Gewaltanwendung – also zivil und friedlich – gelöst werden können. Sie springt einfach immer wieder auf pazifistische Züge auf. Sie benutzt die Ängste und Sorgen der Anwohner des Leipziger Flughafens lediglich für ihre politischen Zwecke. Das werden die vor Ort Betroffenen auch durchschauen. Mit Glaubwürdigkeit hat Ihre Politik nichts zu tun. Als antimilitaristische Partei, die auf gewaltfreie, nicht militärische und friedliche Konfliktlösungen setzt, als eine solche Partei sind Sie uns überhaupt noch nicht aufgefallen – ganz im Gegenteil. Bis heute erkennen Sie die Grenzen Deutschlands mit Polen nicht an. Deshalb sind Sie einfach nicht glaubwürdig.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Danke schön. Nach meinen Unterlagen gibt es keinen weiteren Redebedarf in der allgemeinen Redezeit.

(Jürgen Gansel, NPD: Doch!)

Dann bitte, Herr Gansel.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Heidan, Sie können uns glauben, dass es ein reiner Zufall ist, dass wir diesen Antrag am heutigen Tag einbringen. Wir als NPD sind nicht in der Lage, die Sitzungstermine festzulegen. Wenn Sie uns hier in irgendeinen Zusammenhang mit den Angriffen auf New York im September 2001 bringen, kann ich Sie darauf hinweisen, dass Al-Quaida, die angeblich für diese Terroranschläge verantwortlich ist, ganz bestimmt keine NPD-Kontakte hat und auch keine Unterorganisation der NPD ist. Ihre polemische Entgegnung fällt auf Sie selbst negativ zurück.

Dass auch ein Wortbeitrag von den Linken kommen würde, war klar. Ich hatte mich eigentlich schon auf Herrn Külow als Redner gefreut, der seine Position sicherlich noch mit etwas mehr roter Aggressivität als Frau Dr. Runge vorgebracht hätte. Aber nichtsdestotrotz hat uns auch Frau Dr. Runge nicht enttäuscht, indem sie einen Rundumschlag gemacht und uns friedenspolitische Inkompetenz und Ähnliches vorgeworfen hat. Auf jeden Fall ist eines klar: DIE LINKE wird auch gegen diesen Antrag der NPD-Fraktion stimmen. Damit hat diese

Debatte schon eines zutage gefördert: dass die ganzen, immer mit so viel Verve vorgetragenen friedenspolitischen Positionen der Linken nichts als verlogene Sprücheklopferei sind. Immer dann, wenn es in Parlamenten ernst wird, steht auch die Lafontaine-Linke treu an der Seite Amerikas. Das hat Frau Dr. Runge mit ihrem Beitrag wieder klargemacht.

Aber, meine Damen und Herren, die NPD-Fraktion hat in Gestalt des Abg. Petzold bereits vor Jahren eine ganze Reihe von Kleinen Anfragen zur militärischen Nutzung des Flughafens Leipzig/Halle gestellt. So fragte Kollege Petzold beispielsweise im Oktober 2005 die Staatsregierung nach ihrer Haltung zur eklatanten Verletzung des Zwei-plus-Vier-Vertrages im Zusammenhang mit den USMilitärflügen über Leipzig. Hintergrund ist das vertraglich vereinbarte Verbot, ausländische Truppen im sogenannten Beitrittsgebiet – gemeint ist Mitteldeutschland – zu stationieren oder dorthin zu verlegen. Wörtlich heißt es in Artikel 5 Abs. 3 des Zwei-Plus-Vier-Vertrages: „Ausländische Streitkräfte und Atomwaffen oder deren Träger werden in diesem Teil Deutschlands weder stationiert noch dorthin verlegt.“ Darauf antwortete der Innenminister mit einer sehr verwegenen These: „Artikel 5 Abs. 3 Satz 3 des Vertrages bezieht sich auf Streitkräfteaufenthalte, die auf eine gewisse Dauer angelegt sind, und schließt vorübergehende Aufenthalte ausländischer Soldaten in Berlin und den neuen Ländern nicht aus.“ So die Antwort des Innenministers. Das ist, mit Verlaub, Unsinn. Der Innenminister mag zwar die eine oder andere Anfrage umfangreicher beantwortet haben, als wir es eigentlich erwartet haben, aber er scheint die militärischen Begriffe „Stationierung“ und „Verlegung“ nicht richtig einordnen zu können. Wahrscheinlich ist, dass der Landtag und die Öffentlichkeit mit dieser gezielten Begriffsvernebelung, die mit der Beantwortung der Anfrage dokumentiert ist, nur über die völkerrechtswidrige Unterstützung amerikanischer Angriffskriege durch den Freistaat Sachsen getäuscht werden soll.

Das Verlegen von Truppen hat nämlich nur indirekt etwas mit dem Aufenthalt, in erster Linie aber mit dem Bewegen und Verschieben von Truppenteilen zu tun. Daraus können sich aus logistischen oder transporttechnischen Gründen zwar Zwischenaufenthalte ergeben, die aber keineswegs der eigentliche Zweck der Truppenverlegung sind. Wenn der Zwei-plus-Vier-Vertrag festlegt, dass ausländische Truppen im „Beitrittsgebiet“ weder stationiert noch dorthin verlegt werden dürfen, dann heißt das neben dem Stationierungsverbot auch, dass ausländische Truppen in das betreffende Gebiet nicht hinein bewegt werden dürfen, unabhängig von der Dauer ihres Aufenthaltes. Dies gilt umso mehr, wenn die Truppenbewegungen der Weiterverlegung in Kriegsgebiete dienen. Dass das so ist, kann selbst in diesem Hause niemand bezweifeln.

Kann es aber vielleicht sein, dass es eine selektive Beachtung des Völkerrechtes in diesem Land gibt? Kann es vielleicht sein, dass die Bundesrepublik nur dann zur Einhaltung des Völkerrechtes verpflichtet ist oder ver

pflichtet wird, wenn es den Interessen der Besatzungsmacht USA ausnahmsweise einmal passt? Und dann, wenn es den USA dienlich ist, wird sogar das sonst so geheiligte Grundgesetz auf kaltem Wege suspendiert.

(Volker Bandmann, CDU: Unverschämtheit!)

Herr Bandmann, Sie können sich ja gleich zu Wort melden und Ihre eigene kuriose Interpretation des Grundgesetzes beisteuern.

(Volker Bandmann, CDU: Die Vereinigten Staaten sind keine Besatzungsmacht!)

Bekanntlich besagt Artikel 26 des Grundgesetzes, „…dass Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, verfassungswidrig und unter Strafe zu stellen sind“. So weit das Grundgesetz. Der Transport von US-Soldaten in den Nahen Osten galt vor 2003 der Vorbereitung und gilt heute der Weiterführung eines völkerrechtswidrigen Angriffskrieges durch die Globalisierungsvormacht USA.

Der NPD-Antrag zielt auf nicht mehr und auch nicht weniger als darauf, den Freistaat Sachsen freizuhalten von ausländischen Streitkräften und US-Truppentransporte über den Flughafen Leipzig/Halle zukünftig zu unterbinden. Dazu könnten auch Sie sich durchringen, ohne sich den Vorwurf gefallen lassen zu müssen, als Antiamerikaner zu gelten, wobei man in der heutigen Zeit amerikanischer Imperialpolitik auch mit dieser Bezeichnung und diesem Vorwurf sehr gut leben könnte. Geben Sie sich einen Ruck, damit Sachsen nicht weiterhin als Drehscheibe und Operationsbasis amerikanischer Angriffskriege missbraucht wird.

(Beifall bei der NPD)

Damit wurde eine zweite Runde eröffnet. Gibt es den Wunsch zur Aussprache? – Herr Flath für die CDU-Fraktion, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Auch in Anbetracht der Tatsache, dass heute der 11. September ist, will ich noch etwas zu den Ausführungen des Abg. Petzold sagen, da er die Amerikaner als „Halunken“ bezeichnet und dafür einen Ordnungsruf bekommen hat.

Als Sachse möchte ich ausdrücklich noch etwas hinzufügen: Ich schäme mich dafür, dass eine solche Aussage hier im Hohen Haus getroffen wird. Ich bin 1957 geboren. Ich weiß nicht, ob ich auf dieser Welt wäre, wenn nicht die Alliierten dem nationalsozialistischen Wahnsinn 1945 ein Ende bereitet hätten.

(Beifall bei der CDU, der Linksfraktion, der SPD, der FDP, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Ich bin den Amerikanern und den anderen Alliierten bis heute dafür dankbar.

(Zuruf des Abg. Jürgen Gansel, NPD)

Ich denke historisch auch an 1989, was Amerika für uns getan hat. Und um einmal ganz bewusst in die Gegenwart zu gehen: Wir haben am letzten Wochenende den „Tag der Sachsen“ unter der Überschrift „Weltoffenes Sachsen“ gefeiert. Genau deshalb habe ich mich zu Wort gemeldet. Von diesem Fest sollte eine Einladung an alle in dieser Welt und insbesondere auch an die Amerikaner ausgehen, dass wir sie gern hier in Dresden, in Sachsen als Touristen und genauso gern als Investoren sehen.

(Beifall bei der CDU, der SPD, der FDP, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Deshalb schäme ich mich für eine solche Aussage, die Amerikaner als Halunken zu bezeichnen.

(Beifall bei der CDU, der SPD, der FDP, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Besteht weiterer Aussprachebedarf seitens der Koalition? – Sehe ich nicht. Ich frage die Staatsregierung. – Ich sehe ein Abwinken.

Somit kommen wir zum Schlusswort.

(Jürgen Gansel, NPD: Das schenken wir uns!)

Dann kommen wir zur Abstimmung, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wir stimmen ab über den Antrag der

NPD-Fraktion in der Drucksache 4/12906. Wer zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Wer stimmt nicht zu? – Wer enthält sich? – Bei keinen Enthaltungen und wenigen Jastimmen ist dies mit Mehrheit abgelehnt worden.

Meine Damen und Herren, bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, betrete ich Neuland. Bei aller Gebotenheit meiner Neutralität, zu der ich von hier vorn verpflichtet bin: Ich habe Herrn Petzold noch einmal nachgefragt, ob er dieses Wort gebraucht habe; und meine beiden Nachbarn haben mir dies auch noch einmal ausdrücklich bestätigt. Demzufolge gibt es von meiner Seite nichts zu korrigieren.

Jetzt verlasse ich vielleicht meine Neutralität, denn Herr Petzold hatte einen Sprechtext, in dem ein anderes Wort stand, und zwar „helotenhaft“. Auf meine Nachfrage, was denn das bedeuten würde, konnte er uns im Präsidium keine Antwort geben.

(Heiterkeit)

Bei aller Bescheidenheit, das musste ich jetzt loswerden.

(Unruhe und Zurufe)

Meine Damen und Herren! Wir kommen zum

Tagesordnungspunkt 5

Rettungsdienst in Sachsen sicherstellen – Vergabeverfahren einführen

Drucksache 4/13095, Antrag der Fraktion der FDP

Die einreichende Fraktion hat zunächst das Wort; Herr Dr. Martens, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem wir uns eben mal wieder mit den paranoiden Wahnvorstellungen einiger weniger beschäftigen mussten, lassen Sie uns zurückkommen zu dem, wofür wir hier – in der großen Mehrheit jedenfalls – gewählt worden sind: uns um die Probleme dieses Landes zu kümmern.