Sachsen von ausländischen Streitkräften freihalten – US-Truppentransporte über den Flughafen Leipzig/Halle sofort unterbinden!
Die einreichende Fraktion beginnt mit den Redebeiträgen. Danach verfahren wir in gewohnter Reihenfolge; bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unser Antrag betrifft das nach Auffassung der NPD-Fraktion in mehrfacher Hinsicht rechtswidrige Verhalten der Flughafengesellschaft Leipzig/Halle, ihrer Eigentümer und der für die Planfeststellung zuständigen Behörden – also letztlich das Verhalten des Freistaates Sachsen – im Zusammenhang mit der Bedienung militärischer Anforderungen der US-Streitkräfte am Flughafen Leipzig/Halle. Wegen dieser Rechtswidrigkeit, auf die ich im Einzelnen noch eingehen werde, bitten wir den Landtag um Zustimmung zu einer Entschließung, in der die Staatsregierung aufgefordert wird, Maßnahmen zu treffen, um die aktuellen amerikanischen Militärflüge zu beenden und in der Zukunft ähnliche Operationen auszuschließen.
Zunächst möchte ich aber die Faktenlage kurz zusammenfassen: Der Flughafen Leipzig/Halle wird in der Tat aufgrund von militärischen Anforderungen der USamerikanischen Streitkräfte genutzt, und zwar für Truppenverlegungen zwischen amerikanischen Stützpunkten und den Kriegsgebieten im Irak und in Afghanistan. Dies ist sogar gerichtskundig, nachdem es in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 16. Juli 2008 von Vertretern des Freistaates Sachsen offiziell zugegeben wurde.
Der Anwalt des Freistaates, Siegfried de Witt, stellt in dieser Verhandlung ausdrücklich fest, dass die USTransporte militärischen Anforderungen dienen. Diese seien in einem Planfeststellungsbeschluss der Behörden vorgesehen. Das Regierungspräsidium Leipzig als Planfeststellungsbehörde sprach schon im Juli 2007 von Flügen aufgrund militärischer Anforderungen.
Es ist klar, dass unter Flügen aufgrund militärischer Anforderungen nicht nur Starts und Landungen der in Leipzig stationierten Großraumtransporter des Typs „Antonov“, sondern vor allem die seit spätestens Juli
2006 regelmäßig und in wesentlich größerem Umfang stattfindenden Truppenverlegungsflüge der USA zu verstehen sind. Wie privilegiert diese am Flughafen sind, zeigt die von der Staatsregierung zitierte Ausnahme vom Nachtflugverbot für Passagiermaschinen. Dadurch können die Maschinen mit US-Soldaten rund um die Uhr starten und landen – sehr zum Leidwesen der Anwohner des Flughafens.
Diese im Namen des Freistaates Sachsen erfolgten Eingeständnisse sind sowohl für die rechtliche als auch für die politische Beurteilung der Angelegenheit entscheidend, nicht etwa die genauen Zahlen der über Leipzig verlegten Soldaten. Aber auch solche statistischen Angaben liegen durchaus vor, und zwar aufgrund der rechtlichen Bestimmungen des Bundesverkehrsstatistikgesetzes. Diese Zahlen sind insofern grundsätzlich interessant, als dass sie eine Vorstellung vom Umfang der US-Aktivitäten am Flughafen Leipzig/Halle vermitteln.
Allerdings fragt man sich, ob die gesetzlichen Möglichkeiten der Datenerhebung hier nur unvollständig genutzt werden, etwa zum Zwecke der Vertuschung; denn in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage des Abg. Volker Külow gibt die Staatsregierung aus der Luftverkehrsstatistik zwar die im Jahr 2007 registrierten Transitfluggäste am Flughafen Leipzig/Halle mit 333 774 an, sie erklärt aber dazu wörtlich – ich zitiere –: „Wie viele davon amerikanische Militärangehörige waren, ist der Staatsregierung nicht bekannt. Passagierzahlen einzelner Fluggesellschaften werden aus Wettbewerbs- und Datenschutzgründen generell nicht veröffentlicht.“
Dazu ist Folgendes festzustellen, meine Damen und Herren: Erstens handelt es sich um eine reine Augenwischerei. Beobachter gehen davon aus, dass es sich bei den Transitfluggästen fast ausschließlich um US-Soldaten handelt. Wenn die Staatsregierung dem widersprechen möchte, hat sie hier im Plenum des Landtages die Gelegenheit mitzuteilen, welche anderen Transitfluggäste überhaupt infrage kommen.
Zweitens bietet das Verkehrsstatistikgesetz durchaus die rechtliche Grundlage für die genaue Erfassung von im Transitverkehr verlegten ausländischen Soldaten, zumal wenn die ganze Aktion hochgradig verfassungs- und völkerrechtlich problematisch ist.
Drittens ist die sogenannte Augenwischerei nicht zuletzt ein beschämender Ausdruck bundesrepublikanischer USHörigkeit und Erbärmlichkeit. Die Staatsregierung duldet und fördert zwar in rechtlich fragwürdiger Weise auf sächsischem Staatsgebiet die Verlegung von US-Truppen zu fremden Kriegseinsätzen, hat aber gleichzeitig die Schamlosigkeit zu behaupten, vom Umfang dieser Transporte keine genaue Kenntnis zu haben.
Die Staatsregierung mag nun den Einwand bringen, sie sei doch weder für die Anforderungen an die Luftverkehrsstatistik zuständig noch für die Beurteilung, inwiefern die Verlegung amerikanischer Soldaten auf sächsischem Gebiet gegen das Völkerrecht verstoße. Das seien doch reine Bundesangelegenheiten.
Ähnlich argumentierte fatalerweise das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 24. Juli 2008. Über die Frage, ob die Flüge völkerrechtswidrig seien, habe das Regierungspräsidium Leipzig bei der Zulassung des Nachtflugbetriebes nicht zu entscheiden gehabt. Es bleibt festzustellen, dass dies ein Urteil im Geiste der helotenhaften US-Hörigkeit der BRD ist; denn erstens dienen die amerikanischen Truppenverlegungen in den Nahen Osten der Führung eines Krieges, nämlich des Krieges im Irak, der völkerrechtswidrig ist.
Zweitens bestimmt Artikel 5 Abs. 3 des Vertrages über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland, des sogenannten Zwei-puls-VierVertrages, Folgendes – ich zitiere –: „Ausländische Streitkräfte und Atomwaffen oder deren Träger werden in diesem Teil Deutschlands“ – sprich: dem Gebiet der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik und Berlins – „weder stationiert noch dorthin verlegt.“
Der in Ergänzung zum Begriff „Stationierung“ verwendete Begriff „verlegen“ schließt im militärischen Sprachgebrauch sämtliche Truppenbewegungen und Truppenverschiebungen ein. So wurde zum Beispiel die alliierte Bombardierung der Stadt Pforzheim im Februar 1945
damit begründet, dass die Straßen der Stadt angeblich zur Truppenverlegung und -verschiebung genutzt wurden.
Drittens stellt Artikel 25 Grundgesetz eindeutig fest – ich zitiere –: „Die allgemeinen Regeln des Völkerrechts sind Bestandteil des Bundesrechts. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.“
Das heißt nichts anderes, als dass jeder Bewohner des Bundesgebietes, der von Amts wegen oder zum Beispiel als Eigentümer die Möglichkeit hat, eine Verletzung des Völkerrechts zu verhindern, dies auch tun muss.
Nachdem das Regierungspräsidium Leipzig zweifelsohne diese Möglichkeit tatsächlich hat, aber nicht wahrnimmt, verstößt es somit ganz klar gegen Artikel 25 Grundgesetz. Das gilt übrigens auch für den Freistaat Sachsen als bestimmten Anteilseigner des Flughafens Leipzig/Halle. Wenn der Freistaat als Eigentümer die Möglichkeit hat, Verstöße gegen das Völkerrecht zu unterbinden, ist er aufgrund von Artikel 25 Grundgesetz dazu verpflichtet.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrte Damen und Herren der NPD-Fraktion, es ist schon bezeichnend, dass Sie Ihren Antiamerikanismus hier so vortragen in einem Antrag, ausgerechnet heute, am 11. September, zum Jahrestag.
Wir wissen, was da passiert ist. Es ist schon beschämend, dass das hier in diesem Hohen Haus passiert.
Ich dachte bei manchem Antrag der NPD-Fraktion, dass dieser an Sinnfreiheit – ich betone „Sinnfreiheit“, denn sinnhaft sind die wenigsten von Ihnen – nicht zu überbieten ist.
Meine Damen und Herren, heute überraschen Sie mich wieder aufs Neue. Sie nehmen eine Verhandlung zur Nachtflugerlaubnis für den Flughafen Leipzig/Halle zum Anlass, um Friedenstruppen zu denunzieren,
Truppen der Streitkräfte, die es ermöglicht haben, dass genau Menschen Ihrer Gesinnung in Deutschland nicht mehr ihr Unwesen treiben konnten. Wie weit wollen Sie sich denn noch in die braune Ecke pressen?
(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staats- regierung – Jürgen Gansel, NPD: Amerikanische „Friedenstruppen“ in Afghanistan?)
Der Flughafen Leipzig/Halle stellt für die mitteldeutsche Region einen Wachstumsmotor dar, der Tausende von Arbeitsplätzen bietet und Unternehmen die Verbindung mit der gesamten Welt garantiert. Er stellt auch durch die Ansiedlung von DHL und Amazon über das steigende Luftfrachtaufkommen zwischenzeitlich ein internationales Luftdrehkreuz dar. Die Klagen auf Einschränkung des Nachtflugverbotes für Frachtmaschinen sind durch das Bundesverfassungsgericht abgewiesen worden. Damit ist die Entwicklung des Flughafens Leipzig/Halle als Luftfrachtzentrum in Mitteldeutschland gesichert und wir sind froh darüber.
Wir werden es Ihnen nicht zulassen, dass sie diesen Wirtschaftsstandort durch derartige Anträge diffamieren können. Ihre verwirrten Verdächtigungsversuche werden daran nichts ändern, Leipzig/Halle als Luftverkehrskreuz für die Wirtschaft weiterzuentwickeln und zu festigen. Mehr gibt es zu Ihrem Antrag nicht zu sagen, denn ein verfolgter Ansatz für eine sinnvolle Debatte ist nicht gegeben.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie so oft instrumentalisiert die NPD auch diesmal wieder die berechtigten Sorgen und Ängste von Anwohnern des Leipziger Flughafens, um ihr ganz spezielles nationales Süppchen zu kochen und auf einen pazifistischen und friedenspolitischen Zug aufzuspringen. Dieses Süppchen besteht aus Folgendem:
Erstens. Schon in der Überschrift wird ihre Ausländerfeindlichkeit wieder einmal dokumentiert, indem sie den Transport ausdrücklich von ausländischen Streitkräften über den Leipziger Flughafen verhindern wollen.
Zweitens bedienen Sie mit Ihrem Antrag einfach antiamerikanische Reflexe. Statt nach dem Verursacherprinzip die verheerende Außen-, Sicherheits- und Kriegspolitik der Bush-Administration zu kritisieren –