Protokoll der Sitzung vom 11.09.2008

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Danke schön. – Das war das Ende der ersten Runde. Ich glaube zu erkennen, dass es den Wunsch zu einer zweiten Runde in der allgemeinen Redezeit gibt. – Nein. Gut, dann ist die Staatsregierung an der Reihe; Frau Ministerin Clauß.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Die Fraktion DIE LINKE wiederholt mit ihrem Antrag lediglich ein Anliegen, das bereits in der Sitzung im Mai dieses Jahres ausführlich in diesem Hohen Haus diskutiert wurde.

(Beifall bei der CDU)

Allerdings passen diesmal Thema, Ziel und Begründung kaum zusammen. Ich möchte an dieser Stelle den Hintergrund noch einmal kurz aufzeigen.

Die Konvergenzregelung nach § 272 SGB V ist eine Detailregelung im Zusammenhang mit dem Gesundheitsfonds.

(Dr. Dieter Pellmann, Linksfraktion: Richtig!)

Die Sächsische Staatsregierung sieht die Folgen der Einführung des Gesundheitsfonds für Versicherte, Krankenkassen und Länder kritisch. Im Bundesrat ist unter anderem gerade auch aus diesem Grund der Gesundheitsreform nicht zugestimmt worden. Bereits in der Plenarsitzung am 28. Mai – meine Kollegin Karin Strempel hat schon darauf hingewiesen – wurden die Zusammenhänge im Detail von der Staatsregierung ausführlich dargelegt. Zugleich wurde erörtert, warum der Gesundheitsfonds als solcher von den Ländern nicht mehr gestoppt werden kann. Das Gesetzgebungsverfahren ist abgeschlossen.

Anders verhält es sich bei der sogenannten Konvergenzklausel. Der Gesetzeswortlaut ist nach Auffassung von Gutachtern nicht wörtlich umsetzbar. Die Staatsregierung setzt sich dafür ein, dass die sogenannte Konvergenzklau

sel so verändert wird, dass die sächsischen Versicherten nicht stärker als andere belastet werden.

Zur Erinnerung: Wegen ihres bisher niedrigen Beitrags- und Leistungsausgabenniveaus führt die Konvergenzregelung dazu, dass die sächsischen Versicherten ein höheres Niveau in anderen Bundesländern mitfinanzieren sollen. Nach der aktuellen Fassung der Konvergenzregelung soll die Differenz zwischen dem jetzigen Beitragsniveau und dem künftigen bundeseinheitlichen Beitragsniveau ab 2009 teilweise anderen Bundesländern zugute kommen. Dadurch wird eine mögliche Beitragserstattung an die sächsischen Versicherten geschmälert.

Meine Damen, meine Herren, das vom Sächsischen Staatsministerium für Soziales in Auftrag gegebene Gutachten wird zurzeit endgültig abgestimmt. Ein Normenkontrollantrag könnte allerdings nur im Eilverfahren den gewünschten Erfolg bringen. Unser Ministerpräsident Tillich hat parallel Verhandlungen mit der Bundesregierung dazu aufgenommen, um die Methodik der Konvergenzregelung zu ändern. Er hat die Zusage der Bundesregierung erhalten, dass der Länderbezug in der Konvergenzregelung entfallen soll. Damit soll die finanzielle Belastung der sächsischen Versicherten auf ein Mindestmaß reduziert werden. Solange die Umsetzung dieses Kompromisses jedoch nicht abgeschlossen ist, wird die Sächsische Staatsregierung die Möglichkeit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht weiterhin in Betracht ziehen.

Meine Damen, meine Herren, wie Sie sehen, konzentriert sich die Staatsregierung auf das Machbare und geht – das schon lange vor dem Antrag der Linken – mit aller Entschiedenheit im Interesse unserer Bürgerinnen und Bürger Sachsens vor.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön. – Meine Damen und Herren, gibt es aufgrund dieser Ausführungen noch einmal Redebedarf? – Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zum Schlusswort. Für die einreichende Linksfraktion Herr Pellmann.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Strempel, Herr Gerlach, Sie meinten der Antrag sei nicht neu. Sie, Frau Strempel, geruhten weitgehend das zu wiederholen, was Sie schon am 28. Mai gesagt haben. Ja, ich gebe Ihnen recht, in der Sache ist der Antrag nicht neu. Aber neu ist – und deswegen möchten wir Ihnen heute auf die Sprünge helfen und uns gegen Ihre Ausflüchte wenden –, dass wir die Staatsregierung durch dieses Haus zur Klage auffordern.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Denn es ist völlig klar: Was nützt es der Staatsregierung – bestenfalls werden ihr das einst einige Historiker gutschreiben –, dass sie vor anderthalb Jahren im Bundesrat

großen Mut bewiesen und dagegen gestimmt hat? Was nützt es den sächsischen Krankenversicherten, was nützt es den Arbeitgebern in Sachsen, die ab 1. Januar 2009 über Gebühr zur Kasse gebeten werden sollen? Nichts.

Ich sage Ihnen: Ihre Vorgängerin, Frau Clauß, hatte signalisiert, dass bis Ende Juli entschieden werden soll. Jetzt haben wir fast Ende September. In wenigen Monaten ist die Sache durch. Dann wird das eingeführt. Im November soll der Bund entscheiden, wie hoch die Beiträge sein werden. Aber wir prüfen immer noch, und wir warten.

Ich werde Ihnen sagen, was hier abläuft: Hier läuft ein Schmierenstück ab.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Wir wissen es ja nicht, aber wir haben die starke Vermutung: Wahrscheinlich ist hinter dem Rücken der Herr Ministerpräsident schon bei Frau Merkel eingeknickt. Und jetzt will man uns hinhalten.

(Zuruf von der CDU: Das ist eine Unterstellung!)

Ja, heute hat es schon den ganzen Tag Unterstellungen gegeben. Nur, das, was ich hier sage, kommt der Wahrheit näher.

(Beifall bei Linksfraktion)

Wir werden es sehen. Sie haben nur eine einzige Chance, dem zu entgehen – jetzt haben wir schon Donnerstag, ich gebe Ihnen bis Montag Zeit, damit haben Sie noch ein Wochenende zum Nachdenken –: indem Sie am Montag die Klage einreichen und die Öffentlichkeit darüber informieren.

Ansonsten wären selbst die 130 000 Euro in die Esse geschrieben. Genau deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren – ich senke die Stimme wieder, weil ich weiß, der Saal füllt sich spätestens jetzt –, da uns die Sache nicht nur ernst ist, sondern in unmittelbarster Weise die Menschen in Sachsen betrifft, möchten wir Sie zu einer namentlichen Abstimmung aufrufen, die ich hiermit beantrage. Das hat sich auch schon herumgesprochen. So kann jeder entscheiden, wo er steht. Ich kann Ihnen versichern, die Handwerkskammer hat es auf ihrem Empfang ausdrücklich abgefordert, sie möchten auch gern wissen, wer heute wie abstimmt.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Meine Damen und Herren! Nur aus Sicherheitsgründen: Die Linksfraktion unterstützt dies? – Ja. Ich bitte um Geduld zur Vorbereitung der Technik.

(Unruhe im Saal – kurze Unterbrechung)

Ich bitte wieder um Ruhe und erinnere nochmals daran, dass Sie Ihre Entscheidung klar und deutlich treffen, damit wir hier vorn keine Probleme beim Auszählen wegen allgemeiner Unruhe bekommen. Meine Herrschaften, wir wollen beginnen!

(Glocke des Präsidenten)

Wir kommen nun zur namentlichen Abstimmung in der 117. Sitzung am 11.09.2008 über die Drucksache 4/13075, beginnend mit dem Buchstaben G.

(Namentliche Abstimmung – Namensaufruf)

Ist jemand im Saal, der nicht aufgerufen wurde? – Damit ist die namentliche Abstimmung abgeschlossen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich teile Ihnen jetzt das Abstimmungsergebnis der namentlichen Abstimmung zur Drucksache 4/13075 mit. Es votierten die Abgeordneten mit 39 Jastimmen, 59 Neinstimmen und 6 Stimmenthaltungen. Damit ist dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.1

Herr Flath, Vorsitzender der CDU-Fraktion, möchte eine Erklärung für das Abstimmungsverhalten seiner Fraktion abgeben. Eine Information für alle Abgeordneten: Seine Fraktion hat einheitlich gestimmt; deswegen ist dies statthaft – andernfalls wäre dies nach der Geschäftsordnung des Sächsischen Landtages nicht zulässig.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die CDU-Fraktion und die SPDFraktion haben mit Nein gestimmt. Insbesondere nach dem Schlusswort des Abg. Pellmann, der hier den Eindruck erweckt hat, dass mit dieser namentlichen Abstimmung die Abgeordneten sich dazu bekennen müssten, für eine Beitragserhöhung oder dagegen zu sein, möchte ich unser Abstimmungsverhalten erklären.

Es ist dem Hohen Hause bekannt, dass die Staatsregierung seit Längerem eine Klage vorbereitet. In der Politik ist es legitim, damit zu signalisieren, dass – notfalls – der Freistaat dazu bereit wäre. Aber natürlich möchten wir uns den Weg für Verhandlungen offenhalten, um – das hatten der Ministerpräsident und die Gesundheitsministerin signalisiert – auf diesem Verhandlungswege sowohl eine Verbesserung für die sächsischen Beitragszahlerinnen und Beitragszahler als auch für die sächsische Wirtschaft zu erzielen. Dabei wünschen die CDU- und die SPD-Fraktion viel Erfolg. So ist erklärbar, warum wir in dieser Sache mit Nein gestimmt haben.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Danke schön. – Gibt es weitere Erklärungen? – Herr Dr. Hahn für seine Fraktion; bitte schön.

Herr Präsident! Ich denke, dass aus allen Redebeiträgen deutlich geworden ist, dass es bezüglich des Gesundheitsfonds erhebliche Probleme gibt und die Nachteile für die Bürgerinnen und Bürger in Sachsen sehr groß sind. Aus diesem Grunde haben wir die Auffassung vertreten – und vertreten sie nach wie vor –, dass durch die Regierung eine Klage

eingereicht werden muss. Deshalb haben wir mit Ja gestimmt.

Wir mussten feststellen, dass die tatsächliche Bereitschaft, eine solche Klage einzureichen, offenbar nicht bei allen im Hause vorhanden ist. Deshalb haben andere, die verbal gegen die Konvergenzklausel sind, unseren Antrag abgelehnt. Nachvollziehbar ist das nicht.

Die namentliche Abstimmung ist von uns beantragt worden. Wir haben uns klar bekannt, andere haben sich vor einer Entscheidung gedrückt. Das bedaure ich sehr.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Das war eine weitere Erklärung für das Abstimmungsverhalten. Gibt es weitere Wünsche? – Nein, meine Damen und Herren. Damit ist dieser Tagesordnungspunkt abgearbeitet.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 4