stärkungsgesetz erschaffene Gesundheitsfonds steht kurz vor der Einführung, ein Gesundheitsfonds, der aus dem schlechten Kompromiss der CDU-Kopfpauschale und der SPD-Bürgerversicherung hervorgeht. Oder bildlich dargestellt: Aus Äpfeln und Birnen hat man jetzt eine Apfelsine kreiert mit saurem Beigeschmack.
Alle, ob Ärzteverband, Krankenkassen, die Wirtschaft und zahlreiche Politiker – mittlerweile auch von CDU und SPD – halten die Einführung des Fonds für falsch.
Für falsch, ungeeignet, nicht das richtige Mittel und tun es offenbar trotzdem. Das ist eine Bankrotterklärung von Schwarz-Rot.
Lassen wir doch die Bürger neu wählen oder wenigstens den Gesundheitsfond bis Herbst nächsten Jahres aussetzen.
Verehrte Frau Schütz, würden Sie mir recht geben, dass Frau Merkel den Gesundheitsfonds als das allerwichtigste Projekt dieser Legislaturperiode, nachdem es die Große Koalition dann gab, angesehen hat und dass es ihr nun völlig egal ist, wie das Ding aussieht? Hauptsache, sie muss sich nicht blamieren, dass es noch scheitert. Würden Sie mir darin recht geben?
In dieser Frage muss ich Ihnen, denke ich, leider recht geben, denn außer Frau Merkel und Frau Schmidt will den Gesundheitsfonds wohl keiner mehr.
Der Gesundheitsfonds löst nämlich kein Problem des Gesundheitswesens nachhaltig, weder das generelle Finanzierungsproblem noch die langen Wartezeiten bei Fachärzten vor Ort. Es wird ein Bürokratiemonster geschaffen – oder auch Bürokratieaufblähungsprogramm genannt – mit der Funktion Geldsammel- und -verteilstelle bei gleichem Krankenkassenbeitrag von circa 15,5 % für alle.
Doch nun zur Konvergenzklausel. Ziel der Klausel ist eine zielgenaue Funktionsweise, die sich an dem verteilungspolitischen Solidarprinzip der gesetzlichen Krankenversicherung orientiert. Im Idealfall ähnelt ein solcher
Ausgleichsmechanismus in seiner Struktur anderen Mechanismen, beispielsweise solchen, die schon im Steuer- und Sozialsystem implementiert sind wie dem Länderfinanzausgleich.
Die Konvergenzklausel ist jedoch auch eine Rechenregel, konzipiert als regionales Absicherungssystem zur Begrenzung von politisch induzierten Reformgewinnen und verlusten. Wegen der geplanten Einführung des Gesundheitsfonds soll mit der Konvergenzklausel sichergestellt werden, dass regionale medizinische Versorgungsniveaus aufrechterhalten bleiben. Die Konvergenzklausel ist damit ein Instrument, mit dem das Ausmaß reformimmanenter Planungsfehler und Übergangsprobleme begrenzt wird.
Diese für Sachsen sehr belastende rechtliche Regelung im Zuge des Gesundheitsfonds begünstigt aus unserer Sicht ineffiziente Strukturen im Gesundheitswesen und benachteiligt unser Land außerordentlich.
Bleibt es bei der Regelung, fließen über 300 Millionen Euro aus Sachsen in andere Bundesländer, wogegen dieser Abfluss für Bayern auf 100 Millionen Euro begrenzt ist. Das können wir nicht wollen. Deshalb ist es richtig, dass die Regierung – wenn auch schon sehr lange – eine Klage prüft.
Wenn das Ergebnis vorliegt – und Frau Staatsministerin Clauß, das liegt wohl vor, wenn auch noch in Abstimmung –, muss man über das weitere Vorgehen entscheiden. Ich kenne das Ergebnis des Gutachtens noch nicht. Ich glaube auch kaum, dass DIE LINKE das Gutachten schon hatte, als sie den Antrag stellte.
Die Klage, vorausgesetzt mit Aussicht auf Erfolg, kann ein Mittel sein, diese Konvergenzklausel zu stoppen. Sie ist in erster Linie ein Druckmittel, um eine politische Lösung zu erzielen. Wenn es sein muss, ist sie sicher eine echte Chance, Sachsen von ungerechtfertigten Lasten zu befreien. Und wenn es sein muss, sollte die Staatsregierung diese Option auch ziehen.
Doch zurück zum Antrag. Ich finde den Antrag der Linken unehrlich. Die Klage gegen die Konvergenzklausel ist ein Vehikel. Denn sie lässt den Bürger beim Lesen des Themas in dem Glauben, als könnte man mit der Klage Einheitsbeitrag, Gesundheitsfonds und Kostensteigerung für Arbeitnehmer und Arbeitgeber verhindern.
Doch das stimmt nicht, das ist falsch. Die Klage richtet sich nicht gegen den Fonds. Sie ist gegen die Konvergenzklausel gerichtet. Der Fonds funktioniert grundsätzlich auch ohne diese Klausel, egal ob Bayern da auf- und niederspringen sollte; denn die Konvergenzklausel könnte auch wieder aufgehoben werden und durch eine bisher noch unbekannte Kompensationsregelung ersetzt werden. Derzeit wird diskutiert, die Kompensation über eine Neugestaltung der sogenannten Liquiditätsreserven des Gesundheitsfonds nach § 271 Abs. 3 des Sozialgesetzbuches V bereitzustellen. Herr Wehner ist bereits darauf eingegangen.
Sehr geehrte Damen und Herren der Linksfraktion, Sie betreiben Augenauswischerei. Sie wollen ja eigentlich den Gesundheitsfonds und die Einheitskasse. Die Konvergenzklausel ist nur ein Nebenschauplatz für Sie.
Doch das lässt sich grundsätzlich nur politisch lösen. Die Konvergenzklausel ist eine ex ante Regelung des Fonds, die im Sinne Sachsens geändert werden muss. Dagegen muss man notfalls klagen. Doch mit der Klage werden wir den Fonds nicht stoppen können. Wer das erzählt, bindet dem Bürger einen Bären auf.
Unser Hauptaugenmerk liegt daher auf dem Gesundheitsfonds mit all seinen negativen Folgen insbesondere für sächsische Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Schon bald werden wir wissen, welchen Beitragssatz jenseits der 15 % wir alle zahlen müssen. Fakt ist: Die Belastungen werden enorm steigen. Und die FDP kümmert sich um die, die dies besonders zu spüren bekommen werden: unsere Bürger und Arbeitgeber.
Deshalb haben wir auch eine Große Anfrage zu den Auswirkungen auf Sachsen in Bezug auf die Gesundheitsreform eingereicht. Mit diesen Fakten können wir politisch und mit Argumenten in der Hand gegen diesen Fonds vorgehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben hart gerungen, ob man das Grundanliegen der Verhinderung des Fonds über die Qualität des Antrages stellt. Letztlich haben wir uns für eine Enthaltung entschieden. Ihr Antrag ist einfach zu schlecht, um zuzustimmen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, Frau Schütz, ich gebe Ihnen recht: Die Klage ist gegen die Konvergenzklausel gerichtet. Aber man kann ja ein Stück Hoffnung damit verbinden, dass, wenn die Konvergenzklausel fällt, es dem Fonds nicht unbedingt gut tut
Wir haben von Anfang an hier klargemacht – und das auch in der schon genannten Sitzung vom 28. Mai –, dass wir, genau wie die FDP das gerade vorgestellt hat, gegen den Gesundheitsfonds sind und insgesamt gegen diese Gesundheitsreform, weil sie keine der Schwierigkeiten, in denen sich die gesetzliche Krankenversicherung im Moment befindet, repariert. Wir werden genauso wie bisher die Einnahmen nicht steigern können, und wir werden auch die Ausgabespirale mit der Konstruktion, die
jetzt geschaffen worden ist, kaum ändern können. Weil das so ist, ist die Klage gegen die Konvergenzklausel eine Möglichkeit, den Fonds zu stoppen, zu verändern und damit vielleicht neue Gesichtspunkte zum Tragen kommen zu lassen.
Ich sagte schon, der Gesundheitsfonds löst kein einziges Problem der gesetzlichen Krankenversicherung, aber er schafft viele neue.
Auch wenn die Konvergenzklausel nicht kommt, wird der Gesundheitsfonds Beitragssteigerungen für die sächsischen Versicherten bringen. Das können wir an dieser Stelle überhaupt nicht mehr abwenden. Das ist schon klar. Wir schaffen eine neue Stelle, wir schaffen eine Geldeinsammel- und -verteilungsstelle. Wir haben Personalkosten. Die müssen irgendwie finanziert werden, und diese Kosten werden die Beitragszahler übernehmen müssen. Weil wir das nicht wollen, deshalb sind wir gegen den Fonds und gegen die Klausel, also gegen beides.
An unserer Kritik, die wir im Mai vorgebracht haben, ändert sich insofern nichts. Das finde ich aber nicht langweilig, sondern ich finde es nachgerade sehr ärgerlich, dass trotz der Diskussion zum damaligen Zeitpunkt die Staatsregierung offensichtlich kein Ergebnis, das uns bekannt ist, vorweisen kann, was uns im Zusammenhang mit der damaligen Übereinstimmung der Fraktionen hinsichtlich der Konvergenzklausel irgendwie weiterbringen würde. Im Gegenteil, ich habe das Gefühl, dass der jetzt angepeilte Kompromiss, also die Entnahme aus der Liquiditätsrücklage, ein Gedanke ist, mit dem sich die Staatsregierung unter Umständen anfreunden könnte.
Ich habe heute gehört, dass, wenn es keine Änderung in der Konvergenzklausel gibt, die Klage auf alle Fälle eingereicht wird. Man wird sehen, mit welchen Veränderungen sich die Staatsregierung unter Umständen zufriedengeben wird.
Ich möchte noch einmal ganz deutlich machen: Der Gesundheitsfonds ist eine Blackbox. Niemand kann heute sagen, welche Veränderungen dieser Gesundheitsfonds im gesamten Beitragsgefüge bringen wird. Was er aber auf alle Fälle bringen wird, ist eine Entsolidarisierung der Beitragszahler, und zwar deshalb, weil im Gesundheitsfonds die Möglichkeit enthalten ist, einen Zusatzbeitrag von den Versicherten zu erheben. Diese Beiträge werden ganz unterschiedlich ausfallen. Sie werden davon abhängen, ob in einer Kasse eher Geringverdiener sind oder Menschen, die ein gutes Einkommen haben. Da diese Zusatzbeiträge auf 1 % des Einkommens beschränkt werden, kann sich jeder ausrechnen, dass dann, wenn in einer Kasse viele Personen sind, die diesen Zusatzbeitrag nicht entrichten müssen, deren Anteil auf die anderen verteilt werden wird. Sie werden also einen höheren Zusatzbeitrag bezahlen müssen. Die Folge wird sein, dass Gutverdiener diese Kasse verlassen und in eine andere
Kasse gehen werden. An diesem Beispiel wird ganz deutlich, dass es eine Entsolidarisierung geben wird.
Ich sage Ihnen hier ganz deutlich: Man kann sowohl den Arbeitnehmern als auch den Arbeitgebern nicht erklären, wieso sie ab 1. Januar 2009 mehr Beiträge bezahlen müssen, ohne dass sie dafür wesentlich mehr Leistungen bekommen. Dieser Gesundheitsfonds ist ein Einstieg in die Kopfpauschale.
Das wird in Zukunft unter Umständen dazu führen, dass neue Leistungen, die in die gesetzliche Krankenversicherung aufgenommen werden sollen, zusätzlich bezahlt werden müssen. Das kann dazu führen, dass wir mit massiven Kassenwechseln von Gutverdienenden konfrontiert werden. Das kann die ganze gesetzliche Krankenversicherung in eine Schieflage bringen, die wir uns heute überhaupt nicht vorstellen können.