Wir etablieren mit dieser Initiative eine weitere Branche in unserem Land, deren Grundlagen in Forschung und
Entwicklung liegen und die letztlich eine Überführung in Arbeitsplätze und marktreife Produkte finden müssen. In diesem Sinne unterstützen wir weiterhin diese Netzwerkinitiative. Es wird vielleicht nicht die letzte sein, aber sicher eine erfolgreiche.
Den vorliegenden Antrag darf ich in dieser Form als erledigt betrachten. Ich darf aber anmelden, dass wir uns weiterhin damit beschäftigen werden.
Meine Damen und Herren! Sie haben es vernommen: Die Abstimmung zu diesem Antrag erübrigt sich. Damit beenden wir den Tagesordnungspunkt.
Anhebung des Beitrages zur gesetzlichen Rentenversicherung für Bezieher/innen von Arbeitslosengeld II
Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Es beginnt die Linksfraktion, danach folgen CDU, SPD, NPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, leider ist Hartz IV immer noch in den Schlagzeilen, mehr noch, Hartz IV ist in den letzten Wochen wieder stärker in die Schlagzeilen gekommen, und das sage ich dann schon mit einem gewissen Bedauern. Verantwortlich dafür war ausgerechnet eine sogenannte Studie aus Chemnitz, also aus Sachsen. Ich meine, wenn jetzt darüber diskutiert wird, dass dies Ausdruck der Freiheit der Wissenschaft sei, wenn man so etwas schreibt, dann bin ich – das gebe ich gern selbstkritisch nach Jahren zu – inzwischen ein Vertreter der Freiheit der Wissenschaft.
Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, Freiheit der Wissenschaften hat dann Grenzen, wenn es sich, wie in dieser Studie, um ein Produkt handelt, das völlig lebensfremd, noch dazu unwissenschaftlich – dafür hätte man in der DDR, das sage ich auch, kein Diplom erhalten – und eigentlich sogar menschenverachtend ist. Aber ich sage auch mit einem gewissen Bedauern, der Aufschrei war gar nicht ganz so groß bei den in Sachsen und Berlin Regierenden, denn dieses Pamphlet passt sich im gewissen Sinne, wenngleich es die Spitze des Eisberges ist, in eine Situation ein, in der die Bundesregierung erneut Maßnahmen zur Verschärfung von Hartz IV ergreift, anstatt endlich zu erkennen, dass Hartz IV gescheitert ist. Das macht sich an zwei Beispielen fest, die zum Nachdenken anregen sollten.
So wird aus dem Bundesarbeitsministerium, begleitet mit einer Serie in der „Bild“-Zeitung, gefordert, endlich dem sogenannten Missbrauch von Hartz IV stärker zu begegnen und ihn zu kontrollieren. Jeder, der ernsthafte Studien liest, weiß, dass dieser Missbrauch bei ein bis zwei Prozent liegt. Es wird weiterhin darüber orakelt, ob man eventuell ab 01.01.2009 für Langzeitarbeitslose keine ABM mehr zulassen sollte. Die Tatsachen sehen eben anders aus und deswegen meine ich, man muss immer wieder deutlich sagen: Hartz IV hat gerade in Sachsen zu mehr Armut geführt. Insbesondere ist es in einer Richtung geschehen, dass wir künftig mit wesentlich mehr Altersarmut zu rechnen haben.
Die Fakten, die das belegen: Ursprünglich waren von der Bundesagentur für Arbeit für Leistungsbezieher des SGB II 78 Euro in die Rentenversicherung eingezahlt worden. Daraus erwuchs, wenn die Einzahlung ein Jahr lang erfolgte, ein Anspruch von 4,19 Euro für die spätere monatliche Rente. Das war bereits damals viel zu wenig. Man hätte, um einen Rentenpunkt bei dieser Konstellation zu erwerben, fünf Jahre auf eine solche Einzahlung rechnen müssen. Jeder kann sich das ausrechnen. Der „Eckrentner“, der immer noch statistisch vorkommt, allerdings in der Realität kaum noch anzutreffen ist, hat, um eine Durchschnittsrente zu erhalten, 45 Rentenpunkte. Wenn ich allein fünf Jahre benötige, um einen Rentenpunkt zu erwerben, kann man sich vorstellen, dass das geradezu in die Altersarmut führen muss.
Ab 01.01.2007 wurde dieser ohnehin viel zu niedrige Beitrag de facto halbiert und beträgt gegenwärtig nur noch 40 Euro, woraus ein monatlicher späterer Anspruch von 2,19 Euro erwächst. Unser Antrag, meine sehr verehr
ten Damen und Herren, begehrt daher wenigstens – obwohl das nur der erste Schritt sein kann –, zur ursprünglichen Regelung zurückzukehren. Würde man das Einkommen, also die Leistungen, die Hartz-IV-Betroffene beziehen, zur Grundlage nehmen, dann müssten wenigstens 120 Euro eingezahlt werden.
Aber das ist der zweite Schritt; wir wollen zunächst den ersten Schritt gehen. Die Stellungnahme der Staatsregierung – sie ist inzwischen ein halbes Jahr alt – machte uns darauf aufmerksam, dass offensichtlich auch Sie in eine ähnliche Richtung denken wie wir. Allerdings meinte damals Frau Orosz, der Meinungsbildungsprozess in der Staatsregierung sei noch nicht abgeschlossen. Inzwischen ist mehr als ein halbes Jahr vergangen und ich hoffe, dass der Meinungsbildungsprozess uns heute dazu führt, dass die Staatsregierung die Zustimmung zu unserem Antrag empfiehlt.
Dabei wäre Folgendes zu beachten. Ich will noch sagen, warum wir die Hoffnung haben, dass die Staatsregierung mit zu dieser Einsicht gelangt ist. Erstens. Langzeitarbeitslosigkeit – das wissen wir inzwischen – ist die Hauptursache für bereits bestehende und künftig zunehmende Altersarmut, wenn wir nicht gegensteuern. Bereits heute muss man ein Durchschnittseinkommen haben und mindestens 27 Jahre in die Rentenkasse einzahlen, um wenigstens das gegenwärtige Sozialhilfeniveau zu erreichen.
Zweitens. Wir haben mit einer erheblichen Zunahme der Altersgrundsicherung zu rechnen, und zwar nicht in der Höhe – das wäre schön –, sondern in der Zahl derer, die darauf angewiesen sind. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, wird die Kommunen in einer Weise überfordern, dass jegliche Haushalte, die heute schon in der Mehrzahl problematisch sind, aus den Fugen geraten, wenn nicht endlich ein wirklicher Wechsel erfolgt. Ich kann allerdings gegenwärtig nicht erkennen, dass hier entsprechende Konzepte vorliegen. Mehr noch, die Bundesregierung hat sogar – wir haben mehrfach darüber gesprochen – die Zuschüsse an die Kommunen für die Altersgrundsicherung gekürzt. Sie wollte es in noch stärkerem Maße tun, aber hier muss stärkerer Widerstand geleistet werden.
Drittens. Ja, die Halbierung der Einzahlungen schwächt sogleich die gesetzlichen Rentenversicherungen. Das werden und können wir auf Dauer nicht hinnehmen.
Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, hoffe ich, dass Sie unserem Antrag heute zustimmen. Er würde zwar Altersarmut nicht prinzipiell beseitigen, aber es wäre ein erster Schritt, und die Betroffenen von Hartz IV würden endlich erkennen: Im Sächsischen Landtag werden unsere Sorgen und Nöte ernst genommen. Ich kann Sie nur dringend ersuchen, diesem kleinen ersten Schritt zuzustimmen; denn das wäre wenigstens ein Schritt in die richtige Richtung.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich noch eine Vorbemerkung machen, um zu erklären, wie es sich mit dieser Materie verhält. Herr Pellmann hat schon eine ganze Menge gesagt, damit man in diese komplizierte Materie einsteigen kann.
Was passiert mit Zahlungen in die Rentenkasse, wenn man arbeitslos ist? Dazu eine Vorbemerkung. Wenn man eine kurze Phase der Arbeitslosigkeit hat, dann bekommt man bekanntermaßen Arbeitslosengeld I. Dann zahlt die Bundesagentur für Arbeit Beiträge in die Rentenversicherung ein. Im Osten entsteht dadurch eine Anwartschaft für eine monatliche Rente von 18,47 Euro. Wer also kurze Zeit arbeitslos ist, der hat später mal kein Problem.
Wir reden jetzt über die Langzeitarbeitslosigkeit, wenn man also über zwölf Monate arbeitslos ist. Dann entsteht, wie Herr Pellmann richtig gesagt hat, ein monatlicher Rentenanspruch von 2,19 Euro. Warum ist das so? Die Zahlungen für Arbeitslosengeld-II-Empfänger in die Rentenkasse sind nicht dazu da, dass ein relevanter Rentenanspruch erarbeitet wird, sondern sie haben einen anderen Zweck. Es geht erstens darum, dass es keine Unterbrechung der rentenrechtlichen Zeiten gibt. Es geht zweitens darum, dass der Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente gewahrt bleibt – ein wichtiger Punkt –, und es geht drittens darum, dass auch Arbeitslosengeld-IIEmpfänger ihre Riesterförderung bekommen können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, insbesondere der Linksfraktion! Ich möchte einige Dinge klarstellen, insbesondere, wofür die Rente da ist. Die Rente bekommt jemand, der ein Leben lang mit seiner Hände Arbeit Geld verdient hat und in die Rentenkasse einzahlt. Dafür bekommt er im Alter die Rente ausgezahlt. Die Rente ist also ein Anspruch, den man sich erarbeitet und im Alter ausgezahlt bekommt. Wer nicht arbeitet, hat im Alter Anspruch auf die sogenannte Grundsicherung. Das ist sozusagen Hartz IV für Rentner. Wenn man grob überschlägt, kommt man aus 351 Euro plus Kosten der Unterkunft auf ungefähr 660 Euro.
Ja, wir sind bei 616 Euro. Wollen wir uns jetzt mal nicht streiten. Wir wissen, dass es ungefähr 600 Euro plus x sind.
Wir wissen, dass im Osten Deutschlands und auch im Westen zum Glück relativ wenige Menschen auf Grundsicherung angewiesen sind. Wir sprechen von ungefähr 2 %. Die Grundsicherung ist nicht übermäßig viel, aber man kommt damit über die Runden. Klar ist aber auch,
dass derjenige, der sein Leben lang gearbeitet hat, am Lebensende mehr erhalten muss als derjenige, der nicht gearbeitet hat. Dafür kommt die Rente auf. Alles andere wäre ungerecht. Wenn einer am Lebensabend das Gleiche bekommt, obwohl er 45 Jahre in die Rentenkasse eingezahlt hat, wie jemand, der keinen Euro in die Rentenkasse eingezahlt hat, dann fragt sich doch der normale Arbeitnehmer: Wieso zahle ich Monat für Monat in die Rentenkasse ein?
Ich denke besonders an diejenigen, die nicht übermäßig viel verdienen. Die Geringverdiener stehen jeden Morgen um fünf oder sechs auf und arbeiten meinetwegen im Erzgebirge in so einem Betrieb wie der von unserem FDP-Kollegen und stellen dort irgendwelche Männel her.
Oder ich denke zum Beispiel an Friseusen, die ihr Leben lang arbeiten, aber einen relativ geringen Rentenanspruch erarbeiten. Ich finde, dass die Friseuse oder dieser Mitarbeiter im Erzgebirge am Lebensabend eine höhere Rente haben sollten als derjenige, der nicht gearbeitet hat.
Ich gebe gern zu, dass man im Rentenrecht einmal nachschauen sollte, ob man nicht etwas verändern muss. In Nordrhein-Westfalen hat man das bekanntermaßen mit einer Studie angestoßen. Der Vorschlag war, dass man, wenn der Versicherte beispielsweise im Durchschnitt weniger als 0,75 Entgeltpunkte hat, also wenn sein Einkommen unter 75 % des Durchschnittseinkommens liegt, eine Aufwertung seiner Entgeltpunkte um den Faktor 1,5 vornimmt, sodass er zumindest auf 0,75 Entgeltpunkte kommt. Also einfach ausgedrückt: Auch jemand, der ein Einkommen hat, das deutlich unter dem Durchschnitt aller Einkommen liegt, soll am Lebensabend drei Viertel von der Rente bekommen, die jemand bekommt, der eine Durchschnittsrente erhält. Das wäre ein guter Vorschlag. Damit wird deutlich, dass derjenige, der arbeitet, am Lebensende mehr hat und das Arbeiten sich gelohnt hat.
Klar ist beim Thema Rente auch, dass sich das Problem verschärfen wird. Vor allem die jüngere Generation ist davon betroffen. Wir haben das allgemeine Problem in der Rentenversicherung, dass es zu wenige gibt, die arbeiten und Geld einzahlen. Das liegt vor allem an der niedrigen Geburtenrate seit über 30 Jahren. Seit über 30 Jahren sterben mehr Menschen, als geboren werden. Bei einer solch niedrigen Geburtenrate ist klar, dass irgendwann nicht mehr genügend Verdiener da sind, die in die Rentenkasse einzahlen und für diejenigen sorgen, die im Alter Anspruch auf ihre Rente haben. Die Folge davon ist die Rente mit 67 in Zukunft und dass die Renten nicht mehr so schnell steigen, wie das in früheren Jahren der Fall war. Das sind die Konsequenzen aus der niedrigen Geburtenrate.
Jetzt kommen wir zu der Frage, Herr Pellmann, was wir tun können, damit Arbeitslosengeld II-Empfänger höhere Renten bekommen.
Da können wir jetzt Ihren Vortrag aufgreifen und über 2 Euro reden oder – das ist unser Herangehen – fragen: Wie können wir diese Menschen in Arbeit bringen? Das muss doch die zentrale Frage sein: Wie bringen wir Arbeitslose in Beschäftigung, damit sie mit ihrer Hände Arbeit Geld für die Rentenversicherung verdienen können und am Lebensabend wirklich etwas haben?
Dann reden wir nämlich nicht über 2 Euro pro Monat, sondern über 20 Euro pro Monat, die in die Rentenversicherung eingezahlt werden. Das brauchen wir.
Wir hatten in den vergangenen Jahren eine relativ gute Entwicklung. Seit der Wiedervereinigung gab es noch nie so viele sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse, noch nie so viele Jobs wie heute. Seit 2005 ist die Arbeitslosenquote in Deutschland von über fünf Millionen auf derzeit 3,2 Millionen gesunken. Also 1,8 Millionen Menschen sind weniger arbeitslos.