Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Tourismus ist weltoffen und ist tolerant. Anders ist Tourismus nicht zu gestalten. Tourismus bedeutet: Grenzen auf nach beiden Richtungen! – Grenz
überschreitende Interessen und Gemeinsamkeiten sind wesentlich für das Wachsen des Tourismus. Deswegen, sehr geehrte Damen und Herren von der NPD: Bei Ihren Wahlaussagen im letzten Jahr, da hatten Sie vieles offen, aber nicht die Welt. – Wenn Ihr Herr Apfel über seine Stadt, über unser Dresden, berichtet, die Dekadenz und die sexuelle Perversion in der Stadt, in der angeblich nur noch Klientelpolitik für Reiche, Ausländer, Schwule, Anarchos und Kiffer betrieben werde – – Wenn das Werbung für unser Dresden ist, dann danke!
(Beifall bei der FDP, vereinzelt bei der CDU, der PDS, der SPD, den GRÜNEN und des Staatsministers Thomas Jurk. – Karl Nolle, SPD: Hat das Herr Leichsenring gar nicht gelesen? Kennt er das gar nicht?)
Unter Tourismuspolitik verstehen wir auch etwas anderes, als dass ich jemanden zu Jagdreisen nach Schweden einlade, ihn dann abzocke und dafür bestraft werde, Herr Menzel. Tourismuspolitik funktioniert nach völlig anderen Maßstäben und Tourismuspolitik beruht auf Ehrlichkeit. Das können wir unseren sächsischen Tourismusanbietern selbstverständlich zurechnen. Deshalb haben wir diese steigenden Zahlen.
Ja, in Sachsen wurde viel erreicht. Mein Dank gilt insbesondere auch Herrn Böhme mit seiner Mannschaft für das, was er hier in Sachsen geleistet hat.
Am Dienstag haben wir die Präsentation gesehen, die klasse war. Gut, etwas mehr vom größten Tourismusgebiet, dem Erzgebirge, hätte ich gern gesehen. Das hätte meine Begeisterung perfekt gemacht, Herr Lämmel. Bei allem Erreichten – und gegen alle Widerstände in den letzten Jahren Erreichten – fehlt aber noch etwas, und zwar die ganz große Vision. Ich möchte sie mal so formulieren: Wir müssen für uns in Anspruch nehmen, dass wir die beste Tourismusregion in ganz Deutschland werden wollen. Das muss unser Anspruch sein und da müssen wir hinkommen.
Da liegt noch viel Arbeit vor uns. Es beginnt bei der Struktur. Da gibt es noch zuviel Klein-klein, da sind wir noch zu ineffizient. Oftmals herrscht auch vor Ort noch ziemlich viel Kirchturmdenken.
Tourismuspolitik ist auch abhängig von der Infrastrukturpolitik. Ein Ausbau von Straße und Schiene ist für die Tourismusarbeit existenziell wertvoll. Beispiel: Ein Reisebus aus Hamburg besucht das Erzgebirge. Er muss logischerweise bis zur Abfahrt Siebenlehn auf der A 4 fahren und braucht dann, bis er im Gebirge ist, ungefähr eine halbe Stunde länger als bei normal ausgebauten Straßen. Am Ende sind das einschließlich Rückfahrt 60 Minuten, eine Stunde. In dieser Stunde, die ein Tourist länger als nötig im Bus sitzt, kann er natürlich im Erzgebirge kein Geld ausgeben. Das ist logisch. Eben deswegen muss für die Infrastruktur in den Tourismusgebieten mehr getan werden.
Ein kleines Beispiel dafür, was auch hilft, ist die Ausschilderung auf Autobahnen. Wieder ein praktisches Beispiel ist die Ausschilderung des Erzgebirges auf der A 72. Kurz vor der Ausfahrt Zwickau-Ost sehen Sie vor einer Rechtskurve unvermittelt ein Schild: „Erzgebirge“. Je nachdem, wie schnell man fährt, fällt der nächste Blick auf ein Betonsilo. Da muss man also auch im Kleinen noch viel verändern.
Sehr geehrte Damen und Herren! Auch das Reiten im Wald gehört zum Tourismus. Wenn Sie in diesem unserem Tourismusgebiet mit uns etwas erreichen wollen, dann arbeiten Sie mit dafür, dass es für die Touristen auch bei uns im sächsischen Wald leichter wird zu reiten. Denn – wie alle Experten sagen – pro vier Pferde entsteht ein neuer Arbeitsplatz. Dass wir das brauchen, ist unbestritten.
Dass wir selbst für die Familienfreundlichkeit unserer Anbieter noch viel tun müssen, dürfte jedem klar sein.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Weltoffen und engagiert – Tourismus in Sachsen!“, so lautet der Antrag der CDU-Fraktion zu dieser Aktuellen Stunde. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, ich habe das Gefühl, Sie machen sich das Geschäft etwas zu einfach. Heute sind wir auf Antrag der CDU beim Thema „Tourismus – weltoffen und tolerant“, morgen geht es auf Antrag der SPD demokratisch, tolerant und weltoffen weiter. Das nährt den Verdacht, wir übten hier im Landtag das Pfeifen im Walde. Dahinter steckt vielleicht die Hoffnung: Wenn wir das Lied von der Toleranz und Weltoffenheit nur lange genug pfeifen, werden die bösen Geister der Intoleranz und des übersteigerten Nationalismus in ihrem Kämmerchen bleiben und uns verschonen. Diese Hoffnung ist vergebens.
Eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr von 10,1 % bei der Zahl ausländischer Touristen und eine Steigerung von 12,2 % bei den Übernachtungen von Ausländern weist die Statistik für 2004 aus. Das sind imposante und für Sachsen erfreuliche Zahlen.
Meine Damen und Herren! Die zunehmende Zahl ausländischer Gäste darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir in Sachen Weltoffenheit noch große Aufgaben zu bewältigen haben. Dabei hilft es nicht, wenn wir uns auf den Tourismusmessen in der ganzen Welt präsentieren und die in der touristischen Wirtschaft Beschäftigten immer besser dazu befähigt werden, den Wünschen ausländischer Gäste zu entsprechen, wenn gleichzeitig ausländerfeindliche Vorurteile weiter wach
Wir müssen konstatieren, dass es Bürgerinnen und Bürger in unserem Land gibt, die weit davon entfernt sind, weltoffen zu sein. Wir müssen konstatieren, dass an manchen Stellen Fremdenfeindlichkeit ein Problem in unserem Land ist. Dass es auch Fremdenfeindlichkeit in Gebieten gibt, in denen kaum Fremde wohnen, macht die Sache nur noch schlimmer und die Aufgabe schwieriger. Da ist es geradezu zynisch, wenn der Vorsitzende des Tourismusverbandes Sächsische Schweiz, Herr Brähmig, angesichts der in diesem Zusammenhang brisanten Lage in dieser einmaligen Region das Problem verniedlicht, indem er allgemein feststellt, dass dorthin ohnehin nur 2 % Touristen aus dem Ausland kommen.
Meine Damen und Herren! Der Anteil, den der Tourismus zum Bruttoinlandsprodukt im Freistaat Sachsen beisteuert, beträgt 3 %. Mit 92 000 Beschäftigten ist der Anteil des Tourismus bei den Erwerbstätigen überdurchschnittlich hoch. Wenn wir diesen Stand erhalten und sogar ausbauen wollen, reicht das Bekenntnis zur Weltoffenheit allein nicht aus, sondern dann müssen wir es in die sächsischen Schulen und Kindergärten tragen und müssen dort interkulturelles Lernen etablieren.
Ein zweiter Gedanke. Wir müssen dazu kommen, das Thema Weltoffenheit von der Frage des wirtschaftlichen Nutzens zu entkoppeln – ob im Zusammenhang mit dem Tourismus oder ausländischen Investitionen in Sachsen oder den sächsischen Erfolgen auf ausländischen Märkten. Sind wir nur weltoffen, weil wir uns davon einen wirtschaftlichen Vorteil versprechen? Nein. Ich denke, wir sind uns im demokratischen Teil dieses Hauses darüber einig, dass Weltoffenheit ein Wert an sich ist; jedenfalls habe ich die Aufklärung so verstanden.
Meine Damen und Herren! Dass es Menschen gibt, die die geistige Entwicklung in Europa um mehr als 250 Jahre zurückdrehen wollen, sollte uns nicht dazu verleiten, die damals entwickelten und noch heute gültigen allgemeinen Wertvorstellungen nach wirtschaftlichem Soll und Haben auseinander nehmen zu lassen. „Sachsen – weltoffen und tolerant“ – das ist heute mehr denn je für uns zur Aufgabe geworden.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Tourismus in Sachsen – weltoffen und engagiert“, das ist das Thema unseres Antrages, Herr Weichert, den die CDU-Fraktion auf die Tagesordnung gesetzt hat. Das Engagement für den Tourismus möchte ich näher beleuchten. Der Tourismus stellt in der Tat ein starkes Stück Wirtschaft in Sachsen dar. Das haben die genannten Daten verdeutlicht. Noch nie sind in der Geschichte unseres Landes so viele Menschen zu uns als Gast gekommen. Es war in der Tat ein Rekordjahr. Vergessen ist die Läh
mung des Jahres 2002, nachdem die Flut im wahrsten Sinne des Wortes Hoffnungen auf weiter steigende Gästezahlen davongeschwemmt hatte. Ohne das beispiellose Engagement – das zweite Wort im Titel unseres Antrages – wären diese Ergebnisse nicht zu erreichen gewesen. „Von nix kommt nix“, heißt es bei uns in Sachsen. Für gute Ergebnisse muss engagiert gearbeitet werden – das haben die sächsischen Touristiker getan. Ein herzlicher Dank an alle, die für dieses gute Ergebnis engagiert gearbeitet haben.
Engagement für den Tourismus heißt, sich einzusetzen für eine stabile finanzielle Förderung. Das hat der Sächsische Landtag getan. Meine Fraktion hat sich seit Jahren dafür eingesetzt, den Haushaltsansatz von Jahr zu Jahr zu steigern. Die Verstetigung des Haushaltsansatzes im Entwurf für die Jahre 2005/2006 macht bei der schwierigen Haushaltslage – bedingt dadurch, dass diese Mittel reine Landesmittel sind – deutlich, dass wir zu unserem Wort stehen.
Ein falscher Schluss wäre es allerdings zu meinen, mit mehr Geld kämen noch mehr Gäste. Das allein funktioniert nicht. Jetzt heißt es, aus den vorhandenen Mitteln maximale Erfolge zu erzielen.
Immer mehr an Bedeutung gewinnen im Tourismus die Ansätze, die Förderung aus den öffentlichen Kassen mit privaten Partnern, also aus der Tourismuswirtschaft, zu substituieren. Neben dem Beherbergungs- und Gastgewerbe sind das die Freizeitwirtschaft, die Reisebüroveranstalter, die Kur- und Reha-Einrichtungen, die Museen, die Theater, die Sportstätten usw.
Nunmehr geht es darum, dass die genannten Partner gemeinsam mit der Staatsregierung, aber auch mit den kommunalen Gebietskörperschaften die Grundzüge der Tourismuspolitik mit Leben erfüllen. Die Ziele dazu sind formuliert. An Umsetzungskonzepten fehlt es noch. Daran müssen wir weiter arbeiten.
Ich sehe weiteren Handlungsbedarf bei der engen Verzahnung der Landes- mit den Regionalebenen. Damit wäre ich bei den Strukturen, die bekanntlich nicht statisch sind, sondern entsprechend der Entwicklung der Rahmenbedingungen verändert werden müssen. Die Anpassung der Strukturen muss einem klaren Profil der Aufgaben und Kompetenzen folgen. Wir brauchen die Kooperation sowohl auf regionaler Ebene zwischen den Städten und Regionen als auch sektoral mit der Wirtschaft. Das Bekenntnis der Städte, Gemeinden und der Landkreise ist ebenso wichtig wie das des Sächsischen Landtages. Es ist elementar für die Leistungskraft des Tourismus in der jeweiligen Region. Hierbei bereiten mir die Austritte aus den Regionalverbänden, wie das in Zwickau der Fall ist, Sorgen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Engagement im Tourismus zahlt sich aus, und das nicht nur finanziell, nicht nur für die Wirtschaftskraft und die Steuerkraft, sondern auch und vor allem für das Image von Sachsen. Hierbei bereitet mir die Meinungsäußerung der
Neonationalsozialisten Sorge. Es ist Hohn in meinen Ohren, Herr Leichsenring, wenn Sie sagen, dass der Tourismus Ihnen am Herzen liege.
Ihre Plakate, Ihre primitiven Plakate mit „Ausländer raus!“ und „Grenzen dicht!“ sprechen eine deutliche Sprache.
(Uwe Leichsenring, NPD: Das stimmt nicht! Das wäre nämlich strafbar, das hängen wir bestimmt nicht aus! – Weitere Zurufe von der NPD: Das ist eine Lüge! Das stimmt einfach nicht! Sie müssen schon richtig zitieren!)
Derjenige, der ins Land kommt, egal ob als Tourist oder als Geschäftsreisender, muss sich mit solchen Ansprachen aus dem Land geekelt fühlen.
Es sieht niemand auf den ersten Blick – auch Sie nicht –, wer Tourist, wer Geschäftsreisender oder wer, um mit Ihren Worten zu sprechen, Sozialbetrüger oder Wirtschaftsflüchtling ist. Die Seismografen für ein ausländerfeindliches Klima haben wir nun im Ausland: Leute, die zu dieser Zeit hier waren. Das wird sich in den künftigen Zahlen niederschlagen. Dafür ist das Jahr 2004 noch nicht repräsentativ.
Dieses Hohe Haus hat dafür zu sorgen, weit über die Grenzen des Landes Sachsen hinaus die Botschaft zu verbreiten, dass Sachsen geprägt ist durch Tradition, durch Lebensart