Protokoll der Sitzung vom 10.03.2005

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auf den ersten Blick wirkt das Gesetz sehr berückend. Was versprechen Sie uns alles damit! Weniger Studienabbruch durch passfähige Studierende, bessere Studienbedingungen, Profilbildung der Hochschulen – und alles nur dadurch, dass den Hochschulen bei der Auswahl der Studierenden mehr Mitspracherechte gegeben werden. Spannend! Die Frage ist aber für uns, ob dieses Instrument „Auswahl der Studierenden“ diese Wünsche tatsächlich erfüllt, ob sich vielleicht unter Umständen auch negative Ergebnisse einstellen könnten, und man müsste auch prüfen, welche Instrumente es gibt, die vielleicht besser und wirksamer wären und die weiter greifen würden.

Lassen Sie mich zu den versprochenen Zielen sprechen. All die Wünsche zielen darauf, die Studienbedingungen an den Hochschulen zu verbessern. Ja, muss man fragen, was ist denn momentan schlecht? – Die Betreuungsrelation verschlechtert sich, an den Hochschulen herrschen finanzielle Nöte, es fehlt an Büchern, es gibt überfüllte Seminare, kaum Professoren, wenig Mittelbau usw. Das

kann Ihr Gesetz aber nicht ändern. Was Sie aber mit dem vorliegenden Gesetzentwurf tun, ist, diese schwierige Situation an den Hochschulen allein auf die potenziellen Studierenden abzuschieben.

Herr Wöller brachte es im Ausschuss auf den Punkt. Er sagte, ihm gehe es darum, studierunfähige Studierende auszusortieren. Heißt das, dass Studierende, die in Sachsen ohnehin nur mit Abitur studieren können, unter Umständen unfähig sind, und ist das wirklich das Problem? Natürlich, man hört von Professoren oft die Kritik, die Studierenden seien schlecht, sie seien schlecht motiviert und beherrschten die einfachsten Grundlagen wissenschaftlichen Arbeitens nicht.

Wenn es aber wirklich so wäre, dann ist es doch nicht ein Problem des Einzelnen, sondern dann sind das Versäumnisse in der Schule. Seit „Pisa“ wissen wir, dass das nichts Neues ist. Das Problem liegt woanders. Wie können Hochschullehrer, die manchmal Seminare vor über einhundert Leuten halten, einschätzen, welche Qualitäten ihre Hörenden tatsächlich haben? Dann wäre noch die Frage zu klären, welche Qualitäten wiederum für Professoren die angenehmsten sind. Dazu komme ich aber noch im Änderungsantrag.

Sie erhoffen sich weiterhin eine Verbesserung der Qualität des Ausbildungsprozesses und weniger Studienabbrecher. Wodurch erhoffen Sie sich das? Durch passfähigere Studierende. Warum wird der Ausbildungsprozess immer schwieriger? Woran liegt es, wenn Studenten ihr Studium abbrechen? Ich weiß nicht, ob es alle im Saal wissen, aber über 60 % der Studierenden sind erwerbstätig, das heißt, dass sie zum Teil mehr als 10 Stunden pro Woche arbeiten müssen. Sie kennen sicherlich auch – oder auch nicht – die entsprechenden Studien des Deutschen Studentenwerkes, dass fast die Hälfte der Studierenden ihr Studium aus finanziellen Gründen abbricht. Sollten wir wirklich das Ziel haben, den Studienabbruch zu vermindern, brauchten wir andere Instrumente.

Ich habe es schon oft angeführt: Das könnte zum Beispiel eine zweisemestrige Orientierungsphase am Anfang des Studiums sein, in der diese oft verlangten Grundlagen des wissenschaftlichen Denkens vermittelt werden könnten. Wir brauchen gerade am Anfang Beratungsgespräche und eine individuelle Betreuung von Studierenden. Wir müssen die soziale Situation der Studierenden befördern. Dazu brauchen wir aber keinen Stellenabbau, wie es im vorliegenden Haushalt vorgesehen ist, sondern wir brauchen eine Aufstockung an Lehrenden, um diesen Ausbildungsprozess verbessern zu können. Man muss auch die Frage stellen dürfen, ob die didaktischen Fähigkeiten der Lehrenden an den Hochschulen nicht oft zu wünschen übrig lassen. Das ist sicherlich der aufwendigere Weg, der aber den Studierenden – egal, ob auserwählt oder nicht – mit der katastrophalen Situation an den Hochschulen nicht allein lässt.

Es gibt ein weiteres Problem. Langfristig plant die CDU-/SPD-Koalition, dass bei NC-Fächern die Hochschulen zu 100 % die Auswahl übernehmen dürfen. In der Anhörung wurde noch auf etwas anderes hingewiesen, und zwar darauf, dass bei einer zunehmenden Auswahl der Studierenden, zum Beispiel durch Auswahlgespräche, wie es im Gesetzentwurf angedacht ist, eine soziale Selektion vorprogrammiert ist, und das in einer

Zeit, in der wir immer öfter darüber reden, dass immer mehr Menschen aus den so genannten bildungsferneren oder sozial schwachen Familien zur Aufnahme eines Studiums motiviert werden müssen.

Selbst der Wissenschaftsrat hat festgestellt, dass Auswahltests und Auswahlverfahren eine sozial ungerechte Selektionswirkung haben. Das findet sich nur nicht in den Empfehlungen wieder. Es gibt Untersuchungen, in denen nachgewiesen wird, dass in diesen Gesprächen oft sachfremde Kriterien ausschlaggebend sind. Damit meine ich die Frage nach sozialen Aktivitäten, nach einer gewissen Sprachfähigkeit und nach dem Habitus. Es ist so, dass die soziale Ähnlichkeit mit den Auswählenden oft das Kriterium ist, nach dem ausgewählt wird. Wer dort nicht hineinpasst, wird aussortiert. Damit geht in der Gesellschaft viel verloren.

Die PDS-Fraktion spricht sich für Hochschulen aus, die sich der Gesellschaft in ihrer Gesamtheit öffnen. Wir wollen statt Bestandswahrung Studierende mit unterschiedlichen Hintergründen, mit unterschiedlichen Interessenslagen und unterschiedlichen Bedürfnissen an die Hochschulen holen.

Wir denken, dass es das Ziel jeglicher Änderung in den Bildungsgesetzen des Freistaates sein muss, dass dieser Mehrfachselektion im deutschen Bildungssystem von Kita bis Hochschule endlich ein Ende gesetzt wird. Wir glauben, dass dieses Gesetz dem nicht dient.

Danke.

(Beifall bei der PDS)

Die NPD-Fraktion hat das Wort. Herr Abg. Delle.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Durch das Siebente Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes wurde das Vergabeverfahren in bundesweit zulassungsbeschränkten Studiengängen insoweit verändert, als die Hochschulen besser als bisher bei der Studienplatzvergabe autonomer agieren können. Dass die Autonomie und die Selbstverantwortung der Hochschulen gestärkt werden, steht außer Frage. Das wird selbstverständlich auch von meiner Fraktion unterstützt. Trotzdem gibt es Punkte in diesem Gesetz, welche von uns sehr kritisch betrachtet werden. Unter Punkt D – Kosten – schreiben die einbringenden Fraktionen, dass durch die Umsetzung dieses Gesetzes mit einem erheblich höheren Verwaltungsaufwand zu rechnen ist. Das ist sicherlich ein Punkt, der von uns kritisiert wird. Doch Kosten – das ist für meine Fraktion der ausschlaggebende Punkt – entstehen auch für den Studienbewerber. Die Hochschulen sollen Auswahlgespräche und Studierfähigkeitstests mit den Bewerbern durchführen. Hierbei werden für den Studienbewerber vor allen Dingen Kosten für die Fahrt zur Hochschule und eventuelle Aufenthaltskosten am Hochschulort anfallen.

An dieser Stelle findet sich wieder einmal die Tendenz, welche wir auch bei der Diskussion um die Einführung der Studiengebühren für das Erststudium in diesem Haus bemängelten: Die Aufnahme eines Studiums wird immer stärker vom sozialen Hintergrund des Bewerbers

abhängig. Die etablierten Parteien – auch die in diesem Hause – sind auf dem besten Wege, ein Zweiklassen-Bildungssystem zu schaffen. Das ist mit der NPD nicht zu machen.

Auch dieses Gesetz, welches auf der einen Seite – wie bereits erwähnt – löblicherweise die Autonomie und die Selbstbestimmung der Hochschulen stärken möchte, ist auf der anderen Seite ein Rückschritt in eine Zeit, in der Bildung noch kein selbstverständliches Allgemeingut war. Bildung und Bildungsabschlüsse haben sich an den Fähigkeiten des Einzelnen zu orientieren und nicht an seinem monetären Hintergrund. Hochschulabschlüsse können und dürfen nicht das Privileg Begüterter sein.

Wer es mit der Chancengleichheit in unserem Land ernst meint, kann sich mit dem Gesetzentwurf der Regierungskoalition in Teilen nicht identifizieren. Der zusätzliche Kostendruck darf nicht auf die Studierenden abgewälzt werden. Der Wettbewerb um die besten Hochschulen braucht die uneingeschränkte Teilnahmemöglichkeit von Studierenden an Auswahlverfahren.

Die Staatsregierung lässt jedoch nicht erkennen, den Hochschulen entsprechende Mittel für den erheblichen Mehraufwand durch hochschuleigene Auswahlverfahren zukommen zu lassen. Deshalb ist absehbar, dass die Hochschulen erwägen werden, von den Studienbewerbern entsprechende Gebühren für die Beteiligung an den Auswahlverfahren zu erheben. Mit einer weiteren finanziellen Belastung der Bewerber würde jedoch der Wettbewerb unzulässig eingeschränkt. Um Chancengleichheit zu bewahren und um geografisch nicht zentral gelegene Hochschulen nicht zu benachteiligen, muss stattdessen für bedürftige Studenten ein Ausgleich möglich sein.

Die Auswahlverfahren erfordern von den Hochschulen einen beträchtlichen organisatorischen, zeitlichen und finanziellen Aufwand. Vor allem erfordern sie fachliche Sorgfalt und wissenschaftliche Expertise. Nur dann können sie zu einer inhaltlichen Profilierung der Fachbereiche im Wettbewerb um Studierende und um bessere Lehre beitragen.

Da die Staatsregierung die Auswahlverfahren in allen Studiengängen mit Zulassungsbeschränkung in größerem Rahmen ermöglichen möchte, ohne den Hochschulen zusätzliche Mittel zur Verfügung zu stellen, ist eine ausreichende Qualität der Auswahlverfahren nicht gewährleistet. Die demgegenüber gestellten Einsparungen fallen dagegen kaum ins Gewicht, da für einen Studienabbrecher unter Verwaltungsgesichtspunkten lediglich die Kosten für die Exmatrikulation anfallen.

Erhalten Fachbereiche jedoch das Recht auf eigene Auswahlverfahren, werden hochschuldidaktische Erwägungen für die Durchführung von Auswahlverfahren den Ausschlag geben. Hier geht der Gesetzentwurf am Thema vorbei.

Wenn es der Regierungskoalition tatsächlich um die Stärkung der Autonomie der Hochschulen und um einen gewissen Wettbewerb geht, dann ist sie gut beraten, den vorliegenden Gesetzentwurf zu überdenken. Wenn wir – das sollte Konsens in diesem Hause sein – das Bildungsniveau und die Lehre an den Hochschulen verbessern wollen, kommen wir nicht umhin, mehr finanzielle Mittel bereitzustellen. Das gilt für das Auswahlverfahren an den Hochschulen ebenso wie für Zuschüsse an bedürf

tige Studienplatzbewerber. Finanziell schwächere Bewerber gesetzlich reglementiert auszuschließen ist mit meiner Fraktion nicht durchführbar.

Angesichts dieser Defizite, aber auch der guten Ansätze werden wir uns bei der Abstimmung enthalten; es sei denn, dem Änderungsantrag der PDS-Fraktion wird zugestimmt. Dann könnten wir dem Gesetzentwurf in seiner Gesamtheit zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der NPD)

Die FDP-Fraktion; Herr Dr. Schmalfuß, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die sächsische Hochschullandschaft kann auf eine lange Tradition und herausragende wissenschaftliche Leistungen in Vergangenheit und Gegenwart verweisen. Die hohe Dichte an den Universitäten, den Fachhochschulen, den staatlichen Studieneinrichtungen und weiteren Forschungseinrichtungen bedeutet für das Land Sachsen einen hervorragenden Standortvorteil, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können. Die Zielsetzungen unserer gemeinsamen Bemühungen müssen dem weiteren Ausbau des Bildungssektors gelten, damit die sächsische Hochschullandschaft zu den besten im europäischen Raum zählen kann. Die FDPFraktion wird alle Bemühungen unterstützen, die in die vorgenannte Richtung zielen. Vor diesem Hintergrund werden wir dem Gesetzentwurf zur Änderung des Sächsischen Hochschulzulassungsgesetzes zustimmen.

Der Gesetzentwurf ist die Umsetzung der Möglichkeiten, die durch die Änderung des Hochschulrahmengesetzes auf Bundesebene geschaffen wurden, nicht mehr und nicht weniger. Meine Damen und Herren! Die Hochschulen bekommen durch die Umsetzung des Gesetzentwurfes mehr Freiheit und können in NC-Fächern mehr Studenten mittels geeigneter Auswahlverfahren selbst aussuchen. Diese Verfahrensweise ist ein Schritt in die richtige Richtung, der zu begrüßen ist.

Zu Beginn der Umsetzung der Forderungen des Hochschulrahmengesetzes ist der erste Entwurf noch mit wesentlichen Einschränkungen behaftet gewesen. So mussten die Hochschulen im Ausgangsentwurf zumindest zwei Kriterien zur Auswahl der Studenten benutzen. Mit den Änderungen im Ausschuss für Wissenschaft und Hochschule ist das Auswahlverfahren auf ein Kriterium im Gesetzentwurf reduziert worden. Mit der vorgenannten Änderung ist der Gesetzentwurf der CDU/SPD für die FDP-Fraktion annahmefähig.

Die heutige Verabschiedung der Änderung des Sächsischen Hochschulzulassungsgesetzes kann jedoch nur einen ersten Schritt hin zu autonomen Hochschulen mit eigener Finanz- und Personalhoheit darstellen. Die langfristige Zielsetzung muss dahin führen, dass sich die Hochschulen ihre Studenten weitgehend selbst aussuchen können. Die ZVS, die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen, muss abgeschafft werden. Das sind nur wenige Punkte einer notwendigen weitergehenden Reform. Der Gesetzentwurf ist ein erster, ganz kleiner Schritt dazu, um letztendlich mehr Qualität in die Lehre

zu bringen und um, flankiert von einer praxisnahen Studienberatung, die Abbrecherquoten zu verringern.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Die GRÜNEN, bitte. Herr Abg. Dr. Gerstenberg.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf den ersten Blick handelt es sich hier um ein kleines, überschaubares Gesetz, das Bundesrecht in Landesrecht umsetzt. Es kann und will nicht alle Probleme und Mängel der sächsischen Hochschulen lösen, die Kollegin Werner aufgezählt hat, sondern es will und soll einzig und allein die Auswahl in den NC-Fächern verbessern. Doch während der Beratung und der Anhörung ist bereits deutlich geworden, dass dieser Gesetzentwurf auch von Versprechungen einerseits und Ängsten andererseits begleitet ist. Versprechungen oder auch übertriebene Hoffnungen, besser gesagt, liegen in der Begründung des Gesetzentwurfes. Die Verringerung der Studienabbrecherquote wird dort unangemessen in den Vordergrund gerückt. Das kann ein verbessertes Auswahlverfahren nur sehr bedingt leisten. Dafür ist eine umfassendere Form der wichtigen Schnittstelle Schule/ Hochschule notwendig. Eine bessere Vorbereitung auf das Studium gehört dazu durch Förderung selbständigen Lernens ebenso wie die individuellere Studienberatung und vor allem Verbesserungen in der Studieneingangsphase. Ebenso wichtig ist die Verbesserung der Studienfinanzierung.

Die Ängste, die ich auch in der Anhörung wahrgenommen habe, sind die Ängste vor der Abwertung des Abiturs. Für uns GRÜNE ist klar: Die rechtliche Beibehaltung der allgemeinen Hochschulzugangsberechtigung steht außer Frage. Nur dadurch kann das Recht auf Bildung garantiert und das grundsätzliche Recht auf freien Hochschulzugang gestärkt werden. Hier jedoch geht es um Studiengänge, für die zurzeit keine ausreichende Zahl von Studienplätzen verfügbar ist. Das heißt, eine Auswahl ist notwendig. Ein Prinzip dürfte bei der Auswahl wohl unbestritten sein: Der überwiegende Anteil der Studienplätze soll an besonders qualifizierte Bewerberinnen und Bewerber gehen. Strittig ist jedoch seit vielen Jahren, ob für diese Auswahl der besonders Qualifizierten die Abiturdurchschnittsnote am besten geeignet ist.

Deshalb begrüßen wir es ausdrücklich, dass der Bund in Abstimmung mit den Ländern im Hochschulrahmengesetz neue, erweiterte Kriterien für das Auswahlverfahren festgelegt hat. Neben der Abiturnote ist es jetzt beispielsweise möglich, die Berufsbildung oder besondere Vorbildung, besondere Erfahrungen aus praktischen Tätigkeiten in die Auswahl einzubeziehen. In Übereinstimmung mit dem Wissenschaftsrat sind wir zwar der Meinung, dass der Abiturdurchschnitt weiterhin eine besondere Rolle spielen soll, aber der Vorteil der Neuregelung liegt doch auf der Hand. Er eröffnet neue Wege für Quereinsteiger, für praktisch Begabte. Diese Neuregelung wird der Unterschiedlichkeit individueller Lebensläufe gerecht.

Wir bedauern in diesem Zusammenhang, dass der beschriebene Fortschritt leider wieder etwas infrage gestellt wird, da in der Ausschussberatung die ursprüngliche Vorgabe, mindestens zwei Kriterien bei der Auswahl anzuwenden, gestrichen wurde. Natürlich handelt es sich hier um einen Balanceakt. Es ist richtig, dass in der Entscheidung über die Gestaltung der Auswahlverfahren weitgehend die Hochschulen das Sagen haben sollen. Aber zugleich liegt darin die Gefahr, dass doch alles beim Alten bleibt und die neuen wichtigen Spielräume nicht genutzt werden. Wir befürchten dies insbesondere vor dem Hintergrund der entstehenden Kosten.

Aufwendige Auswahlverfahren wie Auswahlgespräche oder Tests sind nicht zum Nulltarif zu haben. Angesichts der höchst angespannten Finanzsituation der sächsischen Hochschulen ist es deshalb geradezu zynisch, wenn der Gesetzentwurf zwar einen höheren Verwaltungsaufwand konstatiert, aber zusätzliche Mittel dafür ablehnt. Der Protest der Hochschulen war in dieser Hinsicht eindeutig. In dieser Konfliktsituation halten wir es für wichtig, dass die finanziellen Aufwendungen, die mit der Einführung der neuen Auswahlverfahren entstehen, nicht auf die Studienbewerberinnen und -bewerber abgewälzt werden, dies umso mehr, als diese ohnehin die Reisekosten zu Gesprächen oder Tests zu tragen haben. Diese Sorge ist begründet, denn wer in der Anhörung gut zugehört hat, der hörte auch schon einmal das Wort „Bewerbungsgebühr“, das dort fiel.

Wir bedauern es sehr, dass diese Regelungen, diese Bestimmungen nicht im Rahmen der Novellierung des Hochschulrahmengesetzes getroffen werden konnten. Wir sehen deshalb die Notwendigkeit als umso dringender an, diese Frage im Rahmen unserer Landesgesetzgebung in Form einer Klarstellung zu verankern und die Entscheidung aufgrund der geschilderten Zwänge der Hochschulen eben nicht den Hochschulen zu überlassen, wie es Herr Wöller im Ausschuss vorschlug.

Wenn ich jetzt bei den Studierenden bin, gestatten Sie mir noch ein Wort zur Beteiligung in dieser Frage. Es ist positiv und richtig, wenn die Hochschulen und ihre Fakultäten neue, weiterentwickelte studiengangspezifische Auswahlverfahren entwickeln. Jedoch darf die Entwicklung dieser Verfahren nicht unter Ausschluss der Studierendenvertretungen stattfinden. Die Beteiligung bei der Arbeit an der Satzung in einer Mindestform in den Hochschulen ist eine Frage des demokratischen Selbstverständnisses. Die Kriterien der Auswahl müssen transparent sein, ihre Qualität muss gesichert bleiben. Deshalb halten auch wir eine begleitende wissenschaftliche Evaluation für sehr wichtig. Die Ministerin hat dies bereits zugesagt. Ich habe mit Freude gehört, dass Frau Raatz heute diese Begleitung dankenswerterweise noch einmal betont hat. Darüber hinaus denke ich aber, dass auch die Veröffentlichung der Evaluationsergebnisse wichtig und notwendig ist, um die Auswertung auch im parlamentarischen und im wissenschaftlichen Raum vorantreiben zu können.

In diesem Zusammenhang stelle ich auch die Frage, ob bei der Evaluation ein eigener sächsischer Weg der bessere wäre oder ob nicht besser die Länder gemeinsam eine Einrichtung berufen sollten, die auf diesem Gebiet einen guten wissenschaftlichen Ruf genießt und dafür

sorgen könnte, dass vergleichbare Evaluationsergebnisse vorliegen.

Im Rahmen der Evaluation müssen die Wirkungen der Auswahlverfahren auf die soziale Zusammensetzung der Studierenden untersucht werden. Die Bedenken in dieser Hinsicht gegen Verfahren wie zum Beispiel das Aufnahmegespräch sind bekannt, sind heute hier noch einmal artikuliert worden. Ich halte sie auch für berechtigt. Ein frühzeitiges Gegensteuern ist notwendig und wird möglich, wenn solche Wirkungen in der Begleitung dieses Gesetzes mit seiner Einführung untersucht werden. Wir wissen doch alle aus diversen Studien, in welch hohem Maße in Deutschland die Bildungschancen von der familiären Herkunft abhängen. Auswahlverfahren an Hochschulen dürfen die soziale Selektivität nicht noch weiter verstärken.

Wir als BÜNDNIS GRÜNE begrüßen dieses Gesetz grundsätzlich. Es geht in die richtige Richtung. Es verschafft den Hochschulen und den Studierenden mehr Freiheiten und bessere Chancen. Mit den Ihnen vorliegenden Änderungsanträgen, die wir gemeinsam mit der PDS-Fraktion einbringen, geben wir Ihnen die Chance, aus einem grundsätzlich guten Gesetz ein wirklich gutes zu machen und uns die Zustimmung zu ermöglichen.

(Beifall bei den GRÜNEN)