Protokoll der Sitzung vom 16.10.2008

munen, die SFG aufzulösen, ist aus meiner Sicht richtig. Sie hat die in sie gesteckten Erwartungen nicht erfüllt. Das Landesbankdesaster hat diesen Prozess beschleunigt. Aber jetzt zu diskutieren, dass man Anspruch auf diesen „politischen Kaufpreis“ erhebt, und diese 300 Millionen Euro jetzt aufteilen zu wollen, das halte ich auch in Anbetracht der jetzigen Situation für unseriös und unsolidarisch. Ich begründe das. Herr Scheel hat es schon angesprochen. Es gab schon einen Abschlag von 500 Millionen Euro, der vom „gebildeten Kaufpreis“ einbehalten wurde. Dann wurde die Bürgschaft gestellt. Man hätte auch 600 Millionen oder 800 Millionen Euro nehmen können. Warum wollte man denn diesen „politischen Kaufpreis“ bilden? Wir kennen doch den Hintergrund. Fakt ist doch, dass es gar keinen Kaufpreis für diese Bank gab, sondern wir haben es durch die Bürgschaft aufgefangen. Etwas zu verlangen, was es gar nicht gab, das ist unseriös. Denjenigen, die in die SFG gegangen sind, war auch wirklich nichts angezeigt, ansonsten müsste man darüber nachdenken.

Wer die Aussagen der Anhörung kennt, weiß, wo das hingeht. Es ist bekannt und Herr Unland hat es im Finanzausschuss auch dargelegt, dass es Probleme bei der Auflösung bei SFG gibt, denn es ist im Gesetz nicht vorgesehen. Das als Köder auszuwerfen ist unseriös. Es wäre falsch, jetzt darüber zu diskutieren: Ein Großteil der 300 Millionen Euro gehört eigentlich uns, lasst sie uns nehmen, um darüber zu diskutieren, wie wir die SFG auflösen, um die Ansprüche des Freistaates daraus abzuleiten. Das war unter anderem O-Ton Woitschek als SSGVertreter. Das sollten wir als Freistaat Sachsen auch zurückweisen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Für die NPDFraktion Herr Dr. Müller, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst doch noch einmal auf den ersten Teil des von der Linksfraktion beantragten Debattenthemas eingehen, denn ich denke, irgendwo gehören beide Teile zusammen.

Als vor rund 14 Monaten die Sachsen LB zusammenbrach und nur durch einen Notverkauf vor der Insolvenz gerettet werden konnte, da machte die Politik weiter so, als ob das ganz weit weg und für die sächsischen Bürger eigentlich ohne tiefgreifende Konsequenzen sei. Ein vielstimmiger Chor aus der Koalition und aus der Staatsregierung versicherte, dass der sächsische Haushalt nicht in Gefahr sei, da es ja noch gar nicht sicher sei, dass die Bürgschaft auch wirklich gezogen werde. Mittlerweile haben sich die Kettenreaktionen einer Weltfinanzkrise, wie es sie seit 1929 nicht mehr gegeben hat, fortgesetzt und weitere große Dominosteine sind gefallen.

Insbesondere der 15. September 2008 könnte sich noch als rabenschwarzer Tag für den Freistaat erweisen; denn

an diesem Tag stellte die zweitgrößte amerikanische Investmentbank Lehman Brothers einen Insolvenzantrag, der auch in der Staatskanzlei und im Finanzministerium für Panik gesorgt haben dürfte. Schließlich war Lehman Brothers der Verwalter der Sealink funding Limited, also der Megazweckgesellschaft, in die die drei stark risikobehafteten Zweckgesellschaften Ormond Quay, Georges Quay und Sachsen funding I der Sachsen LB Ende Juni 2008 überführt wurden. Die Kosten, die für den Verwaltungswechsel anstehen, dürften noch die kleinste Sorge sein, die die Staatsregierung jetzt umtreibt; denn unter den Ramsch- und Zockerpapieren in einem Volumen von mehr als 17 Milliarden Euro, die man in der Sailing founding Limited ausgelagert hat, dürften sich auch zahlreiche Lehman-Anlagen befinden, da diese Bank einer der größten Spieler im Markt von Ramschhypotheken war.

Nach bislang unbestätigten Informationen befinden sich beispielsweise Asset backed security-Anleihen im Volumen von 339 Millionen Euro, die unter dem Titel „Lehman XS Trust“ verkauft wurden, im Bestand Sealink funding Limited. Wenn das stimmt, dann würde diese Bombe den sächsischen Haushalt endgültig zerreißen.

Leider hat die Staatsregierung meine diesbezüglichen Kleinen Anfragen, die ich am 18. September gestellt habe, noch nicht beantwortet, obwohl eine einfache Bestandsabfrage bei Sealink funding ausreichen müsste, um das Volumen der von ihr gehaltenen Lehman-Papiere zu ermitteln. Aber, das will ich nicht verschweigen, die Antwortfrist läuft ja auch noch bis zum 03.11.2008. Mit dieser Antwort wird dann aber auch die Strategie der Staatsregierung hinfällig sein, die Inanspruchnahme der Bürgschaft durch das Halten der Ramschpapiere bis zu ihrer Endfälligkeit zumindest bis nach der Landtagswahl hinauszuzögern und dem Wähler somit bis dahin eine heile Welt vorzugaukeln. Insofern liegt in der LehmanInsolvenz vor dem Landtagswahltermin auch ein kleines Quäntchen historischer Gerechtigkeit; denn die Staatsregierung wird dadurch gezwungen, noch vor dem Wahltag die von ihr verursachten haushaltspolitischen Scherben zusammenzukehren.

Nun zum zweiten Thema neben der Finanzkrise, das DIE LINKE heute in die Aktuelle Debatte hineingepackt hat, nämlich die Zukunft der Sachsen-Finanzgruppe. Deren Funktion und Stellung ist nach dem Verkauf ihrer Sachsen-LB-Anteile schwerer erkennbar als vorher. Einen Mehrwert für den sächsischen Steuerzahler hat sie in der Zeit ihrer Existenz ohnehin nie erbracht, ganz im Gegenteil. Man stelle sich nur einmal vor, dass der Plan des vormaligen Ministerpräsidenten Milbradt vor sieben Jahren aufgegangen wäre und alle sächsischen Sparkassen in die sächsische Finanzgruppe in ein Bündnis mit der Sächsischen Landesbank hineingezwungen wären. In einem solchen Fall wären alle sächsischen Sparkassen Anteilseigner der Sachsen LB gewesen, hätten alle sächsischen Sparkassen nach dem Sachsen-LB-Notverkauf Abschreibungen vornehmen müssen, hätten alle sächsischen Sparkassen im vergangenen Geschäftsjahr auf

Ausschüttungen verzichten müssen und hätten mutmaßlich alle sächsischen Sparkassen in die mit Ramschpapieren gefüllten Hochrisikofonds Sachsen Funding I und Sachsen Funding II investiert, und alle sächsischen Sparkassen wären von öffentlich-rechtlichen Zockern und Spekulanten, die sich Banker nennen, als Geiseln für ihr Finanzmarktroulette genommen.

Insofern kann man es im Rückblick nur als Glück bezeichnen, dass nicht alle sächsischen Sparkassen ihrer Gleichschaltung in der sächsischen Finanzgruppe zugestimmt haben.

Die sächsische Finanzgruppe gehört schleunigst abgewickelt. Sie war ein einziger Fehlschlag. Man weiß mittlerweile, nachdem sie ihre Holdingfunktion eingebüßt hat, auch überhaupt nicht, wozu sie noch gut sein soll, denn alle anfallenden übergeordneten Koordinierungsaufgaben können genauso gut auch vom Ostdeutschen Sparkassen- und Giroverband übernommen werden. Eine SFG als Versorgungsanstalt für CDU-Funktionäre, wie der gescheiterte Versuch, dem früheren Mittweidaer Landrat Andreas Schramm einen hochdotierten Beratervertrag mit der SFG zu beschaffen, eindrucksvoll beweist, ist überflüssig. Also auch deswegen, um ein Spielfeld für Korruption und Freundelwirtschaft zu schließen, muss die SFG aufgelöst werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der NPD)

Für die FDP-Fraktion erhält Herr Dr. Schmalfuß das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die einzigen, die sich anscheinend noch an das untergehende Schiff Sparkassenfinanzgruppe klammern, sollen laut Pressemeldung neben der Stadt Dresden und dem Landkreis Sächsische Schweiz nur noch der Freistaat Sachsen sein. Wirtschaftliche Gründe können wahrlich nicht der Grund für diese Haltung sein. Die SFG hat im vergangenen Jahr einen satten Jahresfehlbetrag von 617 Millionen Euro eingefahren,

(Karl Nolle, SPD: Macht ja nichts!)

also, Herr Nolle, einen Jahresfehlbetrag von 616 691 722,03 Euro. Das ist das Ergebnis der Tätigkeit der Landesbank Sachsen.

Ich möchte gern auf die Anhörung zum Thema „Sparkassenfinanzgruppe“ zurückkommen. Was wir dort von Fachleuten, wie Herrn Prof. Volker Tolkmitt von der Fachhochschule Mittweida, zur öffentlichen Anhörung am 20. Februar 2008 im Haushalts- und Finanzausschuss erfahren haben, ist sehr interessant. Das Konstrukt SFG bzw. Sparkassenfinanzverbund, wie es vorher hieß, war von Anfang an unprofitabel. Schon im ersten Geschäftsjahr kam es zu einem kompletten Ausfall der vollmundig versprochenen Dividende. Die angestrebte Zielgröße einer

Eigenkapitalrendite vor Steuern in Höhe von 15 % wurde zu keinem Zeitpunkt erreicht.

Wenn es keine wirtschaftlichen Argumente sind, die dem Freistaat Sachsen und bestimmten Anteilseignern an der SFG festhalten lassen, welche Gründe sind es dann?

Was den Freistaat Sachsen betrifft, ist das doch klar: Es wäre zum einen das Eingeständnis, dass die hochtrabenden Pläne der aktuellen, aber auch früheren Staatsregierungen, mit starken öffentlichen Unternehmen Einfluss auf die Wirtschaftsentwicklung, aber auch auf die Politik hier im Lande zu nehmen, wie ein Kartenhaus zusammengekracht sind.

(Beifall bei der FDP)

Es ist zum anderen die Angst, dass neben der Landesbank Sachsen eine weitere Möglichkeit verloren wird, Posten und Pöstchen verteilen zu können. Der Skandal um den 500 000-Euro-Beratervertrag für den ehemaligen Landrat und damaligen Verwaltungsratsvorsitzenden der Sachsen LB – ab 20. März 2006 – Andreas Schramm dürfte da nur die Spitze des Eisberges darstellen.

(Beifall bei der FDP)

Die Argumente für eine geordnete Auflösung der Sparkassen-Finanzgruppe liegen auf der Hand:

Erstens. Die Sparkassen-Finanzgruppe war mit 63 % die größte Anteilseignerin der Landesbank Sachsen. Sie hat bei ihrer Aufgabe, die Sparkassen vor Risiken und Verlusten bei der Landesbank zu schützen, auf der ganzen Linie versagt. Die Institution SFG ist damit diskreditiert.

Zweitens. Die Gründung der Sachsen-Finanzgruppe Anfang dieses Jahrtausends begründete sich im Verbund einer starken Landesbank mit starken sächsischen Sparkassen. Die Landesbank Sachsen sollte Spezialaufgaben übernehmen, für die den Sparkassen angeblich das Knowhow fehlte bzw. die finanziellen Möglichkeiten der Sparkassen vor Ort nicht ausreichend waren, zum Beispiel Kreditgeschäfte mit Großkunden. Dieses Geschäftsmodell hat sich erledigt. Die Landesbank Sachsen wurde mit einem Verlust in Höhe von 1,2 Milliarden Euro verkauft.

Drittens. Statt jetzt fieberhaft nach einem neuen Geschäftsmodell für die SFG zu suchen und im Zweifel gutes Geld schlechtem hinterherzuwerfen, sollten wir uns jetzt auf die Grundprinzipien der Sparkassen besinnen. Die eigenständige Sparkasse vor Ort erledigt Bankgeschäfte mit Bürgern ihrer Region und Bankgeschäfte mit sächsischen Unternehmen ebenfalls vor Ort.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Karl Nolle, SPD)

Dieses Geschäftsmodell, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist ein Erfolgsmodell. Soweit es um Spezialfinanzierungen, wie zum Beispiel Leasing, geht, kann auf das Know-how der bundesweiten Sparkassenorganisation zurückgegriffen werden. Was die Bündelung von Aufgaben, zum Beispiel Vergabe von Standardkrediten, Dienstleistungen oder das Geschäft mit Großkunden, betrifft,

arbeiten bereits zum heutigen Zeitpunkt sächsische Sparkassen innerhalb der deutschen Sparkassen- bzw. Landesbankenlandschaft zusammen. Eine SFG wurde und wird für diese Zusammenarbeit nicht benötigt.

Sehr geehrte Damen und Herren, vor dem Hintergrund meiner Ausführungen tritt die FDP-Fraktion für eine Auflösung der SFG ein. Wir müssen in diesem Zusammenhang aber beachten, dass der Freistaat Sachsen nur mit 22 % Anteilseigner ist. Der verbleibende Rest gehört der kommunalen Familie. Insofern müssen wir als Sächsischer Landtag vorsichtig sein und dürfen nicht über die Köpfe der Kommunen hinweg entscheiden.

(Beifall bei der FDP)

Das war die Fraktion der FDP. Nun kommt die Fraktion der GRÜNEN; Frau Hermenau, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! Die Sparkassen erweisen sich in diesen Tagen der Finanzmarktkrise als die stabilsten Banken. Sie haben in den letzten Wochen in Deutschland mehr als 1 Million Kunden gewonnen. Was sagt uns das?

Wir haben im Haushaltsausschuss mit Ihnen, Herr Finanzminister, über dieses Problem gesprochen. Sie hatten den Antrag der Bündnisgrünen-Fraktion vorliegen, die SFG aufzulösen. Es gab eine längere Debatte, an der auch alle, die jetzt geredet haben, teilgenommen haben. Insofern ist nichts Neues dabei.

Wir haben den Antrag dann zurückgestellt, weil das Ob in der Diskussion nicht mehr zur Debatte stand, sondern weil es nur noch darum ging, wie das gemacht wird. Da haben Sie sich ausbedungen, ein wenig Zeit zu haben, die beste Lösung zu finden. Nun sage ich: Wenn wir schon das Glück haben, in Finanzfragen einmal die Zeit zu haben, die beste Lösung herauszusuchen, dann sollten Sie das auch gern tun; das ist einmal etwas Neues.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir haben dann gesagt: Die Diskussion begreifen wir als verbindlich. Wir ziehen den Antrag inzwischen zurück und warten ab, was Sie uns vorlegen werden. Ich gehe davon aus, dass das vor der Wahl ist. Das war der Diskussionsstand im Finanzausschuss.

Dass wir generell der Meinung sind, dass die SachsenFinanzgruppe aufgelöst werden sollte, ist kein Geheimnis. Wir hatten im Februar dieses Jahres eine Anhörung beantragt, die meines Erachtens auch entsprechende Ergebnisse gebracht hat. Man darf sich immerhin vergegenwärtigen, dass jährlich 3 Millionen Euro für Personal- und Verwaltungskosten draufgehen, die ansonsten den Sparkassen zur Verfügung stünden. Das muss man einfach so sehen. Das Land hält als Anteilseigner der SFG bis heute 22 %, und damit belastet der Freistaat im Prinzip auch die Ausschüttungen der Trägerkommunen, da er entsprechend seiner Beteiligung an der SFG seinen Anteil

an Ausschüttungen erhält. Nun hat es zwar 2008 einen Ausschüttungsstopp gegeben – das ist auch an mir nicht vorbeigegangen –, aber ich sage, tendenziell ist so eine Verbundlösung natürlich auch eine Wettbewerbsbremse zwischen den Sparkassen. Das ist ganz klar. Die Ausschüttungsstruktur ist eigentlich ein Umverteilungsmechanismus und führt dazu, dass sich manche schwächere Sparkasse nicht richtig anstrengt, weil sie sowieso eine Ausgleichssumme bekommt. Das ist auf Dauer auch nicht sinnvoll.

In der Anhörung, von der ich gerade gesprochen habe, hat Herr Gärtner vom Institut für Arbeit und Technik deutlich gemacht, dass die Studien insbesondere gezeigt haben, dass Sparkassen auch in strukturschwachen Räumen die zentralen Akteure sind, dass ihre strukturpolitische Aktivität über die Bankdienstleistungen hinausgeht und dass sie einen Beitrag zur Regionalentwicklung leisten, der wichtiger ist als die Ausschüttung.

Ich sage, wenn sich das ewig weiter hinzieht, wird wahrscheinlich für den einen oder anderen sogar der Austritt wieder interessant. Es wird immer diskutiert, das gehe nicht, es sei ganz schwierig usw. Das hängt aber meiner Beobachtung nach davon ab, wie schnell eine gute Vorlage auf den Tisch kommt. Ich habe extra noch einmal in der Satzung der Sachsen-Finanzgruppe nachgeschlagen. Laut § 18 ist das Ausscheiden aus der Finanzgruppe möglich. Abs. 1 regelt, dass das in allen sonstigen Fällen wesentlicher struktureller Veränderungen möglich ist. Abs. 2 regelt: „Die Bedingungen für die Abwicklung einer Rückübertragung der Trägerschaft an den Verbundinstituten ergeben sich aus den zwischen den Anteilseignern und/oder der Finanzgruppe geschlossenen Verträgen.“

Es gibt also eine Möglichkeit. Bisher hat nur keiner die Zähne gezeigt. Das ist alles. Aber ich glaube, dass wir im nächsten Jahr keine Sachsen-Finanzgruppe mehr haben werden.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der Linksfraktion)

Das war die erste Runde der Fraktionen. Gibt es noch Aussprachebedarf?