Protokoll der Sitzung vom 17.10.2008

Helfen Sie bitte mit, dass es tatsächlich dazu kommt, meine Damen und Herren, dass die Kommunen nicht in die Zahlungsunfähigkeit kommen, und stimmen Sie unserem Antrag zu.

Noch einmal zu Frau Weihnert: In unserem Antrag geht es ausschließlich um ein Berichtsersuchen. Was daran Panikmache oder Ähnliches ist, kann ich nicht verstehen. Vielleicht, Frau Kollegin Weihnert, hätten Sie den Antrag lesen sollen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren! Gibt es daraufhin noch einmal Aussprachebedarf? – Den sehe ich nicht. Ich frage die Staatsregierung. – Kein Bedarf. Herr Müller, Sie können gleich das Schlusswort halten. – Ist erledigt.

Meine Damen und Herren! Somit kommen wir zur Abstimmung. Ich lasse jetzt über die Drucksache 4/13444 abstimmen und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Die Gegenstimmen? – Die Enthaltungen? – Bei keiner Enthaltung und einer Anzahl von Jastimmen wurde der Antrag mit übergroßer Mehrheit abgelehnt. Damit ist dieser Tagesordnungspunkt abgearbeitet.

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 7

Görlitz als sächsischen Schienenverkehrsknoten auf der transeuropäischen Verkehrstrasse Berlin – Breslau stärken

Drucksache 4/12520, Antrag der Fraktion der FDP

Die einreichende Fraktion, vertreten durch Frau Schütz, beginnt und danach die gewohnte Reihenfolge. Bitte schön, Frau Schütz, eine Görlitzerin.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Geschichte der östlichsten und immerhin sechstgrößten Stadt im Freistaat Sachsen war stets mit der Entwicklung der Eisenbahn in Deutschland und Sachsen verbunden.

Bereits vor über 160 Jahren erhielt Görlitz einen Bahnanschluss nach Dresden. Nahezu zeitgleich wurde die Stadt mit Berlin und Breslau verbunden. Somit etablierte sich die Neißestadt frühzeitig als wichtiger Knotenpunkt der Bahnlinien Dresden-Breslau und Berlin–Zittau–Liberec. Diese Entwicklung ging mit einer raschen Industrialisierung einher, wovon zahlreiche Großbauten, Industrieanlagen und ausgedehnte Wohnanlagen der Gründerzeit noch heute im Stadtbild eindrucksvoll Zeugnis geben.

An diese erfolgreiche Vergangenheit will Görlitz anknüpfen. Mit der EU-Osterweiterung ist unsere Stadt aus einer Randlage in die Mitte der Europäischen Union gerückt. Ich erinnere da nur an unsere erfolgreiche Kulturhaupt

stadt-Bewerbung unter dem Titel „Vom Nirgendwo in die Mitte Europas“.

(Beifall bei der FDP)

„Die Welt“ titelte daher auch folgerichtig in ihrer Ausgabe vom 30. Mai 2008 „Standort mit Perspektive“ und verwies auf Industrieansiedlungen im Bereich der Elektronik und im Schienenfahrzeugbau. Voraussetzung, um langfristig erfolgreich zu sein, ist eine leistungsstarke Verkehrsanbindung, und dies nicht zuletzt beim Eisenbahnverkehr.

Die diesbezügliche Bilanz fällt allerdings eher nüchtern aus. Im Dezember 2004 stellte die Bahn die direkte Interregio-Verbindung zwischen Dresden, Görlitz und der niederschlesischen Metropole Breslau ein. Infolgedessen müssen Bahnreisende zwischen Sachsen und Niederschlesien in Görlitz umsteigen. Nun hat die Bahn für den bevorstehenden Fahrplanwechsel im Dezember eine Sparvariante angekündigt: Drei Zugpaare sollen täglich Dresden und Breslau verbinden. Allerdings handelt es sich dabei nicht um die Wiederaufnahme der ursprünglichen Interregio-Verbindung, sondern lediglich um den Einsatz von Nahverkehrstriebwagen.

Insofern sehen wir auch unsere Forderung nach einer leistungsfähigen Verbindung Dresden-Görlitz-Breslau nach wie vor nicht als erledigt an.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Obwohl im Jahre 2003 ein Regierungsabkommen zwischen Polen und Deutschland zur Ertüchtigung der Strecke Dresden–Breslau unterzeichnet wurde, ist die notwendige Elektrifizierung auf deutscher Seite erst langfristig vorgesehen. Im Vergleich dazu wird in Polen übrigens derzeit die Strecke zwischen Görlitz und Breslau für mehr als eine Milliarde Euro bis 2009 ertüchtigt.

Zusammenfassend zur Relation Dresden-Görlitz können wir feststellen: kurzfristige Entspannung per Minimalvariante hoffentlich ab Dezember, grundsätzliche Verbesserung weiterhin nicht absehbar. So sehen Sie es ja auch, Herr Bandmann, in Ihrer heutigen „SZ“-Mitteilung, wo Sie auf Nachhaltigkeit drängen statt auf ein kurzfristiges Testmodell.

Kommen wir zu einer weiteren Antragsforderung, einer Regelstreckenführung der EC-Verbindung Berlin-Breslau über Görlitz. Wer heute mit dem Eurocity „Wawel“ von Berlin über Forst an der Neiße und weiter nach Breslau fährt, muss sehr viel Zeit einplanen, genauer gesagt: knapp fünfeinhalb Stunden. Vor dem Krieg schaffte der „Fliegende Schlesier“ diese Strecke in knapp zweieinhalb Stunden. Der hauptsächliche Grund für die Fahrzeit: Das teils marode Gleissystem auf polnischer Seite lässt bis Breslau an vielen Stellen nur Geschwindigkeiten bis 60 km/h zu.

Nun die gute Nachricht: Lösungen für dieses Problem liegen auf dem Tisch, erarbeitet im Rahmen des InterregIIIB-Projektes ED-C III Via Regia. Im Februar dieses Jahres fand die Abschlusskonferenz zu diesem Projekt in Dresden statt. Wer von Ihnen an dieser Veranstaltung teilgenommen hat, wird sich eventuell noch an die entsprechende Präsentation erinnern können. Die darin gegebenen Empfehlungen tragen wir als FDP-Fraktion im Sächsischen Landtag mit und greifen sie durch den jetzt hier vorliegenden Antrag politisch auf.

Die Vorschläge der umfangreichen Untersuchungen, unter anderem von Dornier Consulting, kann man kurz und knapp zu zwei Handlungsaspekten mit kurz- und mittelfristigem Realisierungshorizont zusammenfassen.

Erstens. Regelstreckenführung des EC „Wawel“ über Görlitz unter Nutzung der bestehenden Schieneninfrastruktur als wirtschaftlichste, sinnvollste und mittelfristig auch machbarste Verbindung. Verbunden mit einer Fahrplanoptimierung und dem Wegfall des Lokwechsels, zum Beispiel durch den Einsatz von Dieselloks, würde sich bereits daraus eine enorme Zeiteinsparung von circa drei Stunden ergeben können.

(Beifall bei der FDP)

Zweitens. Ertüchtigung des deutschen Streckenabschnittes auf eine Fahrgeschwindigkeit von 160 km/h. Dazu

sind der zweigleisige Ausbau und die Elektrifizierung des Streckenabschnittes Cottbus-Görlitz notwendig. Diese Baumaßnahmen sind laut Studie durch vergleichsweise geringe Investitionskosten realisierbar. Die Studie geht von 100 Millionen Euro aus, wobei jedoch der Grenzübertritt bei Horka erfolgen soll.

Diese vorgeschlagene Horkaer Variante – zukünftig wahrscheinlich auch als Horkaer Kurve bekannt – ist aus unserer Sicht nicht sinnvoll. Einerseits ist der entsprechende Trassenabschnitt der sogenannten Niederschlesienmagistrale bisher nur für Güterzüge vorgesehen. Grenzüberschreitenden Personenverkehr wird es nach Auskunft der Bahnbevollmächtigten für Sachsen definitiv nicht geben. Andererseits führt eine Strecke über Horka im Vergleich zur Görlitzer Variante nur zu einer geringen Streckenverkürzung von 20 Kilometern und einer entsprechend kleinen Zeitersparnis.

Aus unserer Sicht ist jedoch gerade eine direkte Anbindung von Görlitz unabdingbare Voraussetzung für die Attraktivität der Verbindung Berlin–Breslau.

Zudem sehen wir durch einen Schienenverkehrsknotenpunkt Görlitz positive Effekte für die geplante Direktverbindung Dresden-Breslau.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Liste der Unterstützer für eine Regelstreckenführung Berlin– Breslau über Görlitz ist lang. In der Oberlausitz haben sich neben Vertretern der Stadt Görlitz beispielsweise auch der Regionale Planungsverband, der Verkehrsverbund ZVON und der Landrätekonvent dafür ausgesprochen. Der Landrat des Landkreises Görlitz, Herr Lange (CDU) , wollte sogar seine guten Kontakte zu Kurt Biedenkopf nutzen, um die Bahn zu entsprechenden Aktivitäten zu bewegen. So zumindest sagt es ein Bericht der „SZ“ vom 19. Juni.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Lassen Sie uns diese Liste der Unterstützer durch eine Zustimmung zum vorliegenden Antrag mit einem politischen Signal hier aus Dresden gegenüber der Deutschen Bahn und den Verantwortlichen in Berlin versehen. Stimmen Sie unserem Antrag zu! Stimmen Sie für die Region Oberlausitz! Geben Sie dem ländlichen Raum eine neue Perspektive.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Herzlichen Dank. – Das war die einreichende Fraktion. Es folgt die CDU, vertreten durch Herrn Heidan.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wieder einmal sprechen wir auf Antrag der FDP-Fraktion zum Thema Schienenverkehr – das ist nichts Neues in Sachsen –, und wieder einmal wird ein Thema völlig aus dem Zusammenhang gerissen, um den Menschen in Görlitz und in der Oberlausitz zu suggerieren, dass wir ihnen helfen können. Für eine schnelle Schienenanbindung in diesem Gebiet brauchten wir dann

nur noch dem Antrag der FDP zuzustimmen und dann geht das so.

Kommen wir zum eigentlichen Punkt Ihres Antrages. Dabei möchte ich gleich bei der Überschrift verweilen, die lautet: „Görlitz als sächsischen Schienenverkehrsknoten auf der transeuropäischen Verkehrstrasse Berlin– Breslau stärken“.

Liebe Kollegin, liebe Kollegen aus der FDP, da stimmt bereits die Überschrift nicht; denn ein Knoten erfordert nach meinem Dafürhalten immer zwei wichtige Achsen für eine Kreuzung. Mir ist aber im Fall von Görlitz nur eine sinnvolle Achse eingefallen. Die Kollegin hat es gerade gesagt. Das ist die Achse Dresden–Görlitz– Breslau, die schon vorhanden ist.

(Dr. Jürgen Martens, FDP: Das sind schon zwei!)

Von einem Verkehrsknoten zu sprechen, ist somit grundsätzlich falsch.

Zweitens. Es existiert keine transeuropäische Verkehrstrasse Berlin–Breslau, zumindest nicht in den von der Europäischen Union ausgewiesenen Projekten zur Errichtung von transeuropäischen Netzen. Das dürfte Ihnen auch bekannt sein.

Sie ignorieren in Ihrem Antrag die tatsächlichen Gegebenheiten völlig. Eine sinnvolle und den Anforderungen entsprechende leistungsfähige und schnelle europäische Streckenführung zwischen Berlin und Breslau führt nämlich nicht über Görlitz – das haben Sie hier angedeutet –, sondern über einen Umweg von reichlich 27 km je Verbindung, und das auf einer Strecke, die Sie als Fernverkehrsrelation mit kurzen Fahrzeiten entwickeln möchten. Wie sinnfällig Ihr Antrag unter diesem Blickwinkel ist, kann jeder in diesem Hohen Haus selbst einschätzen.

(Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion: Ja!)

Ich möchte es vielleicht noch etwas plastischer gestalten. Ihre Forderung würde für die Eurocity-Verbindung bei Nichtnutzung der Direktverbindung Horka und weiter über den Umweg Görlitz eine Fahrzeitverlängerung von circa einer Stunde und neununddreißig Minuten bedeuten.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Für 25 Kilometer? – Zuruf der Abg. Kristin Schütz, FDP)

Ich denke, das ist keine vorausschauende Verkehrspolitik.

Gestatten Sie, Herr Heidan, jetzt hat Frau Schütz eine Frage?