Protokoll der Sitzung vom 17.10.2008

nein, Sie kriegen es mit uns auch mit inhaltlicher Auseinandersetzung zu tun, so wie in diesem Haus.

(Holger Apfel, NPD: Ach, das ist mal etwas Neues!)

Wir werden den Bürgern immer wieder eines klarmachen: Es mag zwar sein, dass Sie in das eine oder andere Parlament demokratisch gewählt sind, Demokraten sind Sie keine.

(Beifall bei der FDP, der CDU, der Linksfraktion, der SPD und den GRÜNEN)

Ich erteile der Fraktion der GRÜNEN das Wort. Herr Lichdi, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren der demokratischen Fraktionen! Diese Aktuelle Debatte ist ein erneuter und untauglicher Versuch der NPD, sich als Wahrer der Demokratie zu gerieren. Dieser Versuch wird – wie schon so viele vor ihm – erneut scheitern, weil es das Ziel des grinsenden Fraktionsvorsitzenden, Herrn Apfel, und seiner Fraktion ist, wie wir alle wissen, die Demokratie des Grundgesetzes abzuschaffen.

Ich möchte an das anknüpfen, was Kollege Bandmann gesagt hat. Ich frage mich, was Sie geritten hat, hier diese Debatte vom Zaum zu brechen, denn es war letztlich eine Niederlage, die Sie bei der Kreistagswahl erlitten haben.

(Holger Apfel, NPD: Wie viel hatten die GRÜNEN? – 3 %!)

Es ist so: Sie haben zwar landesweit 5,1 % erzielt – das ist sehr bedauerlich und wir werden mit den anderen demokratischen Kräften dafür kämpfen, dass Sie dieses Ergebnis nicht wieder erzielen werden können –,

(Dr. Johannes Müller, NPD: Bedauerlich war das Wahlergebnis der GRÜNEN!)

aber wir wissen auch: Sie haben 160 000 Stimmen bekommen. Wir wissen auch: Diese Zahl der Stimmen ist durch drei zu teilen, weil bei der Kreistagswahl drei Stimmen zu vergeben sind. Das heißt, Sie haben ungefähr 50 000 Stimmen erreicht. Das ist ein Viertel Ihres Stimmenanteils der Landtagswahl von 2004. Die Botschaft, die von dieser Kreistagswahl ausgeht, ist eben nicht die, dass die Nazipartei NPD gestärkt worden wäre, die Botschaft ist die, dass wir eine reale Chance haben, Sie bei der Wahl am 30. August 2009 aus diesem Landtag herauszuexpedieren.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU, der Linksfraktion, der SPD und der FDP – Holger Apfel, NPD: Wie viel Prozent hatten die GRÜNEN?)

Ich denke, das sollte unser gemeinsames Ziel sein.

Aber sehen wir uns doch mal an, wen die NPD in die Kreistage entsendet. Wir erinnern uns, dass die NPD in Guben den rassistischen Mörder der tödlichen Hetzjagd von 1998 als Kandidaten aufgestellt hat. Aber dem steht die NPD in Sachsen kaum nach. Im Vogtlandkreis wurde Olaf Martin, Inhaber des Naziladens „Ragnarök“ in Mylau als Kandidat der sogenannten „Freien Kräfte“, wie er sich selbst bezeichnet, aufgestellt und leider auch

gewählt. Olaf Martin ist Mitglied der verbotenen und militanten Naziorganisation „Blood and Honour“. Dies wurde deutlich, als Ende August das Blood-and-HonourNetzwerk im Internet von der Antifa „gehackt“ wurde. Die Mailadresse, die dort angegeben wurde, und die Website von Herrn Martin, die dort angegeben wurde, sind identisch mit seiner Adresse des Naziladens „Ragnarök“.

(Holger Apfel, NPD: Sie müssen es ja wissen, wo Sie an kriminellen Kaffeefahrten teilgenommen haben!)

Wenn Sie auf diese Seite sehen, dann rankt dort ganz groß ein Signet: das Hakenkreuz, der Reichsadler, darüber „Meine Ehre heißt Treue“. Sie wissen auch, dass das der Wahlspruch der SS gewesen ist. Sie wissen auch, dass das strafbare Symbole sind. Dazu bekennt sich Ihr Kandidat, Herr Martin, der jetzt für Sie im Kreistag des Vogtlandkreises sitzt.

Ich fordere Sie auf: Solange Sie sich nicht von diesen Leuten, von diesen Hetzern, von diesen Verbrechern distanzieren, so lange brauchen Sie hier im Sächsischen Landtag nicht aufzutreten, um von Demokratie zu schwadronieren.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP)

Ich fordere auch die Staatsanwaltschaft auf, gegen Olaf Martin ein Ermittlungsverfahren wegen Fortführung einer verbotenen Organisation einzuleiten und schleunigst durchzuführen. Ich denke, es ist eine Schande für unsere demokratischen Kreistage, wenn solche Leute dort sitzen dürfen.

(Zuruf des Abg. Jürgen Gansel, NPD)

In den Kreistagen gab es – das muss hier auch angesprochen werden – durchaus Unsicherheiten im Umgang mit der Nazipartei NPD. Wir bedauern, dass sich viele Kreistage wieder von der NPD überraschen ließen, anstatt sich die Erfahrungen des Landtags zu eigen zu machen. Meine Damen und Herren! Es muss dabei bleiben, dass auch das gilt, was hier in unserem Hause gilt:

Erstens. Eine demokratische Partei und Fraktion kann unter keinen Umständen einem Naziantrag zustimmen. Ich bin dem Generalsekretär der CDU, Herrn Kretschmer, ausdrücklich dankbar, dass er durch seine klaren Worte Spekulationen beendet hat.

Zweitens. Herr Kollege Dr. Martens ist darauf schon zu Recht eingegangen. Die Kreistage dürfen den NPD-Nazis

(Zuruf des Abg. Holger Apfel, NPD)

durch Änderungen der Geschäftsordnungen keinen Anlass bieten, sich dann als vermeintliche Hüter der Demokratie aufzuspielen.

Meine Damen und Herren! Die NPD hat inhaltlich nichts zu bieten, sie kann nur hetzen. Wir als Demokraten müssen deren Handlungsraum durch eigene politische

Arbeit möglichst eng ziehen und dann – da bin ich sicher, meine Damen und Herren – werden die Wählerinnen und Wähler im nächsten Jahr diese braune Truppe aus diesem Landtag werfen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU, der Linksfraktion, der SPD und der FDP)

Wird von der NPD-Fraktion noch das Wort gewünscht? – Herr Dr. Müller, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielleicht ein gesammeltes Wort an die Vorredner: Bloß gut, dass sich Ihre kommunalen Abgeordneten nicht alle gleichschalten lassen, wie Sie sich hier im Parlament gleichschalten lassen.

(Beifall bei der NPD und des Abg. Klaus-Jürgen Menzel, fraktionslos)

Denn erfreulicherweise ist die Strategie der Ausgrenzung gegen die NPD nicht überall aufgegangen, sodass sich sowohl in den Reihen der CDU als auch bei den anderen Parteien und Wählervereinigungen kommunale Abgeordnete gefunden haben, die nicht blind der Linie folgen, die die Führungen der Blockparteien vorgegeben haben.

Da bei den ersten Sitzungen der Kreistage dann doch einiges schiefging und die NPD öfter mehr Stimmen bekam, als sie Sitze hat, waren manche CDUKreistagsabgeordnete verunsichert, was Landtagsfraktionschef Steffen Flath veranlasste, zur Feder zu greifen und ein Papier mit dem umständlichen Titel „Umgang mit Fraktionen, die eindeutig oder in Teilen extremistische Ziele verfolgen“ zu verfassen. Die Kernaussage der Handlungsempfehlung von Herrn Flath lautet: Keine Zusammenarbeit mit der NPD und der Partei DIE LINKE!

Uns Nationaldemokraten haben Ihre Thesen, Herr Flath, allenfalls verwundert. Aber bei der Linken gab es lautes Wehklagen. Der Konsens der Demokraten sei aufgekündigt, hieß es da. Die gemeinsame Vereinbarung der Fraktionsvorsitzenden hier im Landtag von 2005 gegen die NPD sei nun endgültig Makulatur.

Doch muss man das wirklich befürchten? Ich sage Ihnen, Herr Flath: Ihre Thesen werden von der Realität in den sächsischen Kommunen ad absurdum geführt. In Dresden hat die CDU 2006 mit der Mehrheit der damals noch vereinten PDS im Stadtrat die Privatisierung der stadteigenen Wohnungsbaugesellschaft WOBA beschlossen. In Chemnitz haben Ihre Stadträte den früheren SEDStaatsanwalt Mirko Runkel gemeinsam mit den Linken zum Ordnungsdezernenten gewählt. Gleiches geschah später, im September, in Zwickau bei der Wahl des früheren Linken-Fraktionschefs Bernd Meyer zum Finanzdezernenten. „Fünfter linker Dezernent in Sachsen gewählt!“, jubelte der Landesverband der Linken in einer Presseerklärung. „Vielen Dank an die CDU!“, hätte sie hinzufügen müssen.

Doch es geht noch weiter. Herr Flath, haben Sie eigentlich schon mit Ihrem Fraktionskollegen Lars Rohwer gesprochen, der als CDU-Kreisvorsitzender in Dresden in einem obskuren Bündnis „Dresden für Demokratie“ mit diversen linken Organisationen zusammenarbeitet? Ich meine hier nicht etwa die Partei DIE LINKE. Dass Sie mit den SEDNachfolgern zusammenarbeiten, daran haben wir uns längst gewöhnt. Nein, die Dresdner CDU arbeitet auch gern und seit Jahren mit kommunistischen Splittergrüppchen Hand in Hand. Ich will diese an dieser Stelle einmal aufzählen, damit auch die breitere Öffentlichkeit diese Fakten zur Kenntnis nehmen kann. Die CDU der Landeshauptstadt arbeitet zusammen mit: der KPD (B), der Deutschen Kommunistischen Partei, dem Revolutionären Freundschaftsbund, der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands, dem Kommunistischen Aktionsbündnis Dresden und dem Kommunistischen Jugendverband Deutschlands. Nur am Rande sei erwähnt, dass all diese Organisationen laut Innenminister Buttolo vom Verfassungsschutz beobachtet werden.

Doch zurück zur Situation in den Kreistagen nach der Neuwahl! Dass es auch anders geht, als mein Kollege Gansel beschrieben hat, sieht man übrigens am – auch CDU-geführten – Kreistag von Bautzen. Dort wurde die Fraktionsmindeststärke auf drei festgelegt, obwohl dieser Kreistag mit 98 Mitgliedern der größte in Sachsen ist. Allein diese Tatsache zeigt, dass das Argument, zu viele Fraktionen würden die Arbeit der Kreistage erschweren, nur ein Scheinargument ist. Was im größten Kreistag möglich ist, soll in kleineren Vertretungen nicht möglich sein?

Auch in meinem eigenen Landkreis, Sächsische Schweiz– Osterzgebirge, ging die Bildung des neuen Kreistages vergleichsweise geräuschlos vonstatten. Vielleicht hat man sich hier an eine NPD-Fraktion inzwischen gewöhnt. Die NPD ist schließlich in der dritten Wahlperiode in Folge vertreten.

(Beifall bei der NPD)

Nur bei der Feststellung der Größe des Bildungsausschusses sorgte man doch noch für die Ausgrenzung der NPD, übrigens mit einer Einheitsliste der Blockparteien von CDU über FDP, SPD, Linken und GRÜNE bis hin zu den Freien Wählern. Alle waren vertreten.

(Holger Apfel, NPD: Tja, Blockparteien eben!)

Wir werden gegen das dortige Vorgehen selbstverständlich Rechtsmittel einlegen.

Die heutige Debatte hat erneut Ihr Demokratieverständnis offengelegt. Damit hat die NPD-Fraktion ihr Ziel erreicht. Ihre lautstarke Polemik soll Argumente ersetzen. Das Thesenpapier des CDU-Fraktionsvorsitzenden Flath, das im Zusammenhang mit den Wahlen zu den neuen Kreistagen entstanden ist, offenbart, wie wenig Sie die Interessen der sächsischen Bürger vertreten. Ihnen geht es nur um Parteipolitik. Entsprechend ist auch Ihr Abstimmungsverhalten hier im Landtag und oft auch in den Kreistagen. Sinn oder Unsinn von Anträgen werden nicht

sachlich geprüft, sondern je nach Einreicher werden diese entweder durchgewunken oder niedergemacht, weil sie von der falschen Seite kommen. Diese Arroganz von Ihnen, von der CDU, hat Ihnen 2004 einen Stimmenverlust von 16 % beschert. Vielleicht erinnern Sie sich gelegentlich daran.

Vielen Dank!

(Beifall bei der NPD)

Wird von den Fraktionen noch das Wort gewünscht?

(Jürgen Gansel, NPD, meldet Redebedarf an.)

Ich gebe jetzt erst einmal der CDU das Wort. Bitte schön, Herr Rohwer.