Protokoll der Sitzung vom 12.11.2008

Vielen Dank. – Meine Damen und Herren! Es liegt keine Empfehlung des Präsidiums für eine allgemeine Aussprache vor. Deshalb kommen wir zur Überweisung des Gesetzentwurfs an die Ausschüsse.

Das Präsidium schlägt Ihnen vor, den Entwurf „Gesetz zur Änderung des Sächsischen Beamtengesetzes und anderer Gesetze“ an den Innenausschuss – federführend – sowie an den Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss, den Haushalts- und Finanzausschuss und den Ausschuss für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien zu überweisen. Wer dem Vorschlag der Überweisung an diese Ausschüsse zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gibt es gegenteilige Meinungen? – Stimmenthaltungen? – Beides ist nicht der Fall. Damit ist die Überweisung beschlossen.

Wir beenden Tagesordnungspunkt 5 und kommen zu

Tagesordnungspunkt 6

1. Lesung des Entwurfs Erstes Gesetz zur Änderung des Gesetzes zum Schutz von Nichtrauchern im Freistaat Sachsen (Sächsisches Nichtraucherschutzgesetz – SächsNSG)

Drucksache 4/13699, Gesetzentwurf der Fraktion der FDP

Auch zu diesem Punkt liegt keine Empfehlung zu einer allgemeinen Aussprache vor. Es spricht daher nur die einreichende Fraktion. – Herr Zastrow, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Geist von Andrea Ypsilanti hat jetzt auch uns im Sächsischen Landtag erreicht. Zumindest haben wir beim Nichtraucherschutzgesetz inzwischen auch die Erfahrung gemacht, wie es ist, wenn man mit dem Kopf gleich mehrfach gegen ein und dieselbe Wand rennt.

Das Nichtraucherschutzgesetz ist so, wie es der Sächsische Landtag verabschiedet hat, in Teilen verfassungswidrig. Es waren leider wieder einmal die Gerichte, die den Verbotswahn unserer Staatsregierung stoppen mussten; politische Vernunft war es leider nicht.

(Beifall bei der FDP)

All das wäre vermeidbar gewesen – erstens –, wenn man die immer wieder laut und, wie ich glaube, für jeden verständlich vorgebrachten Warnungen der Branche ernst genommen hätte; und zwar schon damals, als wir zum ersten Mal über ein Nichtraucherschutzgesetz diskutiert haben. Und – zweitens – wenn man unserem am 16. April dieses Jahres eingebrachten Gesetzentwurf zugestimmt hätte. Wir haben bereits damals gefordert, nicht erst ein abschließendes Urteil der Verfassungsrichter abzuwarten, und Ausnahmen für eben diese Ein-Raum-Gaststätten vorgeschlagen, um die es heute wieder geht. Leider ist damals der Landtag nicht bereit gewesen, uns zu folgen.

All das haben SPD und CDU – gemeinsam mit PDS und GRÜNEN – ignoriert. Sie sind wie ein bockiges Kind einfach weitermarschiert, ohne jede Rücksicht auf Verluste und ohne Verständnis für die großen Sorgen und Nöte der Branche.

Alle Bedenken wurden zur Seite gewischt. Sogar das sehr klare Votum des Sächsischen Hotel- und Gaststättenverbandes, aber auch die Voten der Industrie- und Handelskammern, die vor gravierenden Umsatzrückgängen und Mitarbeiterentlassungen warnten und die die Existenzängste der Gastronomen deutlich zum Ausdruck brachten, wurden komplett negiert. Ich kann mich noch sehr gut an die vielen Verniedlichungsversuche erinnern, die wir in den vergangenen Monaten zum Thema „Nichtraucherschutzgesetz“ lesen durften. Einer ist mir besonders schmerzlich in Erinnerung. Die Staatsregierung wird in ihrer Stellungnahme zur Klage wie folgt zitiert: „Die Berufsausübung der Gaststättenbetreiber wird nur uner

heblich eingeschränkt.“ Und weiter: „Nicht auszuschließen ist, dass einzelne Gaststättenbetreiber ihre Geschäftstätigkeit aus wirtschaftlichen Gründen einstellen müssen.“

Aber – weiter die Staatsregierung –: „Dieser kleine Personenkreis ist nicht außerordentlich schützenswert.“

Ist das nicht ein bisschen überheblich, meine Damen und Herren? Ich finde, ja! Das ist nicht der Respekt, den Menschen verdienen, die sich auf eigenes Risiko selbstständig gemacht haben, die mit ihrem Namen, mit ihrem Gesicht für das, was sie tun, tagtäglich haften, die Ausbildungs- und Arbeitsplätze schaffen und in Sachsen Steuern zahlen. Die zitierten Äußerungen lassen den Respekt vermissen, den die Staatsregierung diesen Menschen zollen müsste.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion)

Die kleinen Gastronomiebetriebe kommen nicht etwa deshalb wirtschaftlich ins Schlingern, weil sie Misswirtschaft betrieben oder auf das falsche Geschäftsmodell, die falsche Geschäftsidee gesetzt hätten. Sie bekommen wirtschaftliche Probleme einzig und allein deshalb, weil der Staat es so will und weil wir es hier im Sächsischen Landtag genauso verordnet haben. So weit, meine Damen und Herren, darf Politik heute nicht mehr gehen.

Ich frage Sie aber auch, sehr geehrte Damen und Herren von der Staatsregierung, wie man so weit danebenliegen kann und wie es möglich ist, dass es am Ende leider wieder einmal Richter sind, die die Interessen kleiner Unternehmen hier in Sachsen im Auge haben. Ich denke, dass es normalerweise die ureigenste Aufgabe einer auch nur halbwegs wirtschaftsfreundlichen Staatsregierung sein sollte, diese Interessenvertretung selbst wahrzunehmen.

Ich habe es schon gesagt: Das Sächsische Nichtraucherschutzgesetz ist in Teilen verfassungswidrig. Ab sofort darf deshalb in Ein-Raum-Gaststätten mit einer Fläche von weniger als 75 Quadratmetern wieder geraucht werden, wenn der Zugang für unter 18-Jährige verboten ist und darauf – wie auf den Umstand des Rauchens selbst – deutlich sichtbar im Eingangsbereich der Gaststätte hingewiesen wird. Außerdem dürfen nach dem Verfassungsgerichtsurteil auch Diskotheken einen Raucherraum einrichten, soweit in diesem Raum nicht getanzt wird und auch dieser Raum keinen Zutritt für unter 18-Jährige bietet. Dies gilt bis zu einer Neuregelung, die spätestens bis Ende 2009 erfolgen soll.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wenn uns als FDP die Ausnahmeregelungen, die das Verfassungsge

richt getroffen hat, nicht weit genug gehen – wir sind nach wie vor Anhänger einer reinen Kennzeichnungspflicht und meinen, dass sowohl der Wirt als auch der Gast Manns oder Frau genug ist, selbst zu entscheiden, ob eine Gaststätte als Rauchergaststätte geführt wird bzw. ob man eine solche überhaupt besucht –, respektieren wir das Richtervotum und beginnen mit unserem Ihnen heute vorliegenden Gesetzentwurf die Nichtraucherschutzdebatte nicht von vorn. Deshalb halten wir uns mit unserem Gesetzentwurf ganz konsequent und wortgenau an das Urteil des Verfassungsgerichtshofes und setzen es eins zu eins um. Wir wollen so schnell wie möglich für Rechtssicherheit im sächsischen Gaststätten- und Veranstaltungsgewerbe sorgen und laden Sie recht herzlich ein, unseren Entwurf zügig in den Ausschüssen zu diskutieren und möglichst schnell zu entscheiden.

Ich habe wohl mitbekommen, dass die Staatsregierung gestern im Kabinett auch beschlossen hat, in dieser Sache aktiv zu werden. Weil wir vorhin so eine sehr lustige Datumsdiskussion zum FDP-Gesetzentwurf über die Stärkung des politischen Ehrenamtes hatten, schauen wir diesmal sehr gespannt auf Ihr Datum. Ich lade Sie aber trotzdem ein, sparen Sie sich die Arbeit, es spart viel Aufwand und Geld. Nutzen Sie einfach unseren Gesetz

entwurf! Er ist gut. Er passt. Sie brauchen gar keinen eigenen vorlegen. Wir könnten sehr schnell entscheiden. Machen Sie das. Sie haben sicherlich in der Regierung noch viel wichtigere Dinge zu tun und können auf die Unterstützung der Opposition in Form der FDP gern zurückgreifen.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Das Präsidium schlägt Ihnen vor, den Entwurf Erstes Gesetz zur Änderung des Gesetzes zum Schutz von Nichtrauchern im Freistaat Sachsen (Sächsisches Nicht- raucherschutzgesetz) an den Ausschuss für Soziales, Gesundheit, Familie, Frauen und Jugend – federführend – und an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr zu überweisen. Wer diesen Überweisungsvorschlägen zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei einer Stimmenthaltung und sonst Zustimmung zu diesem Vorschlag ist die Überweisung beschlossen. Der Tagesordnungspunkt 6 kann beendet werden.

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 7

Aktuelle Stunde

1. Aktuelle Debatte: Schwerpunkte zukünftiger Städtebauförderung

Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD

2. Aktuelle Debatte: Höhere Preise, weniger Service und Boni für die Vorstände – schlechte Perspektive für die Bahn in Sachsen

Antrag der Linksfraktion

Die Verteilung der Gesamtredezeit der Fraktionen hat das Präsidium wie folgt vorgenommen: CDU 39 Minuten, Linksfraktion 31 Minuten, SPD 14 Minuten, NPD

12 Minuten, FDP 12 Minuten, GRÜNE 12 Minuten und die Staatsregierung 20 Minuten.

Wir kommen zu

1. Aktuelle Debatte

Schwerpunkte zukünftiger Städtebauförderung

Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD

Als Antragsteller haben zunächst die Fraktionen von CDU und SPD das Wort. Herr Seidel, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu heute ungewöhnlicher Stunde möchte ich zu Schwerpunkten der künftigen Wohnungsförderung einen Rückblick und einen Ausblick geben. Ich fange logischerweise mit dem Rückblick an.

1974, als ich noch ein junger Mann war und in Dresden studierte, erschien auf Amiga die zweite Langspielplatte von Reinhard Lakomy. Sie hieß: „Lacky und seine Geschichten“. Er schrieb und sang ein Lied, das sicher viele

von Ihnen kennen. Dieses Lied ist mir einige Male in meinem Leben wieder begegnet: „Das Haus, wo ich wohne“. Er schrieb: „Das Haus, wo ich wohne, das ist nicht sehr schön, so dunkel und muffig, na ja, 1910. Das Klo, das ist innen. Das ist schon enorm. Da sitz’ ich und grüble über Inhalt und Form.“

Die weiteren Strophen fangen dann an: „Das Haus, wo ich wohne, ist wirklich nicht schön“, oder „… geht mir aufs Gemüt“.

Aber solche Zeilen konnten die SED-Zensoren nicht stehen lassen und so musste Genosse Lakomy eine

weitere Strophe hinzudichten. Die hatte es so ein kleines bisschen in sich: „Das Haus, wo ich wohne, das steht nicht mehr lang’. Es gibt ja bekanntlich ein Neubauprogramm. Bis 1990, so sagt die Partei, sind wir aller Wohnraumsorgen frei.“

Welche Weitsicht im Jahr 1974!

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Nur eben, wie wir wissen, meine Damen und Herren, kam es ganz anders – und ohne diese Partei. Die sozialistische Planwirtschaft, die ihr Wohnungsprogramm auf der grünen Wiese abwickelte und in den Innenstädten das Programm „Ruinen schaffen ohne Waffen“ verwirklichte, hat es nicht geschafft,

(Lachen bei der CDU)