Protokoll der Sitzung vom 14.11.2008

Als Drittes soll die Staatsregierung geeignete Maßnahmen prüfen, wie in Umsetzung des Aktionsplans „Klima und Energie“ künftig alle geeigneten Flächen öffentlicher Gebäude für Fotovoltaik- und Solarthermieanlagen genutzt werden können.

Wie das genau geschehen soll, auch dazu sagt die Koalition nichts.

Ich frage Sie: Wozu stellen Sie Fragen? Wozu fordern Sie einen Bericht, wenn Sie schon die Antworten in den von Ihnen geleisteten Beiträgen geben?

(Beifall bei der Linksfraktion)

Beauftragen Sie doch, wenn Sie die Antworten haben, die Staatsregierung, endlich zu handeln!

Sie sagen Folgendes in der Begründung zu Ihrem Antrag: „Der vorliegende Antrag dient dem Ziel, die aktuelle Situation zu erfassen und zu analysieren, jedenfalls erforderliche Schlussfolgerungen für wirtschafts-, technologie- und forschungspolitische Entscheidungen der Staatsregierung aufzuzeigen und die Vorbildwirkung von Freistaat und Kommunen auf diesem Gebiet zu stärken.“ Das ist das Ziel Ihres Antrages.

Wenn Sie dieses Ziel ernst nehmen würden, würden Sie folgendermaßen mit diesem Antrag umgehen: Sie beschließen den Antrag ohne weitere Worte. Sie lassen die Staatsregierung eine Antwort geben und dann diskutieren wir auf der Grundlage dieser Antwort noch einmal.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Die NPD-Fraktion erhält das Wort; Herr Apfel.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wie bei früheren Plenardebatten bereits dargestellt, befürwortet die NPD-Fraktion den zügigen und verstärkten Ausbau erneuerbarer Energien. Die hauptsächliche Ausrichtung der Energiebedarfsdeckungsplanung auf fossile Energieträger ist in keiner Weise zukunftsorientiert, mehr noch, sie ist sogar verantwortungslos.

Die Endlichkeit der weltweiten Öl-, Gas- und Kohlevorkommen sowie auch der des Urans als Kernbrennstoff liegt heute schon in historischen Zeiträumen betrachtet in greifbarer Nähe.

Der wachsende Energiehunger der rasant wachsenden asiatischen Staatsgiganten wird bald zu energiepolitischen Herausforderungen führen, die eine nachhaltige krisensichere Energieversorgung infrage stellen.

Die NPD-Fraktion sieht in der Nutzung der Sonnenenergie ein großes Potenzial, um die Energieversorgung Deutschlands in Zukunft auch bei immer knapper werdenden Ressourcen zu sichern. Aus diesem Grund unterstützt unsere Fraktion alle Bestrebungen, durch Forschung und Entwicklung noch leistungsfähigere und effizientere Technologien zur Nutzung der Sonnenenergie zu ermöglichen. Deutschland und auch Sachsen weisen in diesem Zusammenhang ein hohes Forschungspotenzial auf. Daraus ergibt sich die Chance, auch künftig eine breite Palette verschiedenster Unternehmen der Solarbranche im Freistaat anzusiedeln.

Die Wirtschaftlichkeit der Nutzung der Sonnenenergie in unseren Breiten muss aber gegenwärtig kritisch hinterfragt werden. Mehr noch als bei der Solartechnologie muss bei der Stromerzeugung über Fotovoltaik-Anlagen eine zuverlässige Wirtschaftlichkeitsanalyse vorgenommen werden. Aufgrund der geografischen Lage Sachsens sind die solaren Einstrahlungsbedingungen bedeutend schlechter als in den Ländern des Südens. Bei den derzeit hohen Investitionskosten für Anlagen und dem einstrahlungsbedingt geringeren Wirkungsgrad ist derzeit ein

gewinnbringender Einsatz nur durch die verschiedenen Förderprogramme und Investitionszuschüsse sowie durch die hohe Einspeisevergütung nach dem EEG möglich.

Die NPD-Fraktion setzt sich für einen größtmöglichen Anteil regenerativer Energien am Gesamtenergieverbrauch ein. Aus unserer Sicht sollte die Fotovoltaik aber aufgrund verschiedener Problemstellungen derzeit keine Schwerpunktstellung einnehmen, denn für uns stellt sie kein energiepolitisches Allheilmittel dar, da ihr Einsatz immer nur einen Teil unseres Energiebedarfes abdecken kann.

Angesichts der zurzeit bestehenden Förderkulisse ist es durchaus möglich, wirtschaftliche Anlagen zu errichten. Ihre breitere Markteinführung kann auch noch bei einem kritisch betrachteten Kosten-Nutzen-Verhältnis trotzdem die Akzeptanz für erneuerbare Energien fördern und für die Forschung neue Impulse geben.

Nicht nur knapper werdende Ressourcen und die energetische Abhängigkeit Deutschlands, sondern auch die Kostenexplosion auf dem Weltmarkt und Umweltaspekte fordern ein schnelles vorausschauendes Umdenken bei der zukünftigen Ausrichtung der Energieversorgung. Die Förderung regenerativer Energieträger war und ist richtig. Machen wir uns nichts vor: Gerade wenn immer wieder mit dem Markt argumentiert wird, wie es die Koalition in der Antragsbegründung tut, muss man feststellen, dass ein vermeintlich echter Markt ohne staatliche Unterstützung bis heute nicht existenzfähig ist. Auch sind die regenerativen Energien gegenüber den fossilen Energieträgern nicht konkurrenzfähig. Nur durch eine massive direkte und indirekte Subvention rechnet sich die FotovoltaikTechnologie überhaupt. Ob es überhaupt einmal einen wachstumsstarken Markt für diese Technologie geben wird, wie im Antrag der Koalition vermutet, ist Kaffeesatzleserei und kann nicht das letzte Argument für ihre Förderung und Weiterentwicklung sein.

Wer kann einschätzen, ob eine solche Technologie zur Marktreife gebracht, aber dann nicht auch in anderen Ländern viel billiger produziert werden kann? Entwickeln wir eventuell auch in diesem Bereich eine neue Technik weiter, damit dann neue Arbeitsplätze in Osteuropa oder Fernost entstehen?

In Deutschland wird teuer mit finanzieller Förderung aus öffentlichen Mitteln geforscht, um anschließend die Entwicklung im Ausland zu produzieren und die Gewinne in die privaten Taschen einiger Weniger fließen zu lassen.

Die NPD-Fraktion bejaht die Weiterentwicklung und auch die öffentliche Förderung der Forschung. Es muss aber auch sichergestellt sein, dass, wenn schon Steuergelder über Dekaden in die Forschung fließen, die Früchte dieser Forschung auch jenen zugute kommen, die sie so lange finanziell gefördert und unterstützt haben. Das sind die steuerzahlenden deutschen Bürger. Der Ertrag muss sich in Arbeitsplätzen hierzulande niederschlagen, in Arbeitsplätzen für unsere deutschen Landsleute in Deutschland und nicht für Polen, Chinesen oder andere Fremde im Ausland.

Was rechtfertigt überhaupt diese Milliardensubventionen? Sind diese nicht nur dann verantwortbar, wenn aus ihnen auch ein konkreter Nutzen für unser Volk entspringt? Kurzum, nicht der Markt kann eine Begründung für eine Förderung sein, sondern nur nationales Interesse. Der Markt, den Sie als neoliberale Schreckensgespenster von vorgestern immer wieder verehren, kennt freilich kein nationales Interesse, sondern nur die egoistischen Interessen weniger Kapitalisten. Es ist deshalb aus Ihrer Sicht nur folgerichtig, dass Sie dieses nationale Argument in Ihrer Begründung erst gar nicht verwenden. Es kommt in Ihrem falschen realitätsfernen Weltbild auch überhaupt nicht vor. Diese verquaste Politik der wahrnehmungsgestörten Realitätsverweigerung kann nur zu fatalen Ergebnissen führen.

Natürlich muss das wirtschaftliche Potenzial der Fotovoltaik-Branche optimal genutzt und ausgeschöpft werden. Angesichts der dringend benötigten Arbeitsplätze muss Sachsen die Chance nutzen, diesen Wirtschaftszweig verstärkt mitzuentwickeln. Es ist notwendig, ein stärkeres Augenmerk auf den praktischen Einsatz der Solartechnologie im Land zu legen. Davon, meine Damen und Herren, profitieren nicht nur Forscher und Produzenten, sondern auch Handwerker, Installateure, Dachdeckerbetriebe und ähnliche.

Der vorliegende Berichtsantrag wirft, wenn auch nicht umfassend, richtige Fragen auf, und deshalb können wir ihm auch zustimmen.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Für die FDP-Fraktion spricht Herr Dr. Schmalfuß.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die deutsche Solarindustrie boomt, und dies insbesondere in Ostdeutschland. Der Bundesverband Solarwirtschaft gibt an, dass jede sechste weltweit gefertigte Solarzelle aus den ostdeutschen Bundesländern stammt. Mittlerweile arbeitet knapp jeder hundertste Industriearbeiter der neuen Bundesländer in der Solarbranche.

Sachsen mit seinen Fertigungsstandorten in Freiberg und Dresden ringt dabei mit der sachsen-anhaltischen Region Bitterfeld/Wolfen um den Titel „Deutschlands Solarstandort Nr. 1“.

Über 2 000 Mitarbeiter sind an sächsischen Solarstandorten beschäftigt. Viele weitere kommen im Umfeld der Solarbranche dazu. Auch die Prognosen für die Entwicklung der Fotovoltaik sehen, um im Bilde zu bleiben, größtenteils strahlend aus. Bis zum Jahr 2012 könnten 20 000 neue Industriearbeitsplätze in der FotovoltaikBranche entstehen, darunter über 15 000 in den neuen Ländern mit einem wesentlichen Anteil im Freistaat Sachsen.

Die Ursachen für diese positive Entwicklung der Solarindustrie gerade in Ostdeutschland sind bekannt. Reichlich

vorhandene Gewerbeflächen waren ebenso wie gut qualifizierte Fachkräfte zu finden. Daneben haben Investitionszulagen sowie Zuschüsse aus der Regionalförderung eine wichtige Rolle gespielt.

Die wesentliche Initialfunktion war jedoch im EEG zu finden. Seit dem Jahre 2000 garantiert dieses Fördergesetz alternativen Stromerzeugern Vergünstigungssätze für jede Kilowattstunde, die sie in die Stromnetze einleiten. Derartige Einspeisevergütungen werden für unbeschränkte Mengen gezahlt, variieren jedoch nach Erzeugungsart und jeweiliger Anlagengröße. Für die Stromerzeugung via Solarzelle werden derzeit je Kilowattstunde zwischen 35 und 47 Cent gezahlt.

Summieren wir alle vom EEG berücksichtigten Formen der alternativen Stromerzeugung, so werden wir im Jahr 2008 insgesamt voraussichtlich gesetzlich garantierte Einspeisungsvergütungen in Höhe von 9,3 Milliarden Euro zahlen.

Natürlich hat dies Einfluss auf die Strompreisbildung, die in Deutschland zum großen Teil politisch bestimmt ist. Circa 41 % des Preises für Haushaltskunden gehen auf Steuern, Abgaben und Umlagen zurück. Eine davon ist die EEG-Umlage, eine Art ökologischer Preisabschlag. Derzeit ist die Herstellung von Solarstrom acht- bis zehnmal so teuer wie konventionell erzeugte Elektrizität. Die Preisdifferenz zu konventionellem Strom wird durch die EEG-Umlage auf alle Verbraucher verteilt. Den Aufschwung der Solarbranche haben wir somit alle als Stromkunden mitbezahlt. Wirtschaftspolitisch gesetzte Anreize haben zum Aufschwung der Solarindustrie geführt. Mit zunehmender selbsttragender Wirtschaftlichkeit der Branche ist es vor dem Hintergrund der geschilderten Preisstruktur jedoch wichtig, dass sich der Staat weg von einer Förder- und hin zu einer Rückzugsstrategie umorientiert.

(Vereinzelt Beifall bei der FDP)

Daher, meine sehr geehrten Damen und Herren, begrüßen wir die degressive Gestaltung von Fördersätzen laut EEGNovellierung, wodurch dem technologischen Fortschritt Rechnung getragen wird.

(Johannes Gerlach, SPD, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Den im Antragspunkt 2 der Koalition enthaltenen reflexartigen Ruf nach etwaiger zusätzlicher staatlicher Unterstützung sehen wir daher zumindest kritisch.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Herr Gerlach, bitte.

Herr Kollege, wegen Ihrer Bemerkung, die Sie gerade zum Abschmelzen der Beträge gemacht haben, frage ich Sie, ob Ihnen entgangen ist, dass mit dem ersten EEG, also seit 2000, eine gesetzlich

vorgeschriebene Degression besteht, die speziell bei der Fotovoltaik noch einmal deutlich vergrößert wurde. Jedes Jahr werden die Beträge entsprechend abgeschmolzen. Es wird genau das gemacht, was Sie jetzt in Ihrer Rede gefordert haben.

Sehr geehrter Kollege Gerlach! Ich darf mich noch einmal selbst zitieren. Ich habe gesagt: „Daher begrüßen wir die degressive Gestaltung von Fördersätzen laut EEG-Novellierung.“ Ich frage mich, wo hier ein Widerspruch zu meinen Aussagen liegt.

(Vereinzelt Beifall bei der FDP)

Die stufen- und nicht sprungweise Rückführung von Förderungen sehen wir als wirtschaftspolitisches Signal an die Solarbranche, unabhängiger von den Förderkonditionen in Deutschland zu werden. Denn eins ist doch klar: Die klimatischen Produktionsbedingungen für Solarstrom sind in Deutschland begrenzt und nicht optimal. Das diesbezügliche Potenzial mag zugegebenermaßen noch nicht ausgeschöpft sein. Allerdings werden die klimatischen Bedingungen Ihre unter Antragspunkt 3 vorgesehenen Maßnahmen deutlich begrenzen.

Im Übrigen sei in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, dass die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bereits im September 2005 einen Prüfauftrag hinsichtlich geeigneter Standorte für Fotovoltaik-Anlagen auf Immobilien des Freistaates Sachsen an die Staatsregierung gerichtet hat – nachzulesen unter Drucksache 4/2954. So viel Urheberrechtsschutz muss schon sein, meine Damen und Herren der Koalition. Ein diesbezüglicher Bericht der Staatsregierung liegt vor.

Wurde das Wachstum der Fotovoltaik-Industrie bisher vorrangig durch die Einspeisevergütungen forciert, so schwenkt die Branche zunehmend auf Export um. Für dieses Jahr rechnet der Bundesverband Solarwirtschaft mit einer Exportquote von 46 %, was einem Weltmarktanteil von rund 20 % entspricht. Gegenüber dem Vorjahr erwartet die Branche eine Umsatzsteigerung um 2,3 % auf 8 Milliarden Euro.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Solarbranche in Deutschland und speziell in Sachsen ist auf einem guten Weg, und dies mit oder ohne Antrag der Koalition. Die FDP-Fraktion wird sich daher bei der nachfolgenden Abstimmung enthalten.

(Vereinzelt Beifall bei der FDP)