Protokoll der Sitzung vom 11.12.2008

Ich frage unter folgendem Aspekt: Sie sagten, Sie hätten Substanzielles erkämpft.

Heribert Prantl sagt, die richterliche Genehmigung der Online-Durchsuchung sei das Einzige, was substanziell erreicht worden sei. Aber können Sie sich Fälle vorstellen, in denen man eine Online-Durchsuchung bei Gefahr im Verzug in weniger als zwei, drei Tagen vorbereiten kann? Das heißt, wäre „Gefahr im Verzug“ überhaupt auf OnlineDurchsuchungen anwendbar gewesen, oder wäre nicht immer genug Zeit gewesen, einen Richter zu konsultieren? Haben Sie also nur das erreicht, was ohnehin selbstverständlich ist?

Ich vermute, dass das gehen wird. Es wird jetzt abgesichert, dass keine Eilfallentscheidung ohne richterliche Einwilligung getroffen werden kann. Das haben wir erreicht.

(Beifall der Abg. Stefan Brangs und Margit Weihnert, SPD)

Lassen Sie eine weitere Frage zu? – Bitte, Herr Bartl.

Herr Staatsminister, ist Ihnen bekannt, dass eine ganze Reihe von Mitgliedern der SPD-Bundestagsfraktion dissentiert, das heißt, gegen das Gesetz gestimmt und entsprechende persönliche Erklärungen abgegeben hat? So hat die frühere Bundesjustizministerin Frau Däubler-Gmelin ihre Ablehnung ausdrücklich damit begründet, dass im Zusammenhang mit der Online-Durchsuchung nie eine Situation der Gefahr im Verzug hätte eintreten können, weil die Vorbereitung zeitlich so viel Raum brauche, dass immer die Möglichkeit bestanden hätte, einen Richter zu konsultieren. Ist es also richtig, dass nicht eine Verbesserung erreicht, sondern nur eine Selbstverständlichkeit bestätigt worden ist?

Frau Däubler-Gmelin hat also unrecht?

Ich gehe davon aus, dass sich Frau Däubler-Gmelin über das freut, was die sächsische SPD erreicht hat.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! All den Kritikern, die sich jetzt noch rühren – wir haben einige gehört –, will ich auch sagen, dass es die SPD war, die verhindert hat, dass im Zuge der Online-Durchsuchung auch Wohnungsbetretungen durchgeführt werden dürfen, wie es übrigens der Bundesinnenminister ursprünglich gefordert hatte. Ich bin überzeugt, dass wir damit die Voraussetzungen erfüllt haben, die das Bundesverfassungsgericht an die Rechtmäßigkeit der Online-Durchsuchung geknüpft hat.

Ich will nicht verhehlen, dass meine Zweifel an der Online-Durchsuchung damit nicht vollständig ausgeräumt sind. Mir scheint es gerade für technisch Versierte ver

hältnismäßig einfach zu sein, eine Online-Durchsuchung zu vermeiden. Auch hätte ich es natürlich für wünschenswert gehalten, allen Berufsgeheimnisträgern, also auch Ärzten, Anwälten, Seelsorgern und Journalisten, ein Zeugnisverweigerungsrecht einzuräumen. Allerdings kam hier auch der Verweis auf die Strafprozessordnung, die ein entsprechendes Recht genauso wenig vorsieht.

Wenn man von „Journalisten“ redet, die natürlich bestimmte Befindlichkeiten haben, muss man genau definieren, was man unter „Journalisten“ versteht.

Sehr geehrter Herr Bartl, was die Regelung zum Zeugnisverweigerungsrecht für Ärzte anbetrifft, so denke ich schon, dass es wichtig ist, dass der Arzt erzählt, was er von einem Menschen mitgekriegt hat, der – aus welchen Gründen auch immer, zum Beispiel wegen einer Verletzung – möglicherweise terroristische Absichten verfolgt. Ich glaube schon, dass das notwendig ist.

Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir befinden uns – anders als manche auf den Oppositionsbänken – sowohl in Berlin als auch hier in Dresden in einer Koalition. In der Regierung muss man, anders als in der Opposition, manchmal auch Kompromisse eingehen, wenn man in einer Sache, die man übrigens grundsätzlich für richtig hält, vorankommen will.

Trotz aller Kompromisse kann ich mit Fug und Recht sagen, dass die sächsische SPD nicht nur bei der OnlineDurchsuchung, sondern auch im sächsischen Landesrecht vieles für die Freiheit der Bürger erreicht hat, was nicht immer so öffentlichkeitswirksam geworden ist wie unser Wirken beim BKA-Gesetz. Ich rate Ihnen dazu, das sächsische Polizeirecht mit den Regelungen der anderen Bundesländer zu vergleichen. Dann werden Sie feststellen, dass wir einiges tun, um die aktuelle Sicherheitsdebatte wieder voll auf den Boden von Vernunft und Grundgesetz zurückzuführen.

Lassen Sie mich abschließend noch eine Randbemerkung machen. Zu einer Sicherheitsdebatte gehören nicht nur die großen rechtsstaatlichen Themen. Oftmals sind es auch die scheinbar kleinen Sicherheitsprobleme, die die Menschen vor Ort sehr bewegen. Mir hat der Bundesinnenminister bis heute nicht erklären können, wie es zusammenpasst, immer neue Sicherheitsbedrohungen heraufzubeschwören, aber gleichzeitig fast 1 000 Polizisten der Bundespolizei aus Sachsen abzuziehen. Wer die Sicherheitsprobleme vor Ort aus den Augen verliert, muss sich fragen lassen, ob er dann die größeren Aufgaben verantwortungsvoll wahrnehmen kann.

(Beifall des Abg. Marko Schiemann, CDU)

Was wir brauchen, sind eben nicht nur Gesetze, sondern vor allem auch Menschen, die sich mit Mut, Augenmaß und Vernunft der Verantwortung stellen, und diese besteht in erster Linie darin, Sicherheit i n Freiheit zu schaffen.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Rolf Seidel, CDU)

Ich erteile der Fraktion der NPD das Wort; Herr Petzold, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der ehemalige Präsident des Bundeskriminalamtes, Horst Herold, hat vor geraumer Zeit mit erstaunlichem Weitblick eine Definition des Terroristen unterbreitet. Für ihn sind Terroristen Vorboten weltgeschichtlicher Erschütterungen, Seismographen ihrer Zeit.

Die weltgeschichtlichen Erschütterungen spüren wir bereits, und wir brauchen bald auch keine Seismographen mehr, um die Folgen der sozial-, wirtschafts- und finanzpolitischen tektonischen Beben wahrzunehmen. Dabei werden die Terroristen gleich frei Haus mitgeliefert. Sie sind – ebenso wie die Globalisierungskrise – hausgemachte Produkte der auf allen Feldern verfehlten Politik der großen Koalition:

in der Ausländerpolitik, weil Sie jahrzehntelang unkontrolliert immer wieder neue Wellen integrationsunwilliger und -unfähiger Ausländer – viele von ihnen mit fast analphabetischem Hintergrund, dafür aber mit vormodernen religiösen, ethischen und gesellschaftspolitischen Vorstellungen – ins Land strömen ließen, die mit den von Ihnen proklamierten demokratischen Gepflogenheiten so gut wie nichts anfangen konnten und können;

in der Innenpolitik, weil Ihre Überzeugungskraft und Ihr Eintreten für eine papierne Verfassungsdemokratie so hilflos und fruchtlos sind, dass nicht nur die größtenteils muslimischen Asylanten keinen Bezug dazu fanden, sondern dass – im Gegenteil – gerade die hier in Deutschland geborenen Ausländer der zweiten und gar der dritten Generation als Attentäter geworben werden können;

in der Außenpolitik, weil Ihre Unterwürfigkeit unter die Ziele und Interessen der Wildwest-Außenpolitik der Ostküste und Ihre erzwungene Teilnahme an ungerechtfertigten Kriegen mithalfen, in den überfallen Staaten und der gesamten muslimischen Welt Abscheu vor dieser Form einer heuchlerischen Demokratie zu schüren. Ganze Generationen von Terroristen wurden so erzeugt, die jetzt im Schutze Ihrer Asylpolitik einwandern können oder schon seit Langem hier als sogenannte „Schläfer“ auf ihren Einsatzbefehl warten.

Nachdem die NPD jahrzehntelang vor derartigen Entwicklungen gewarnt hat, kommt plötzlich der Bundesinnenminister zu der Erkenntnis, dass der islamische Terror ein Bedrohungsszenario darstellt, das nur bekämpft werden könne, wenn sämtliche Bundesbürger so durchsichtig und gläsern sind wie die Symbolbauten dieser Demokratie, etwa der Sächsische Landtag.

(Beifall des Abg. Peter Klose, NPD)

Der Staatssicherheitsdienst der ehemaligen DDR würde vor Neid erblassen, wenn er die technischen Möglichkeiten gehabt hätte, die dem Bundeskriminalamt zugestanden werden sollen.

Selbst wenn jetzt als fauler Bundesratskompromiss ein richterlicher Beschluss für die Weltnetz-Durchsuchung nötig sein sollte, lehnt die NPD-Fraktion das Gesetz ab.

Selbstverständlich ist die muslimische, von potenziellen Terroristen durchseuchte Asylüberschwemmung in verschiedenster Hinsicht die größte Gefahr für unser Vaterland. Genauso selbstverständlich ist es, dass weder der Bundesinnenminister noch seine Beamten vom Bundeskriminalamt genügend Arabisch, Französisch, Urdu, Usbekisch und wie die Sprachen alle heißen mögen, verstehen, um islamische Terroristen auszuspähen.

Die deutschen Bürger sind es, die ausgespäht werden, und das ist offenbar auch das Ziel. Deswegen ist der Bundesinnenminister der weitaus größere Feind als die über ihn in seinen hilflosen Integrationsgesprächen lächelnden Muslime.

Auch mit diesen, einem jeden Rechtsstaat hohnsprechenden Gesetzen wird es dem Bundeskriminalamt nicht gelingen, Kofferbomber, Attentäter wie in Bombay oder – fast – in Mailand vor der Ausführung ihrer Taten aus dem Verkehr zu ziehen. Weiche Ziele wie Bahnhöfe, Hotels, Flughäfen und Ähnliches sind eben nicht vor fanatischen Attentätern mit Maschinenpistolen und Sprengstoff zu schützen.

CDU und SPD haben die Deutschen zu Geiseln und potenziellen Opfern ihrer Politik gemacht.

Meine Fraktion, die NPD, war und ist stets dafür, die Polizei bestmöglich auszurüsten, damit diese das Verbrechen bekämpfen kann. Eines aber wünschen wir auf keinen Fall: unkontrollierbare Geheimdienste mit unbegrenzten technischen Mitteln und juristischen Kompetenzen in Ihren Händen zu wissen. Wir werden deswegen sowohl dem Antrag der Fraktion DIE LINKE zustimmen wie auch dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Ich erteile der Fraktion der FDP das Wort; Herr Dr. Martens, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Jurk, zu dem, was Sie gerade gesagt haben. Es stimmt. Es ist schwieriger, sich um die normalen Dinge zu kümmern, etwa um 926 Beamte, die von der Bundespolizei abgezogen werden sollen, als neue Gesetze zu machen, weil das die Ebenen der Mühen sind, die tatsächlich die Sicherheit in diesem Land erhöhen könnten. Und das Schlimme daran ist, sie kosten Geld. Da ist es leichter, man macht neue Gesetze, man wirft Freiheiten über Bord und schafft eine Zentraleinheit, von der man gar nicht weiß, wozu sie später in der Lage oder fähig sein soll, und kann das als Sicherheitsgewinn im Rahmen der Bekämpfung des internationalen Terrorismus verkaufen.

So recht Sie in dieser Sache haben, so unrecht haben Sie in Bezug auf das BKA-Gesetz. Und was wir von der SPD in Bezug auf das BKA-Gesetz in den letzten Wochen gehört haben, war schon ein bemerkenswerter Beweis für fehlendes Rückgrat, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und der Linksfraktion)

Zunächst verkündete die SPD mutig, dass sie diesem Gesetz nicht zustimmen könne. Das war die Folge eines Parteitages. Am Freitag vor diesem Plenum haben sie noch Anträgen die Dringlichkeit verweigert, die sich hiermit befasst haben. Dann sah sich die SPD von den jungen Sozialdemokraten gezwungen, diesem Gesetz nicht zuzustimmen. Die gesamte innere Sicherheit Deutschlands wurde auf einmal zur Geisel einiger Jungsozialisten in Sachsen.

Allerdings hat das gewonnene Selbstvertrauen nicht allzu lange vorgehalten. Der jetzt vorgelegte Kompromiss der Bund-Länder-Arbeitsgruppe, und so auch Herr Jurk, sei akzeptabel. Man könne dem Gesetz zustimmen, und es ist schon zitiert worden, wie sich Herr Jurk dazu äußerte: „Mit der auf unsere Initiative hin erzielten Einigung werden die bürgerlichen Freiheitsrechte gewahrt.“

Meine Damen und Herren! Da hat wohl jemand Angst vor der eigenen Courage bekommen. Herr Jurk, von wegen „im Zweifel für die Freiheit...“ Wirkliches Eintreten für die Freiheitsrechte der Bürger sieht anders aus. Diese Aussage – lassen Sie mich das so deutlich sagen – ist der Beleg dafür,

(Beifall bei der FDP)

dass Sie von Freiheit und von Recht und erst recht von Freiheitsrechten wenig verstehen.

Die Überarbeitung des BKA-Gesetzes hat so gut wie nichts an dem Gesetz in der alten Fassung geändert. Für die heimliche Online-Durchsuchung sieht der Gesetzentwurf jetzt im § 20k die vorherige richterliche Zustimmung für eine solche Maßnahme grundsätzlich vor. Das heimliche Durchsuchen von Computern stellt aber nach wie vor in der Regel einen Eingriff in den Kernbereich des Grundrechtes auf private Lebensgestaltung dar. Daran ändert auch der richterliche Vorbehalt nichts. Dieses Problem bleibt bestehen. Es wird nicht gelöst. Und es wird wahrscheinlich vom Bundesverfassungsgericht gelöst werden; denn das Bundesverfassungsgericht hat gesagt, dieser Kernbereich der privaten Lebensgestaltung sei grundsätzlich unantastbar.

(Beifall bei der FDP)

Unantastbar heißt, dass in diesem Bereich der Staat nichts verloren hat, er ist staatlichem Zugriff entzogen. Auch die richterliche Zustimmung kann daran nichts ändern.

Der Kompromiss, den Sie jetzt als zustimmungsfähig bezeichnen, enthält jedoch noch die große Mehrzahl jener Punkte, die auch von Fachleuten außerordentlich kritisch angesehen wird, zum Beispiel die Frage der Unbestimmtheit der Eingriffsvoraussetzung für das Bundeskriminal