Protokoll der Sitzung vom 22.01.2009

(Jürgen Gansel, NPD: Da haben Sie heute würdige Nachfolger gefunden!)

Ich habe schätzen gelernt und bin heute seit Langem definitiv und unumkehrbar überzeugt, dass ein demokratisches Gemeinwesen ohne eine geachtete, beachtete und wirklich greifende Gewaltenteilung nicht funktioniert. Ich frage mich: Ist es nun Dummheit oder Ignoranz, dass Sie meinen, dass Sie wieder die Justiz führen dürfen, meinethalben „dialogorientiert“? Diese Rechtfertigung, dies alles, was Frau Staatssekretärin Hauser und Sie tun, als „dialogorientierten Führungsstil“ darzustellen, ist der eigentliche Sündenfall. Darüber muss das Parlament tatsächlich reden, weil sich dann die Frage stellt, was unter dieser Auffassung in der Vergangenheit schon alles bei der Justiz schiefgelaufen ist. Da gibt es einen Link zum 2. Untersuchungsausschuss und seinem Einsetzungsgegenstand, und es stellt sich die Frage: Was wird, wenn wir das nicht beheben, in puncto „dialogorientierter Führungsstil“ hinein in die dritte Gewalt weiter schieflaufen?

Das kann es nicht sein! Gegen eine sachgerechte und ordnungsgemäß geführte Dienstaufsicht hat keiner was. Das ist ihre Aufgabe, aber die Wege, wie sie zu laufen hat, nennt allein und ausschließlich das sächsische Disziplinargesetz. Das haben Sie in der Antwort an Herrn Nolle richtig bestimmt. Weder in der Verfassung noch in einem Gesetz ist verfassungskonform davon die Rede, dass der Justizminister einen Führungsanspruch gegenüber Richtern, Staatsanwälten oder sonstigen Bediensteten im Bereich der Rechtsprechung hat. Das ist der entscheidende Fehltritt. Da hat wiederum Kollege Lichdi völlig recht.

Hier geht es nicht um Frau Hauser, sondern um den Justizminister in Person.

(Beifall bei der Linksfraktion und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Wird von den Fraktionen noch das Wort gewünscht? CDU-Fraktion? – Dann bitte erst Herr Gansel. – Entschuldigung, Herr Schiemann, bitte. Sie waren schon auf dem Weg und es ist auch von der Reihenfolge her korrekt, dass Sie jetzt reden.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, dass es dennoch untauglich ist, eine Aktuelle Debatte zu diesem Thema zu machen. Wir haben das parlamentarische Verfahren und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat diesen Antrag eingebracht. Ich hätte mir gewünscht – und das gehört zur Ehrlichkeit und zur Wahrheit dazu –, dass die Energie, die hier vorn am Rednerpult von einigen versprüht wurde, durchaus bei der harten Arbeit im Ausschuss hätte genutzt werden können.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Das ist nicht öffentlich!)

Sicherlich, das ist nicht öffentlich, Herr Kollege Hahn. Das steht schon immer in der Geschäftsordnung, wenn Sie sich erinnern können. Sie brauchen sich gar nicht so zu ereifern. Die Energie, die hier einige versprüht haben, haben Sie im Ausschuss eben nicht versprüht.

Jetzt frage ich mich: Gehört es nicht zur Redlichkeit, die Arbeit auch dort zu machen, wo wir letztlich fachlich den Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN besprochen haben?

(Klaus Bartl, Linksfraktion, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

– Nein, ich gestatte jetzt keine Zwischenfrage.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, es steht mir zu zu entscheiden, ob ich eine Zwischenfrage zulasse oder nicht. Herr Bartl hatte genügend Redezeit und konnte seine Position hier darlegen.

Ich gehe davon aus, Sie, Herr Staatsminister Mackenroth, haben uns im Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss einen Bericht zur entstandenen Situation gegeben. Frau Hauser hat sich dann als Betroffene selbst dazu geäußert, wie wir es beschlossen haben. Ich gehe davon aus, dass das, was sie vorgetragen hat, für uns abschließend ist und dass es umfassend war. Darauf können wir uns als Mitglieder des Rechtsausschusses auch verlassen.

Wir gehen davon aus, dass der Verfassungs- und Rechtsausschuss umfassend und auch abschließend Gelegenheit hatte, sich diesem Thema zu widmen. Wir können natürlich nur das bewerten, was Staatsminister Mackenroth und

Frau Hauser dargestellt haben. Nach bisherigem Stand sind natürlich die Vorwürfe auch noch im federführenden Innenausschuss am 27. Februar 2009, so wie von der Fraktion GRÜNE erwünscht, zu bewerten.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Weiterhin gehe ich davon aus, Herr Staatsminister Mackenroth, dass Sie heute im Parlament die Gelegenheit nutzen sollten, uns darüber zu informieren, wie das Justizministerium Personalverfahren durchführt, insbesondere wie entsprechende Entscheidungen getroffen werden. Aus unserer Sicht kann es immer nur – das betone ich – nach Leistung und Befähigung gehen und um den freien Zugang zum erfindlichen Amt.

(Beifall bei der CDU)

Ich kann es einfach nicht nachvollziehen – das gehört auch ein wenig zur Redlichkeit –, dass man sich nur auf anonyme Briefe stützt.

(Zuruf des Abg. Klaus Bartl, Linksfraktion)

Ich will das hier zur Redlichkeit sagen. Ich lehne es für die CDU-Fraktion deutlich ab, dass wir uns mit anonymen Briefen befassen und sie zur Grundlage von Parlamentsdebatten machen.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der Linksfraktion)

Ich weiß zwar nicht, warum Sie jetzt so aufgeregt sind.

Ich gehe davon aus, dass es zur Redlichkeit gehört, dass man auch Briefe, wenn es Probleme gibt, offen darlegen kann. Die Verbände nutzen diese Chance. Ich hätte mir gewünscht, dass die Gespräche mit den Verbänden zumindest schon im letzten Jahr geführt worden wären, damit nicht etwas, was im Raum steht, weiterhin schwelen kann. Man kann auch durch bessere Kommunikation viele Probleme vermeiden, die dann lange Zeit in der Öffentlichkeit schweben.

Ich appelliere aber dennoch an alle, die versuchen, nun auf Kosten der sächsischen Justiz politisches Kapital herauszuholen, dies nicht zu tun. Diese Form der Arbeit ist nicht zu akzeptieren und von uns abzulehnen.

Ich appelliere an die sächsische Justiz, sich deutlich an die verfassungsmäßigen Aufträge zu erinnern.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: An den Minister muss man appellieren!)

Unabhängigkeit in den Entscheidungen, aber auch Unabhängigkeit vor Einflussnahme sind ein wichtiges Rechtsgut, ein wichtiges Verfassungsgut, das zu schützen im Interesse der zweiten Staatsgewalt sein muss und das das Ansehen der sächsischen Justiz wieder ins Lot bringen sollte. Dies würde ich mir wünschen.

Ich freue mich auf das weitere Verfahren im Innenausschuss und bedanke mich, Herr Präsident, für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Ich frage, ob von den Fraktionen noch das Wort gewünscht wird. – Herr Gansel, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Anstatt nun die sogenannte Königskobra in Form von Gabriele Hauser im Schlangenkorb verschwinden zu lassen, deckt Minister Mackenroth sie mit der Beteuerung, sie habe doch „nur für einen ordnungsgemäßen Ablauf des Verfahrens gesorgt“. Das ist aber mitnichten so. Das räumt der Minister indirekt auch selbst ein, wenn er in einem Interview mit der „Sächsischen Zeitung“ versichert, ein solcher Vorfall werde sich nicht wiederholen.

In der Person von Geert Mackenroth wird das ganze Elend eines Justizministeriums sichtbar, das von einer CDU-Clique mehr oder weniger nach Gutsherrenart geführt wird, – –

Das muss ich jetzt zurückweisen. Herr Gansel, wenn ich den Ausdruck „Clique“ bewerte, dann sind Sie sehr hart an der Grenze der Verunglimpfung.

– das von einer CDU-Riege nach Gutsherrenart geführt wird und im Volk den Eindruck entstehen lässt, man brauche nur die richtigen Beziehungen zu haben und schon könne man im Rechtsstaat auch mit rechtsstaatswidrigen Mitteln Karriere machen.

Um das Bild von Filz, Vorteilsnahme und parteipolitischer Günstlingswirtschaft zu vervollständigen, sei auch an den Fall Sibylle Mackenroth von 2005 erinnert. Der Ministergattin gelang damals als Studienrätin auf wundersame Art und Weise der Wechsel von Kiel nach Radebeul, ohne, wie sonst üblich, ihren Beamtenstatus zu verlieren und ohne die Informationsrechte des Lehrerhauptpersonalrates zu respektieren.

Über einen weiteren Fall parteipolitischer Personalpolitik im Justizministerium berichtet heute die „Sächsische Zeitung“. Danach hat Geert Mackenroth eine hohe Funktionärin der Jungen Union aus seinem Riesaer Wahlkreis als Pressemitarbeiterin beschäftigt, obwohl sie völlig fachfremd ist. Die Zeitung vermutet, dass die neue Ministeriumsangestellte auf Steuerzahlerkosten vor allem Wahlkreisarbeit für Herrn Mackenroth leisten soll.

Bei einem Minister, der so viel Angriffsfläche bietet, freue ich mich jetzt schon auf den Landtagswahlkampf in Riesa, wo Herr Mackenroth und ich uns übrigens als Direktkandidaten gegenüberstehen werden.

Gestatten Sie der NPD an dieser Stelle eine historische Reminiszenz. Friedrich der Große verschickte am 11. Dezember 1779 eine Kabinettsorder an sämtliche Justizkollegien, in der der König betonte:

Bitte zum Schluss kommen!

„Ein Justizkollegium, das Ungerechtigkeiten ausübt, ist gefährlicher und schlimmer wie eine Diebesbande. Vor der kann man sich mit Pistolen und

Degen schützen, aber vor Schelmen, die den Mantel der Justiz gebrauchen, um ihre üblen Passiones auszuüben, vor der kann sich kein Mensch hüten. Sie sind ärger wie die größten Spitzbuben und verdienen eine ordentliche Bestrafung.“

Bitte zum Schluss kommen!

Meine Damen und Herren! Auch am politischen Führungspersonal zeigt sich der Niedergang eines Landes.

Herr Gansel, jetzt bitte zum Schluss kommen!

Von Friedrich dem Großen zu Geert Mackenroth: Armes Deutschland!

(Beifall bei der NPD)

Ich erteile der Fraktion GRÜNE das Wort; Herr Lichdi.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da der Beitrag meiner Fraktion jetzt des Öfteren angesprochen wurde, möchte ich doch noch ein paar Richtigstellungen anbringen.