Ich habe genau von den 70 000 Personen gesprochen, die als ehemalige Sozialhilfeempfänger in diese Systeme aufgenommen worden sind. Das war der Ansatz. Sie versuchen Einzelbeispiele herauszupicken, um – –
Selbstverständlich gibt es soziale Härten. Ich werde in meiner Rede darauf eingehen. Ich werde auch darauf eingehen, dass wir sehr engagiert in der Staatsregierung – durch Frau Orosz in der Monitoringgruppe – schauen, in welcher Weise bestimmte Fragen zu Hartz IV in der Gesetzgebung wirken und wo es möglicherweise Nachjustierungsbedarf gibt.
Ich komme zurück zu meiner Rede. Zu diesem Ansatz der Grundsicherung und der Arbeitsanreize gehören folgerichtig – das sage ich als Sächsischer Staatsminister für Wirtschaft und Arbeit – Flächentarifverträge.
Ich fand es sehr bemerkenswert, dass sich der Gesamtmetallchef Kannegiesser jüngst in der „Frankfurter Allgemeinen“ eindeutig für die Leitfunktion des Flächentarifvertrages und gegen den Wildwuchs rein betrieblich orientierter Tarifpolitik ausgesprochen hat.
Lassen Sie mich, meine sehr verehrten Damen und Herren, bei allem wichtigen und notwendigen Streit um die Sache an Folgendes erinnern: Bundestag und Bundesrat, SPD, GRÜNE, Union und – man höre und staune – FDP haben weite Teile der Agenda 2010 gemeinsam beschlossen. Daran erkennt man doch, dass die Schnittmengen der demokratischen Parteien nicht nur bei der Analyse der Herausforderungen, sondern auch bei der Suche nach Lösungswegen größer sind, als es manchmal den Anschein hat.
Wenn sich am 17. März 2005 der Bundeskanzler mit den Parteivorsitzenden der Union zum gemeinsamen Gespräch trifft, hoffe ich auf neue Schnittmengen. Ich sage das sehr wohl, weil ich glaube, dass uns ein Streit über Reformvorhaben in diesem Land nicht weiterbringt. Die Leute erwarten, dass sich die Politik auf einen konsequenten und konzentrierten Weg zur Verbesserung der Beschäftigungssituation in Deutschland verständigt.
Ich spreche mich aber eindeutig dagegen aus, dass man mit zu viel Polemik in diese Gespräche geht. Damit werden die Erwartungen erhöht, denn die Menschen sind in der Vergangenheit von der Politik auch enttäuscht worden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Einigkeit besteht darin, dass bei den Lohnnebenkosten Korrekturen erforderlich sind. Das leugnen Sie. Sie halten uns immer wieder vor, wir würden Kürzungen vornehmen. Das betrifft vor allem unsere bisherige Praxis. Die Kosten
für die soziale Sicherung und die Finanzierung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben, wie die der deutschen Einheit, sind zu einem erheblichen Teil dem Faktor Arbeit aufzubürden.
Nach einem aktuellen Gutachten des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle vom Januar 2005 wurden im Jahre 2003 insgesamt 25 Milliarden Euro für den Aufbau Ost aus den Kassen der Sozialversicherung finanziert. Was aus Steuern finanziert werden müsste, tragen leider die Unternehmer und Arbeitnehmer einseitig. Das ist und das bleibt falsch.
Einigkeit besteht ferner darin, dass heute ein hohes Niveau bei der Bildung, der Ausbildung, dem Studium und der Forschung darüber entscheidet, wie die Leistungsfähigkeit von morgen aussieht.
Wir haben gemeinsam Änderungen in der Steuerpolitik durchgesetzt. Wer mehr Steuergerechtigkeit will, der muss die Bemessungsgrundlagen für die Steuererhebung verbreitern. Wir haben heute – entgegen einer weit verbreiteten Legende – die niedrigste volkswirtschaftliche Steuerquote der letzten Jahre. Der Eingangssteuersatz – das, Frau Höll, verschweigen Sie natürlich gern – –
Sie haben es nicht gesagt, ich habe Ihnen sehr genau zugehört. – Der Spitzensteuersatz ist so niedrig wie nie zuvor. Ich bitte Sie, beide Seiten ins Gespräch zu bringen. Sie sagen nur, was in Ihr politisches Konzept passt. Damit belügen Sie auch die Menschen im Land.
(Beifall bei der SPD, der CDU, der FDP und den GRÜNEN – Zuruf der Abg. Dr. Barbara Höll, PDS – Weitere Zurufe von der PDS)
Wer es sehen will, der sieht es. Die ersten positiven Auswirkungen der gemeinsam beschlossenen Reformpakete sehen wir bereits heute.
Die Senkung der Einkommensteuer bringt allein in der letzten Stufe eine Entlastung um rund 6,5 Milliarden Euro jährlich. Davon, meine sehr verehrten Damen und Herren, profitieren letztlich alle Steuerzahler.
Sie wissen, dass es seit 1999 mehrere Steueränderungen gab, darunter auch massive Entlastungen im Unternehmensteuerbereich. Das geschah immer mit den Ankündigungen, dass damit Arbeitsplätze entstehen, weil die frei gewordenen Gewinne alle investiert würden und deshalb ein Boom auf dem Arbeitsmarkt entstehen würde. Mich würde dazu interessieren, wie erfolgreich diese Reformen der rot-grünen Regierung Ihrer Meinung nach waren.
Sie werden sich wundern. Ich gehe davon aus, dass wir noch eine Unternehmensteuerreform bekommen. Denn das, was Sie einseitig betrachtet haben, ist die Einkommensteuerreform. Über die Körperschaftsteuerreform lässt sich sicher auch reden. Da kann man auch über Irrwege sprechen. Aber ich sage Ihnen, dass wir in den nächsten Monaten noch darüber reden müssen, dass wir eine Unternehmensteuerreform auf den Weg bringen müssen. Das wird eine wichtige Aufgabe der Politik sein.
(Vereinzelt Beifall bei der SPD und der CDU – Beifall des Abg. Sven Morlok, FDP – Dr. Barbara Höll, PDS: Meine Frage ist nicht beantwortet! – Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, PDS)
Dass die Binnennachfrage bisher nicht wie erhofft angezogen hat, zeigt, dass es noch an Zuversicht fehlt.
Darum ist es wichtig, dass wir auch über unsere Stärken reden, ohne die Probleme zu verdrängen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Denn diese einseitige Betrachtung führte zur Verunsicherung und führte auch dazu, dass dieser Sächsische Landtag so aussieht, wie er jetzt aussieht.
Ich glaube, dass den Menschen auch viel vorgemacht wurde. Man muss sich mit Ihren Konzepten auseinander setzen. Kollege Morlok hat darauf hingewiesen, was in der DDR probiert wurde. Sie kommen irgendwann wieder darauf zurück, wenn Sie alles anders machen wollen. Damit kommen Sie zu planwirtschaftlichen Elementen. Die sind gescheitert, das müssen Sie endlich einsehen.
Als Folge des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes haben die gesetzlichen Krankenkassen 2004 einen Überschuss von rund 4 Milliarden Euro erwirtschaftet.
Das nehmen Sie doch auch zur Kenntnis und freuen sich hoffentlich darüber. Dieser Überschuss gibt Spielräume für Beitragssatzsenkungen, die wir für eine Entlastung des Faktors Arbeit und für mehr Beschäftigung in unserem Land dringend brauchen,
dringender als mancherorts Erhöhungen von Gehältern für die Vorstände von Krankenkassen. Ich halte es für einen Skandal, wenn Leistungen aus einer Reform, zum Beispiel die Senkungen von Beiträgen, die den Versicherten zugute kommen sollen, von Vorständen unsensibel dazu genutzt werden, erst einmal ihre Bezüge zu erhöhen. Wir haben in Sachsen festgestellt, dass das bei der AOK nicht so sein soll. Das begrüße ich ausdrücklich.