Nein, was Sie von diesem Parlament halten, das ist klar: Sie wollen hier überhaupt nicht mitarbeiten. Was Sie von parlamentarischer Demokratie halten, ist auch klar: Sie halten nichts davon.
Anstelle von Parlamenten und demokratischer Repräsentation steht bei Ihnen eine nebulöse Volksherrschaft, eine
Kein Mensch weiß, wie das aussehen soll. Sie selbst können es auch nicht definieren. Sie müssen – wenn – dann zurückgreifen auf 70 Jahre oder
noch viele Jahre ältere, schlicht rassistische Machwerke. Aber wie Sie damit eine Industriegesellschaft im 21. Jahrhundert auch nur ansatzweise steuern wollen, wird wahrscheinlich für immer im Dunkeln bleiben.
Grundrechte als Individualrechte eines jeden werden von Ihnen grundsätzlich nicht anerkannt. Eine pluralistische Gesellschaft wird von Ihnen allenfalls diffamiert und herabgesetzt, meine Damen und Herren. Den Staat dagegen, den plustern Sie auf zu einem Schutz- und Trutzbündnis der deutschen Volksgemeinschaft gegen eine Welt von Feinden, meine Damen und Herren.
Eine solche Weltsicht ist nicht nur überholt, sie ist vielleicht auch ein bisschen krank, aber auf jeden Fall würde sie dem deutschen Volk sehr schaden.
Demokratie mit parlamentarischer Repräsentation ist Ihnen ein Graus. Deswegen ist die Delegitimierung von Demokratie schon immer eines der Hauptziele der deutschen Rechtsextremisten. Gleichzeitig bemühen Sie sich aber darum, auch hier in diesem Parlament Ihre Rechte, die Ihnen die Demokratie und der Rechtsstaat geben, bis zum Exzess auszureizen. Aber ich sage Ihnen eines trotz Ihrer Beteuerungen immer wieder: Sie sind allenfalls demokratisch gewählt, Demokraten sind Sie nicht.
Das lässt sich klar festmachen. Rechtsextremisten setzen auch in Sachsen zur Durchsetzung ihrer Ziele auf die üblichen Mittel: Hass, Angst und Gewalt.
Sie bedienen – zum Thema Hass – systematisch vorhandene oder vermutete Ressentiments und Vorurteile bei den Bürgern. Insbesondere gegen Ausländer und andere Minderheiten wird hier gehetzt. Sie fühlen sich sichtlich wohl, wenn Sie andere Menschen und Menschengruppen, insbesondere Minderheiten, verunglimpfen, verächtlich machen, diffamieren und beleidigen. Die Lösung der meist an den Haaren herbeigezogenen Bedrohung bieten Sie auch gleich an. Die beschränkt sich dann auf die schlichte Forderung, alle Ausländer des Landes zu verweisen; als ob damit irgendein Problem in diesem Land gelöst werden könnte, meine Damen und Herren.
Sie setzen auf Angst. Egal welches Thema, aus jedem Problem machen Rechtsextremisten eine unmittelbar bevorstehende Katastrophe ungeheueren Ausmaßes. Sachsen – das habe ich einmal in Ihren Publikationen nachgesehen – wird abwechselnd definiert als Zielgebiet einer gewaltigen Zuwanderungswelle oder wird bedroht
von unmittelbar bevorstehender vollständiger Überfremdung. Das andere Mal ist Sachsen in naher Zukunft ein bevölkerungsloser Entleerungsraum, ein soziales Notstandsgebiet, in dem die noch verbliebenen Menschen kurzfristig vollständig verelenden werden als Opfer einer brutalen Globalisierung, die von den Volksvertretern, die die Existenz des deutschen Volkes vernichten wollen, angerichtet wird.
Meine Damen und Herren! Ja, das macht Angst. Und ich sage Ihnen: Das soll auch Angst machen bei schlichten Gemütern, die Sie da bedienen. Das ist Ihr Rezept. Sie machen den Leuten Angst. Dann kommen Sie hervor und bieten eine Lösung an. Aber die kommt selten über das geistige Niveau irgendeiner Kopf-ab-Parole hinaus.
Da sind wir auch schon bei der dritten Strategie. Rechtsextremisten setzen auf Gewalt. Das Einschüchtern politisch Andersdenkender ist noch eine Ihrer leichtesten Übungen. Infostände von anderen Parteien werden gefilmt und fotografiert,
Adressen mit Fotos im Internet veröffentlicht und politische Gegner gern einmal persönlich diffamiert.
Hier erzählen Sie dann lauthals, die NPD sei aber gegen Gewalt. Auch hier sage ich wieder: Die Wahrheit ist anders, meine Damen und Herren. Die Zahl rechtsextremistischer Gewalttaten in Sachsen ist erschreckend hoch.
Nur die Zahlen: 2004 63 Fälle, 2005 89 Fälle, 2006 77 Fälle, 2007 90 rechtsextremistische Gewalttaten und im ersten Halbjahr 2008 59. Das deutet auf eine Gesamtzahl von mehr als 100 im Jahre 2008.
Jeder Fall ist – das muss ich nicht sagen – einer zu viel. Aber es geht hier um Gewalttaten. Es geht nicht um Hakenkreuzschmierereien oder Sachbeschädigungen. Nicht erfasst sind auch die tätlichen Auseinandersetzungen innerhalb der NPD-Fraktion.
Es geht hier um Gewalttaten, und noch nie hat sich die NPD jemals von irgendeiner dieser Taten distanziert.
Andersherum: Sie lassen die sogenannten freien Kräfte, mit denen Sie konstruktiv zusammenarbeiten, draußen im Land Angst und Schrecken verbreiten. Leute, die andere Menschen nur wegen ihrer Hautfarbe zusammenschlagen, das sind für Sie „Kameraden“, meine Damen und Herren. Solche Gestalten sind Kameraden für Sie!
Deswegen wird Ihnen hier niemand abnehmen, wenn Sie immer wieder sagen, dass Sie gegen Gewalt seien. Sie haben es verpasst, sich irgendwann einmal davon zu distanzieren. Nein, Gewalt ist ein unmittelbarer Bestandteil rechtsextremistischer Politik.
Da können Sie noch so viel schreien. Natürlich ist es unangenehm, wenn die Bürger sehen, mit welchen Kräften Sie sich umgeben, mit wem Sie hier konstruktiv zusammenarbeiten.
Das macht wenig Spaß. Das vermindert die Wahlchancen. Das glaube ich Ihnen. Aber das ist nun einmal leider so, und Sie tun nichts dagegen.
Im Parlament und in ihren Veröffentlichungen gibt sich die NPD als Partei der biederen Bürgervertreter aus. Gleichzeitig wollen Sie die Parlamente abschaffen. Der Grund, warum Sie trotzdem in Parlamente hineingehen, dürfte weniger die Zuneigung oder der Wunsch nach parlamentarischer Mitgestaltung als vielmehr der Wunsch nach Geld sein. Dazu passen Sie sich dem Parlamentssystem sogar erstaunlich weit an.
So hat auch die NPD mit einem „Bildungswerk für Heimat und nationale Identität“ eine politische Bildungseinrichtung und zudem eine kommunalpolitische Vereinigung. Beide Einrichtungen sind allerdings – ich sage: erfreulicherweise – weitgehend inaktiv. Auch hier geht es offenbar allein um den Zugang zu öffentlichen Mitteln, die Sie dringend benötigen nach dem, was in den letzten Jahren bei Ihnen in der Kasse so alles los gewesen ist. Mein lieber Mann, das sieht wahrscheinlich schlimmer aus als in Luis Trenkers Rucksack!
Dann haben Sie – Herr Kollege Dulig hat es erwähnt – auch noch die Dresdner Schule gegründet. Aus der großsprecherischen Ankündigung einer – Zitat – „Bildungseinrichtung, mit deren Hilfe das liberalistische System überwunden“ werden sollte, ist dann auch nichts geworden. Ich darf, glaube ich, für sämtliche andere Parteien in diesem Hause feststellen, dass dies die einzige von allen begrüßte Schulschließung im Land sein dürfte.
Der Kampf gegen den Rechtsextremismus ist notwendig. Er ist weiter notwendig und er beschränkt sich nicht auf die NPD oder andere Parteien, deren Mitgliederzahlen rückläufig sind. Die Zahl der Extremisten insgesamt in Sachsen ist ungefähr gleich geblieben. Es gibt 3 000 Rechtsextremisten, davon 1 300 gewaltbereite.
Diese scheuen zunehmend die Einbindung in feste organisatorische Strukturen, sondern agieren als sogenannte freie Kräfte. Das heißt aber nicht, dass sie unabhängig wären, sondern – das ist von Herrn Apfel gesagt worden – mit ihnen arbeitet die NPD gern und konstruktiv zusammen, meine Damen und Herren.
Den Kampf gegen den Rechtsextremismus werden wir nicht erfolgreich beenden, wenn wir irgendwelche Parteien verbieten oder Organisationen auflösen. Notwendig ist eine Auseinandersetzung mit den Ursachen und mit den
rechtsextremistischen Überzeugungen selbst. Das wird in der gesamten Breite der Gesellschaft zu führen sein, in Schulen, in Vereinen, an Arbeitsplätzen, und es gilt, schon den Ansätzen rechtsextremistischer Ansichten und dann auch Haltungen und Überzeugungen entgegenzutreten.
Der Kampf gegen Rechts ist auch eine Auseinandersetzung mit Bildungslosigkeit und mit fehlenden sozialen Chancen. Das soll hier nicht verschwiegen werden.
Diese Auseinandersetzung kann der Staat nur begleiten und unterstützen. Geführt werden muss sie in der Gesellschaft, mit Argumenten, Zuwendung, Überzeugung und Zivilcourage. Die Antworten auf die Große Anfrage zeigen, dass es in Sachsen viele gute Ansätze gibt, auch im Rahmen des Programms „Weltoffenes Sachsen“. Lassen Sie mich das sagen. Und es wird Sie nicht wundern, wenn wir Liberalen, deren Grundprinzip in der Politik die Freiheit ist, diese Arbeit grundsätzlich unterstützen werden.
Gibt es seitens der Fraktionen noch Diskussionsbedarf? Ich mache aber darauf aufmerksam, dass manche Schwierigkeiten mit dem Zeitvolumen bekommen. Zur Verständigung nenne ich einmal die Zeiten: Bei der CDU gibt es sicherlich keine Probleme, noch 18 Minuten. Die Linksfraktion hat noch 10 Minuten, die SPD 11 Minuten, die NPD knapp 7 Minuten, die FDP 4 Minuten und die GRÜNEN 1:26 Minuten.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Belustigung lösten bei der NPD-Fraktion die Antworten auf die Fragen 36 und 37 aus dem Komplex I aus. Die Staatsregierung habe keine konkreten Erkenntnisse über lokale rechtsextreme Vereine und Bürgerinitiativen in Sachsen, heißt es dort. Hier scheinen die Bearbeiter in der Spitzelbehörde Verfassungsschutz die Fragen der GRÜNEN aber nicht verstanden zu haben. Gefragt wurde nämlich nach sogenannten rechtsextremen Aktivitäten in gewöhnlichen Vereinen und Bürgerinitiativen und nicht nach Vereinen, die sich explizit als national verstehen und das vielleicht auch noch im Namen tragen. Glauben Sie allen Ernstes, dass die NPD angesichts des linken Gesinnungsterrors eigene Vereine und Bürgerinitiativen gründet, die Sie bei der nächsten Gelegenheit mithilfe des Vereinsrechts dann einfach verbieten?
Die sächsische NPD ruft ihre Mitglieder vielmehr dazu auf, sich in Sportvereinen, bei der freiwilligen Feuerwehr und in lokalen Bürgerinitiativen zu engagieren, ohne ihre Mitgliedschaft laut herauszuposaunen. Diese nationale Graswurzelarbeit findet inzwischen in vielen sächsischen Regionen statt und wird bei den Stadtratswahlen am 7. Juni für einige Überraschungskandidaturen auf NPDListen sorgen. Weil sich unsere Leute in den Vereinen
aber geräuschlos engagieren, können der Staatsregierung zu den Fragen 38 und 39 gar keine Erkenntnisse vorliegen.
Meine Damen und Herren, Sie würden sich wundern, wer in ländlichen Vereinen so alles Mitglied der NPD ist oder ihr nahe steht. Die Sachsen sind nämlich weitaus nationaler eingestellt, als es Ihnen allen lieb ist. Deshalb wird in den Medien gehetzt und in der Schule umerzogen, dass sich die Balken biegen.