Öl und Gas sollten wir alles unternehmen – gerade in der Europäischen Union; es geht nicht nur um Deutschland –, keine neuen Abhängigkeiten einzugehen und alles dagegen zu tun. Insofern erwarte ich diese strategische Betrachtung seitens der Europäischen Union. Hier geht es um europäische Industriepolitik. Darin bin ich mir mit Günter Verheugen sehr einig, den ich in dieser Frage gesprochen habe. Wir haben ihn dabei an unserer Seite.
Aber ich will ausdrücklich, auch in anderen Zusammenhängen, betonen: Es kann nicht sein, dass die EU beihilferechtliche Tatbestände zum Anlass nimmt, bestimmte Investitionen zu behindern. So werden wir Europa entindustrialisieren. Ich finde, das ist ein verhängnisvoller Weg. Deshalb muss die Europäische Kommission die Frage beantworten, wie sie industriepolitisch aufgestellt ist und wie sie strategisch bestimmte Produkte in Europa weiter produzieren lassen will, einschließlich der damit verbundenen Arbeitsplätze.
Für Sachsen kommt es jetzt darauf an, neue Ideen und Technologien für die Sicherung und Weiterentwicklung des Mikroelektronikstandortes Sachsen zu entwickeln. Die Voraussetzungen dafür sind dennoch gut. Mit AMD und Infineon verfügt Sachsen weiterhin über führende Unternehmen der Branche. Bei Qimonda wird sich der Freistaat Sachsen um eine Fortführung bemühen. Wir stehen auch wie bisher mit unseren Fördermöglichkeiten zur Seite, wenn ein Investor ein überzeugendes Konzept vorlegt. Daher werden wir alle Möglichkeiten nutzen, die sich in einem Insolvenzverfahren bieten. Das sind wir den hoch qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Qimonda schuldig.
Wenn bekannt ist, welcher Verwalter durch das Amtsgericht München zur Verwaltung des Insolvenzverfahrens eingesetzt wurde, werden wir Kontakt aufnehmen. Genauso werden wir mit der Arbeitsverwaltung sprechen, um nötige Vorkehrungen, insbesondere bestimmte Maßnahmen im Interesse der Weiterbeschäftigung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, zu vereinbaren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach wie vor bleibt Silicon Saxony ein starker Cluster von europäischer Bedeutung. Wir sollten alles dafür tun, dass dies auch in Zukunft so bleibt.
Danke, Herr Minister. – Meine Damen und Herren! Das war eine Wortmeldung außerhalb der Tagesordnung. Nach § 87 unserer Geschäftsordnung besteht die Möglichkeit, auf Antrag einer Fraktion dazu zu sprechen. Die Redezeit beträgt 6 Minuten. – Bitte schön, Herr Dr. Hahn.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das, was uns der Wirtschaftsminister soeben offiziell mitgeteilt hat, ist ohne Zweifel ein schwerer Schlag ins Kontor. Es droht nicht nur der Verlust Tausender Arbeitsplätze, sondern es droht im schlimmsten Fall – darauf wurde am Ende hingewiesen – auch das Aus für den Mikroelektronikstandort Dresden.
Wenn im nun folgenden Insolvenzverfahren nicht doch noch eine Rettungsmöglichkeit für Qimonda gefunden wird, dann könnte in der Folge auch Infineon ins Trudeln geraten und würde wohl auch AMD kaum auf Dauer in der Region bleiben.
Natürlich liegt die Hauptverantwortung für die nun eingetretene Situation beim Unternehmen selbst, konkret in der Vorstandsetage; denn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind nach wie vor hoch qualifiziert und leisten eine hervorragende Arbeit.
Selbstverständlich ist festzuhalten, dass die Mutterfirma Infineon offenkundig nicht in der Lage oder nicht bereit war, einen größeren Beitrag zur Rettung von Qimonda zu leisten. Aber zugleich gibt es auch politische Verantwortlichkeiten, die in dieser Stunde benannt werden müssen.
Niemand kann erwarten, dass Hunderte von Millionen Euro an Steuergeldern in ein untergehendes Schiff geworfen werden. Aber ich bleibe dabei: Es gab Möglichkeiten für die Staatsregierung, Qimonda zu retten. Ja, es gab offenbar wirklich vernünftige und für den Freistaat vertretbare Angebote zur Übernahme von Anteilen an Qimonda.
Meine Damen und Herren! Eine staatliche Beteiligung am Unternehmen wäre ein klares Zeichen gewesen, dass Qimonda erhalten bleiben soll. Ein klares Zeichen sowohl an die Konkurrenz, vor allem in Fernost, aber auch ein Zeichen an die Banken, die Überbrückungsdarlehen bereitstellen sollten.
Dieses Zeichen ist ausgeblieben, obwohl es ja im Wirtschaftsministerium diesbezüglich ganz konkrete Überlegungen in diese Richtung gab. Staatskanzlei-Chef Beermann und Finanzstaatssekretär Voß haben jedoch die Ampeln auf Rot gestellt, offenbar auf Geheiß der CDU. Jetzt rächt sich Ihre wochenlange Hinhaltetaktik, meine Damen und Herren von der CDU und von der Staatskanzlei.
Anstatt schon Ende letzten Jahres ein eindeutiges Signal zu senden, dass der Freistaat Sachsen den Erhalt von Qimonda und damit auch des Mikroelektronikstandortes
mit Landesmitteln und Bürgschaften unterstützen wird, ist es vor allem die CDU gewesen, die dem um eine Lösung bemühten Wirtschaftsminister wiederholt in den Rücken gefallen ist. Sie, meine Damen und Herren, haben notwendige Entscheidungen blockiert!
(Volker Bandmann, CDU: Herr Hahn, das ist doch die pure Hetze, die Sie hier treiben! – Weitere Zurufe von der CDU)
Sie haben erklärt, dass Sie gegen einen Nachtragshaushalt sind, und Sie sind gegen staatliche Beteiligungen.
Eines muss man auch sagen: Ministerpräsident Tillich hat zu allem geschwiegen. Er hatte wie immer keine eigene Meinung und hat damit am Ende das Vorgehen seiner Fraktion sanktioniert.
(Beifall bei der Linksfraktion – Volker Bandmann, CDU: Sie wissen, dass das gelogen ist, was Sie hier sagen!)
Die Folgen dieser Verweigerungshaltung waren verheerend. Hören Sie zu! Ohne vorheriges staatliches Engagement bekam das angeschlagene Unternehmen Qimonda bei den Banken keine Kredite mehr, die zur Überbrückung bis zur Einführung der neuen und absehbar rentierlichen Produktlinie zwingend erforderlich sind.
Wenn die CDU im Wissen um diese Situation staatliche Hilfe erst dann gewähren wollte, wenn Qimonda verbindliche Kreditzusagen nachweist – was objektiv so gut wie unmöglich war –, dann wurde damit in meinen Augen der Untergang des Unternehmens bewusst in Kauf genommen.
Wegen einer angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise ohnehin überholten Ideologie – bei der CDU heißt das: keine staatliche Beteiligung an Unternehmen – riskiert die Sächsische Union den Verlust von Tausenden von Arbeitsplätzen. Wer so agiert, hat in Regierungsverantwortung nichts verloren!
Es ist schon einigermaßen dreist, wenn CDU-Fraktionschef Flath in seiner heutigen Presseerklärung den Wirtschaftsminister auffordert, sich um Auffanglösungen für die von Entlassung bedrohten Mitarbeiter zu bemühen. Natürlich brauchen wir diese Auffanglösungen.
Aber es ist völlig inakzeptabel, dass die CDU zuerst dem Wirtschaftsminister in den Rücken fällt und ihm nun die alleinige Verantwortung für die Schadensbegrenzung zuweist.
Für die Linksfraktion steht fest, dass die mit Investitionen in Milliardenhöhe mühsam etablierten Technologiecluster in der Chipindustrie Sachsen – im Übrigen von der CDU einst als Leuchtturm für den Aufbau Ost gefeiert – durch eine vollständige Pleite von Qimonda nicht gefährdet werden dürfen. Die sächsische CDU unter Ministerpräsident Tillich ist derzeit dabei, dem auch mit Steuergeldern reichlich gefüllten Fass für die Chipindustrie in Dresden den Boden auszuschlagen.
Die Linksfraktion fordert die Staatsregierung auf, dem Landtag schnellstmöglich ein Konzept vorzulegen, wie der Mikroelektronikstandort in Dresden trotz der nun eingetretenen Situation gesichert werden kann. Hierzu erwarte ich endlich klare Aussagen und vor allem erkennbares Handeln vom sächsischen Ministerpräsidenten.
Während Qimonda ums Überleben kämpfte, ließ es sich Stanislaw Tillich einen ganzen Tag lang auf der „Grünen Woche“ gut gehen und inszenierte sich medienwirksam.
Heute jedoch kein Wort vom Ministerpräsidenten – wieder einmal kneift Herr Tillich vor der Verantwortung. Wann fangen Sie endlich mit dem Regieren an? Wann zeigen Sie Ihre Richtlinienkompetenz?
Wann bringen Sie dieses Land auch nur in einem einzigen Punkt voran? Herr Tillich, das ist mein letzter Satz und meine Aufforderung:
Leisten Sie nun wenigstens einen erkennbaren Beitrag zur Schadensbegrenzung, wenn Sie schon den Schaden nicht verhindert haben!