Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Herr Hahn, wir haben freilich Wahljahr. Aber ich meine nicht, dass das jetzt gerade die Stunde des Wahlkampfes ist,
zumal Sie, Herr Hahn, nicht einmal bis heute warten konnten. Sie haben ja das, was Sie soeben erklärt haben, schon gestern Nachmittag, 15:49 Uhr, als Presseerklärung herausgegeben.
Und das, obwohl wir uns gestern unter den Fraktionsvorsitzenden darauf verständigt hatten, diesen gestrigen Tag einfach vergehen zu lassen, um den Unternehmen die Möglichkeit zu geben, sich selbst darüber klarzuwerden, wie sie entscheiden werden.
Deshalb will ich nun zur Erklärung von Wirtschaftsminister Jurk zurückkehren. Das ist jetzt sehr angemessen. Ich möchte namens der CDU-Fraktion der Staatsregierung für ihr verantwortungsvolles Handeln über mehrere Wochen hinweg danken. Die Regierung hat dem Unternehmen Qimonda, der Muttergesellschaft Infineon, ein Angebot unterbreitet, das bis zum Schluss stand. Das war ein Angebot, das bisher kein anderes Unternehmen im Freistaat Sachsen zur Rettung bekommen hat. Das möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich erwähnen.
Aber die Regierung hat auch verantwortungsvoll gehandelt, indem sie verschiedenen Erpressungsversuchen nicht erlegen ist. Auch das will ich unterstreichen.
Denn auch dabei hat die Regierung eine Verantwortung sowohl gegenüber dem Steuerzahler als auch gegenüber anderen Unternehmen und der Unternehmenskultur in Sachsen. Diesem ist die Regierung gerecht geworden. Wir haben als Fraktion die Regierung begleitet. Ich weiß auch, dass das ganz verschieden interpretiert worden ist. Ich will noch Folgendes herausstellen: Mit meiner Äußerung vor zwei Wochen habe ich insbesondere das Unternehmen auf seine Verantwortung hingewiesen, nämlich Infineon, und darum gebeten, alles zu tun, um Qimonda am Standort Dresden zu erhalten.
Die zweite Zielrichtung meiner Äußerung war die Bundesregierung. Ich will hier feststellen – das weiß ich von Wirtschaftsminister Jurk –, dass die Bundesregierung bis zum Schluss versucht hat, auch ihrer Aufgabe gerecht zu werden.
Damals hatte ich noch eine dritte Botschaft mit meinen Äußerungen, und zwar an die Europäische Union. Von der Europäischen Union bin ich ausdrücklich enttäuscht. Es mag sein, Herr Jurk, dass wir hier eine unterschiedliche Einschätzung haben. Man muss sich einmal vorstellen, dass Deutschland den Industriekommissar in der Europäischen Union stellt, Herrn Verheugen. Es ist nicht in den letzten Wochen und Monaten eine falsche Weichenstellung erfolgt. Darin stimme ich mit Ihren Ausführungen wieder sehr überein, Herr Jurk.
Wir müssen in Europa diskutieren, wie zukünftig die Industriepolitik gestaltet werden soll, weil Europa nicht allein ist auf dieser Welt. Das lässt sich sehr gut vom Mikroelektronikstandort hier in Dresden ableiten. Da hat es eine europäische Chemikalienpolitik gegeben – Frau Hermenau, ich habe das bereits in der Debatte zum Haushalt im Dezember hier angesprochen. Ich will das wiederholen, es liegt zehn Jahre zurück, damals hat RotGrün regiert. Es hat eine europäische Energiepolitik
gegeben, die natürlich etwas mit der Industrie zu tun hat, und es gibt möglicherweise noch ganz andere Dinge, die die Europäische Union vorhat.
Wir müssen es schaffen, auch unsere Rolle in Europa zu definieren. Wir sind das industriestärkste Land in der Europäischen Union, und da hat es, bitte schön, auch um deutsche Interessen zu gehen, wenn wir uns dafür einsetzen.
Jetzt sollten wir nach vorn schauen. Die CDU-Fraktion bedauert die Situation, die eingetreten ist. Das ist ohne Zweifel ein schwerer Schlag für den Mikroelektronikstandort in Dresden. Aber es ist nicht das Ende. Deshalb signalisiere ich namens der CDU-Fraktion die Unterstützung für die Regierung, jetzt alles zu tun. Es gibt einen neuen Partner, das ist der Insolvenzverwalter. Unternehmensteile, die zukunftsfähig sind, sind zu unterstützen. Oder, wie Herr Jurk es angekündigt hat, wir sollten uns mit der Arbeitsverwaltung zusammensetzen, um Möglichkeiten zu suchen, dass Arbeitsplätze am Standort Dresden erhalten werden. Ich will der Regierung ausdrücklich signalisieren, dass sie hierbei die Unterstützung der CDU-Fraktion hat.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Flath, wenn das keine Wahlkampfrede war, dann bin ich einmal auf die Wahlkampfauseinandersetzung gespannt und darauf, was wir im August zu hören bekommen. Wenn Sie auf der einen Seite hier ans Mikrofon treten und anderen vorwerfen, dass der Wahlkampf schon eröffnet sei und dass dies nicht die Stunde des Wahlkampfes sei und ich mir dann die Pressemitteilung der CDU-Landtagsfraktion ansehe, dann verstehe ich in der Tat diesen Zusammenhang nicht.
Mir und der Landtagsfraktion der SPD geht es darum, Danke dafür zu sagen, dass der Wirtschafts- und Arbeitsminister Ende der vergangenen Woche alles versucht hat, um den Standort von Qimonda zu retten. Dafür sage ich noch einmal ausdrücklich all denen, die daran beteiligt waren, für die Gespräche, die hier im Haus geführt wurden, all denen, die sich nächtelang mit Vertretern des Unternehmens getroffen und alles möglich gemacht haben, was ging, Danke für diesen Einsatz.
Hier ist professionell gearbeitet worden. Man hat den Versuch gemacht, eine klare Botschaft zu senden. Diese war notwendig. Sie hieß, alles daranzusetzen, dass wir ein Signal senden können, um 40 000 Menschen in der Region, die im Bereich der IT-Industrie angestellt sind, einen sicheren Arbeitsplatz zu bieten, den Standort weiter
auszubauen und dass das, was wir immer als Silicon Saxony bezeichnen, über die Grenzen hinaus weiterhin Bestand hat.
Dass das Fraunhofer-Institut – das ist auch schon gesagt worden – beabsichtigt, mit einem Berliner Institut gemeinsam im Februar eine Entscheidung zu treffen und sich mit rund 50 Millionen Euro Investitionsmaßnahmen dieses Segmentes anzunehmen, ist doch ein Signal, das uns ermutigen sollte. Dabei geht es um die Frage, wie die Forschung gemeinsam mit AMD im Bereich 3D-ChipTechnologie weiter ausgebaut werden kann. Deshalb ist es wichtig, dass wir heute klar sagen, dass wir gemeinsam den Versuch unternehmen wollen, alles daranzusetzen, dass es nicht dazu kommt, dass durch diese Insolvenz ein fatales Signal in die Region ausgestrahlt wird, dass es heißt: Hier in Dresden kann man sich nicht mehr ansiedeln, hier ist die Chip-Industrie am Niedergang.
Wir haben in den nächsten Wochen und Monaten alles daranzusetzen, dass wir für jeden Arbeitsplatz hier in Sachsen kämpfen müssen, der im Bereich der IT-Industrie angesiedelt ist, aber natürlich nicht nur in diesem Bereich.
Ich kann es mir nicht verkneifen, einige Anmerkungen zu dem zu bringen, was unser Koalitionspartner gerade vorgetragen hat. Wenn Sie jetzt davon sprechen, dass nun das vorgesehene Geld zur Stärkung der angeschlagenen Mikroindustrie eingesetzt werden soll, und gleichzeitig fordern Sie den Wirtschafts- und Arbeitsminister Thomas Jurk auf, Auffanglösungen zu suchen, dann hätte ich mir gewünscht, dass Sie diese Klarheit und dieses klare Bekenntnis auch zum Standort vor zwei Wochen geliefert hätten und uns damals nicht in den Rücken gefallen wären.
Jetzt dem Minister aufzutragen, dass er nach einer Auffanglösung zu suchen hat – das ist sein Job, den hat er schon in der Vergangenheit erledigt, und den wird er auch zukünftig machen. Ich glaube, dass man ernsthaft darüber nachdenken sollte, ob das, was teilweise auch in Zitaten von unserem Koalitionspartner gebracht worden ist, zum Beispiel „Die da drüben sollen allein entscheiden“ – bei „die da drüben“ war die Staatsregierung gemeint – oder „Warum soll denn der kleine Abgeordnete mit so einer komplexen Materie betraut werden? Diese Risikoabschätzung ist doch für den normalen Abgeordneten gar nicht leistbar.“ – – Dazu sage ich Ihnen, dass das organisierte Verantwortungslosigkeit ist!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir als NPD-Fraktion bedauern außerordentlich die eingetretene Entwicklung, insbeson
dere mit Blick auf die Folgen, die sie für die Beschäftigten des Qimonda-Werkes hat. Andererseits sehen wir natürlich in diesem Ereignis auch den Ausdruck einer insgesamt verfehlten Wirtschafts- und Finanzpolitik, und wir sehen uns in der Systemkritik, die wir bisher betrieben haben, bestätigt. – Danke.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich an den Beginn meiner Ausführungen die Aussage stellen, die ich heute Morgen auch spontan namens meiner Fraktion in einer Pressemitteilung erklärt habe, nachdem die bedauerliche Situation von Qimonda bekannt wurde: Die Insolvenz von Qimonda, so bedauerlich sie auch sein mag, ist nicht das Ende von Silicon Saxony. Es ist für mich ganz wichtig, dies heute hier so deutlich zu sagen.
Wir hatten in der Vergangenheit eine sehr kritische Position eingenommen hinsichtlich der Aktivitäten des Staates, wie ich es einmal allgemein ausdrücken will, im Rahmen einer möglichen Qimonda-Rettung. Wir haben einfach gesehen, dass immer neue Forderungen aufgemacht wurden. Zuletzt ging es gestern noch einmal um plus 300 Millionen Euro Finanzbedarf. Für uns ist das immer undurchsichtiger geworden. Das war für uns auch ein Zeichen dafür, dass man sich sehr gut überlegen sollte, ob man, salopp ausgedrückt, schlechtem Geld noch gutes Geld hinterherwerfen soll. Ich meine, dass die ganze Entwicklung schon gezeigt hat, dass sich hier ein Fass ohne Boden aufzutun drohte. 262 Millionen Euro für den Betriebsmittelkredit und den Bürgschaftsanteil des Freistaates sind ein erheblicher Betrag, den – wie vorhin von Ihnen, Herr Minister, angesprochen – kein anderes Unternehmen hier im Freistaat Sachsen bekommen hätte; das ist eine riesige Summe.
Staatsbeteiligung ist keine Lösung. Wir haben hier im Freistaat erlebt, was passiert, wenn der Staat Unternehmer spielt; wir haben es am Beispiel Sachsen LB schmerzlich erlebt.
Wir haben gesehen, wie toll der Staat in der Lage ist, eine Bank zu führen. Und Sie erwarten jetzt, dass derselbe Staat, der hier grandios gescheitert ist, bei der Chipfertigung auf die Erfolgsspur kommen würde.
Ich bin sehr bei Ihnen, Herr Minister Jurk, dass wir auch eine strategische Betrachtung anstellen müssen. Natürlich kann man politisch überlegen, ob es strategisch sinnvoll
ist, eine Chipproduktion in Europa haben zu wollen; darüber kann man sehr wohl diskutieren. Nur, wenn man das so diskutiert, dann kommt man auch zu dem Ergebnis, dass es eine europäische Aufgabe ist. Da kann doch nicht der Freistaat Sachsen mit Portugal gemeinsam die Zukunft der europäischen Chipproduktion retten, sondern man muss auf der europäischen Ebene darüber nachdenken. Wir hatten ja andere Beispiele, wie im Flugzeugbau den Airbus; das war ein europäisches Projekt, und man hätte auch hier überlegen müssen, ob es sinnvoll ist, ein europäisches Projekt aus der Taufe zu heben.
(Beifall bei der FDP und der CDU – Zuruf von der Linksfraktion: Was ist das denn jetzt? – Weitere Zurufe)
Der Mikroelektronikstandort Sachsen, Silicon Saxony, ist nicht am Ende. Wir haben 1 200 Unternehmen mit 40 000 Beschäftigten – das ist weit mehr als Qimonda. Wir müssen einfach zur Kenntnis nehmen, dass Infineon nicht mehr wollte und nicht mehr konnte, und 75 Millionen Euro waren im Verhältnis wirklich nicht viel.