Protokoll der Sitzung vom 11.03.2009

Drucksache 4/14874, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Es liegt keine Empfehlung des Präsidiums vor, eine allgemeine Aussprache durchzuführen, also spricht nur die Einreicherin, die Staatsregierung. Frau Dr. Stange, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da die Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie uns alle in den nächsten Jahren betreffen wird, will ich bei der Einreichung dieses Gesetzes die Rede nicht zu Protokoll geben, sondern doch noch einige Worte dazu sagen. Ich kündige aber an, das bei der nächsten Einbringung zu tun.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein wichtiges Vorhaben der Sächsischen Staatsregierung ist in diesem Jahr die Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie. Die Richtlinie ist eines der bedeutendsten Reformvorhaben bei der Umsetzung der durch die Staats- und Regierungschefs der EU verabschiedeten Lissabon-Strategie. Hauptziel dieser Lissabon-Strategie ist ja die Förderung von Wachstum und Beschäftigung. Die EU-Richtlinie ist Ende 2006 in Kraft getreten. Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union müssen diese nun bis zum 28.12. dieses Jahres in nationales Recht umsetzen. Die Zeit drängt also. Sämtliche Umsetzungsmaßnahmen diesbezüglich sind bis Ende des Jahres abzuschließen.

Ein zentrales Anliegen der Richtlinie ist die Einrichtung von sogenannten einheitlichen Ansprechpartnern. In der Bundesrepublik Deutschland hat jedes Bundesland die Aufgabe, einen solchen einheitlichen Ansprechpartner einzurichten, also auch das Bundesland Sachsen. Zu den Aufgaben dieses Ansprechpartners gehören die Beratung und Information der Dienstleister und Dienstleistungsempfänger. Zudem können noch zahlreiche Verfahren und Formalitäten, die die Aufnahme und Ausübung von Dienstleistungstätigkeiten betreffen, vollständig über diesen einheitlichen Ansprechpartner abgewickelt werden. Musste sich bisher zum Beispiel ein Existenzgründer an eine Vielzahl von Genehmigungsbehörden wenden, so nimmt ihm der einheitliche Ansprechpartner in Zukunft diese Arbeit ab. Er leitet die Formulare und Anträge des Dienstleisters an die zuständigen Behörden weiter und koordiniert das Verfahren. Diese Bündelungsfunktion wird zu einer erheblichen Erleichterung für die Dienstleister führen.

Die Sächsische Staatsregierung hat bereits im Sommer 2008 beschlossen, diese Aufgabe auf die Landesdirektion Leipzig zu übertragen. Im Anschluss daran wurde der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf erarbeitet.

Die EU-Dienstleistungsrichtlinie verlangt lediglich, dass der einheitliche Ansprechpartner EU-Ausländern zur Verfügung steht. Der Gesetzentwurf, der Ihnen vorliegt, geht jedoch darüber hinaus. Vom einheitlichen Ansprechpartner sollen zukünftig auch deutsche und somit auch sächsische Dienstleister profitieren.

Einige Mitgliedsstaaten der EU beabsichtigten, den einheitlichen Ansprechpartner nur in Form einer rein elektronischen Lösung im Sinne einer virtuellen Einrichtung einzurichten. Diese Zielrichtung wird allerdings von der Staatsregierung nicht für sinnvoll erachtet. Um umfassend auf die Bedürfnisse der Dienstleister und der Dienstleistungsempfänger eingehen zu können, wird im Freistaat Sachsen auch eine persönliche und individuelle Beratung durch den einheitlichen Ansprechpartner garantiert.

Der einheitliche Ansprechpartner kann für seine Tätigkeit dann auch Gebühren und Auslagen erheben. Diese sind aber – das ist wichtig – so zu bemessen, dass sie in einem angemessenen Verhältnis zu den Kosten des Genehmigungsverfahrens stehen. Mit den Gebühren soll auch ein Teil des finanziellen Aufwandes abgedeckt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich noch einige Worte zur Ansiedlungsentscheidung bei der Landesdirektion Leipzig sagen. Wie Sie sicher wissen,

waren an der Übernahme dieser Aufgabe auch andere Institutionen interessiert. Sicher ist der eine oder andere von Ihnen damit in Kontakt gekommen. Die Wirtschafts- und Berufskammern haben hier ebenso wie die Kommunen ihr Interesse bekundet. Diese Einrichtungen wurden daher im vergangenen Jahr auch umfassend in den Entscheidungsprozess eingebunden.

Nach Ansicht der Sächsischen Staatsregierung stellt die Ansiedlung des einheitlichen Ansprechpartners bei der Landesdirektion Leipzig die sachgerechteste Lösung dar. Die Hauptaufgabe des einheitlichen Ansprechpartners ist die Koordinierung von Genehmigungsverfahren. Diese Bündelungsfunktion wird von der Mittelbehörde bereits heute wahrgenommen. Deshalb halten wir diese Bündelung in der Landesdirektion für ein geeignetes Verfahren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Freistaat ist im Übrigen das erste Bundesland, das dem Landesparlament einen derartigen Gesetzentwurf vorlegt. Sachsen hat damit eine Vorreiterrolle. Ich gehe auch davon aus, dass bei einer fristgerechten parlamentarischen Behandlung diese Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie hier fristgerecht erfolgen wird.

Auch die anderen Nachbarstaaten sind derzeit dabei, ab 2010 den einheitlichen Ansprechpartner, zum Beispiel Tschechien und Polen, zu implementieren und die entsprechende Verfahrensabwicklung auf den Weg zu bringen.

Ich bin zuversichtlich, dass das System der europaweiten einheitlichen Ansprechpartner dazu führen wird, den grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr nachhaltig zu fördern und es damit gerade für die Wirtschaft von besonderer Bedeutung sein wird.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Meine Damen und Herren! Das Präsidium schlägt Ihnen vor, den Entwurf Gesetz über den einheitlichen Ansprechpartner im Freistaat Sachsen an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr – federführend –, an den Innenausschuss sowie an den Haushalts- und Finanzausschuss zu überweisen. Wer dem Vorschlag der Überweisung an diese Ausschüsse zustimmen kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Damit ist die Überweisung beschlossen und der Tagesordnungspunkt 21 beendet.

Meine Damen und Herren! Aufgerufen ist der

Tagesordnungspunkt 22

1. Lesung des Entwurfs Gesetz zur Umsetzung der Europäischen Dienstleistungsrichtlinie im Freistaat Sachsen (Sächsisches Dienstleistungsrichtliniengesetz – SächsDRG)

Drucksache 4/14875, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Auch hierzu ist keine allgemeine Aussprache vorgesehen. Die Staatsregierung erhält das Wort zur Einreichung. Frau Staatsministerin Dr. Stange, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da ich mich heute nicht unbeliebt machen möchte

(Beifall bei der CDU und der FDP)

und es sich hier immerhin um 21 Gesetze aus acht Ministerien handelt, die im Gesetz zur Umsetzung der Europäischen Dienstleistungsrichtlinie geändert werden müssen, gehe ich davon aus, dass sich die Ausschüsse damit intensiv befassen werden. Insofern gebe ich die Rede zu Protokoll.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Meine Damen und Herren! Damit bekommen die Ausschüsse Arbeit. Das Präsidium schlägt Ihnen vor, den Entwurf Gesetz zur Umsetzung der Europäischen Dienstleistungsrichtlinie im Freistaat Sachsen (Sächsisches Dienstleistungsrichtlinien- gesetz – SächsDRG) an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr zu überweisen. Wer dem Vorschlag der Überweisung an den Ausschuss zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist auch diese Überweisung beschlossen.

Erklärung zu Protokoll

Neben der Einrichtung von einheitlichen Ansprechpartnern beinhaltet die EU-Dienstleistungsrichtlinie weitere Umsetzungsmaßnahmen. Ein zentraler Punkt ist hierbei die Verpflichtung der Mitgliedsstaaten zur Überprüfung ihres Rechts auf Konformität mit der Richtlinie. Das heißt im Klartext: In ganz Deutschland sind sämtliche Gesetze, Verordnungen, Satzungen und sonstige Normen auf allen Ebenen umfassend zu überprüfen. Soweit dabei ein Anpassungsbedarf festgestellt wird, sind diese Änderungen bis spätestens 28.12.2009 vorzunehmen.

Daher wurden im Rahmen einer ausführlichen und gewissenhaften Normenprüfung im Jahr 2008 die Gesetze unseres Landesrechts überprüft. Im Ergebnis wurde der vorliegende Entwurf eines Artikelgesetzes erstellt. Darin werden insgesamt 21 Gesetze aus acht Ministerien geändert. Angepasst werden beispielsweise das Pressegesetz, die Bauordnung, das Wassergesetz, das Waldgesetz, das Architektengesetz und das Dolmetschergesetz. Mit dem Entwurf werden insbesondere unzulässige Beschränkungen der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit abgebaut.

Lassen Sie mich anhand des Pressegesetzes ein einfaches Beispiel nennen. Bisher durfte man als verantwortlicher Redakteur nicht in Sachsen tätig sein, wenn man seinen ständigen Aufenthalt außerhalb Deutschlands hatte. Dies wird nun geändert. Auch eine Person, die ihren ständigen Aufenthalt in einem EU-Mitgliedstaat hat, darf nun als verantwortlicher Redakteur tätig werden.

Das Verständnis der EU von Dienstleistungen ist umfassender als in Deutschland. Als Dienstleistungen gelten insbesondere gewerbliche, kaufmännische, handwerkliche und freiberufliche Tätigkeiten. Aber auch die Land- und Forstwirtschaft wird hier einbezogen. Zudem wird die Verfahrensabwicklung über den einheitlichen Ansprechpartner in den Fachgesetzen angeordnet. Verfahren können nur dann über den einheitlichen Ansprechpartner abgewickelt werden, wenn dies im Fachrecht ausdrücklich angeordnet ist. Diese Vorgabe des Verwaltungsverfahrensgesetzes wird in zahlreichen Gesetzen umgesetzt.

Die EU-Dienstleistungsrichtlinie fordert weiterhin, dass Anträge binnen einer vorab festgelegten Frist bearbeitet werden müssen. Wird der Antrag nicht innerhalb dieser Frist bearbeitet, so gilt die Genehmigung als erteilt. Damit sollen die Verfahren beschleunigt werden. Die Richtlinie stellt weiterhin bestimmte Anforderungen an die Anerkennung von Dokumenten aus anderen Mitgliedsstaaten. Legt ein Dienstleister zum Beispiel ein Zeugnis oder eine Bescheinigung als Nachweis vor, sind gleichwertige Dokumente aus dem EU-Ausland anzuerkennen. Im Regelfall dürfen auch keine Originale, beglaubigte Kopien oder beglaubigte Übersetzungen mehr verlangt werden.

Einen wichtigen Punkt möchte ich noch betonen: Die Richtlinie nimmt zahlreiche Gebiete vom Anwendungsbereich aus. Dazu gehören beispielsweise das Strafrecht, das Arbeitsrecht, das Tarifrecht und auch das Steuerrecht. Weiterhin werden zum Beispiel Finanzdienstleistungen, Verkehrsdienstleistungen, soziale Dienstleistungen und

Glücksspiele ausgenommen. Diese Bereiche wurden daher keiner Prüfung und Anpassung unterzogen.

Sofern der Bedarf in den jeweiligen Fachgesetzen bestand, wurden über die Anpassung an die EU-Dienstleistungsrichtlinie hinaus noch andere notwendige Korrekturen vorgenommen. Dazu gehörten Klarstellungen, redaktionelle Anpassungen oder auch die Anpassung an die EU-Berufsqualifikationsrichtlinie. So wurde beispielsweise das Markscheidergesetz komplett neu gefasst. Im Sinne der Deregulierung wurden veraltete und überflüssige Regelungen gestrichen.

Die Normenprüfung betrifft übrigens nicht nur die Sächsische Staatsregierung. Auch Kammern, Kommunen und sonstige Körperschaften, die selbst Recht setzen, haben in den vergangenen Monaten diese Prüfung durchgeführt. Sie trifft in diesem Jahr ebenfalls die Pflicht, ihre Normen an die Richtlinie anzupassen.

Die Normenprüfung und Normenanpassung wird natürlich nicht nur in Sachsen und den übrigen Ländern der Bundesrepublik Deutschland durchgeführt. Auch in den anderen Staaten der EU werden derzeit sämtliche Normen überprüft. Alle leisten hier einen Beitrag, um den europäischen Binnenmarkt zu fördern. Ich bin daher optimistisch, dass auch sächsische Dienstleister bei ihrer grenzüberschreitenden Tätigkeit davon profitieren werden.

Dieser Tagesordnungspunkt kann beendet werden. Damit kann auch die Tagesordnung der 131. Sitzung abgeschlossen werden. Wir haben sie abgearbeitet.

Das Präsidium hat den Termin für die 132. Sitzung auf morgen, Donnerstag, den 12. März 2009, 10:00 Uhr, festgelegt. Die Einladung und die Tagesordnung dazu liegen Ihnen vor. Ich schließe die 131. Sitzung des 4. Sächsischen Landtages und wünsche Ihnen einen angenehmen Abend. Nebenbei bemerkt: Der Freistaat Sachsen ist auch in diesem Bereich das erste Bundesland, welches dem Landesparlament einen derartigen Gesetzentwurf vorlegt.