Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nun führen wir also die Aktuelle Debatte von heute Morgen weiter. Allerdings ist der Antrag insofern nicht aktuell, als der Tarifvertrag der Länder inzwischen abgeschlossen wurde. Wir wissen, dass der Abschluss nicht nach dem Geschmack der FDP ist. Aber das macht nichts, dafür gibt es ja Tarifautonomie.
Dieselbe FDP, die sich mit diesem Antrag in populistischer Manier für die Interessen der Lehrer einzusetzen vorgibt und eine bessere Bezahlung für diese Berufsgruppe einfordert, hat noch am 2. Februar in einer Pressemitteilung vor dem Hintergrund der Tarifauseinandersetzung an sächsischen Schulen diese als „Schlachtfelder für Gewerkschaftsinteressen“ bezeichnet und geklagt, dass Schüler in „Geiselhaft von Gewerkschaftsbossen“ genommen werden.
Ich glaube, es ist deutlich geworden, Herr Günther hat es noch einmal bestätigt. Halten wir also fest: Die FDP ist einerseits wohl dagegen, dass Lehrer, obwohl nicht verbeamtet, ihr Streikrecht in Sachsen nutzen, eine bemerkenswerte ordnungspolitische Ansicht. Konsequent wäre es dann wohl, wenn wir in der Folge ein faktisches Streikverbot für Lehrer aussprechen würden. Ich stelle hier für meine Fraktion klar, dass wir das natürlich nicht wollen. Wir stehen ohne Wenn und Aber an der Seite der Lehrerinnen und Lehrer.
Herr Günther, Sie können sich ja gern zu einer Zwischenfrage melden. Ich wäre an Ihrer Stelle auch peinlich berührt, wenn ich solch einen Antrag abgeliefert hätte.
GRÜNE stehen natürlich an der Seite von Lehrerinnen und Lehrern, wenn diese Tarifauseinandersetzungen führen. Andererseits weiß die FDP angeblich selbst am besten, was das Beste für Lehrerinnen und Lehrer ist. Leistungsgerechte Entlohnung heißt das Zauberwort. Immerhin hat auch die FDP schon gemerkt, dass im aktuellen Doppelhaushalt 14 Millionen Euro für Leistungsprämien vorgesehen sind. Nun kann man ja gern über den Ausbau dieses Gehaltselements philosophieren, aber dann muss man das auch verantwortlich und jenseits des üblichen FDP-Populismus tun.
Was aber schlägt die FDP-Fraktion hier vor? Sie beauftragt die Staatsregierung, geeignete Kriterien für eine Leistungsbewertung von Lehrern zu erarbeiten, welche auch Bewertungen von Eltern und Schülern einbezieht. Leider haben sich die Kollegen nicht ansatzweise die Mühe gemacht, das einmal zu Ende zu denken. Vielleicht soll nach Ihrer Ansicht ja auch das Internetportal „Spickmich.de“, bei dem Schülerinnen und Schüler schon heute
ihren Lehrern Noten geben, herangezogen werden. Oder vielleicht meinen Sie eher eine erfolgsbezogene Entlohnung von Lehrern? Vielleicht sollen ja die Lehrer, deren Schüler die meisten guten Noten nach Hause bringen, ein besseres Gehalt bekommen als diejenigen, die etwas strenger urteilen. Welche Rolle spielen dann aber die individuellen Voraussetzungen von Schülerinnen und Schülern?
Haben Sie sich einmal mit dem britischen Merit-PaySystem auseinandergesetzt, in dem die Testergebnisse der Schüler Hauptkriterien für die Höhe des Gehalts der Lehrer sind, was im Übrigen zu einem Verhalten des Teach-to-the-test führt und eben nicht zu einer besseren Bildung. Lehrer würden dann erst recht nur noch Fakten pauken, die demnächst abgefragt werden. Aber Bildung ist nun einmal mehr als kurzfristig abrufbares Wissen.
Ich hätte keine Schwierigkeiten, wenn Lehrer, die an Ganztagsschulen zusätzliche Aufgaben übernehmen, diese auch anständig honoriert bekämen. Ich hätte auch keine Schwierigkeiten, wenn der regelmäßige erfolgreiche Besuch von Weiterbildungen ein Kriterium bei dieser Entlohnung wäre. Ich könnte mir auch gut vorstellen, dass eine gewisse Eigenständigkeit von Schulen in finanzieller Hinsicht hier Berücksichtigung finden sollte. Aber so geht es eben nicht.
Ungelöst bleibt für mich weiterhin das Problem, ob die Schule dann insgesamt nach den Regeln des Marktes funktionieren soll. Wird der Schüler, wenn er mit der Lehrerbewertung auf den Preis des Angebots des Lehrenden direkten Einfluss nehmen kann, dann zum Kunden? Oder soll ein Modell geschaffen werden, in dem Preise und Konkurrenz nur simuliert werden?
Aber der FDP-Fraktion war es wohl zu viel Arbeit, ihren Antrag in dieser Richtung zu qualifizieren. Es ist wohlfeil, eine leistungsgerechte Vergütung zu fordern. Etwas anderes ist es, die dafür erforderlichen objektiven Kriterien selbst zu entwickeln.
Wer regieren will, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, sollte sich zumindest ansatzweise auch schon einmal in der Opposition Lösungsmöglichkeiten überlegen.
Das betrifft auch – wir haben uns heute Morgen schon Gedanken dazu gemacht – Lehrer, die Mangelfächer unterrichten. Eine Vergütung dafür? Warum?
Da wir in den Punkten I und II Ihres Antrags in jedem Fall über Vergangenes reden – wir wollen ihn an dieser Stelle nicht mehr beeinflussen –, bleibt nur noch Punkt III zur Diskussion. Sie fordern nun die Staatsregierung allen Ernstes auf, aus der Tarifgemeinschaft der Länder auszutreten. Hier schließt sich nun wieder der Kreis zur Lehrerschelte von Anfang Februar, als Sie völlig unangemessen
und bar jeder politischen Vernunft von „Geiselhaft für Schüler“ sprachen. Im Grunde genommen machen Sie mit Punkt III Ihres Antrages auch nur deutlich, dass Sie Tarifverträge sowieso für schlecht halten und dass nicht nur Gewerkschaften das Übel sind, sondern auch deren Tarifpartner, in diesem Falle wohl die Länder.
Ja, nach deren Sicht schon. Sie wollen ein freies Spiel der Kräfte. An Interessenausgleich sind Sie aber überhaupt nicht interessiert, und ich kaufe Ihnen auch die Sorge um die Zukunft der sächsischen Bildung nicht mehr ab. Sie tun nur das, was Ihnen im Augenblick politisch opportun erscheint.
Herr Colditz, ich würde mich so freuen, wenn Sie heute einmal zur Bildungspolitik sprechen würden, anstatt immer von der dritten Reihe „zu spucken“.
Sie bleiben, liebe Kollegin und Kollegen von der FDP, wie immer und gern an der Oberfläche und unfähig, die Folgen Ihrer Forderung differenziert zu behandeln. Auf die Zustimmung unserer Fraktion müssen Sie deshalb verzichten.
Meine Damen und Herren, das war die erste Runde. Ich eröffne die zweite Runde mit dem Vertreter der CDU-Fraktion. Herr Seidel, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kollegin und Kollegen von der FDP, Ihren Antrag möchte ich ein bisschen nach dem klassischen Aufsatzschema – erstens Einleitung, zweitens Hauptteil und drittens Schluss – beantworten; wobei erstens und drittens nicht ganz so ernst zu nehmen sind.
Zu erstens, Einleitung: Im Deutschen Fernsehfunk der DDR gab es einige sehr beliebte Sendungen. Neben dem Sandmännchen und Willi Schwabes „Rumpelkammer“ war da auch ein Angebot,
bei dem man sich zu Omas 70. Geburtstag ein Liedchen von Karel Gott oder bei der Silberhochzeit der Eltern vielleicht einen Sketch von Herricht und Preil bestellen konnte. Oder die FDJ-Jugendbrigade „Fleißiges Lieschen“ aus dem Leipziger Buntgarnwerk bestellte sich anlässlich ihrer Auszeichnung zum „Kollektiv der sozialistischen Arbeit“ den Puhdys-Hit „Alt wie ein Baum“ usw. usf. Das Ganze wurde moderiert von der charmanten Irmgard Düren und die Sendung hieß „Wünsch Dir was“. Und so verstehe ich auch Ihren Antrag, verehrte Kollegin und Kollegen.
Doch wir sind hier nicht bei „Wünsch Dir was“, sondern bei „Sind Sie sicher?“ im Sächsischen Landtag, und deswegen komme ich zum Punkt zwei, dem Hauptteil meiner Ausführungen.
Wir, das heißt die Staatsregierung und meine Fraktion, hatten vor acht Jahren beschlossen, auf die um die Hälfte sinkende Schülerzahl nicht mit dem Abbau von 50 % der Lehrerstellen zu reagieren, sondern mit 70 % der Lehrerstellen künftig ein pädagogisches Plus herauszuarbeiten und so die Bedingungen an unseren Schulen zu verbessern. Die seitdem durchgeführten entsprechenden nationalen und internationalen Untersuchungen haben uns die Richtigkeit dieses Weges eindrucksvoll bestätigt, meine Damen und Herren.
Nun sind aber trotz des goldenen Handschlags und trotz Altersteilzeit besonders im Mittelschulbereich und in den Gymnasien noch weit mehr Lehrerinnen und Lehrer an unseren Schulen, als Stellen vorhanden sind. So verhandelte also die Staatsregierung vor drei Jahren mit den Gewerkschaften einen Teilzeitvertrag, auch um auf betriebsbedingte Kündigungen verzichten zu können. Wir sind ja heute Morgen schon darauf eingegangen. Wir in der Fraktion der CDU hatten unseren damaligen Minister Steffen Flath darum gebeten, neben einem Sockelbetrag für alle eine leistungsabhängige Entlohnung bis hin zu 100 % besonders für die Leistungsträger an unseren Schulen in diesem sogenannten Bezirkstarifvertrag zu verhandeln.
Genau, Thomas! – Denn Leistungsorientierung liegt nicht nur im Interesse der Arbeitgeber; sie unterstützt auch die Motivation und Leistungsbereitschaft der Arbeitnehmer und stellt einen wichtigen Beitrag zur Gerechtigkeit im öffentlichen Dienst dar. Leistungsorientierung als Instrument der Personalführung initiiert zusätzliche Kommunikationsprozesse zwischen Führungskräften und Mitarbeitern. Sie führt damit zur Verbesserung des Verständnisses zwischen den Belangen der Arbeitgeber und den Erfordernissen für eine gute Personalführung und gerechte und leistungsorientierte Entlohnung.
Meine Damen und Herren – das sage ich jetzt als einer, der 20 Jahre vor der Klasse stand –: Glauben Sie doch bitte nicht, dass alle Lehrerinnen und Lehrer den hier von Frau Falken geäußerten hehren Zielen nachstreben und sich ausschließlich um ihre Aufgabe kümmern. Mit bestem Wissen und Gewissen: Es gibt unter unseren Lehrerinnen und Lehrern auch einfach Stundenhalter, die ihren Job in der Schule abdienen, und Feierabend. Insofern ist eine solche Motivation auch über den wichtigsten Körperteil des Menschen, wie Georg Milbradt sagte, das Portemonnaie, durchaus wichtig.
(Beifall des Abg. Thomas Colditz, CDU, und bei der FDP – Zuruf der Abg. Cornelia Falken, Linksfraktion)
Aber schon hier zeigte das Ergebnis, dass sich die mitgliederstärkste Lehrergewerkschaft Sachsens – eine Vertreterin davon haben Sie gerade gehört – nicht damit anfreunden konnte und „gleicher Lohn für alle“ festgeschrieben wurde; und das, meine Damen und Herren von der FDP, ist so, denn ein Vertrag hat immer zwei Unterschriften darunter.
Mit dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst durch die Tarifgemeinschaft der Länder und den Tarifpartner ver.di im Jahre 2007 wurde erstmals verpflichtend der Einstieg in die Leistungsorientierung durch die Tarifpartner vereinbart. Dieser Schritt wurde auch in unserer Fraktion ausdrücklich begrüßt. Mit der Vereinbarung „neue Instrumente zur Leistungsorientierung“ haben die Tarifparteien die Reformfähigkeit des öffentlichen Tarifrechts nachgewiesen.
Im Rahmen entsprechender Zielvereinbarungen oder Leistungsbewertungen wurde es möglich, individuelle Leistungen nach objektiven Gesichtspunkten einzuschätzen und diese Wertung zur Grundlage eines individuellen finanziellen Leistungsentgeltes zu machen – ob in Form von Einmalzahlung, befristeten Leistungszahlungen, leistungsabhängigen Aufstiegen in den Entgeltstufen oder ertragsorientierten Zahlungen. Damit war es nun möglich, in Anlehnung an die dynamische Entlohnung in der freien Wirtschaft auch den öffentlichen Dienst leistungsorientierter zu gestalten. Anfangs von 1 % der Lohnsumme ausgehend, sollte eine kontinuierliche Steigerung auf 8 % erfolgen. So weit zum Tarifvertrag von 2007.
Der Freistaat Sachsen hat diese Möglichkeiten besonders auch bei unseren Lehrerinnen und Lehrern konsequent und umfassend angewendet. Wir in der Fraktion hatten uns gemeinsam mit einigen Lehrergewerkschaften, nämlich dem Philologenverband und dem Sächsischen Lehrerverband, ernsthaft Gedanken darüber gemacht, wie die Kriterien zur Ausgestaltung dieser künftigen 8 % aussehen könnten. Schon das war nicht gerade vergnügungssteuerpflichtig, weil auch da die Interessen auseinandergehen.
Darüber hinaus – das hat mein Vorredner schon dargestellt – hat der Freistaat bereits im Jahr 2001 mit der Bereitstellung von entsprechenden Leistungsprämien außerhalb des Tarifvertrages für besonders engagierte Pädagoginnen und Pädagogen begonnen und nach zweijähriger Pause ab dem Jahr 2005 fortgesetzt. Die Motivation, die durch solche Leistungsprämien individuell honoriert wurde, hat nachweislich auch andere Kollegen positiv beeinflusst.
Immerhin konnten je nach Jahr 6 bis 10 Millionen Euro hierfür an die Leistungsträger vor Ort ausgezahlt werden.